Seit Ende der 90er Jahre sinkt die Zahl der Abschiebehäftlinge in Deutschland. In Deutschlands größtem Abschiebeknast, der JVA Büren, war Mitte der 1990er Jahre Platz für bis zu 580 Gefangene, und nicht selten waren alle Zellen voll. Inzwischen wurde die JVA teilweise für Kurzzeitgefangene umgebaut und stellt noch 384 Haftplätze für Abschiebegefangene. Dabei ist sie nunmehr das einzige Abschiebegefängnis in Deutschlands
bevölkerungsreichstem Bundesland.
2004 wurde die JVA Moers geschlossen, Ende 2011 auch das dritte Sondergefängnis NRWs, der Frauenabschiebeknast Neuss, aufgelöst und die weiblichen Häftlinge nach Büren verlegt. Bereits 2010 wurde außerdem die Abschiebehaftanstalt Rottenburg (Baden-Württemberg) abgewickelt und die Insassen nach Mannheim gebracht. In Rheinland-Pfalz soll der Abschiebeknast Ingelheim über kurz oder lang geschlossen und im Laufe des Jahres 2012 ein „neues Konzept“ zur Abschiebehaft erarbeitet werden, nachdem dort zuletzt nur etwa 22 der 152 Haftplätze belegt waren. Und nach dem neuen Koalitionsvertrag der Landesregierung in Schleswig-Holstein steht auch das dortige Abschiebegefängnis in Rendsburg vor dem baldigen aus.
Auf europäischer Ebene lässt sich jedoch ein gegenläufiger Trend beobachten. Geschlossene Lager und Knäste werden dies- und jenseits der EU-Außengrenzen zu dutzenden hochgezogen, mit tausenden von Plätzen, ob in Griechenland, auf Malta, in der Ukraine oder in Nordafrika.
Abschiebehaft ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der nach deutschem Vorbild und auf deutsches Drängen gestalteten europäischen Migrationspolitik. Und auch hierzulande möchte die Exekutive nicht auf dieses Instrument verzichten. Im Rahmen der so genannten Dublin II-Abschiebungen spielt die Inhaftierung der Aufgegriffenen eine immer bedeutendere Rolle. Und am neuen Flughafen in Berlin ist ein exterritoriales Haftzentrum geplant, das Einreise und Asylverfahren von Flüchtlingen fast gänzlich verhindern soll.
Vor diesem Hintergrund sind die Bekenntnisse der Politik, nach „Alternativen“ zur Abschiebehaft suchen zu wollen, mit großer Skepsis zu betrachten. Gerade weil das Thema inzwischen vom Skandal zur Normalität geworden ist, droht durch den Um- und Rückbau der Haftanstalten ein noch effektiveres System an die Stelle des bisherigen zu treten, bei dem Transparenz und Öffentlichkeit fast gänzlich außen vor bleiben. Und Kirchen und Wohlfahrtsverbände machen fröhlich mit.
Gründe genug, um gegen Abschiebehaft auf die Straße zu gehen. Und dafür gibt es am 08. September an zwei Stellen Gelegenheit:
In Büren rufen Abschiebehaftgegner*innen unter dem Motto „Schluss damit!“ ab 12:00 Uhr zu einer Demonstration am Marktplatz auf. Anschließend an den Demonstrationszug durch die Stadt Büren folgt eine Kundgebung vor der JVA. Dort sind seit der Schließung der JVA Neuss auch weibliche Häftlinge untergebracht, für die sich die Situation dadurch keineswegs verbessert hat. Alle Infos unter http://schlussdamit.blogsport.de
Und in Ingelheim am Rhein wird ab 16:00 Uhr am Hauptbahnhof unter der Losung „Weg mit dem Abschiebeknast!“ demonstriert. Hier gilt es insbesondere Druck zu machen, damit die Schließung des Knastes kein Lippenbekenntnis bleibt und die Inhaftierung von Flüchtlingen und Migrant*innen endgültig beendet wird. Alle Infos unter http://wegmitdemknast.blogsport.de
Beteiligt euch an den Demonstrationen! Verbreitet die Infos weiter, unterstützt die Demonstrationsaufrufe!
Bewegungsfreiheit für alle! Abschiebeknäste ersatzlos abschaffen!
Flüchtlingsproteste
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