Am 25. März plant das national-revolutionäre Grüppchen Genève non conforme eine Konferenz mit Gianluca Iannone, dem Präsidenten der italienischen „Faschisten des dritten Jahrtausends“ Casa Pound, in Calvingrad. Nach mehreren gescheiterten öffentlichen Veranstaltungen scheinen sie verstanden zu haben, dass die Präsenz von Faschisten auf den Genfer Strassen nicht toleriert wird und organisieren den Anlass klandestin. Trotzdem gilt es, die Konferenz mit dem Titel „Die italienische Methode“ mit allen Mitteln zu verhindern.
Was ist Casa Pound?
Casa
Pound ist eine offen faschistische italienische Organisation, die seit
2003 existiert. In diesem Jahr besetzten einige Faschisten ein leer
stehendes Haus in der Nähe des Römer Bahnhofs. Der Name evoziert den
amerikanischen Dichter Ezra Pound, der unter Mussolini in Italien lebte
und die Faschisten und später die „soziale Republik von Salo“
unterstützte. Obwohl sie sich als „Faschisten des dritten Jahrtausends“
bezeichnen, sind ihre aufgewärmten faschistischen Postulate alles andere
als neu. Das faschistische Rezept ist schliesslich seit dessen Ursprung
das selbe geblieben, nämlich die Garnitur einer reaktionären,
rassistischen und antisemitischen Ideologie mit einem Mix von Elementen,
die diversen linksradikalen Strömungen abgekupfert werden. Wie schon
Mussolini behaupten auch die heutigen Faschisten, sie seien „weder links
noch rechts“ und sie verteidigen die Arbeiter (natürlich nur so lange
sie „weiss und italienisch“ sind). Dass, wie schon in diversen anderen
europäischen Ländern geschehen, auch die italienischen Faschisten früher
oder später auf die Idee kommen würden, autonome Methoden zu kopieren,
ist deshalb auch wenig überraschend.
Seit Gianni Alemanno von
der post-faschistischen Alleanza Nationale zum Römer Bürgermeister
gewählt wurde, gleicht auch das Verhältnis zwischen der Stadt und den
Faschisten immer mehr einer offenen Kollaboration. So wurden im Oktober
2008 Studenten während einer Demo in Rom auf der Piazza Navona von
Schlägern des Blocco Studentesco, der Studentenorganisation von Casa
Pound, angegriffen, während die Polizei erst eingriff, als die
Faschisten ihrerseits von Antifaschisten angegriffen wurden und als Casa
Pound Anfang 2009 ein Gebäude besetzte, um einen Boxklub einzurichten,
mussten sie dieses zwar wieder verlassen, bekamen von der Stadt jedoch
postwendend andere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Solche und
andere Ereignisse erinnern an das Italien der 1960er und 1970er Jahre,
an die Strategie der Spannung, an die Piazza Fontana, den Bahnhof von
Bologna und den Mord an Valerio Verbano.
Mittlerweile gibt es
schon 15 von Casa Pound besetzte Häuser in ganz Italien. Zwar werden
diese in den kleineren Städten selten von mehr als einer Handvoll Leute
betreut, doch in den italienischen Medien sind die Faschisten relativ
präsent, einerseits wegen dem zunehmenden Zerfall des bürgerlichen
Antifaschismus und der damit einhergehenden Verharmlosung des Faschismus
in weiten Teilen der bürgerlichen Rechten, andererseits aufgrund ihrer
zentralistischen und metapolitischen Propagandastrategie – und die
Berichterstattung über sie ist meistens alles andere als kritisch. Doch
der antifaschistische Widerstand schläft nicht: Erst vor kurzem wurde
die Eröffnung eines Lokals in Cuneo und eine Konferenz von Casa Pound in
Bologna verhindert.
Wer ist Gianluca Iannone?
