"Die NPD ist eine Investitionsruine"

Mitnahmementalität, Suchtprobleme und schlichte Unfähigkeit: Ein Ex-Verfassungsschützer lässt an den V-Leuten in der rechtsextremen Partei kein gutes Haar. Ein Interview mit Horst Schmandhoff*, Ex-Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und letzten Monat aus dem Dienst ausgeschieden. Zuvor betreute er 20 Jahre lang V-Personen aus der NPD.  

 

Herr Schmandhoff, es ist ungewöhnlich, dass jemand wie Sie aus dem Nähkästchen plaudert. Was hat Sie dazu bewogen?

Ach, wissen Sie, ich fühlte mich schon seit geraumer Zeit von unseren V-Leuten in der NPD verscheißert. Jetzt, wo ich aus dem Dienst ausgeschieden bin, habe ich keinen Grund mehr, zu schweigen. Andere tun das ja auch nicht. Seit wir gezwungen waren, sämtliche V-Personen aus der Führungsriege der NPD abzuschalten – sprich, uns nicht mehr mit ihnen zu treffen und ihnen kein Honorar mehr zu zahlen – seither sind sie säuerlich und beißen in die Hand, die sie jahrelang gefüttert hat.

Was meinen Sie damit konkret?

Leute wie der frühere IM Gänseliesel – ich will seinen Klarnamen jetzt nicht nennen, aber seine Initialen sind J.G.; er war immer schon ein ekelhafter Klugscheißer und hat so einen leichten Querfrontfimmel – undankbare Leute wie verbreiten wissentlich Desinformation. Sie laufen verbal Amok gegen die Verfassungsschutzämter und geben diffamierende Pressemitteilungen heraus.


Diese Leute ziehen sich demnach nicht aus der NPD zurück, nur weil sie von Ihnen nicht mehr bezahlt werden?

Die, die sich jetzt erst mal Arbeit suchen müssen, schon. Aber die Mandatsträger und deren Mitarbeiter haben ja jetzt keinen Grund, die Parteiarbeit einzustellen, nur weil wir nichts mehr zuschießen. Es ist ja im Großen und Ganzen ihre Überzeugung; und im Rahmen der Meinungsfreiheit steht es ihnen ja auch zu. Das ist nicht der Punkt. Aber diese selbstgerechten Lügen und Halbwahrheiten, die sie verbreiten, nur weil sie nie mit Geld umgehen konnten, Suchtprobleme haben und jetzt verschnupft sind, weil wir den Hahn zugedreht haben – das geht zu weit. Diese Mitnahmementalität von V-Personen, ganz besonders in der nationalen Szene, ging mir immer schon gegen den Strich.

Welche unwahren Behauptungen werfen Sie der NPD vor?

Gänseliesel stellt es jetzt so dar, als hätten hauptsächlich Verfassungsschützer im Umfeld der NPD Straftaten begangen oder andere zu Straftaten angestiftet, um, wie er sagt, „die nationale Opposition zu diskreditieren“. Das stimmt aber so nicht. Wir haben ja kaum jemanden von außen eingeschleust, sondern hauptsächlich die Grütze angeworben, die wir vorgefunden haben. Also kann er uns das mit den Straftaten wirklich nicht anlasten. Außerdem geht Gänseliesel da vielleicht etwas zu sehr von sich selbst aus. Es gab durchaus auch V-Leute, die keine Straftaten begangen haben.

Sie nennen ja nicht gerne Klarnamen, aber welcher V-Mann in der NPD war denn Ihr größtes Sorgenkind – und warum?

Eindeutig IM Boskop, der mich neuerdings jeden zweiten Tag anruft, sein Herz ausschüttet und dann wieder obskure Drohungen ausstößt. Er säuft wie ein Loch und macht ausgerechnet uns für das Scheitern seiner Ehe verantwortlich, weil sie angeblich an den unvorhersehbaren Geldsorgen zerbrochen ist. Dabei hat er ein Landtagsmandat und ein hohes Parteiamt. Das Geld sollte locker reichen – und wenn nicht, ist er selber schuld. Ein paar Puffbesuche weniger, und alles ist wieder im grünen Bereich. Das sollte er schon aushalten können. Er selbst hat ja seine Frau darin bestärkt, dass sie nicht arbeiten soll. Er hat ihr drei Kinder gemacht und meinte, sie braucht nichts dazuzuverdienen. Jetzt hat er den Salat! Sie hat das Haus ausgeräumt und alle Ämter niedergelegt.

„IM Boskop“ ist aber nicht der aktuelle NPD-Chef Holger Apfel, oder?

Das kann ich jetzt weder bestätigen noch dementieren – alte Berufskrankheit. Außerdem will ich ihn nicht öffentlich bloßstellen. Er tut mir ja im Grunde leid. Ich habe aber mit dem Scheitern seiner Ehe nichts zu tun. Der Haussegen hing vorher schon schief.

