Mehr als 1.000 Menschen haben sich am Samstag im Süden der Stadt Leipzig gegen einen provokatorischen Aufmarsch von ungefähr 150 Neonazis protestiert.
Breite Proteste
Gegen den Neonaziaufmarsch waren schon im Vorfeld mehrere Versammlungen in vier Ortsteilen der Stadt Leipzig angemeldet worden.
Bereits ab 10.00 Uhr führte das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ unter dem Motto: „Sachsen: Versagen durch Wollen“ eine Demonstration mit ungefähr 500 Menschen vom Zentrum-Süd bis zur Südvorstadt durch. Diese verlief vom Wilhelm-Leuschner-Platz, über dem Peterssteinweg, der Karl-Liebknecht-Straße, der Arndtstraße, der Bernhard-Göring-Straße, der Kurt-Eisner-Straße bis in die Nähe der S-Bahnhaltestelle „Leipzig, MDR“, dem Startpunkt des Neonaziaufmarsches.
Einen weiteren Schwerpunkt des Protestes bildeten die stationären Versammlungen im Leipziger Ortsteil Zentrum-Südost. Dort hatte sich mehrere hundert Gegendemonstranten an vier Punkten, am Deutschen Platz unter dem Motto: „Den Nazis entgegentreten“, an einem Supermarkt an der Straße des 18. Oktober, in der Philipp-Rosenthal-Straße unter dem Motto: „Wir überlassen Leipzig nicht den Rechten, egal wie sie sich nennen“ und am Bayrischen Platz unter dem Motto: „No pasaran!“, lautstark sowie in Hör- und Sichtweite gegen die vorbeimarschierenden Neonazis positioniert.
Weitere, offenbar taktisch platzierte Gegenkundgebungen des fanden, außerhalb des Kerngeschehens im Ortsteil Zentrum-Südost, in Connewitz, am Werk 2 – Kulturfabrik Leipzig in der Kochstraße, an der Paul Gerhardt Kirche in der Selnecker Straße und am Haus der Demokratie in der Bernhard-Göring-Straße, in der Südvorstadt, in der Bernhard-Göring-Straße Höhe Amtsgericht Leipzig, sowie im Zentrum-Süd am Volkshaus in der Karl-Liebknecht-Straße,statt.
Neonaziaufmarsch durch Ortsteil Zentrum-Südost
Der neonazistische Aufmarsch wurde übrigens von der bundesweit aufgestellten Neonazi-Kleinpartei „Die Rechte“ unter dem Motto: „Heimat erhalten – Familien fördern – Zukunft gestalten“ organisiert. Anmelder war deren Bundesvorsitzender Christian Worch aus Parchim (MV).
Zwischen 12.00 und 13.00 Uhr hatten sich ungefähr 150 Mitglieder und/oder Sympathisanten der Partei am Startpunkt der Neonazi-Versammlung, an der S-Bahnhaltestelle „Leipzig, MDR“ eingefunden. Die meisten Versammlungsteilnehmer waren mit S-Bahn über den Leipziger Hauptbahnhof angereist und stammten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Einzelpersonen und kleinere Gruppen reisten aber auch aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern.
Gegen 13.30 Uhr formierte sich die rechte Versammlung zu einem Aufmarsch. Dabei fielen im Wesentlichen zwei Blöcke auf. Einem kleineren Frontblock mit Funktionären der Partei „Die Rechte“ sowie einem weit größeren Black-Block. Anschließend zog der Aufzug, abgesichert durch zahlreiche Polizeikräfte, Richtung Osten. In der Semmelweissstraße Ecke Straße des 18. Oktober fand dann eine Zwischenkundgebung statt. Bei dieser sprachen dann u.a. Uli Carsten Bayer, Michel Fischer, Philipp Hasselbach und Sascha Krolzig. Anschließend formierte sich der Aufmarsch neu und zog, abermals durch zahlreiche Polizeikräfte gesichert, bis zum Bayrischen Platz bzw. zur S-Bahnhaltestelle „Bayrischer Bahnhof“. An der Haltestelle endete der Aufmarsch dann gegen 15.00 Uhr mit einer Abschlusskundgebung, bei der u.a. Holger Niemann, Christian Worch und nochmals Michel Fischer und Uli Carsten Bayer sprachen.