Gianluca
Iannone, 1973 geboren, ist der Präsident von Casa Pound. Schon mit 14
Jahren war er in der Jugendorganisation des faschistischen MSI aktiv, in
den 1990er Jahren gründete er ein faschistisches Musiklabel und schrieb
für eine faschistische Zeitschrift. Zudem ist er noch Frontmann der
Hatecore-Band Zetazeroalfa. Um Iannone existiert ein regelrechter
Führerkult, so lief er beispielsweise an der Demonstration in Bozen am
5. März alleine vor dem Fronttransparent1. Auf dem Internet findet man
auch zig Interviews mit ihm, sei es auf fast jedem italienischen
Faschoblog oder den Homepages von dubiosen „Kulturvereinen“. Er äussert
sich zu allen Themen, gibt sich avantgardistisch, propagiert jedoch in
Wirklichkeit einen kruden Faschismus, der sich von jenem damals kaum
unterscheidet, dies geht bis zur „Aktualisierung“ des Futurismus als
„Turbodynamismus“.
Was ist Genève non conforme?
GNC ist
ein national-revolutionäres Genfer Grüppchen, das 2010 gegründet wurde
und gemäss Jérôme Béguin, Autor des Buches "L'extrême droite genevoise,
des origines à nos jours", etwa ein Dutzend Mitglieder hat, einige
davon vormals stalinistische Redskins. Sie schwafeln vom „dritten Weg“
und orientieren sich an Casa Pound2 und der franzöischen „neuen
Rechten“, vor allem an Egalité et Réconciliation um Alain Soral. Viel
gelungen ist ihnen bis anhin nicht: Letzten Oktober mussten sie ein
Konzert irgendwo in einem Keller organisieren, nachdem eine Bar in der
Altstadt nach antifaschistischem Druck abgesagt hatte, und am 4.
Dezember 2010 konnten sie an einem Tag gleich zweimal nicht wie geplant
demonstrieren, wobei sie beim zweiten Mal noch von Antifaschisten
verprügelt wurden.
Informiert Euch!
Alle nach Genf am 25. März!
Für einen autonomen Antifaschismus!
Fussnoten:
1 Siehe Foto. Nebenbei erwähnt wurde damit ein uralter Konflikt wieder einmal aufgewärmt, denn diese Demo mit dem Motto „Bozen ist italienisch“ kam bei deutschen Nazis nicht besonders gut an. Die Quelle ist zwar schlicht das allseits bekannte deutsche Naziforum, dürfte aber in diesem Fall ziemlich repräsentativ sein.
2 „Geneve non conforme“ ist eine besonders eindeutige Anspielung auf die futuristisch inspirierte Fetischierung des „Nonkormismus“ durch Casa Pound, es gibt z.B. auch eine Gruppe „Torino non conforme“.
Einige Informationen ...
...über die politische Situation in Italien:
Schon etwas älter:
Wo steht Italien? Teil 1
http://de.indymedia.org/2008/11/233305.shtml
Wo steht Italien? Teil 2
http://de.indymedia.org/2008/11/233325.shtml
Der faschistische Mord an Renato Biagetti/Rom
http://de.indymedia.org/2008/12/235539.shtml
Rassistischer Mord in Mailand
http://de.indymedia.org/2008/09/227257.shtml
Rassistischer Treffpunkt in Rom agebrannt
http://de.indymedia.org/2008/09/226245.shtml
Letzte Nacht: Faschistischer Angriff in Rom
http://de.indymedia.org/2008/08/225787.shtml
Erneuter faschistischer Angriff in Rom
http://de.indymedia.org/2008/05/218502.shtml
Nazimob wütet in Roms Stadtteil Pigneto
http://de.indymedia.org/2008/05/218211.shtml
con Dax nel cuore - Gedenken in Mailand
http://de.indymedia.org/2008/03/210973.shtml
Der faschistische Mord an Davide Cesare
http://linksunten.indymedia.org/de/node/6647
con Dax nel cuore!
http://linksunten.indymedia.org/de/node/23218
Giovanni Pesce ist tot
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/pesce.html
Nazizentrum in Mailand abgebrannt
http://de.indymedia.org/2007/05/175264.shtml