Am Vorabend des Hitlergeburtstages plante der „Deutscher Kreis von 1972 e.V.“ irgendwo in Nürtingen und Umgebung einen Vortrag zum Thema „Das Eiserne Kreuz von 1813 bis Heute“. Referent sollte ein Oliver Morling aus Hohenneuffen-Teck sein. Unterschrieben war die Einladung mit Dr. Rolf Kosiek und Oliver Erb.
Als AntifaschistInnen von dem Vortrag erfuhren, beschlossen sie bei dem Schleusungspunkt am Parkplatz beim Nürtinger Bahnhof mal vorbeizuschauen. In Vergangenheit hatten sich solcherlei Besuche bewährt. Am 19. Februar 2009 war es durch antifaschistische Intervention gelungen einen geplanten Vortrag des „Deutscher Kreis von 1972 e.V.“ von Jutta Retz („Deutsche Partei“) über den „Anti-lslamisierungs-Kongress“ in Köln zu stören und zu verhindern.
Vor Ort wurde der Schleusungspunkt koordiniert von Axel Heinzmann und Oliver Erb. Ansonsten tauchten Autos mit Kennzeichen aus Reutlingen, Stuttgart, Biberach, Balingen und Esslingen auf. Der per Auto eintreffende Neonazi Simon Riehle suchte schnellstens das Weite.
Heinzmann wurde von AntifaschistInnen aufgefordert zu verschwinden und rief nach einer kurzen Rangelei die Polizei. Diese traf nach wenigen Minuten ein, worauf die meisten AntifaschistInnen wieder gingen. Durch die Aktion wurde die Veranstaltung behindert, aber leider nicht verhindert. Das eigentliche Ziel der Rechten war der Gasthof „Stern“. Hier fanden im abgelegenen Hinterzimmer, einer tiefer gelegten Saal, bereits mehrfach Vorträge von AnhängerInnen der Reichsbürger-Szene und der Stammtisch der antisemitischen „Germanischen Neuen Medizin“ statt. Auch am 20. April (Hitler-Geburtstag!) soll hier gefeiert worden sein.
HNTERGRUND: „Deutscher Kreis von 1972 e.V.“
Der „Deutsche Kreis von 1972 e.V.“ wurde am 20. November 1973 gegründet und hat nach eigenen Angaben zehn Aktive, 100 Personen stehen auf den Einlade-Listen und 50 kommen regelmäßig zu den monatlichen Treffen. Diese finden bzw. fanden häufig im „Hotel Pflum“ oder im „Haus der Heimat“ in Nürtingen statt.
Die Vorträge vom „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“ sind typische Hinterzimmer-Veranstaltungen, bei denen sich Personen zusammenfinden, die öffentlich zueinander auf Distanz gehen: Angehörige der neonazistischen „Freien Kräfte“, NPD-Mitglieder, RepublikanerInnen, rechte CDUler, Mitglieder der revanchistischen „Vertriebenenverbände“ oder Verbindungsstudenten.
Zu den TeilnehmerInnen an Veranstaltungen des „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“ in jüngerer Vergangenheit gehörten u.a.: Hans Schmidt aus Bisingen (Ehemann von Edda Schmidt, war früher NHB-Hochschulgruppenvorsitzender, NPD-Kandidat), Edda Schmidt aus Bisingen (NPD-Funktionärin, NPD-Kandidatin, bis Anfang 2012 Vorsitzende des NPD-nahen „Rings Nationaler Frauen“), Rodolfo E. Panetta aus Horb (Mitglied der Republikaner seit 1989 REPs-Stadtrat in Horb-Grünmettstetten, Kandidat auf der REPs-Landesliste Platz 9 und Landesbeisitzer), Werner Alexander Pflum (sitzt für die „Freien Wähler“ im Gemeinderat, stellte dem „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“ jahrzehntelang sein Hotel zur Verfügung), Marco Reese (Burschenschafter, Bundesvorsitzender der „Jungen Witikonen“, Autor in der „Jungen Freiheit“, „Blauen Narzisse“ und „Nation & Europa“), Martin Götze aus Rottenburg (ehemaliger Kader in der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“), Simon Riehle aus Reutlingen (JN-Aktivist) oder Armin Allmendinger aus Nürtingen (Mitglied der Studentenverbindung Ceres Nürtingen, Mitglied der Burschenschaft Rheinfranken, schreibt für das rechte Online-Magazin „Blaue Narzisse“, versuchte Gesinnungsgenossen zum Wehrmachts- und Waffen-SS-Traditionstreffen auf dem Ulrichsberg in Österreich zu mobilisieren).
