Ein Filmteam hat alle drei in diesem Jahr verbliebenen Felder besucht. Das Ergebnis: Ein Feld steht noch, eines wirkt aufgegeben und verunkrautet, das dritte (am besten bewacht) ist völlig zerstört. Da ein BekennerInnenschreiben für einen Feldbefreiungsversuch vorliegt, ist Doitschland offenbar nur knapp am ersten gentechnikfreien Jahr vorbeigeschrammt (bzw. könnte noch nachgeholt werden).
Die Ausgangslage war bereits schlecht - jedenfalls für die Agrogentechnikfirmen und -lobbyistInnen. Nachdem einige dubiose Kleinfirmen und -geflechte stark unter Druck gerieten hinsichtlich der Veruntreuung von Fördergeldern und schlampiger Risikovermeidung bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen, stürzten zwei perfekte militante Aktionen gegen die zwei Hochsicherheitszentren der Agrogentechnik (Schaugarten Üplingen und Agrobiotechnikum) im Juli 2012 für Untergangsstimmung. Eine Zusammenfassung der Lage nach den erfolgreichen Aktionen und Kampagnen fand sich schon im Frühjahr auf Indymedia. Als Ergebnis blieben nur drei Versuchsfelder in Doitschland übrig. Doch davon scheinen zwei bereits nicht mehr zu existieren.
Am 24. Juli 2012 besuchte ein Filmteam die drei Felder. Hier das Ergebnis:
Feld mit Monsanto-Rüben in Nienburg-Gerbitz
Das Feld wird weiterhin aus einiger Entfernung bewacht. Es sind einige Rübenblätter zu sehen, aber die Pflanzen sind kleiner als auf umgebenden Feldern. Fast die Gesamtfläche ist völlig ver"un"krautet (Melde usw.) - siehe Foto. Laut Aussage von Bauern, die Nachbarfelder bewirtschaften, ist seit langem niemand mehr auf dem Feld gewesen. Wahrscheinlich ist daher, dass das Feld entweder zerstört wurd oder nie ein Versuchsfeld war.
Feld mit BASF-Kartoffeln nahe Baalberge
Das Feld ist intensiv bewacht mit doppeltem Zaun (siehe Foto), Hund und 1 bis 2 BewacherInnen, darunter ein offensichtlicher Nazi (siehe Foto) mit entsprechenden Tätowierungen und "Todesstrafe für Kinderschänder" im Auto (dabei ist die NPD doch gegen Gentechnik, um die reinrassige Deutschtümelei - aber auch Nazis machen für Geld offenbar alles). Die Kartoffeln wirken unberührt. Allerdings kursierte Anfang Juli ein BekennerInnenbrief, der auf Indymedia veröffentlicht, aber dort nach kurzer Zeit gelöscht wurde. Der Wortlaut war: „In der Nacht vom 4. auf den 5. Juli haben wir ein Feld mit gentechnisch veränderten Kartoffeln des Chemiekonzerns BASF bei Bernburg (Sachsen-Anhalt) teilweise zerstört. Damit wurde einem der gegenwärtig letzten drei Versuche in Deutschland, eine pseudo-wissenschaftliche Legitimation für die Gentechnik zu schaffen, ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Das massive Auskreuzungsrisiko des Versuchsfeldes rechtfertigte unsere rabiate, aber effektive Methode des gezielten Einsatzes von Pflanzengift. Die bekannten Gefahren der genetischen Manipulation reichen für eine bedingungslose Ablehnung dieser Technologie vollkommen aus. Weitere Erforschung auf diesem Feld ist schlicht unnötig und angesichts der Risiken für die Artenvielfalt, die sie unabdingbar mit sich bringt, durch direkte Aktionen zu verhindern.
Die Forschung an gentechnisch veränderten Pflanzen wird durch einen verantwortungslosen Filz von Wissenschaft, Politik und Konzernen durchgeführt und findet in einem knallhart kapitalorientierten Kontext statt. Die schönen Versprechungen, die dabei schamlos und ständig abgegeben werden, finden keinerlei Entsprechung in der Wirklichkeit. Die propagierte Lösung der Hungerproblematik durch Gentechnik wird nicht nur nicht erreicht, sondern in die entfernteste Zukunft verschoben. Tatsächlich nehmen Landgrabbing, Vertreibung und Vergiftung von Bäuer*innen und Arbeiter*innen gerade dort zu, wo genetisch manipulierte Monokulturen entstehen und mit Totalherbiziden gespritzt werden. Die Patente auf Saatgut treiben die Produzierenden in völlige Abhängigkeit der Konzerne. Und eine Koexistenz von kleinbäuerlichen Strukturen und Gentech-Landwirtschaft ist aufgrund der expansiven Tendenz der letzteren langfristig unmöglich. Profitieren können in dieser Dynamik also niemals die H
ungernden, niemals die Marginalisierten, sondern ausschließlich die Konzerne und ihre Lobbyist*innen.
