Im Visier der linken Szene

Mit Pflastersteinen warfen die offensichtlich linksextremistischen Täter die Schaufenster zur Geschäftsstelle der AfD an der Fasanenstraße ein. (Foto: Claus Schunk)
Erstveröffentlicht: 
17.11.2016

Buttersäure, Farbe, Pflastersteine: Nach wiederholten Anschlägen auf die Landesgeschäftsstelle der AfD in Unterhaching geht auch die Polizei von politisch motivierten Taten aus. Die Partei erwägt mittlerweile einen Umzug.  Von Michael Morosow, Unterhaching

 

Drei Tage nach der schweren Sachbeschädigung an der Parteizentrale der AfD Bayern in Unterhaching hat sich nun erstmals auch die Münchner Polizei zu Wort gemeldet. Sie gehe von einer politisch motivierten Tat aus, der Staatsschutz (Kommissariat 43) habe die Sachbearbeitung übernommen, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch. Dass am Sonntag bereits zum vierten Mal in diesem Jahr die AfD-Zentrale an der Fasanenstraße Ziel eines Anschlags, mutmaßlich aus der linken Szene, geworden ist, findet in der polizeilichen Stellungnahme keine Erwähnung. Diese hat es nach mehreren Zeugenaussagen jedoch nachweislich gegeben.


Landeschef Petr Bystron denkt über einen Umzug des Parteisitzes nach

"Und immer ist die Polizei gerufen worden und auch gekommen, aber lesen konnte ich darüber nichts, was mich wundert", sagt Maria Buchtel, Wirtin der Gaststätte Pschorrklause, die an das Parteibüro grenzt. Der AfD-Landeschef Petr Bystron hat unterdessen angekündigt, im Falle weiterer Angriffe gegen den Parteisitz einen Umzug zumindest in Erwägung zu ziehen. "Wenn wieder was passiert, ziehen wir vielleicht besser in eine Immobilie irgendwo im zweiten Stock", sagte Bystron am Mittwoch zur SZ.

Dass die AfD Bayern vor zwei Jahren in in Unterhaching ihre Zelte aufgeschlagen hat, habe nichts mit einer etwaigen höheren Akzeptanz der Partei in dieser Gemeine zu tun, sondern sei allein dem Zufall geschuldet gewesen. Wohl plane die AfD, 2019 auch in kommunale Ratsgremien wie den Unterhachinger Gemeinderat einzuziehen, aber man habe Unterhaching ausschließlich des Mietpreises wegen unter mehreren Angeboten ausgewählt. "Hier haben wir 100 Quadratmeter und einen Lagerkeller, für das gleiche Geld bekommen wir in Schwabing 30 Quadratmeter", sagte Bystron.

Wie berichtet, hatten am Sonntag, 3.45 Uhr, unbekannte Täter die Geschäftsräume der AfD in einem Wohn- und Geschäftshaus an der Fasanenstraße 68 verwüstet. Nach Darstellung der Polizei sprühten sie zunächst mit roter Farbe Parolen an die Hausfront wie "Nationalismus ist keine Alternative" und das Antifa-Symbol und warfen anschließend mit quadratischen Pflastersteinen die beiden dreifach verglasten Fensterscheiben ein und verwüsteten schließlich die Räume der Parteizentrale.


Die Polizei ermittelt gegen drei mutmaßliche Täter

Wie es im Polizeibericht vom Mittwoch heißt, seien drei Täter im Alter zwischen 15 und 21 Jahren bei einer Sofortfahndung in Tatortnähe aufgegriffen worden. Gegen sie werde nun ermittelt. Abweichend von dieser Darstellung hat AfD-Landeschef Bystron am Dienstag in einer Presseerklärung behauptet, die Polizei habe fünf Personen festgehalten, von denen drei noch Sprühfarbe an den Händen gehabt hätten. Warum diese Details sowie die Vorgeschichte der Tat vom Sonntag von der Polizei nicht öffentlich gemacht wurden, dazu vermochte ein Polizeisprecher am Mittwoch keine Erklärung abzugeben.

"Ich habe gedacht, ich sterbe, so laut war der Krach, als die Steine durchs Fenster flogen", erinnert sich Maria Buchtel an den jüngsten Anschlag vor drei Tagen. Die Wirtin wohnt über der Gaststättenküche und hat alle vier Anschläge hautnah miterlebt. Ganz schlimm sei es vor gut zwei Wochen gewesen, am 29. Oktober um 23.03 Uhr. "Ich hatte extra auf die Uhr geschaut." Sie sei so erschrocken gewesen, dass ihr Angestellter die Polizei rufen musste, weil sie dazu nicht in der Lage gewesen sei. Zuerst habe sie an eine Bombe gedacht, "so ein Knall war das". Auch an den Buttersäure-Anschlag von vor zwei Monaten könne sie sich noch sehr gut erinnern, weil ihr um 3.30 Uhr in der Früh plötzlich ein "fürchterlicher Gestank" in die Nase gezogen sei. Inzwischen, so ihr Angestellter Slavko Pfister, fahre fast jede Nacht eine Polizeistreife bei ihnen vorbei.

"Hier, schauen sie sich den Abfalleimer an", sagt Martin Schmid, der Leiter der AfD-Geschäftsstelle an der Fasanenstraße. Einer der fünf Pflastersteine wurde offenbar mit solcher Wucht gegen eine Scheibe geworfen, dass er nicht nur diese durchbrach, sondern bis zur gegenüberliegenden Wand flog, wo er einen Alu-Abfalleimer zerdepperte. Bei dem Anschlag von vor zwei Wochen hätten die dreifach verglasten Scheiben noch gehalten, "nur die äußere zerbrach". Am vergangenen Sonntag nun haben die Pflastersteine die vorgeschädigten Scheiben total zertrümmert.


Die Türe zu den Geschäftsräumen ist verschlossen

Schmid arbeitet als Teilzeitkraft für die AfD-Geschäftsstelle in Unterhaching und verrichtet nach eigenen Angaben Verwaltungsarbeiten für den Landesverband seiner Partei. "Nicht oft, aber ab und zu" komme Laufkundschaft vorbei, etwa um einen Partei-Flyer mitzunehmen, sagt er. Wer Schmid sprechen will, kann das nur nach vorheriger Anmeldung. Die Türe zu den Geschäftsräumen ist verschlossen. "Das ist mit der Polizei abgesprochen", erklärt er. Ein legitimierter Sprecher der Unterhachinger Polizei war am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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