Am gestrigen Dienstag, den 10. Januar, fand im Rostocker Stadtteil Evershagen eine reguläre Ortsbeiratssitzung statt. Auf der Tagesordnung stand auch die Voranfrage auf eine Nutzungsänderung des ehemaligen Kaffeehauses in einen zukünftigen Gebetsraum des Islamischen Bundes. Die AfD rief zum Sturm, der Nationale Widerstand aus Rostock sprang mit auf. Eine bunte Mischung aus der hiesigen Naziszene kam - doch ohne Erfolg.
meet and greet der Rostocker Neonaziszene
Übervoll
war der Raum im Mehrgenerationenhaus, der die Ortsbeiratssitzung
beherbergte. Gut zwei Dutzend Personen fanden keinen Platz und mussten
davor ihren “besorgten Unmut” über die Pläne kundtun. Gleich zu Beginn
baute der Neonazikader Kevin Käthner von den Facebook-Gruppen Infoflut
und Aktionsblog eine Kamera auf. Ihm zur Seite standen der Bad Doberaner
Neonazi Max Schuldt, welcher ebenfalls regelmäßig für die
neonazistische Facebookseite Aktionsblog vor der Kamera steht, der
altbekannte Neonazi Thomas Nowak sowie der erst kürzlich aus der Haft
entlassene Danny Brandt. Brandt verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe, da
er Polizeibeamte bei der Auflösung eines Konzertes unter anderem mit
einem Feuerlöscher angegriffen hatte. Außerdem war bei der
Ortsbeiratssitzung mit Thomas Behrendt auch ein Aktivist der Rostocker
Division vertreten.
Auch die lokalen Facebook-"Patrioten" (Patrioten
Rostock/Stralsund/Rügen) um Alexander Henning aus dem Rostocker
Stadtteil Groß Klein waren vor Ort. Die Gruppierung ist maßgeblich
verantwortlich für die andauernden rassistischen Geschehnisse in
Rostock-Groß Klein, die schlussendlich zur Schließung einer
Flüchtlingsunterkunft führten. [1, 2]
Die
Stadt und die Polizei waren mit der Situation überfordert und kamen
lieber den Forderungen der Nazis nach, anstatt adäquat zu reagieren.
Die
eigentlichen Urheber – die AfD Rostock – zeigten auf der Sitzung nur
geringe Präsenz. Martin Heilmann, Neumitglied der AfD und Choleriker,
sowie der Identitären-Sympathisant Stephan Schmidt waren vor Ort.
Schmidt kam wie so oft zu spät und deshalb nicht mehr in den Saal, was
ihn jedoch nicht davon abhielt, im Anschluss über eine “Brutstätte
islamistischen Terrors” zu schwafeln. Die Landtagsabgeordnete und
AfD-Vertreterin des Ortsbeirates Evershagen, Christel Weißig, war wieder
einmal nicht anwesend.
Auch Neonazis aus dem Umfeld der mittlerweile
inaktiven Gruppe “Aktionsgruppe Festungsstadt Rostock” um das spätere
Landtagsmitglied der NPD und jetzigen Barkeeper Birger Lüssow nahmen
überraschend daran teil. Die aus dem Rostocker Umland kommenden David
Reckeschat sowie Enrico Leue pflegen an sich ein eher unauffälliges
neonazistisches Dasein, sind aber nach wie vor Besucher interner Events.
Zumindest Reckeschat wohnte früher in unmittelbarer Nähe des
zukünftigen Gebetsraumes.
Rassistische Ressentiments
Schon
vor der Sitzungseröffnung hatten sich gut 50 Personen, größtenteils
Neonazis und besorgte Bürger*innen, im Raum verteilt und eine Kamera in
Position gebracht, die alle ankommenden Besucher*innen der Veranstaltung
filmte. Nach den üblichen Eröffnungsformalitäten der Sitzung,
mittlerweile waren unter dem Publikum etwa 30 Neonazis aus ganz Rostock
und Umland anwesend, kam es zu TOP 5 – Wünsche und Anregungen der
Einwohnerinnen und Einwohner. Nachdem erklärt wurde, dass dieses die
einzige Möglichkeit sei, offiziell zu Wort zu kommen, kam es zu
lautstarken Pöbeleien gegen die geplanten Gebetsräume. Im Endeffekt
wurde die ganze Bandbreite bekannter rassistischer Ressentiments laut
gemacht. Eine sachliche Diskussion war nicht möglich. Auch Maher
Fakhouri, der als Vertreter der islamischen Gemeinde vor Ort war, wollte
niemand Gehör schenken. Der Ortsbeirat schloss den Punkt, nachdem
deutlich wurde, dass sich die Aussagen und rassistischen Äußerungen nur
wiederholten. Daraufhin verließen die "besorgten" Neonazis die
Ortsbeiratssitzung. Offensichtlich war ihnen jedoch nicht klar, dass der
Punkt später noch einmal thematisiert werden würde - oder eine konkrete
Arbeit im Stadtteil nicht wichtig. Bei diesem ging es um besagte
Voranfrage der Nutzungsänderung eines Kaffeehauses in eine Gebetsstätte
für Muslime im Stadtteil. Der Ortsbeirat stimmte ihr mit deutlicher
Mehrheit zu und schloss mit einem klaren Kommentar gegen die
rassistischen Ausuferungen zuvor.
Rechte Einheitsfront
Am
Dienstag zeigte sich in besonderer Weise, dass die kontinuierliche
Mobilmachung verschiedenster Spektren innerhalb der politischen Rechten
der Stadt, von der AfD bis zum neonazistischen “Aktionsblog”, innerhalb
der letzten Monate zu einer Art “rechter Einheitsfront” geführt hat.
Diese scheint entschlossen zu sein, öffentliche Debatten und
lokalpolitische Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Auffällig
erschien hierbei wieder einmal, dass die selbst erklärten aufrechten
Konservativen der AfD und das unverhohlen gewaltbereite Spektrum der
Rostocker Neonazi-Szene keinerlei Berührungsängste aufweisen. Gemeinsam
setzen sie auf Strategien der Wortergreifung und Einschüchterung, die
einzig und allein der Durchsetzung ihres rassistischen und
chauvinistischen Weltbildes dienen.
Vom Landtag hinter den Tresen
Schlagt die braue Brut
wo Ihr sie trefft
Nichts gelernt
Danke!
Sehr gute Rechercheleistung. So muss das!
Danke dafür.
Props!
Dem kann ich mich nur ausdrücklich anschließen.
Ihr macht das sicher nicht wegen der Anerkennung, aber die habt ihr definitiv verdient!
Es ist grad wichtiger denn je, Nazistrukturen aufzudecken und das habt ihr hier beispielhaft gemacht.
Also vielen Dank für die Recherchearbeit, für eure Mühe und auch für euren Mut! :-*