Die sehr bescheidene Laufstrecke von ungefähr 1.800m lag nahezu ausschließlich im Leipziger Ortsteil Zentrum-Südost. Das ursprüngliche, jedoch bereits im Vorfeld der Neonazi-Veranstaltung nicht genehmigte Aufmarschziel: Leipzig-Connewitz, wie auch der gesamte Stadtbezirk Leipzig-Süd, blieb für die Neonazis, auch durch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Leipzig sowie des Oberverwaltungsgerichtes in Bautzen, jedoch tabu.
Connewitz gilt als alternatives Szeneviertel und linksradikales Zentrum in der sächsischen Großstadt. Alle Versuche von Neonazis dort durch angemeldete Aufmärsche offen aufzutreten, scheiterten bisher. Zuletzt am 12. Dezember 2015. Das Connewitz jedoch keine unumstößliche No-Go-Area für Nazis ist, bewies der 11. Januar 2016. An diesem Tag verabredeten sich mindestens 211 neonazistische Hooligans und militante Neonazis u.a. aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, und Thüringen und zogen anschließend „unangemeldet“ und randalierend durch den Ortsteil, warfen dabei u.a. Schaufensterscheiben ein und attackierten Kiezlokale.
„Die Rechte“ auf Profilierungskurs
Die Bilanz des nachmittäglichen Aufmarsches der Partei „Die Rechte“, die u.a. auch mit der großspurigen Kampfansage „Leipzig bleibt Deutsch“ für ihre Versammlung warb, fällt hingegen weitgehend ernüchternder aus. Statt der 300-400 erwarteten Teilnehmer, die scheinbar durch eine intensive Bewerbung des geplanten Aufmarsches im Socialmedia oder durch Flugblattaktionen bei ähnlichen Veranstaltungen, beispielsweise am 11. Februar 2017 in Dresden, kamen nur ungefähr 150 Personen. Die ursprünglich angemeldete Laufstrecke wurde zudem nicht nur komplett verlegt, sondern auch um 3.700m gekürzt. Und selbst der verbleibende Versammlungsbereich konnte nur aufgrund eines enormen Polizeiaufgebotes von mehreren tausend Beamten garantiert werden.
Allerdings ist diese Bilanz wenig überraschend und dürfte auch im Vorfeld erwartbar gewesen sein. Die tatsächliche Intention des Aufmarsches dürfte daher eher ein Signal an das eigene Milieu gewesen sein. Allein die Teilnahme diverser Mitglieder des Bundesvorstandes von „Die Rechte“, namentlich Michel Fischer (Erfurt, TH), Enrico Biczysko (Erfurt, TH), Sascha Krolzig (Hamm, NRW), Uli Carsten Bayer (Westsachsen, SN), Holger Niemann (Neuhaus/Elbe, NI), Philipp Hasselbach (München, BY) von denen einige auch Redebeiträge hielten, wirkte schon wie eine szeneinterne PR-Kampagne für die Partei, die mit der in Sachsen ohnehin starken NPD sowie dem im südwestlichen Westsachsen äußerst umtriebigen „III. Weg“ mehrere Konkurrenten im eigenen Lager hat. Allerdings dürfte es der „Rechte(n)“ bei ihrer Veranstaltung weniger um den „Kampf um die Parlamente“ gegangen sein. Sie versteht sich eher als „Bewegungspartei“ und steht damit eher in direkter Konkurrenz zum sich ebenfalls um Ausbreitung bemühten „III. Weg“. Insbesondere den militanten Flügel des neonazistischen Milieus scheint „die Rechte“ dabei im Fokus zu haben. Allein die Anmeldung eines Aufmarsches in Leipzig-Connewitz wirkt schon wie eine Kampfansage. Hier sollten keine Wählerstimmen von vermeintlichen Protestwählern generiert, sondern ein ganzer Ortsteil – in SA-Tradition – im wahrsten Sinne des Wortes erobert werden.
