[B] Solidaritätskundgebung für Gülaferit Ünsal

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

Ungefähr 80 solidarische Menschen beteiligten sich am 15.1.2012 an einer Solidaritätskundgebung vor der JVA-Lichtenberg in Berlin für die dort seit Ende Oktober letzten Jahres inhaftierte türkische Linke Gülaferit Ünsal.

Sie war auf Betreiben der Bundesanwaltschaft aus Griechenland ausgeliefert worden und soll nach dem §129b wegen angeblicher Aktivitäten für die in Deutschland und der Türkei verbotene marxistische DHKP/C angeklagt werden. Schon in den letzten Jahren sind mit diesem Paragraphen neben Islamisten vor allem auch sich links verstehende AktivistInnen aus türkischen, kurdischen und tamilischen Zusammenhängen angeklagt und teilweise zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Dass Menschen aus migrantischen Zusammenhängen größere Schwierigkeiten haben, Solidarität zu bekommen, zeigt sich auch am Fall von Ünsal. Die Kundgebung war die erste öffentlich beworbene Solidaritätsaktion, obwohl sie schon seit fast 3 Monaten inhaftiert ist und in Griechenland eine zivilgesellschaftliche Bewegung mehrere Monate gegen ihre Auslieferung nach Deutschland mobilisierte.

Die JVA-Lichtenberg liegt unmittelbar an der Route , an der vormittags Zehntausende am Todestag von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu deren Gräbern gezogen sind. Daher wurde die Kundgebung auch auf diesen Tag gelegt, um deutlich zu machen, dass Solidarität auch etwas sehr Konkretes ist. Tatsächlich trafen sich etwa 60 solidarische Menschen am U-Bahnhof Lichtenberg und zogen in einer Kurzdemo mit Transparenten und Parolen rufend zum knapp 500 Meter entfernten Knast. Dort wurde in mehreren Redebeiträgen auf die Geschichte der verschiedenen 129 –Gesetze eingegangen. In den 70er Jahren des vorletzten Jahrhunderts wurde der Paragraph gegen SPD-Strukturen angewandt, die in den Zeiten der Sozialistengesetze Zeitungen und Druckschriften anfertigten. Schon in der Weimarer Zeit wurde das Gesetz gegen kommunistische, später gegen antifaschistische, autonome, ökologische und feministische Organisationen in Anwendung gebracht. Seit 20 Jahren stehen zunehmend migrantische Strukturen im Visier.

Präventive Repression gegen sozialen Widerstand

In einem Redebeitrag wurde von einer präventiven Repression gesprochen, die sich hier noch gegen einzelne AktivistInnen oder kleine Gruppen richteten. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass es hierzulande auch nicht in linken Gruppen organisierte KollegInnen treffen kann, die sich gegen miese Arbeitsbedingungen wehren. Als Beispiel wurde eine Pflegerin in einer Demenz-Wohngemeinschaft angeführt, der Erzwingungshaft droht, weil sie ein Verfahren gegen ihren Boss verloren hat und jetzt die Gerichtskosten zahlen soll, wogegen sie sich aber weigert. Sie versteht diesen Schritt auch als Widerstand gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Repression. Auch diese KollegInnen brauchen unsere Solidarität, wie in dem Beitrag betont wurde.
Während es in Deutschland noch vereinzelte Fälle sind, wehren sich vor allem an der europäischen Peripherie viele Menschen gegen das von Deutschland wesentlich mitinitiierte EU-Diktat. Dort trifft daher die Repression viel größere Gruppen. So sind in Griechenland ArbeiterInnen eines Elektrizitätswerkes wegen Staatsgefährdung angeklagt, weil sie während eines Streiks ein Büro besetzt hatten, in dem die Rechnungen für die StromkundInnen erstellt werden.

Weitere Solidaritätsaktionen werden folgen

Mit der Kundgebung begann der erste Schritt einer Solidaritätskampagne für Gülaferit Ünsal. Es ist gelungen ihren Fall überhaupt erst einmal bekannt zu machen. In den nächsten Monaten, wenn voraussichtlich in Berlin das §129b-Verfahren gegen die Frau beginnt, soll es weitere Veranstaltungen und Aktionen geben. Überlegt wird auch eine internationale Solidaritätsarbeit. Da in Griechenland gegen Ünsals Auslieferung protestiert wurde, soll versucht werden, AktivistInnen aus diesen Gruppen einzuladen, ihren Prozess zu besuchen und so auch eine länderübergreifende Solidaritätskampagne zu initiieren. Mit der Kundgebung wurde ein erster Schritt dazu getan.

Ein kurzes Interview zu Gülaferit Ünsal findet ihr hier!

 

Zusammen Kämpfen Berlin //  http://zk-berlin.bplaced.net/

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und mal zur Ergänzung, wie man in der Türkei alleine schon mit "Unpolitischen" umgeht:

 

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,811554,00.html

 

plus Videos:

 

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,803720,00.html

 

http://www.youtube.com/watch?v=GfMQT9Pb2vE

 

Interview in türkisch mit Bildern der Folterspuren:

 

http://www.youtube.com/watch?v=KDfaKYr1Qnc

 

Dem Opfer der Progelpolizisten droht eine höhere Strafe in einem Folterknast der Türkei als den Schlägern!

 

Solidarität mit Gülaferit Ünsal!

 

Solidarität mit Fevziye Cengiz!

26.01.2012 / Junge Welt

Türkei: Skelette von ­Folteropfern
Istanbul. Die türkischen Behörden haben bei Grabungen in einem ehemaligen Verhörzentrum der Militärpolizei die sterblichen Überreste von 23 mutmaßlichen Opfern von Folter und außergerichtlichen Hinrichtungen gefunden. Bei neuen Grabungen in der Großstadt Diyarbakir im Kurdengebiet seien am Mittwoch vier weitere Schädel sowie weitere Knochen zum Vorschein gekommen, meldete die Nachrichtenagentur Anadolu. Damit steige die Zahl der seit Anfang des Monats gefundenen Skelette auf 23. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das historische Viertel Ickale in Diyarbakir war bis vor etwa zehn Jahren als Verhör- und Internierungszentrum der Militärpolizei und des berüchtigten paramilitärischen Geheimdienstes Jitem genutzt worden.

(AFP/jW)