Anlässlich der antifaschistischen Demonstration am 03.11. 2012 in Weißenfels und dem fünften Jahrestag der sexuellen Erniedrigungen an zum Teil noch minderjährigen Demonstrantinnen in Weißenfels, halten wir es für notwendig nicht nur auf die problematische Situation bezüglich der Neonaziaktivitäten im Burgenlandkreis einzugehen, auch soll der folgende Text einen chronologischen Überblick über das skandalöse Verhalten der Polizei und des Staatsschutzes in den vergangenen 5 Jahren geben.
Im Burgenlandkreis macht es keinen Unterschied, ob man friedlich seine Meinung zu "Militärspektakeln" kundtun, das Naziproblem in Weißenfels thematisieren oder am Volkstrauertag Flyer gegen die deutsche Trauergemeinschaft verteilen möchte: Staatsschutz und Polizei sind immer vor Ort und scheinen auch vor dem Einschränken von Grundrechten keinen Halt zu machen. Wir begrüßen die Demonstration des Bündnisses "Intervention statt Ignoranz" ausdrücklich, wollen aber als ehemalige Mitglieder des alternativen Bündnis Sachsen-Anhalt Süd, kurz Absas(eine jahrelang im Burgenlandkreis aktive antifaschistische Struktur) darauf hinweisen, dass nicht nur Neonazis im Burgenlandkreis das Problem sind. So geht die staatliche Repression gegen Aktivist_Innen damit einher. Unseres Erachtens nach ist "das beste Mittel" gegen rechte Strukturen nach wie vor eine linke alternative (Jugend-)Kultur zu etablieren, die durchaus kritisch gegenüber dem Bestehenden ist und aktiv mögliche Handlungskonzepte gestaltet. Versuche, im Burgenlandkreis genau dies zu erreichen, wurden jedoch jahrelang durch überzogene Maßnahmen einer scharfen Repression der staatlichen Behörden unterbunden. Einen Einblick in das Ausmaß von Misshandlungen, diversen Schikanen, Hausbesuchen durch den Staatsschutz sowie gezielten Einschüchtungsveruchen gegenüber antifaschistischem und antimilitaristischem Engagement soll der folgende Artikel in einer knappen Zusammenfassung geben.
03.11.2007: Sexuelle Erniedrigungen im Anschluss einer Spontandemonstration!
Nachdem es in Weißenfels zu einer spontanen Demonstration gegen einen geplanten NPD-Infostand kam, wurden mehrere Personen, darunter auch Minderjährige von der Polizei in Gewahrsam genommen. Zwar ist dies eine (nicht unumstrittene, aber leider) übliche Praxis bei unangemeldeten Demonstrationen. Dem anschließenden Vorgehen der Polizei fehlte jedoch jegliche Legitimation und rechtliche Grundlage und zeigte mehr als eindeutig, wie der Staatsapparat mit Menschen umgeht, für die Antifaschismus mehr bedeutet als an Gesprächsrunden oder Demokratiefesten teilzunehmen. Alle weiblichen Festgenommenen (ausschließlich die weiblichen) mussten sich auf dem örtlichen Polizeirevier komplett entkleiden und wurden bis in den Intimbereich untersucht. Unter ihnen ist auch eine damals erst 14-Jährige. Die Polizei rechtfertigte dies später damit, dass die Demonstrantinnen womöglich Waffen versteckt haben könnten. Erst nach Anzeigen durch die Betroffenen, sowie öffentlichen Reaktionen der Presse folgte das Versprechen das ganze näher zu untersuchen. Von juristischen Konsequenzen gegenüber den ausführenden und verantwortlichen Beamt_Innen ist bis heute nichts bekannt. [1]
Als sich am 07.11.2007 erneut mehrere Personen in Weißenfels trafen um demonstrativ unangemeldet gegen das Verhalten der Polizei am vergangenen Wochenende zu protestieren, befanden sich bereits mehrere Einsatzfahrzeuge der Magdeburger Bereitschaftspolizei am Versammlungsort, obwohl zwischen der Planung und Durchführung dieser Aktion nicht einmal 24 Stunden lagen.