„Die Rechte“ quasi als erste Reihe im „Kampf um die Straße“ ? Möglicherweise kein Szenario, welches auf die einst von Christian Worch zur „Frontstadt“ auserkorenen Großstadt Leipzig beschränkt bleibt. Denn perspektivisch dürfte es spätestens am 1. Mai 2017 den nächsten Versuch einer Profilierung geben, wenn der militante Neonaziflügel, insbesondere das Black-Block-affine so genannte „Antikapitalistische Kollektiv“ nach Halle/Saale (ST) mobilisiert.
Hier will ein neonazistisches Aktionsbündnis zum so genannten „Tag der deutschen Arbeit“ aufmarschieren. Laut Internet-Ankündigung vom 12. März 2017 auch mit dabei: Rechte-Bundesvorsitzender Christian Worch.
Der „III. Weg“, der sich nach den vom neonazistischen Black-Block provozierten Auseinandersetzungen mit der Polizei am 1. Mai in Saalfeld (TH, 2015) und Plauen (SN, 2016) mit einem Teil der militanten Neonaziszene überworfen hatte, dürfte mit seinem Marsch in Gera (TH) dann deutlich weniger Zugkraft im relevanten Milieu haben und somit im szeneinternen Ringen um Einflussphären zumindest regional hinter „die Rechte“ zurückfallen.
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Sachsen?
"Sachsen zeigt, wie es geht", heißt es aus Pegidakreisen. In diesem Fall ist es andersrum. Auf das Bundesland wird relativ häufig und unverblümt verbal eingedroschen, dabei hat mit Leipzig mittlerweile eine Antifa-Szene Fuß gefasst, die mit Frankfurt oder Hamburg in nichts nachsteht. Und das wohlgemerkt in Sachsen.
Weiter so.
LE scheint das Frankreich des Ostens
während DD ebenso wohlverdient für DunkelDeutschland zu stehen scheint, so sehr die ihr Image auch wienern.
Leipzig als Hauptstadt des antifaschistischen Deutschlands - das wäre doch auch mal was für zukünftige Geschichtsbücher !
?
"Das(s) Connewitz jedoch keine unumstößliche No-Go-Area für Nazis ist, bewies der 11. Januar 2016..."
Was ist das denn für ein bescheuerter Satz?
Als ob diese Feigling-Aktion irgendwas damit zu tun hat, wie konsequent in Connewitz mit Nazis und Ähnlichem umgegangen wird.
Das klingt wie eine Anerkennung der Aktion.
Wie ein Zugeständnis.
Mit über 200 Leuten, eine planlose Aktion in der Gewissheit einen Zeitpunkt mit minumaler Gegenwehr auszuwählen weil sämtliche Leute in der Innenstadt auf der Suche nach den Kameraden waren. Chapeau.
Erbsenstaplerei
An die eigene Nase fassen will auch gelernt sein.
Und nichts anderes lese ich bei "Das(s) Connewitz jedoch keine unumstößliche No-Go-Area für Nazis ist, bewies der 11. Januar 2016..." ... heraus.
Verfrühte Euphorie wäre eher das grössere Übel.
Aber ja, der 18.03.17 war eher nicht so der Sieg für die Kackbratzen um Worch & Co.
rote Grüsse an alle, die da ihren Hintern hingehalten haben !
Hinweis als Chance sehen und selbstreflektieren
Der oder die Autor_innen weisen, meiner Meinung nach, lediglich darauf hin, dass die Verhältnisse in Connewitz keine Selbstverständlichkeit sind, weder für Leipzig und schon gar nicht für Sachsen. Das es eben auch Angriffspunkte gibt und diesen (so vielleicht der diskrete Hinweis zwischen den Zeilen) auch immer wieder neu begegnet werden muss.
