Die Ausbildung von ausländischen Lehrer_innen soll in Deutschland anerkannt werden! | Pressemitteilung von New Generation Berlin (18.07.2017)
In Berliner Schulen fehlen über 2.300 LehrerInnen – und es werden immer mehr fehlen [1]. Dazu kommt: Bereits über ein Drittel der neu angestellten LehrerInnen hat keine klassische Ausbildung [2]. Die Stellen werden stattdessen mit QuereinsteigerInnen besetzt. Das sind Menschen, die zwar die fachliche Qualifikation mitbringen, aber keine pädagogische Ausbildung haben. Grundsätzlich befürworten wir diese Idee- nämlich als Bereicherung zu den ausgebildeten Fachkräften und nicht um diese zu ersetzen.
Gleichzeitig bewerben sich jedes Jahr etwa 500 LehrerInnen mit ausländischen Abschlüssen um eine Stelle. Ihre Ausbildung wird jedoch nur in etwa 5% der Fälle genehmigt, selbst bei ausreichender sprachlicher, fachlicher und pädagogischer Qualifikation [3]. Alle anderen erhalten die Aussicht auf eine mögliche Einstellung, wenn "Ausgleichsmaßnahmen" ergriffen werden – es gibt jedoch in Berlin keine Möglichkeit zur Weiterqualifizierung, wie etwa in Hamburg. Auch ein fehlendes zweites Fach ist oft ein Problem. Aushilfsverträge, Vertretungs- und Förderstunden, die oft schlechter bezahlt und nur befristet sind. Mit etwas Glück bekommen sie vielleicht eine Stelle an einer Internationalen Schule. Die Folge ist, dass viele überqualifiziert in anderen Berufen arbeiten. Hier geht nicht nur Potential verloren, auch für die AkademikerInnen, die oft eine jahrelange Ausbildung absolviert haben, ist dies nicht der gewünschte Lebensentwurf. Es geht sowohl um neu Zugewanderte als auch um Menschen, die seit vielen Jahren in Deutschland leben, ohne ihren Beruf ausüben zu können.
Deshalb fordern wir, dass ausländische Lehramtsabschlüsse in Deutschland einfacher anerkannt werden können – für mehr Vielfalt im Unterricht und gegen den Lehrermangel! Wir fordern eine realistische Lösung des Problems, das sich nicht an Gesetzen, sondern an den Voraussetzungen der Menschen ausrichtet. Es gibt bereits eine Regelung zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse auf Landesebene (seit 2014: Anpassungsqualifikationsgesetz), diese ist jedoch für LehrerInnen mit vielen Hürden versehen. Wir fordern, dass diese abgebaut werden: für eine realistische, umsetzbare Lösung des Lehrermangels in Berlin! Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel, die Pflicht, zwei verschiedene Fächer zu unterrichten, abzuschaffen, sowie eine Möglichkeit zur Anpassungsqualifizierung anzubieten, damit sich LehrerInnen, wenn gewünscht, weiterbilden können, um den Anforderungen des deutschen Bildungssystems zu genügen. Das Vorbild für unsere Forderung ist Hamburg: Seit 2012 kann man hier beantragen, dass ein ausländischer Abschluss auf die Gleichwertigkeit mit einem in Hamburg erworbenen Lehramtsabschluss geprüft wird.
Danach können sie eine Zusatzausbildung ("Anpassungsqualifizierung") über 18 Monate absolvieren, die Seminare zu Didaktik und Pädagogik und selbstständige, durch kompetente LehrerInnen unterstützte Lehrtätigkeit umfasst. Das Gesetz ist ein voller Erfolg! Es hat dazu geführt, dass vielen ausländischen Lehrkräften ermöglicht wurde, in Hamburg in ihrem Beruf zu arbeiten. Hier werden bis zu 90% der Anträge bewilligt. 2016 stellten bereits 200 LehrerInnen einen Antrag [4]. Bisher ist der Stadtstaat jedoch das einzige Bundesland, das dies ermöglicht – Berlin soll das zweite werden, mit Ihrer Hilfe!
