Am 11. September 1973 putscht das chilenische Militär
Seit den Parlamentswahlen vom März 1973 kommt es fast täglich zu Straßenkämpfen. Die rechtsradikale Patria y Libertad erschießt linke Aktivist_innen, setzt Büros der Unidad Popular in Brand und schickt ihre Schlägerbanden in Gewerkschaftshäuser. Das US-amerikanische State Department finanziert einen landesweiten Streik der Transportunternehmen. Gleichzeitig nehmen die Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungskoalition zu. Die außerparlamentarische Linke sieht das Experiment eines friedlich-parlamentarischen Transformationsprozesses zum Sozialismus gescheitert und plädiert für den bewaffneten Kampf von Arbeiter_innenmilizen. Die Entscheidung fällt in Washington. Am 11. September bombardiert die Armee den Präsidentenpalast Moneda.
Henry Kissinger zu Chile:
"Wieso sollten wir ein Land kommunistisch werden lassen, durch die Unverantwortlichkeit des eigenen Volkes."
Die Schlacht um Chile, 1973 – 1978 von Guzmán, Patrico
In seiner dreiteiligen Dokumentation zeichnet Patricio Guzmán die Endphase der Regierungszeit von Salvador Allende nach. Der Film besteht nicht aus Archivmaterial, Guzmán und sein Team drehten kontinuierlich zwischen 1972 und 1979. Chiles bedeutendstem Dokumentarfilmer gelang es, das Rohmaterial ins kubanische Exil zu retten und dort sein monumentales Zeugnis des „Kampfes eines unbewaffneten Volkes“ – so der Untertitel des Films – zu gestalten. In Chile unterliegt Die Schlacht um Chile der Zensur und wurde nie vom staatlichen Fernsehen ausgestrahlt.
http://www.youtube.com/watch?v=cmzlq0GigXA
http://www.youtube.com/watch?v=gvBjCPoxgLI
http://www.youtube.com/watch?v=wEDmNSU5sFw
Antiamerikanische Projektionen
Der damaligen US-Regierung die letztliche Entscheidungsgewalt zum Putsch anzudichten, ist geschichtsverfälschend wenn nicht gleich antiamerikanische Projektion.
Die USA spielte eine bedeutende Rolle in der Vorbereitung des Putsches und der Konsolidierung der Diktatur, dies ist unbestreitbar. So versuchte sie schon in den 60er Jahren, lange vor dem Wahlsieg der Unidad Popular und ihres Kandidaten Allende, die konservative und antikommunistische Opposition zu stärken. Dennoch waren die Putschsiten keine Agenten der Vereinigten Staaten. Weder vor, während noch nach dem Militärputsch. Sie handelten in eigenem Interesse und zügig nach dem Putsch setzten sie dieses, auch gegen die USA oder ihren Willen, durch.
Bei Stefan Rinke's Kleiner Geschichte Chiles heißt es dazu treffend:
"Inwiefern Washington wirklich an der Planung und Vorbereitung des Militärputsches gegen Allende beteiligt war, bleibt trotz der kürzlich erfolgten Deklassifizierung und Veröffentlichung wichtiger Dokumente umstritten. Der jetzige Forschungsstand legt nahe, dass die Destabilisierungsbemühungen der USA ein wichtiges, wenngleich nicht entscheidendes und vor allem keineswegs ausschließliches Element in der Herbeiführung des Putsches war" (S. 157).
Mit Behauptungen wie "Die Entscheidung fällt in Washington" bewegst du dich folglich auf sehr dünnem Eis.