Zum Kern des „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“ gehör(t)en:
- Axel Heinzmann (Kirchentellinsfurter Straße 12 in 72827 Wannweil), Jahrgang 1946, aus Wannweil bei Reutlingen. Von Anfang der 1970er Jahre bis heute ist Axel Heinzmann, im Freundeskreis „A.H.“ genannt, eine der treibenden faschistischen Kräfte in der Region Tübingen-Reutlingen. Er gründete und leitete den extrem rechten „Hochschulring Tübinger Studenten“ (HTS). Radikalisierte Teile des HTS gingen ab 1976 de facto in der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ auf. Eines der letzten bekannten Auftreten des HTS war am 12. Dezember 2003 als Heinzmann und zwei weitere (ältere) Personen mit einem Transparent („Weltfeind Nummer 1: USrael“) und dem Verteilen von Broschüren vor der Neuen Aula während der Weltethos-Rede von Kofi Annan ihren Antisemitismus auslebten. Auffällig ist Heinzmanns Engagement für die beiden weißen Minderheiten-Regime im südlichen Afrika. Im Dezember 1976 kam es bei einer Veranstaltung des HTS für das Apartheidsregime in Rhodesien („Die schwarz-kommunistische Aggression in Südafrika“) in der Tübinger Mensa „Prinz Karl“ zu einem Angriff der neonazistischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ auf Gegendemonstranten, wobei sieben Gegendemonstranten krankenhausreif geschlagen wurden. In Folge der Ereignisse wurde Heinzmann als Rädelsführer verurteilt. Heizmann war zu dieser Zeit auch Regionalbeauftragter der Wehrsportgruppe Hoffmann für Reutlingen. So war es auch nicht verwunderlich das er 1980 in Nürnberg gegen das Verbot der Wehrsportgruppe eine rechtsextreme Demonstration anmeldete. Später verletzte Heinzmann beim Angriff auf eine Demonstration auch den Bevollmächtigten der IG Metall Reutlingen oder er beteiligte sich führend an einer Kampagne zur Freilassung des SS-Oberscharführers Josef Schwammberger. Es folgten weitere Verurteilungen unter anderem wegen Beleidigung, Volksverhetzung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Im November 1994 hatte Heinzmann als Versammlungsleiter des rechtsextremen Gründungs-Treffen einer Kameradschaft Süd mit ca. 200 Neonazis in Weilimdorf-Stuttgart zum Widerstand gegen die Polizei aufgerufen und einen Polizisten mit Messer angegriffen. Axel Heinzmann ist vom Beruf LKW-Fahrer für eine Bäckerei, daneben bezeichnet er sich selbst als „Ehrenamtlicher Rechtsstaatsanwalt“. Im Jahr 2005 ist Heinzmann in die NPD eingetreten und kandidierte bei der Bundestagswahl im selben Jahr für die NPD im Wahlkreis Reutlingen.
- Oliver Erb aus Frickenhausen (Moltkestraße 11, 72636 Frickenhausen), gehört zur jüngeren Generation im „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“ Erb kandidierte in Vergangenheit bereits für die SPD. Er ist ein Esoteriker und war bzw. ist als solcher aktiv im Verein „live Net Concept 2010 e.V.“ und leitete den Stammtisch der antisemitischen „Germanischen Neuen Medizin“ in Nürtingen. Er war bzw. ist auch Vorsitzender des „Verbraucherform Albtrauf e.V.“
- Dr. Rolf Kosiek, Jahrgang 1934, aus Nürtingen (Adresse: Grüntenweg 14, 72622 Nürtingen), ist mit Oliver Erb der heutige Vorsitzende des „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“. Kosiek war lange Zeit der Vordenker der NPD in Baden-Württemberg und saß für die NPD 1968 bis 1972 im hiesigen Landtag. Er rückte 1973 in den NPD-Bundesvorstand auf und wurde 1977 zum stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg gewählt. Seit 1981 ist er für die inhaltliche Arbeit zuständiger Mitarbeiter und Cheflektor im rechtsextremen Tübinger Grabert-Verlag. Von 1992 bis 2005 war Kosiek Vorsitzender der größten rechten Kulturvereinigung, der „Gesellschaft für freie Publizistik“, deren Postfach noch immer in Oberboihingen nahe von Kosieks Wohnort ist. Kosiek ist Mitglied im sudetendeutschen faschistischen Witikobund, im inzwischen inaktiven „Deutschen Seminar“, im geschichtsrevisionistischen Verein „Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit“ und war führendes Mitglied in der 2000 gegründeten rechtsextremen „Deutschen Studiengemeinschaft“. Er war Verwalter des Solidaritätskonto für den verurteilten Holocaustleugner Germar Rudolf bei der Volksbank Kirchheim-Nürtingen.
