Projecto Internacional – Interview mit Sare Antifaxista

Euskal Herria Antifaxista I

Am 29. März führte Azzoncao ein Interview mit Edu von Sare Antifaxista in Bilbao.

Sare Antifaxista ist ein Netzwerk antifaschistischer Gruppen im Baskenland.

 

(Wir weisen darauf hin, dass wegen der Übersetzung das gesprochene Wort etwas „eingedeutscht“ wurde. Also Begriffe und Ausdrücke umgangssprachlich niedergeschrieben wurden. Ein herzliches Dankeschön hier noch mal an den Übersetzer.)

 

Azzoncao: Was versteht Sare Antifaxista unter Antifaschismus?

 

Sare Antifaxista: Der Antifaschismus bezieht sich auf die Geschichte der sozialen Kämpfe im spanischen Staat des 20. Jahrhunderts. Zuallerst sind wir Antikapitalisten. Menschen mit einem linken Bewusstsein, die an den verschiedensten Kämpfen des vergangenen Jahrhunderts teilgenommen haben. Wir, das sind Menschen aus einem breiten Spektrum. Von Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten bis zu Linksnationalisten. In der Tradition dieses breiten Spektrums verstehen wir heute unsere Arbeit. Leute, die an der Republik mitgewirkt haben, die im Bürgerkrieg auf der republikanischen Seite gekämpft haben, die als Exilanten sich an den antifaschistischen Kämpfen außerhalb Spaniens beteiligten. Aber auch umgekehrt Menschen, die von außerhalb nach Spanien kamen, um unter anderem in den Internationalen Brigaden gegen den Faschismus zu kämpfen. In dieser Tradition sehen wir uns. Und wir verstehen uns als die dritte Generation der antifaschistischen KämpferInnen. Unsere Großeltern haben gegen einen brutalen Kapitalismus gekämpft, um halbwegs akzeptable Lebensbedingungen, für den 8-Stunden Tag, für vernünftige Wohnverhältnisse, etc.. Unsere Eltern haben gegen den Faschismus gekämpft, der siegreich aus dem Bürgerkrieg hervorging. Wir sind die dritte Generation, die sich in dieser Tradition versteht.Und wir verstehen uns nach wie vor als Antikapitalisten.

Wir sind Linksnationalisten. Um diesen Nationalismus zu verstehen, muss man ihn von dem Nationalismus unterscheiden, wie er an vielen Orten in Europa verstanden wird. Wir sind nicht in erster Linie Nationalisten. Aber für uns ist unser Volk wichtig. Und wir kämpfen für die Befreiung, für die antikapitalistischen, antifaschistische Befreiung des baskischen Volkes. Unser Begriff von Volk hat nichts mit dem Rassebegriff zu tun, so wie es das in Deutschland gab. Ich möchte einen bedeutende Person des baskischen Widerstands zitieren. Er sagte vor 30 Jahren „Baske ist, wer hier lebt, arbeitet und kämpft.“ Unser Volksbegriff hat nichts mit der Herkunft zu tun.

Wir denken das baskische Volk hat eine eigene Kultur. Zu dieser Kultur gehört die baskische Sprache, die unter Franco 40 Jahre unterdrückt wurde und sich bis heute davon nicht erholt hat. Dies sind Identitätsmerkmale, um die gekämpft werden muss, um sie zu erhalten. Die Utopie, die wir haben ist links und bezieht sich auf die baskische Kultur/Identität.

Wir verstehen uns als Internationalisten.

Wenn wir von Nation reden, dann ist das nicht der Begriff von Nation, wie wir das aus der Geschichte beherrschender Nationen kennen. Reiche gründen, zu herrschen. Hier geht es um etwas anderes.

 

Azzoncao: Seit wann gibt es Sare Antifaxista?

 

Sare Antifaxista: Sare Antifaxista existiert als Kollektiv seit 5 Jahren. Wie gesagt sind wir alles Linke. Von anarchistisch libertär, über sozialistisch, kommunistisch bis linksnational.. Und das ganze funktioniert über die Klammer des Antikapitalismus. Dies im Anbetracht unserer unterschiedlichen politischen Ausrichtungen natürlich nur im gegenseitigen Respekt. D.h. das jede und jeder von uns auch noch woanders politisch aktiv ist.