Widerstand gegen diese Verhältnisse lohnt sich - immer und überall! Deutschland ist beinahe frei von Gentech-Feldern. Doch auch weiterhin gilt es, in Solidarität mit Subsistenzwirtschaftenden, Kleinbäuer*innen, von Vertreibung Betroffenen und Umweltaktivist*innen weltweit aktiv zu bleiben!“
Wenn der BekennerInnenbrief echt ist, fand wohl eher ein Versuch einer Feldbefreiung mit (fast) Null-Wirkung. Der Besuch des Filmteams vor Ort brachte aber noch zwei andere interessante Ergebnisse. Zum einen erfuhren die FilmerInnen, dass sie die einzigen JournalistInnen waren, die in 2012 das Feld besuchten. Das beweist, wie stark das Thema aus dem Mainstream entschwunden ist, seitdem radikale Positionen und militante Aktionen die traditionell eher staats- und spendenfixierten Umweltverbände aus dem Thema gedrängt haben.
Zum zweiten fand das Filmteam eine Menge Kartoffelpflanzen außerhalb des gesicherten Geländes bis mehrere Meter ins umgebende Weizenfeld hinein (siehe Foto). Schlamperei?
Feld mit BASF-Kartoffeln in Gatersleben
Das war das das bestgesichertste Feld. Es lag auf dem eingezäunten IPK-Gelände (wo am 4.9. auch das InnoPlanta-Forum stattfinden soll, das wichtigste Gentechnik-Seilschaftentreffen in Doitschland). Überwachung wurde es durch die gleiche Sicherungsanlage mit je vier normalen und Wärmebildkameras wie 2008 beim ebenfalls zerstörten Genweizenfeld. Zusätzlich sicherte eine Wachperson das Gelände. Doch offenbar ist alles zerstört. Die Aufnahme des Filmteams (siehe die zwei Fotos) zeigt, dass alle Kartoffeln gleichmäßig braun sind, während der Weizen dahinter noch auf dem Feld steht. Zu diesem Zeitpunkt sind Kartoffeln noch in vollem Wachstum und grün. Interessant ist, dass dem Kamerateam an der IPK-Pforte trotzdem gesagt wurde, dass das Feld bestens wachse und unbeschädigt sei. Diese Aussage zeigt, dass das Verschweigen von Feldbefreiungen neuerdings die Strategie ist.
Reaktionen
Umweltverbände und Presse verschweigen die Aktionen und die Lage an den Feldern. Offenbar soll nicht erneut militanten Aktionen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Nur BASF hat inzwischen (am 31.7.) in einem eher versteckten Text die Attacken eingeräumt: "Europaweit gibt es noch in Spanien nennenswerten Anbau von gentechnisch optimiertem Mais, aber kaum mehr Feldversuche mit gentechnisch verbesserten Pflanzen. Leider mussten wir auch in diesem Jahr Übergriffe von Gentechnikgegnern verzeichnen. In Gatersleben in Sachsen-Anhalt und in Angeren in den Niederlanden wurden unsere Feldversuche beschädigt. In Baalberge in Sachsen-Anhalt wurde unser Versuchsfeld zudem vor und nach einer gescheiterten Attacke von einem Fahrzeug aus gefilmt und wird seither ständig beobachtet. Der Aufmerksamkeit des Wachschutzes ist es zu verdanken, dass dieser Versuch noch intakt ist. Unser Versuchsprogramm 2012 ist durch diese Ereignisse nicht gefährdet."
Mehr Infos Gentechnik
- Recherchen und Kritik an den Gentechnik-Seilschaften: www.biotech-seilschaften.de.vu
- Infos zu InnoPlanta auf der Seite der Lobbyverbände sowie zum Tagungsort am Schaugarten Üplingen
Termine unter anderem zu Gentechnik und Aktionstrainings, darunter ...