Begründung:
Neben der Beseitigung des Lehrermangels ist auch mehr Diversität an Berliner Schulen ein wichtiges Ziel. Berlin schmückt sich damit, eine multikulturelle, weltoffene Stadt zu sein, bisher zeigt sich das jedoch wenig in den Lehrerzahlen: hier sind fast ausschließlich Deutsche beschäftigt – und das, obwohl 37% der Berliner SchülerInnen einen Migrationshintergrund haben [5]. Gerade in der Schule haben Kinder und Jugendliche jedoch mit Mobbing und Diskriminierung auch aufgrund von Rassismus zu kämpfen – dem könnte entgegengewirkt werden, indem auch LehrerInnen anderer Hautfarben eine Vorbildfunktion für die SchülerInnen einnehmen können. Gerade die Schulzeit ist besonders wichtig, um die Menschen in unserer Gesellschaft zu toleranten, couragierten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu machen. Hier werden viele Werte geprägt, die lebenslange Wirkungen auf die SchülerInnen haben. Studien belegen, dass ausländische LehrerInnen ein wichtiger Faktor für die gelingende Integration von SchülerInnen mit Migrationshintergrund sind [6].
Dieses Problem betrifft nicht nur LehrerInnen, sondern Arbeitskräfte aller Fachrichtungen. Schätzungen zufolge gibt es 300.000 MigrantInnen in Deutschland, die ihre Qualifikation nicht nutzen können [7]. Fehlende Klarheit sorgt dafür, dass unglaublich viel Potential durch mögliche gut ausgebildete Eingewanderte verloren geht. Bund und Länder verhindern so mit ihrer restriktiven Politik eine sinnvolle Lösung des Fachkräftemangels in Deutschland.
1 www.morgenpost.de/berlin/article209259473/Zahl-der-Quereinsteiger-an-Berlins-Schulen-ist-alarmierend.html
2 www.tagesspiegel.de/berlin/schule/berliner-schuljahr-2017-18-genug-lehrer-aber-nicht-die-richtigen/19893716.html
3 www.deutschlandfunk.de/auslaendische-lehrer-in-deutschland-willkommen.680.de.html?dram:article_id=304362
4 www.zeit.de/2013/17/beruf-lehrer-migranten
5 www.berlin.de/sen/bildung/schule/bildungsstatistik/ Ausgewählte Eckdaten 2016/17
6 www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/integration-studie-zeigt-bedeutung-von-lehrern-mit-migrationshintergrund-a-718698.html
7 heimatkunde.boell.de/2012/11/18/die-anerkennung-auslaendischer-bildungs-und-berufsabschluesse-als-herausforderung-der
Grafik: www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/lehrer-mit-migrationshintergrund-die-schueler-warten-auf-euch-1790525.html
Kontakt:
New Generation e.V., info@new-generation-berlin.de, Büro: 030 61 63 66 27
www.new-generation-berlin.de
Sonja Prinz: 017661955835, sonja@global-new-generation.com
Online Petition: www.openpetition.de/!diversity
Das Problem ist wohl eher die deutsche Sprache
Schon heute verlässt ein Großteil die Schule ohne sich halbwegs fehlerfrei in Deutsch ausdrücken zu können. Und dann sollen ihnen auch noch Lehrer vorgesetzt werden, die die Sprache nur radebrechen? Selbst wenn es sich um Lehrer handelt, die tatsächlich an einer ernstzunehmenden Universität ausgebildet wurden, wo soll das enden? Eine Vervielfachung der Privatschulen für die rich kids und alle anderen bekommen gar keine Chancen mehr?
nö
Die besten Lehrrer*innen die ich hatte waren Quereinsteiger*innen. Dass ihr euch hier gegen diese in Stellung bringt folgt ganz offensichtliche einem klaren Konkurenz-Gedanken. So unsolidarisch für Solidarität werben? Könnt ihr euch in die Haare schmieren...