Unsere Aktivitäten beziehen sich auf Aggressionen hier im Baskenland, als auch außerhalb. Z.B. Madrid, Italien, Russland, usw.. Im internationalen Rahmen arbeiten wir auch zu Palästina. Auch an einem ökonomischen, kulturellen und universitären Boykott des israelischen Staats.

Kontakte haben wir ebenso nach Irland und Deutschland. Wir sind solidarisch mit den politischen Gefangenen aus dem Baskenland und im spanischen Staat. Dabei kämpfen wir gegen einen Staat, der eine sehr starke rechtslastige Tendenz hat.

 

Azzoncao: Was wollt Ihr mit einem Boykott des Staats Israel erreichen?

 

Sare Antifaxista: Der Boykott richtet sich nicht gegen die Bevölkerung Israels und wir beziehen uns bei unseren Boykottbemühungen auf linke Israelis. Die Kampagne ist gegen einen kapitalistischen und imperialistischen Staat gerichtet, der eine rassistische Politik gegen die arabische Bevölkerung betreibt. Der Landstriche besetzt, die ihm nicht zustehen. Also eine 100 % imperialistische Strategie betreibt.

Wir kennen die Diskussion in Deutschland und haben sie auch mit deutschen GenossInnen geführt. Wir wissen, dass auf Grund der deutschen Geschichte dort eine ganz spezielle Sichtweise existiert. Auch bei Linken. Uns ist klar, dass, wenn man aus der deutschen Sichtweise das Palästina Problem betrachtet, durchaus auf andere Schlüsse kommen kann als wir hier.

In den Debatten mit unseren deutschen Genossen haben wir versucht von dem konkreten Fall wegzugehen und haben gesagt, vergesst doch mal die Gegenüberstellung Israel – Palästina. Stellt Euch eine Situation vor, wo eine Regierung Gebiete besetzt, die ihr nicht zustehen. Die Nichts mit dem Staatsgebiet, sonst noch sonstwie zu tun haben. D.h. Auf der einen Seite gibt es welche, die besetzen und unterdrücken und auf der anderen Seite welche die besetzt und unterdrückt sind. Wie stehen wir zu solch einer Situation, wenn diese irgendwo anders auf der Welt stattfinden würde? Und dort ist es uns als Linke leichter eine klare Position zu beziehen, als in diesem Israel – Palästina Konflikt.

Anders würden wir nie die Fahnen Israels oder Palästinas benutzen, um die Bevölkerung zu beleidigen oder anzugreifen. So wie es z.B. die NPD in Deutschland es tut. Wir haben es im Internet gesehen, wie deutsche Nazis auf ihren Demos palästinensische oder irakische Fahnen mit sich trugen. Das machen sie ohne direkten Bezug auf diese Länder zu nehmen. Sondern diese Symbole werden genutzt um Israel anzugreifen. So etwa gab es auch schon in Spanien in Bezug auf den Irakkrieg. Irakische Symbole gegen Israel. Der Unterschied zu uns liegt klar auf der Hand. Sie nehmen keinen Bezug auf den Rassismus, Kolonialismus und Kapitalismus. Wenn die NPD z.B.palästinensische, irakische oder iranische Fahnen benutzt, dann muss man sich die Frage stellen, warum sie keine türkische Fahnen benutzt. Daran wird die Sache klar. Da würden sie auf Menschen Bezug nehmen, die nach Deutschland gekommen sind und dort leben und deswegen von der NPD bekämpft werden. Da wird es klar, worum es geht. Warum welche Symbole wie benutzt werden.

 

Azzoncao: In welchen Städten und Orten existiert euer Netzwerk?

 

Sare Antifaxista: Sare Antifaxista existiert an vielen Orten im Baskenland. Unsere Gruppe in Bilbao stellt dabei so etwas wie den Motor dar. Wir sind die größte und stabilste Gruppe. Deswegen fallen uns auch besondere Aufgaben und Funktionen zu was die Infrastruktur betrifft. Letztendlich sind es die Leute vor Ort, die die Aktivitäten machen, da sie ja auch ihre Ort, Städte und Umgebung am besten kennen. Bilbao koordiniert etwas über die Internet-site und unterstützt mit Materialien, Büchertischen, usw..