- Montag, 6.8. abends im Waldcamp Hambacherforst: Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" (Inhalt siehe 27.10.)
- Donnerstag, 25.10. in Marbach (bei Stuttgart, Näheres folgt): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" (Inhalt siehe 27.10)
- Freitag, 26.10. im Rems-Murr-Kreis (Näheres folgt): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" (Inhalt siehe 27.10)
- Samstag, 27.10., 19.30 Uhr in Donaueschingen (Donauhallen) auf dem Berufs-Imkertag: Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
Kennen Sie Filme oder Bücher über Monsanto? Immer wieder wird einen intensiver Filz zwischen Konzern und Aufsichtsbehörden aufgedeckt. Doch St. Louis, der Firmensitz des Round-up- und Agent-Orange-Herstellers, ist weit weg. Wie aber sieht es in Deutschland aus? Warum werden hier Jahr für Jahr immer neue Felder angelegt, obwohl 80 Prozent der Menschen keine Gentechnik im Essen wollen? Warum fließen Steuergelder auch dieser 80 Prozent fast nur noch in die Gentechnik, wenn es um landwirtschaftliche Forschung geht? Der Blick hinter die Kulissen der Gentechnik mit ihren mafiosen Strukturen und skandalösen Zustände bei Genehmigungen und Geldvergabe bietet eine erschütternde Erklärung, warum die überwältigende Ablehnung und der gesetzlich eigentlich vorhandene Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft (einschließlich Imkerei) gegenüber der grünen Gentechnik so wenig Wirkung hat. Denn: In den vergangenen Jahrzehnten sind alle relevanten Posten in Genehmigungsbehörden, Bundesfachanstalten und geldvergebenden Ministerien mit GentechnikbefürworterInnen besetzt worden. Die meisten von ihnen sind direkt in die Gentechnikkonzerne eingebunden. Mafiose Geflechte von Kleinstunternehmen und seltsamen Biotechnologieparks names Biotechfarm oder Agrobiotechnikum sind entstanden, zwischen denen Aufträge und Gelder erst veruntreut und dann hin- und hergeschoben werden, bis sich ihre Spur auf den Konten der Beteiligten verliert. Es wird Zeit für einen Widerstand an den Orten der Seilschaften.
In der Veranstaltung werden minutiös die Seilschaften zwischen Behörden, staatlicher und privater Forschung, Konzernen und Lobbyorganisationen durchleuchtet. Jeweils eine Firma (BioOK), eine Behörde (BVL = Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit), das wichtigste Forschungszentrum AgroBioTechnikum (nahe Rostock) und der Lobbyverband InnoPlanta mit den jeweiligen Firmengeflechten werden vorgestellt. Am Beispiel eines kleinen Versuchsfeldes zeigt sich: Deutsche Genfelder sind nichts als Fördermittelbetrug, Schlamperei und der Wille, die Auskreuzung aktiv herbeizuführen.
Um die Wut zu Entschlossenheit statt zur Ohnmacht zu wenden, bildet ein Ausblick auf Möglichkeiten des Widerstandes den Abschluss: "Wer nach mehr Forschung ruft oder sich auf staatliche Stellen verlässt, ist verlassen. Gentechnikfreiheit gibt es nur dann, wenn die 80 Prozent Ablehnung sich auch zeigen!".
Der Referent, Jörg Bergstedt, ist Aktivist und Autor des Buches "Monsanto auf Deutsch", in dem die Gentechnik-Seilschaften beschrieben werden. - November: Veranstaltungstour mit Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch" durch Bayern (noch VeranstalterInnen an Universitäten gesucht, vor allem die Agrogentechnikhochburgen Erlangen und München)
Taz-Artikel dazu
http://www.taz.de/Felder-mit-veraenderten-Pflanzen-zerstoert/!98812/
Jörg Bergstedt Vortrag bei rechten Spinnern
Kann mir mal jmd. sagen warum Jörg Bergstedt einen Vortrag über Gentechnik bei der Sekte AZK (Anti-Zensur-Koalition) hält? In der AZK sind Holocaustleugner und rechte Spinner. Soetwas hat er doch nicht nötig oder? www.youtube.com/watch?v=zOmwB_tUx5E
Zitat:
Quelle: http://deu.anarchopedia.org/J%C3%B6rg_Bergstedt