»Wir haben einen Provider in Island gefunden«

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Erstveröffentlicht: 
09.04.2010

09.04.2010 / Inland / Seite 2

 

»Wir haben einen Provider in Island gefunden«

 

Deutsche Polizei ließ ohne Gerichtsurteil Internetseite der Autonomen Antifa Freiburg abschalten. Ein Gespräch mit Nicola Pantera

 

Interview: Gitta Düperthal

 

Nicola Pantera ist Mitglied der Autonomen Antifa Freiburg

Die Internetseite der Autonomen Antifa Freiburg befindet sich seit kurzem auf einem isländischen Server. Was war der Anlaß dafür, daß Sie den Provider gewechselt haben?


Die Polizei hatte die Abschaltung unserer Seite beim ehemaligen deutschen Provider ohne richterlichen Beschluß und ohne Wissen der Staatsanwaltschaft erzwungen. Anlaß dafür war erstens, daß wir zur vermummten Teilnahme an einer unangemeldeten Demonstration gegen Neonazis aufgerufen hatten. Die hatten nämlich in letzter Zeit versucht, ihre politischen Gegner auszuspähen und Bombenanschläge gegen sie vorzubereiten – was wir aufgedeckt haben. Der zweite Grund war, daß sich der Freiburger Polizeipräsident beleidigt fühlte. Auf unserer Seite wurde nämlich die Absetzung des »verhaßten Bullenchefs« gefordert. Die inkriminierten Sätze lauteten: »Keiner mag Heiner. Amann muß weg«.

Auf welche Weise hat die Polizei die Abschaltung durchgesetzt?


Die Freiburger Polizei hat in Berlin um Amtshilfe gebeten. Dort standen Beamte plötzlich bei unserem Provider JP Berlin vor der Tür und drohten damit, falls er die Seite nicht aus dem Netz nehme, werde man gegen ihn wegen »Mitstörerhaftung« ermitteln. Da wurde mit Verwaltungsrecht argumentiert, um politische Zensur durchzusetzen.

Wie ist das denn möglich?

 

Die »Störerhaftung« ist eine Vorschrift aus dem Verwaltungsrecht und dient dazu, Zustände zu beheben, die eine Störung hervorrufen oder begünstigen. In diesem Fall ist die Störung die Beleidigung des Polizeipräsidenten. Die Maßnahme der Polizei diente lediglich dazu, den Provider einzuschüchtern.

Es ist keineswegs klar, wie ein Gericht in dieser Sache entscheiden würde. Es müßte nämlich geklärt werden, ob es sich tatsächlich um eine Beleidigung handelt und ob es in diesem Fall strafbar wäre, zur Vermummung aufzurufen. Es gibt nämlich gerichtliche Entscheidungen, die das anders sehen, wenn die Vermummung dazu dient, die Identität zum Schutz vor Nazis und nicht vor der Polizei zu verschleiern – so haben wir auch argumentiert. Doch für den Provider könnte so ein Prozeß existenzgefährdend sein, deshalb hat er unsere Seite abgeschaltet.

Sie haben sarkastisch erklärt: Eine Zensur findet nicht statt, aber sie funktioniert. Was meinen Sie damit?

 

Tatsächlich mußten wir uns der Zensur bereits häufiger beugen und ähnliche Äußerungen von unserer Seite entfernen. Dann haben wir statt dessen Heinrich Heine zum Thema »Zensur« zitiert. Ein Novum ist, daß keine Zeit bleibt zu überlegen, wie wir damit umgehen, weil rigoros abgeschaltet wird.

Sie sind dann an einen isländischen Provider herangetreten?


Wir haben ganz simpel im Internet einen isländischen Provider gesucht und »1984.is« gefunden. Der Name ist bewußt nach George Orwells Roman über den Überwachungsstaat gewählt. Damit soll deutlich gemacht werden, daß diese Firma sich für Datenschutz und gegen Überwachung einsetzt. Wir haben auf englisch mit dem Provider per Mail Kontakt aufgenommen – und sind mit unserer Seite umgezogen.

In welcher Weise garantiert das isländische Mediengesetz mehr Freiheit als das deutsche?


Es ist noch nicht verabschiedet, aber ein Ausschuß wurde am 25. Februar vom Parlament in Reykjavik einstimmig mit der Überprüfung der Gesetzesvorlage beauftragt. In Island ist die Bevölkerung aus gutem Grund mißtrauisch, da ihr in der Finanz- und Wirtschaftskrise wichtige Informationen vorenthalten wurden. Mitte 2009 wurde z. B. auf »wikileaks.org« ein Dokument der »Kaupthing Bank« veröffentlicht, das ungesicherte Kreditvergaben an Großaktionäre und massive Kapitalflucht in den Tagen vor dem Zusammenbruch enthüllte. Ein Bericht darüber in der Hauptnachrichtensendung des Fernsehsenders RÚV wurde durch die Bank mit einer einstweiligen Verfügung verhindert. Das war der Anlaß für die überparteiliche »Icelandic Modern Media Initiative« für ein neues isländisches Pressegesetz.

www.autonome-antifa.org

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Also geht es doch... Sie können also doch Seiten löschen... Wenn es ihnen genehm ist...

 

Warum klappt es dann hier nicht? --> "Unwissenheit, Unsicherheit und alte Propaganda: EMMA-Unterstützung für Cecilia Malmström" - http://bit.ly/d41NrM

 

;-)

 

Kennt jemand Provider aus Island? Habe schwierigkeiten welche zu Finden.

Hast du mal bei 1984.is gefragt?