- Götz Eberbach, Jahrgang 1930. Eberbach ist pensionierter Studiendirektor und war ab 1984 Vorsitzender des „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“. Sein Vater war Heinz Eberbach, General der Panzertruppen, und sein Schwiegervater war Kurt Meyer, General der Waffen-SS. Eberbach war mehrfach Lehrer in Trakehnen für den extrem rechten „Schulverein zur Förderung der Rußlanddeutschen in Ostpreußen“. Außerdem referierte er bereits für den Stuttgarter Kreisverband der „Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS e.V. – Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“. Als Autor schrieb er für die geschichtsrevisionistische Zeitschrift „Deutschland in Geschichte und Gegenwart“, „Erneuerung und Abwehr“ (Organ der „Evangelischen Notgemeinschaft in Deutschland“), das rechtskonservative „Deutschland-Magazin“, das Wehrmachtsveteranenblatt „Kameraden“, das revanchistische „Ostpreußenblatt“, die neurechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“, das faschistische Traditionsblatt „Nation & Europa“ und die SS-Veteranen-Zeitschrift „Der Freiwillige“. Außerdem ist er Verfasser der Broschüre „Zur Ehrenrettung der deutschen Soldaten“, die das zum Grabert-Verlag gehörende „Institut für deutsche Nachkriegsgeschichte“ 1998 herausgegeben hat.
- Dr. Gustav Jonak (1903-1985) war Regierungsdirektor im Innenministerium Baden-Württemberg, blickt auf eine Nazi-Vergangenheit zurück und war 1973 bis 1984 Vorsitzender des „Deutschen Kreis von 1972 e.V.“.
Jonak kommt aus der ehemaligen Tschechoslowakei und gehörte dort zu der deutschsprachigen Minderheit. In der Tschechoslowakei war er Leiter des Oberlandratsamtes Mährisch-Ostrau. Schon früh schloss er sich in seiner Heimat dem „Völkischen Bund der Deutschen in Nordmähren“ an, war Aktivist des rechten „volksdeutschen“ „Aufbruch“-Kreis um Rudolf Kaspar und war seit 1922 Mitglied der Innsbrucker akademische Burschenschaft Germania und seit 1925 der Prager Burschenschaft Teutonia. Er war auch 1929-1932 Vertreter der sudetendeutschen Burschenschaften im Hauptausschuss der „Deutschen Burschenschaft“ und 1934 bis 1937 war er Vorsitzender der Sudetendeutschen Burschenschaft (BdS). Seit 1960 war er zudem Ehrenmitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Albia.
Seit 1930 war Jonak Mitglied der „Sudetendeutschen Nationalsozialistischen Partei“ (DNSAP), seit 1936 der „Sudetendeutschen Partei“ und wurde Henleins Generalsekretär und Kanzleileiter. Er beteiligte sich also kräftig mit bei der Zerstörung der demokratischen Tschechoslowakei. Während der deutschen Besatzung war er Leiter des Referates IV D 1 (Protektoratsangelegenheiten) des Reichssicherheitshauptamtes. Im Jahr 1945 war der SS-Obersturmbannführer Verbindungsführer der Verwaltung beim Oberkommando der 1. Panzerarmee und wurde kommissarischer Polizeipräsident von Mährisch-Ostrau.
Diese braune Vergangenheit verhinderte nicht seine Nachkriegs-Karriere in Baden-Württemberg, u.a. in den „Vertriebenen“-Verbänden. So war er seit 1957 Mitglied der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ und des Landschaftsrates Kuhländchen. Ab 1968 war Jonak Kandidat und Redner der NPD.
Simon Riehle
Simon Riehle war kürzlich auch beim "Südwestdeutschen Kulturtag" der JN im Elsass!