Im Baskenland gibt es Tausende von AntifaschistInnen. Einige arbeiten innerhalb antifaschistischer Gruppen. Andere außerhalb. Nehmen wir z.B. eine Frau die für Frauenrechte kämpft. Sie ist eine Antifaschistin. Oder Menschen, die sich für die Rechte politischer Gefangener einsetzen. Sie sind AntifaschistInnen. D.h. hier im Baskenland ist jede politische Aktivität geprägt von dem politischen Konflikt des Baskenlands.

Natürlich ist das was sich hier abspielt zu den Vorgängen in Madrid oder Italien eine viel kleinere Dimension.

Die Antifabewegung hier ist sehr stark verbunden mit der baskischen Geschichte der letzten 100 Jahre. Angefangen von der Diktatur, dem Bürgerkrieg, den 40 Jahren Franquismus, dem so genannten Übergang „Transición“, der Pseudodemokratie. In diesen unterschiedlichen Phasen gab es unterschiedliche Kämpfe und Bewegungen. Und auf diese Geschichte bezieht sich die antifaschistische Bewegung.

 

Azzoncao: Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

 

Sare Antifaxista: Mit Francos Tod 1975 wurde die „Transición“, der Übergang, eingeleitet. In diesem „demokratischen“ Übergang, den ich auf 8 bis 10 Jahre schätze wurden in Spanien ca. 200 Menschen ermordet. Auf verschiedene Weise und das gezielt von einer Mischung aus Militär, Polizei, politischer Klasse und faschistischen Aktivisten. In einigen Fällen in Zusammenarbeit mit der Justiz. Es gab in dieser Zeit über 1000 Verletzte. So gab es z.B. eine Demonstration, bei der Demonstranten ermordet wurden. Bei der Kundgebung für die Ermordeten, wurde weiter DemonstrantInnen ermordet. ArbeiterInnen, StudentInnen aus den verschiedensten sozialen Feldern. Und immer waren die Toten Linke.

Die nächste Phase war von ca. Mitte 80ziger bis Anfang der 90ziger Jahre. Hier würde ich beim spanischen Staat differenzieren. In den großen Städten, wie z. B. Madrid, Valencia etc. bestanden die Nazigruppen fort und machten ihre Propaganda und Aktionen wie zuvor. Hier im Baskenland änderte es sich. Hier verschwanden die Nazigruppen von der Straße. Stattdessen setzte der Staat auf einen schmutzigen Krieg. Eine Mischung aus Militärs, Söldnern, Polizei und Ultrarechten zogen einen schmutzigen Krieg auf. Dies waren Gruppen die sich Grupos Antiterroristas de Liberación (GAL), spanisch-baskisches Batallion oder Triple A (AAA) nannten. Diese brachten Dutzende Menschen um. Hier im Süden, dem spanischen Teil des Baskenlands. Aber auch im Norden, dem französischen Teil des Baskenlands. Die Morde richteten sich gegen Linke und die Unabhängigkeitsbewegung. Die Verbindung des Staats mit der GAL wurden aufgedeckt. Es gab Prozesse mit Verurteilungen. Wenige, aber es gab sie. Die Presse berichtete auch darüber. Auch über die Verbindung zu den Auftragsgebern, die in der PSOE, der sozialistischen, besser sozialdemokratischen Partei Spaniens saßen. Von der PSOE gingen einige in den Knast. Diese Vorgänge fanden international Beachtung. Mittlerweile wollte Spanien ja eine moderne Demokratie sein. Spanien war Mitglied der NATO geworden, etc. p.p.. Da ging so etwas nicht. In dieser Konstellation konnte sich Spanien das Führen eines schmutzigen Krieges nicht leisten.

So wurde dieser schmutzige Krieg eingestellt und nach anderen Formen gesucht. Genau da tauchten die faschistische Gruppen und Einzelpersonen wieder auf. Das würde ich als die dritte Phase beschreiben. So kann man hier die Falange nennen, die es in den diversen Ausprägungen gibt. Bekannt ist auch „Espana 2000“, die versucht sich überall aufzubauen und Parteilokale zu eröffnen. Aus anderen Städten wissen wir, dass, wenn so ein Lokal erst einmal existiert, die Faschisten beginnen die Nachbarschaft, den Stadtteil, die Stadt mit ihrer Propaganda zu überschwemmen. Hier in Bilbao gab es vor 18 Jahren so einen rechten Laden. Er wurde geschlossen.Wir gehen davon aus, dass es irgendwann einen neuen Versuch geben wird, einen Laden zu eröffnen. Vor kurzem hat „Espana 2000“ versucht einen solchen Laden in Navarra zu eröffnen. Da gab es eine breite Bewegung dagegen. Von Gewerkschaften, über Vereinigungen, Parteien, etc. Alles was auf der linken und halblinken Seite vertreten war.

