Am 18.02 führte der III. Weg einen Gedenkmarsch anlässlich der Bombardierung Dresdens 1945 in Würzburg durch, zu dem sich 160 Nazis am Bahnhof in Rottendorf zusammenrotteten und gemeinsam nach Würzburg anreisten. Die sich am Nationalsozialismus orientierende rechtsradikale Partei ist aus dem verbotenen „Freien Netz Süd“ hervorgegangen und versucht, geschichtsrevisionistisch die Angriffe der Aliierten auf das nationalsozialistische Deutschland mit dem widerlichen Begriff des „Bombenholocaust“ umzudeuten.
Als Gegenprotest wurde eine Demonstration von dem Bündnis „Würzburg lebt Respekt – Kein Platz für Rassismus“ angemeldet. 2500-3000 Menschen folgten dem Aufruf, laut MainPost waren davon etwa 400 dem antifaschistischen Block zuzuordnen. Schon zwei Stunden vor Beginn der Demo kreisten Polizeihelikopter über das Stadtgebiet, die noch mindestens neun weitere Stunden in der Luft blieben. Auch auf den Straßen waren die Bullen omnipräsent. Der Aufzug führte ab 14 Uhr vom Marktplatz über die Theaterstraße in den Ringpark, etwa ein paar hundert Meter von der Naziroute entfernt. Wir freuen uns, dass so viele Menschen gegen Rechts auf die Straße gingen und bedanken uns bei den Veranstalter_innen für die solidarische Zusammenarbeit. Die unseriöse Klatschseite „Würzburg erleben“ versucht leider inzwischen sogar bürgerliche Protestierende zu diffamieren, weil diese mit angeblich „linksextremistischen“ Antifaschist_innen kooperierten. Wir lehnen diesen Extremismusbegriff grundsätzlich ab und wundern uns, warum die Seite rechtsradikalen Aktionen nicht genauso kritisch gegenüber steht.
Um 15:45 Uhr zogen Gegendemonstrierende, die sich nicht in 'Bürgerliche' und 'Autonome' spalten ließen, von zwei verschiedenen Richtungen los, um über Absperrungen zur Naziroute zu gelangen. Erste Versuche, auf die Route zu kommen, wurden massiv durch den Einsatz von Pfefferspray, Schlagstöcken und der Anwesenheit von Polizeihunden verhindert. Daraufhin verteilten sich die restlichen Antifaschist_innen an den Gittern entlang der Naziroute und versuchten in kleineren Gruppen den Aufmarsch möglichst effektiv zu stören. Im weiteren Verlauf spielten sich jagdähnliche Szenen in der Innenstadt ab, bei denen Bullen mit gezückten Schlagstöcken etwa 100 Antifas durch die Straßen hetzten. An Aussprüchen wie „Lauft schneller, sonst kriegen wir dich!“ ist der Spaß erkenntlich, den Cops an der Jagd auf Linke haben. Dabei wurden mehrere Menschen brutal zu Boden gebracht und verletzt. Mehrere Aktivist_innen mussten sich in ärztliche Behandlung begeben, dennoch finden diese Verletzten keinerlei Erwähnung im offiziellen Polizeibericht.
Den Höhepunkt der Polizeigewalt stellte ein Zugriff in der Martin-Luther-Straße dar, bei dem mehrere Antifaschist_innen von einer baden-württembergischen Einheit mit brutalen Schlägen attackiert wurden. Es wurde auf am Boden Liegende nochmals eingetreten, Menschen ins Gesicht geschlagen und selbst einer der Organisator_innen der Gegendemo erfuhr Gewalt in Form von Knüppelschlägen. Den Sanitäter_innen wurde lange Zeit die notfallmedizinische Versorgung einer verletzten Person mit Asthmaanfall und Panikattacke durch die Polizei verweigert. Während solche Gewaltexzesse gegenüber Linken keine Seltenheit darstellen, gingen Sondereinsatzkräfte nicht mal dazwischen, als ein Anhänger des III. Wegs mit Fahne des Deutschen Reichs über eine Absperrung kletterte und damit versuchte, Gegendemonstrierende zu verletzen.
Trotz intensiven Bemühungen, auf die Aufzugstrecke zu gelangen, ließ die Bullengewalt keine großen Blockaden zu. Jedoch schaffte es eine kleine Gruppe von entschlossenen Aktivist_innen, eine Sitzblockade in der Ludwigstraße zu bilden. Nach unserer Einschätzung wurde diese nur aus dem Grund nicht gewaltsam geräumt, da die Nazis auf der breiten Straße an der Blockade vorbeigeführt werden konnten.
Der Aufzug des III.Wegs bot ein skurriles Schauspiel: Vermummte, die den Tod darstellen sollten, trugen Bomben mit US- und UK-Flaggen umher. Dahinter wurde von mehreren Faschist_innen ein schwarzer Sarg getragen. Dieses Bild wurde an den Kundgebungsorten von Bengalos untermalt, welche die Behörden den Nazis genehmigt hatten. Obwohl Marschmusik und Gleichschritt im Vorhinein von der Stadt verboten worden waren, hörte es sich doch sehr danach an. Allgemein erweckte es den Eindruck, als rollte die Stadt Würzburg Faschist_innen den roten Teppich aus. Bei diesem widerlich freundlichem Umgang mit Nazis wundert es uns nicht, wenn es in den nächsten Jahren zu weiteren solcher Aufmärschen kommt.
Nach dem Ende der Nazi-Kundgebung gegen 20 Uhr wurde aufgrund der Festnahme von sieben Antifaschist_innen an diesem Tag eine Sponti von der KHG zur Gefangenensammelstelle in der Zellerau angemeldet. Der Auftakt wurde ewig hinausgezögert, weil angeblich von den an diesem Tag eingesetzten 1500 Bullen nicht genügend Kapazitäten vorhanden gewesen wären, um die Sponti zu begleiten. Nach deutlicher Verzögerung zeigten trotzdem noch rund 100 Genoss_innen entschlossen und laut ihre Solidarität mit den Gefangenen. Durch die ganztägige Provokation entnervt, richteten sich viele der Sprechchöre gegen die Bullen. Weitere Schikane erfuhren die Teilnehmenden vor der GeSa, als die Beamt_innen die Antifaschist_innen ohne Grund filmten und die Versammlung aufzulösen drohten, falls keine Redebeiträge improvisiert werden würden. Die erwartete Eskalation blieb jedoch aus, was die gereizten Polizist_innen noch aggressiver machte. Dennoch blieb die Versammlung friedlich, und trotz der Kälte bis ca. 22 Uhr bestehen, als wie gefordert auch die letzten Gefangenen endlich freigelassen wurden.
Wir danken nochmals allen Genoss_innen, die in Würzburg mit uns solidarisch auf die Straße gegangen sind, um ein Zeichen gegen den III.Weg und den fortschreitenden Rechtsruck in der Gesellschaft zu setzen. Auch wenn der Aufmarsch nicht verhindert werden konnte, schätzen wir doch das große Engagement der verschiedensten Gruppen, um gemeinsam völkischer Ideologie und Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken.
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recherche
die bilder wurden ja bereits hier auf indy veröffentlicht. schaut selbst!