08.06.2008: Tag der offenen Tür in der Bundeswehrkaserne Weißenfels
Eine erste antimilitaristische Aktion fand 2008 im Rahmen eines Tags der offenen Tür in der Bundeswehrkaserne in Weißenfels statt. Für Kriegsfetischist_Innen hätte es ein wunderschönes Familienfest, voller Bratwurst essender Mütter, rummackernder Väter, mit Waffen spielender Kinder und stolzer deutscher Soldaten werden können. Doch die traute Eintracht wurde durch 3 bunt angezogene, als Clowns verkleidete Bundeswehrgegner gestört. Mit Flyern wurde der reaktionäre Charakter der Bundeswehr thematisiert, woraufhin sich Gespräche und Diskussionen mit Besuchern entwickelten, bis die Aktivist_Innen nach kurzer Zeit von Bundeswehrsoldaten für die Tür gesetzt wurden. Doch nicht immer ist im Burgenlandkreis "soviel" Meinungsfreiheit möglich wie an diesem Tag.[2]
19. August 2009: Bundeswehrgelöbnis in Naumburg
Im Vorfeld des 2009 in Naumburg stattfindenden Bundeswehrgelöbnisses versuchte der Staatsschutz 13 Menschen durch gezielte Hausbesuche und Telefonanrufe einzuschüchtern und dazu zu bewegen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung an diesem Tag nicht wahrzunehmen. Aufgrund der massiven Einschüchterungsversuche entschieden sich einige Bundeswehrgegner_Innen, das Gelöbnix-Bündnis Burgenlandkreis zu gründen und ihr Recht mobil zu machen.[3]⨠Am 19. August 2009 setzten Polizei und Staatsschutz alle Hebel in Bewegung um eine kritische Begleitung des Gelöbnisses zu verhindern. Angefangen bei dem Abfangen von Militärkritiker_Innen vor ihrer Haustür, bis hin zu massiven Vorkontrollen und völlig überzogenen Platzverweisen wurden alle Register gezogen. So wurde friedlichen Gegendemonstranten unter anderem vorgeworfen, sie würden eine „Gefahr“ für „Leib und Leben der Bundeswehrrekruten“ darstellen.[4] â¨Trotz der massiven Repression schafften es 3 Militärgegner zum Bundeswehrgelöbnis durchzudringen, um ein Transparent zu entrollen. Bevor dies gelang war bereits ein Staatsschützer vor Ort und entriss es ihnen. Die Drei reagierten daraufhin mit einigen Sprechchören, um ihrer Ablehnung jeglicher verherrlichender Militärinszenierungen auf einer anderen Art Ausdruck zu verleihen. Wenige Sekunden später stürmte eine Polizeieinheit heran und zerrte die drei Gegendemonstranten mit massiver Gewalt in die Nische einer in der Nähe befindlichen Kirche. Dabei setzten die Beamten erneut ernorme Gewalt ein, den Personen wurde der Mund zugehalten, eine von ihnen gewürgt und in die Magengegend geboxt.⨠Alle drei erhielten Anzeigen wegen Beleidigung und Hausfriedensbruch. â¨Was folgte waren Vorladungen zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung aufgrund angeblicher Beleidigungen. Dass Beleidigungen keine ED-Behandlung rechtfertigen und mehrere Gerichtsurteile vorliegen aus denen hervorgeht, dass die Aussage „Soldaten sind Mörder“ unter die freie Meinungsäußerung fällt, schien die Beamten des Staatsschutzes und der Polizei erst nach erfolgreichem Widerspruch sowie einer Einstellung der Verfahren zu interessieren.