In dieser dritten Phase, also in den letzten Jahren, hat sich auch der Diskurs der Faschisten verändert. Früher sind sie immer mit der spanischen Nationalfahne aufmarschiert. Die große Nation Spanien, die unteilbare Nation Spanien, also diese ganzen patriotischen Sprüche. Jetzt, unter dem Eindruck der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise nimmt der faschistische Diskurs andere Themen auf. Soziale Themen, Anti-Migrations Parolen, wie überall in Europa. Z.B. Migranten nehmen uns die Arbeit weg. Und das 40 km vom arabischen Anteil Afrikas entfernt. Es gibt im Süden Spaniens sehr viele Migranten die dort arbeiten. Das ist ein willkommener Anlass für ihre Propaganda. Aber das sehen wir überall in Europa, Frankreich, England, Deutschland, etc..Hier im Baskenland gibt es das nicht so oft.

 

Azzoncao: Diese Gruppe „Espana 2000“ versucht also auch hier im Baskenland aktiv zu werden?

 

Sare Antifaxista: „Espana 2000“ ist eine nach dem Parteiengesetz legale Partei. So haben sie auch die Rechte, die allen Parteien zustehen. D.h. einen Parteisitz zu haben, usw.. Und sie werden, wie alle Parteien, von den Institutionen unterstützt.

Diese Gruppen werden aber nicht nur auf Grund ihre Parteienstatus von den Institutionen unterstützt, sondern auch weil die Institutionen daran Interessen haben, dass sich Faschisten im Baskenland breit machen. Diese Pläne hier in den Norden vor zu rücken, gibt es schon seit Jahren. Aber bei den Faschisten ist auch eine große Vorsicht und Angst zu verzeichnen hier aktiv zu werden, da hier ganz schnell und gut gegen ihre Versuche mobilisiert wird. D.h verschiedene Gruppen und Organisationen an einen Tisch gebracht werden können, um gegen so ein Projekt vorzugehen.

Bei „Espana 2000“ handelt es sich um eine Art Mafia. Der Chef von ihr ist José Luis Roberto und ein Anwalt. Aber auch ein Unternehmer, der eine riesige Sicherheitsfirma Levantina de Seguridad leitet. Dort geht es darum viel Geld zirkulieren zu lassen. Politisch gesehen ist er ein Populist der schlimmsten Sorte, der sich für Nichts zu Schade ist. Sein Firmenimperium stellt für ihn dabei seine finanzielle Basis dar, über die die Finanzierung „Espana 2000“ läuft.

 

Azzoncao: Wir bekamen mit, dass im letzten Jahr zu Angriffe auf baskische Linke und Sachbeschädigungen gekommen ist. Könnt Ihr was dazu erzählen?

 

Sare Antifaxista: Im letzten Jahr hat es innerhalb von 6 Monaten 50 Aktionen einer faschistischen Gruppe in Navarra, Gipuzkoa und Biskaya gegeben. Sie heißt „Falange und Tradition“ und war bis dato unbekannt. Die Aktionen richteten sich gegen Linke und Leute der Unabhängigkeitsbewegung. Das waren Sprühereien, persönliche Bedrohungen und Sachbeschädigungen gegen Erinnerungsstätten, die an die Opfer des Faschismus erinnern. Das ging Schlag auf Schlag und jeden dritten Tag gab es einen Bericht in der Zeitung. Während der Fiesta in Bilbao wurde die Frau aus dem vorsitzenden Fiesta-Paar mit dem Tode bedroht. Man schickte ihr mit der Post eine Patrone zu. Der Hintergrund war, dass ihr Bruder ein politischer Gefangener ist. Da sie im Rathaus Bilbao arbeitet, musste auch das Rathaus als ihr Arbeitgeber reagieren.