Weg von der privaten Schmutzwäsche: Was hatten Sie überhaupt mit diesen Leuten vor – waren sie aus Ihrer Sicht brauchbare Informanten?

Sie haben jedenfalls keine Falschinformationen geliefert. Alles, was sie geliefert haben, ließ sich gegenrecherchieren. Es stand auch auf ihren „Weltnetzseiten“ und auf ihren Flugblättern.

Und dafür haben Sie bezahlt?

Nein, ich hatte ganz einfach die Vorgabe, eine bestimmte Anzahl von NPD-Funktionären auf der Gehaltsliste zu haben. Es hieß immer, das sei eine strategische Investition. Aber ich weiß nicht genau, was sie mir dem Saftladen vorhatten. An die Macht wollten sie die NPD wohl eher nicht bringen. Würde ja gar nicht zur Globalisierung passen. Bei dem Fachkräftemangel würde sich Deutschland ja nur selbst ins Bein schießen mit dem lächerlichen Rassenwahn. Ich war nie ein guter Schachspieler, deshalb weiß ich nicht, wozu wir sie genau gebraucht hätten. Ich weiß nicht mal, ob ihr König Boskop in dem Spiel mehr darstellen sollte als ein Bauer im Schach. Zu mehr in der Lage ist er jedenfalls nicht. Mein ehemaliger Chef Heinz Fromm hat auch nicht durchgeblickt, wozu das Projekt NPD eigentlich noch gut sein sollte.

Was für ein Mensch ist Fromm eigentlich?

 

Der Heinz war immer ein Sensibelchen. Eigentlich viel zu weich für die Branche. Er hat den Laden nach außen hin gut repräsentiert, aber nach innen konnte er nie seine Autorität durchsetzen. Ich kannte ihn schon, als er noch Chef des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz war. Da hatte er Angst vor der hausinternen Mafia. Er wollte all die schwarzen Schafe nicht mehr um sich haben, meinte aber, wenn er jetzt wirklich ein großes Fass auf macht, um alle halbkriminellen Galgenvögel auf die Straße zu setzen, dann liegt er am nächsten Tag mit einem Betonklotz an den Füßen im Baggersee. Seine Patentlösung bestand darin, den schlimmsten Problembären zu raten, sie sollten sich doch in den ostdeutschen Landesämtern bewerben, da könnten sie viel schneller aufsteigen.

 

Was halten Sie von seinem Nachfolger an der Spitze des Bundesamtes, Herrn Hans-Georg Maaßen?

 

Im Bundesinnenministerium soll der Mann eine Legende sein. Sie nennen ihn dort „unseren Troubleshooter“. Ich selber kenne ihn nicht, deshalb weiß nicht, was da dran ist. Er selbst soll mal gesagt haben: „Ich werde nicht geschickt, wenn ein Erfolg wahrscheinlich ist. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Letzte Ölung zu geben, kurz bevor der Patient stirbt.“

 

Ist das nicht ein geklautes Zitat, das ursprünglich von Vernon Walters stammt?

 

Ja, vielleicht hat Herr Maaßen das vor dem Badezimmerspiegel geübt, um Eindruck zu schinden. Aber es passt doch irgendwie zum Projekt NPD. Diese Partei ist nur noch eine Investitionsruine. Alleine sind diese Leute zu nichts in der Lage. Kein Wunder, dass sich außer der Antifa niemand für ihre Propaganda-Tour mit dem blöden LKW interessiert, den sie als "Flaggschiff" bezeichnen. So weit ist es gekommen, seit wir ihnen keinen PR-Berater mehr bezahlen, was früher ganz einfach als V-Mann-Honorar abgerechnet werden konnte.  Zur Zeit wird in den Verfassungsschutzämtern diskutiert, wer in Zukunft die Rolle der NPD übernehmen soll. „Pro Deutschland“ ist im Moment noch eine kleine Sekte, aber gerade deshalb könnte jetzt in V-Leute investiert werden.

 

* Name geändert

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Und was für ein Gedanke steht jetzt da dahinter? Spätestens mit dem Abschlusssatz habt ihr jawohl den Vogel abgeschossen und euch selbst jeder Glaubwürdigkeit beraubt.

Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit verletzen unseren Interviewpartner zutiefst.

 

Er hat jahrelang für eine Behörde gearbeitet, die sich unter allen Umständen der Wahrheit verpflichtet fühlt. Jede Lüge wäre für einen Verfassungsschützer ein Entlassungsgrund. Na schön, der Horst ist nun aus dem Dienst ausgeschieden, aber nicht, weil er jemals gelogen hätte. Er war vorher 20 Jahre im Dienst und hat immer die Wahrheit gesagt.

 

Also ETWAS mehr Respekt, bitte.