Das konkret der 18. März ja dann doch eher nicht so der Erfolg der Worch Truppe (in Richtung Connewitz) war, beweist ja, das die Szene solchen Herausforderungen durchaus auch begegnen kann. Allein die Verlegung der Nazi-Route nach Zentrum -Südost ist ja ein Ergebnis des entschlossenen Widerstandes am 12.12.15.
Aber es wird nicht das letzte mal sein, dass sich entschlossen gezeigt werden muss. Zumindest Worch hat ja angekündigt wieder zu kommen, um irgendwann doch durch Connewitz zu marschieren.
Und das es daneben auch weitere "unangemeldete" Besuche geben wird, ist auch erwartbar.
sportlich bleiben
Protest war super breit und zahlreich! Allerdings konnten die Nazis nicht gestoppt werden. Lag natürlich auch am martialischen Bullenaufgebot, aber bei entschlossenerem Handeln wäre noch mehr möglich.
Bessere Absprache
Hallo!
Die Proteste waren gut und sehr lautstark, aber man hat es nicht geschafft den Nazi-Aufmarsch zu unterbinden bzw. zu verhindern. Es gab zwar eine Sitzblockade aber nr von ca 15-20 Mann, natürlich können sie nicht lange Stellung halten. Man hätte mehr Leute über diese Aktion informieren müssen. Dies ist aber verdammt schwer, weil die Polizei auch nicht komplett dumm ist und alle Social Media Kanäle der Demonstration überwacht. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht weiß, wie hätte sowas besser organisieren und gestalten können, doch habe ich mir gewünscht, das es so gewesen wäre, damit man die Nazi-Demo komplett stoppen kann. Vielleicht gelingt dies beim nächsten.
Mit besten Grüßen
Erfolgreiches Flagge-Zeichen gegen Nazis
Hallo,
ich finde der 18.03. war ein voller Erfolg. Es ist weitesgehend friedlich geblieben, es waren nur wenige Kameraden dar und Leipzig hat gezeigt, dass es eine rote und widerständige Stadt, war ist und auch bleibt. Ich fand es ebenfalls sehr gut, dass KEIN Szenario wie am 12.12.2015 gegeben hat. Solche Randale braucht kein Mensch, und sie schaden, meiner Ansicht nach, der Sache.
Auch mit besten Grüßen
kuschelcops
dass die polizei diesmal nicht mit tränengas und wasserwerfern auf friedliche demonstranten losging hat mich auch überrascht. aber da steckt man nicht drin, was die sachsen-cdu gerade an presse braucht.
er hat die haare schön...
mein gott, der typ mit der roten jacke und der haarausfallfrisur...eine schande für das deutsche friseurhandwerk!!!
er schaut verkniffen drein...
Also ich finde den Typen mit der innen rotgefütterten Kapuze mittig vom Frontbanner einfach galaktisch. Fast schon idealtypisch. Mehr Ha(e)ss(lichkeit) kann selbst Prof. Dr. Med. Mang in kein Gesicht zaubern.
Weiss jemand, wer der ist ?
Photo Nr 75
von Presseservice Rathenow ist auch bezeichnend. Walle, walle, deutsche Mutter, deren Söhne zweimal Futter, beim dritten mal, da machts Kawumm, der Spieß der Geschichte, er dreht sich um. Unsre Söhne, stets versoffen, halten endlich Polen offen. Eins, zwei, drei, es brennt die Fackel, bis nach China bellt der Dackel. Alle Müh war nicht vergebens, deutsch bleibt deutsch, und das zeitlebens !
Prosit !
Tag hat 24 Stunden ...
Leipzig, Linke, Pyrotechnik - Dresdner MoPo sieht rot
-> http://meyview.com/leipzig-linke-pyrotechnik-dresdner-mopo-sieht-rot/
[MeyView.com, 18. März 2017]