Es scheint, dass die Gruppe mehr gemacht hat, als sie sollte. Also zuviel negative Öffentlichkeit hervorrief. Sie wurden festgenommen. Dabei wurden Verbindungen zu „Espana 2000“ deutlich. Auch das sie im Begriff waren, sich Waffen zu beschaffen. Messer, Handfeuerwaffen und Materialien, um kleine Sprengsätze zu bauen, wurden auch schon bei ihnen gefunden. Natürlich auch Nazipropaganda-Material. Zwei von den Verhafteten waren Mitglieder der Unión del Pueblo Navarro (UPN), der derzeitigen Regierungspartei von Navarra. Navarra ist eigenständig und wird von einer spanisch orientierten, rechten Partei regiert. Dies beiden Verhafteten waren auch Mitglieder von „Espana 2000“. Ein weiterer Verhafteter war Militärangehöriger aus Saragossa, Die Besprechungen und Planungen der Gruppe hatten darüber in einer Einrichtung des spanischen Militärs stattgefunden. Also wieder mal das Gleiche. Rechter Politikbereich, Militär, Polizei und Faschisten. Sie konnten sich militärischer Infrastruktur bedienen, wussten wie sie an Waffen kommen konnten, usw..

Von diesen fünf Verhafteten ist keiner mehr in Haft. Alle sind auf freien Fuß, auf Kaution draußen. Faschistische Gruppen in Spanien haben Geld für sie gesammelt. Eine ziemlich bekannte Figur aus der faschistischen Szene machte sich stark dafür. Er besorgte ihnen Anwälte, etc. p.p..

Jetzt stellt sich die Frage, wo sie vor Gericht gestellt werden. Und mit welcher Anklage sie konfrontiert werden.

Wie es scheint, soll das Ganze so niedrig wie möglich angesetzt werden. Es wird sehr wahrscheinlich keine Anklage in Richtung terroristischer Aktionen erfolgen. Keine schwere Anklagen werden erhoben werden. D.h. das nicht die berüchtigte Audiencia Nacional de España in Madrid die Verhandlung führen wird. Also jene Instanz, die immer die politischen Prozesse führt. Also sei es wegen ETA, Batasuna, etc p.p.. Wenn hier im Baskenland UmweltschützerInnen für eine Sabotage festgenommen werden, dann kommen sie nach Madrid. Also für Sachbeschädigung. Wer hier bei einer Demo einen Container auch nur auf die Straße schiebt, der kommt nach Madrid. Vor die Audiencia Nacional. Der Fall von „Falange und Tradition“ soll vor einem lokalen Gericht geführt werden. Das heißt natürlich, dass Anklageerhebung und das zu erwartende Strafmaß gering seien werden.

 

Azzoncao: Welche Arbeit macht Sare Antifaxista konkret?

 

Sare Antifaxista: Die Idee ist, das es keine faschistische Tat geben darf, über die nicht berichtet wird. Darüber darf nicht hinweg gegangen werden. Dazu muss berichtet werden. Was entweder nicht, oder ganz klein in der Zeitung steht, muss veröffentlicht werden. Es muss ein Kenntnisstand über die faschistische Aggression und ein Bewusstsein hergestellt werden. Diesen ersten Schritt, die Veröffentlichung von Informationen haben wir, so denke ich, gut umgesetzt. Die hohen Besucherzahlen unserer Internet-site sprechen dafür. Sie wird täglich einige hundert Male angeklickt. Wir schaffen es jegliches Ereignis, sei es in Biskaya oder Russland, innerhalb von 24 Stunden auf die Website zu bekommen. Das ist natürlich auch ein Grund für die hohe Annahme der Site. Also wir verfahren in drei Schritten: Information, Mobilisierung und Propaganda.

Der nächste Schritt, also nach der Information, ist natürlich die Antwort. Nach dem Motto: Keine faschistische Aggression ohne Antwort. Das kann verschiedene Formen haben. Verschiedene Arten der Mobilisierung. Kundgebungen, Plakate, Brückentransparente, diverses Propagandamaterial, Interviews, Pressearbeit, usw.. Mit der Information und den Aktionen wollen wir Leute erreichen und sensibilisieren. So hat sich Sare Antifaxista verzweigt und immer neue Leute sind dazu gekommen.