24.10.2009: Antifaschistischer Aktionstag in Weißenfels
In Weißenfels - einer typisch provinziellen Kleinstadt - sind Menschen, welche den rechten Konsens der Bevölkerung, NPD und anderen organisierten Neonazis offen kritisieren und damit "den bürgerlichen Frieden stören", unerwünscht. Als das alternative Bündnis Sachsen–Anhalt Süd zusammen mit dem AFA-Bündnis 06 einen Aktionstag mit Zeitzeugengespräch und Konzert veranstaltete und in dessen Rahmen zu einer Demo aufrief, reagierten nicht nur lokale Neonazis erbittert (Diese sprühten Parolen, versuchten in Querfrontmanier mit Antifa-Fahne zu provozieren und warfen Feuerwerkskörper auf die Demo). Auch der Staatsschutz machte während des Kooperationsgesprächs durch sein aggressives Auftreten und persönliche Anfeindungen klar, was er von Versammlungsfreiheit hält. Erneut wurde am Tag selbst ein Antifaschist mit Repression überzogen, indem man ihn für die Böllerwürfe verantwortlich machte, obwohl sich dieser zur vermeintlichen Wurfzeit außerhalb der Demonstration mit einem Blatt Papier in der Hand in unmittelbarer Nähe der Polizei befand.[5] Es folgte eine skurile Gerichtsverhandlung, in welcher der verhandelnde Jugendrichter des Weißenfelser Amtsgerichts die DVD mit Filmaufnahmen der Polizei zerbrach, woraufhin ein neuer Verhandlungstermin angesetzt wurde. Obwohl auf dem neu angeforderten Video nichts zu sehen war, wurde der Betroffene verurteilt. Der vermeintliche Böllerwerfer wurde in erster Instanz schuldig gesprochen und zu mehreren Arbeitsstunden verurteilt. Erst in zweiter Instanz wurde das Verfahren schließlich eingestellt, was allerdings bedeutete dass der Beschuldigte auch hier auf seinen Anwaltskosten sitzen blieb.
4. Juni 2010: Bundeswehrgelöbnis in Weißenfels
Wie schon im August 2009 in Naumburg versuchte der Staatsschutz auch bei diesem Ereignis Militärgegner_Innen bereits im Vorfeld zu besuchen und einzuschüchtern. Dabei wurden erneut mehrere Personen angerufen oder Zuhause besucht, um ihnen mit ernsthaften Konsequenzen zu drohen, sollten sie erneut versuchen diese Veranstaltung zu stören. Als sich am Tag des Gelöbnisses mehrere Antimiliarist_Innen mit dem Auto auf dem Weg zum Weißenfelser Marktplatz machten, wurden diese scheinbar schon beim Einsteigen in das Fahrzeug observiert. So kontrollierten zwei Staatsschützer die Aktivist_Innen direkt nachdem diese in der Nähe des Markts geparkt hatten und fragten, wo sich denn die zwei anderen Leute befinden die vor wenigen Minuten noch im Auto saßen. Desweiteren fanden die Polizisten einen Sack Zwiebeln im Rucksack eines Antimilitaristen, der eigentlich für die Vokü am Abend gedacht war. Dies reichte dann allerdings einige Minuten später für eine Gruppe Bereitschaftspolizisten aus, um mehrere Platzverweise wegen einer angeblichen Störung der Veranstaltung auszustellen. Dabei glichen sie die aufgenommenen Personalien mit einer Liste ab, auf der ca. 30 Linke aus dem gesamten Burgenlandkreis aufgeführt und teils mit Foto versehen waren.
14.11.2010 Kundgebung gegen den Volkstrauertag in Weißenfels
Am Sonntag, dem 14.11.2010 fanden sich gegen 13:15 Uhr mehrere junge, kritische Antifaschist_Innen zu einer angemeldeten Kundgebung vor dem städtischen Friedhof in Weißenfels ein.