Wir, die Gruppe in Bilbao, also die Ursprungsgruppe, sehen uns als eine Art Laboratorium der Versäumnisse. Die Informationsarbeit muss Grenzen überschreiten. Es geht nicht, dass antifaschistische Informationen auf die Landesgrenzen begrenzt bleiben. Das Sprachgrenzen auch die Grenzen der der Informationspolitik sind. Wir, Sare Antifaxista, sind die einzige Gruppe, die diese Informationspolitik so sieht und auch umsetzt. Diese grenzüberschreitende Informationspolitik.

Das Konzept von Information, Mobilisierung und Propaganda ist die notwendige Voraussetzung aus dem antifaschistischen Ghetto heraus zu kommen. Also dieser allgemeinen bürgerlichen Vorstellung, dass AntifaschistInnen schwarz gekleidete Vermummte sind.

Wir müssen die strukturellen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts, die Kommunikationsmedien von heute, nutzen. Auch das Informieren über faschistische Morde reicht nicht aus. Wir müssen die ideologischen Zusammenhänge herstellen. Das Menschen nicht nur über Nazimorde empört sind, sondern auch verstehen, warum das so ist, sehen, woher das kommt.

In den letzten 10 Jahren haben wir Phänomene beobachten können, die einen europaweiten Einfluss haben. Neoliberalismus mit seinen Ausformungen und seinen Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitswelt. Und die Reaktion darauf, die so genannte Anti-Globalisierungsbewegung, die sich sehr stark auf die Gipfeltreffen bezieht. Diese ist aber nicht stark genug, den Neoliberalismus, der immer mehr unseren Alltag bestimmt, zurück zu drängen. Was letztendlich heißt, dass der Kapitalismus das erreicht hat, was er wollte mit dieser Strategie. Eine andere Ebene ist das Europaparlament, in dem 6 bis 8 faschistische und rassistische Parteien vertreten sind. Abgeordnete, die von 50 bis 60 Millionen EuropäerInnen gewählt worden sind. Die auf höchster Ebene eine Plattform haben, um Politik zu machen. Das ist ein riesiges Problem. Und darauf gibt es keine Antworten. Wenn diese Gruppierungen/ Parteien in der Lage seien sollten, ihre Präsenz erfolgreich zu gestalten. Oder sich in ihren Ländern erfolgreich zu entwickeln, dann müssen wir davon ausgehen, dass dort irgendwann einmal Regierungen übernommen werden.

Fazit, der Faschismus hat sich ein Gesicht des 21. Jahrhunderts zugelegt. Und wir AntifaschistInnen haben noch keine adäquate Ausdrucksform.

Wie sollen wir auf der Straße kämpfen, wenn die Faschisten in der Regierung sitzen? Heute noch nicht. Aber die Tendenzen sind da. Wenn man z.B. Nach Italien und Österreich schaut. Hier scheint es ihnen gelungen zu sein, mit dem Wechsel ihrer Politikform sich an die demokratischen Strukturen anzupassen. Im Prinzip droht uns eine demokratische „Machtübernahme“ über die Wahlurnen, wie es 1933 Adolf Hitler machte.

Die verschiedensten Anti-Strömungen werden populistisch genutzt. Und auf dieser Welle schwimmen sie. Wenn wir uns nicht darauf einstellen und eine adäquate Antwort finden, dann können wir eines Tages nicht mehr auf die Straße gehen. Dies wird verboten und unsere Organisationen illegal sein. Die traditionellen Parteien sind nicht in der Lage gegen den Faschismus anzutreten. Sie verfügen über keinerlei Konzepte dafür. Teilweise sind sie aber auch gar nicht Willens gegen den Faschismus etwas zu unternehmen. Im allerschlimmsten Fall arbeiten sie diesen in die Hände oder mit ihnen zusammen. Wie das z.B. in Spanien passiert.

Wenn es irgendeine Kraft geben soll, die sich den Faschismus entgegen stellt, dann können nur wir es sein. Wir müssen neue Modelle und Organisationsformen entwickeln und uns aneignen, die uns attraktiv machen und es für Leute auf der Straße möglich macht, sich uns anzuschließen.

 

Azzancao: Danke für das Interview.

 


 

http://sareantifaxista.blogspot.com

http://www.youtube.com/user/antifaxismo

 


 

Fotos von K.A.:

 

1 – Bidangoze/Navarra 2009 - Ahaztuak: Erinnerung an Zwangsarbeiter, die Straßen durch die Pyrenäen hauen mussten (Ahaztuak -die Vergessenen- ist eine baskische Organisation, die für die Erinnnerung an die Opfer des Franquismus arbeitet, Entschädigungen fordert und Angehörigen hilft, ihre im und nach dem Bürgerkrieg verschwundenen Familienmitglieder zu finden. Ahaztuak ist somit Teil einer Bewegung, die im ganzen spanischen Staat für diese Ziele arbeitet, wobei die spanischen Organisationen eher linkssozialdemokratisch orientiert sind). Ahaztuak wird vom spanischen Sondergericht Audiencia Nacional verfolgt.

2 – Alberti/Araba 2009 - Ahaztuak: Erinnnerung an die Schlacht auf dem Berg Alberti, die von ANV-Einheiten geführt worden war.

3 – Busturias/Urdaibai/Bizkaia 2009 – Ahaztuak: Erinnnerung an die 8 während des Bürgerkriegs Erschossenen von Busturias.

4 – Polaciones/Kantabrien 2009 – Ahaztuak/Asociacion de Memoria: Erinnnerung an gefallene republikanische Kämpfer/innen in den Bergen Kantabriens.

5 – Derio/Bilbao 2009 - Ahaztuak: Erinnnerung an die auf dem Friedhof Derio Erschossenen.

6 – Zarautz/Gipuzkoa 2009: Grab von Txiki Paredes am Gudari-Eguna (27.9. - Tag der baskischen Kämpfer/innen) Txiki war einer von 5 zum Tode Verurteilten, die wenige Tage vor Francos Tod hingerichtet wurden, er war ETA-Mitglied und ist heute anerkanntes Opfer des Franquismus; was Polizei und Justiz 2009 nicht davon abhielt, die Erinnnerung an seinem Grab zu verbieten.

7 – Elgeta/Gipuzkoa 2009 - Ahaztuak: Erinnerung an eine Schlacht

8 – Elgeta/Gipuzkoa 2009 - Ahaztuak: Erinnerung an eine Schlacht

9 – Elgeta/Gipuzkoa 2009 - Ahaztuak: Erinnerung an eine Schlacht

10 – Elgeta/Gipuzkoa 2009 - Ahaztuak: Erinnerung an eine Schlacht

11 – Pamplona/Navarra 2009 – Antifa: Demonstration am 11.10. für die heutigen Opfer des Neo-Faschismus europaweit

12 – Pamplona/Navarra 2009 – Antifa: Demonstration am 11.10. für die heutigen Opfer des Neo-Faschismus europaweit

13 – Pamplona/Navarra 2009 – Antifa: Demonstration am 11.10. für die heutigen Opfer des Neo-Faschismus europaweit

14 – Pamplona/Navarra 2009 – Antifa: Demonstration am 11.10. für die heutigen Opfer des Neo-Faschismus europaweit

15 – Bilbao/Antifa 2009: Kundgebung gegen Faschismus und Rassismus am Tag der Reichspogromnacht 9.11.

16 – Bilbao/Antifa 2009: Kundgebung gegen Faschismus und Rassismus am Tag der Reichspogromnacht 9.11.

17 – Bilbao/Antifa 2009: Kundgebung gegen Faschismus und Rassismus am Tag der Reichspogromnacht 9.11.

 


 

Nazisite von Espana 2000:

esp2000.org

 

Film von Espana 2000:

http://www.youtube.com/watch?v=5mGVAWOvbMQ

 

Nationalrevolutionäre Filmchen. Kann man sich ansehen, um einen visuellen Eindruck zu gewinnen:

http://www.youtube.com/watch?v=lHGkvzqpuhs

http://www.youtube.com/watch?v=2xxSZaCQ6Dk

http://www.youtube.com/watch?v=q-cXP5vHZI8

http://www.youtube.com/watch?v=E6VMM3nyMEs

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Das auf dem Bild ist nicht die spanische Polizei, sondern die Baskische Autonomiepolizei "Ertzaintza".

Wußten wir nicht.