Grund war das alljährlich wiederkehrende Ereignis des Volkstrauertages, welches traditionell zum kollektiven Trauern um die „deutschen Opfer“ beider Weltkriege und deren Folgen genutzt wird. Mit den ca. 10 eingesetzten Beamten der örtlichen Polizeidienststelle und den eingesetzten Staatsschutzbeamten gab es anfangs keine Probleme, abgesehen von einigen Kommentaren, wie: „Provozieren Sie nicht schon wieder Herr XY!“.
Als einer der eingesetzten Beamten per Videokamera die Veranstaltung und deren Teilnehmer_Innen abfilmte, wurde dieser vom Versammlungsleiter darauf hingewiesen, dass die Situation keine Videodokumentation veranlasse und er dies unterlassen solle, worauf der Beamte darauf verwies sich bei Problemen an das zuständige Innenministerium zu wenden. In Folge dessen machte einer der Demonstranten ein Foto des filmenden Beamten, um so später deren völlig unangemessenes Verhalten nachweisen zu können.
Dies schien die Polizei vor Ort zum Anlass zu nehmen, die bisher ruhige und gar nicht ins öffentliche Bild der „Extremisten“ passende Protestkundgebung etwas „aufzulockern“.
So wurde die dokumentierende Person mit Gewalt aus der Kundgebung entfernt und körperlich angegangen.
Dabei wurde eine daneben stehende Person von einem Beamten mehrmals, trotz dass diese zurückwich, unter Einsatz von Gewalt weggeschoben.
Der Polizeibeamte setzte immer wieder nach, bis die betroffene Person mit voller Wucht gegen eine Telefonzelle gestoßen und mit dem Kopf dagegen gedrückt wurde, wodurch diese Verletzungen am Kopf erlitt, um anschließend von vier Beamten fixiert und abgeführt zu werden.
Der betroffenen Person wurde mit Anzeigen wegen Beleidigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gedroht,während sie einen mündlichen Platzverweis erhielt.
Die Person, welche das Vorgehen der Polizei dokumentierte, wurde ebenfalls unter Einwirkung von Gewalt aus der Kundgebung entfernt, über den Boden geschliffen und mit Fußtritten attackiert.
Die Kamera, welche sichergestellt werden sollte, wurde nach der Forderung nach einem Sicherstellungsprotokoll und der Drohung mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde wieder ausgehändigt. Eine Eingabe bei der zentralen Beschwerdestelle der Polizei in Sachsen-Anhalt führte zu einer Befragung der Beamten, in welcher die Beamten es sich nicht nehmen ließen, die Realität auf's Härteste zu verfälschen: Die Polizei hätte den Fotografierenden nur auf die Illegalität seines Handelns hingewiesen (wobei sie direkt angestürmt kamen), ein anderer Demonstrant soll gebrüllt haben "Los, auf die Bullenschweine" und sei auf diese zugestürmt (die reale Wortlaut des Herumstehenden war jedoch: "Hey, mal ganz ruhig hier"). Er wurde direkt weggeschubst und gegen eine Telefonzelle geknallt.
Beide betroffenen Personen stellten Strafanzeige gegen die eingesetzten Beamten wegen Körperverletzung. Diese wurde allerdings schon nach wenigen Wochen wieder eingestellt.
03.11.2012: National befreite Zonen aufmischen in Weißenfels, trotz alledem.
http://nbzaufmischen.blogsport.de/
[1] http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksAr... sowie: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=19549
[2] http://de.indymedia.org/2008/06/219580.shtml
[3]http://geloebnixburgenland.blogsport.de/images/platzverweis2.jpg/â¨
[4] http://geloebnixburgenland.blogsport.de/2009/08/29/auswertung-des-tages/â¨
[5] http://absas.blogsport.de/2009/10/26/aktionstag-in-weissenfels/
Solivideos usw.
Mobivideo: http://vimeo.com/52142306
Song: http://www.youtube.com/watch?v=HwGIkP7abLw
Deshalb am 03.11.2012 auf nach Weißenfels. 13.00 Hauptbahnhof "National befreite Zonen aufmischen"