Bure – Waldbesetzung gegen den atomaren Kahlschlag

Barrikaden im Wald

Der Waldspaziergang gegen den atomaren Kahlschlag in Mandres-en-Barrois bei Bure (Lothringen, Meuse Département) an diesem 19. Juni 2016 endete mit der Neubesetzung des Waldes. Die ANDRA, Nationalagentur zur Entsorgung vom radioaktiven Atommüll, hatte  - obwohl für das Endlagerprojekt noch keine Baugenehmigung vorliegt - am 6. Mai 2016 mit dem Kahlschlag für das atomare Endlagerprojekt Namens CIGÉO begonnen, Stacheldrahtzäune und eine Plattform zur Koordination der Waldarbeiten errichtet.  CIGÉO steht für das „französische“ industrielle Tief-Endlager für hoch radioaktivem Müll. Es wird aber gemunkelt, dass hinter den Kulissen Atomindustrie und atom verfilzte Politiker*innen von einem internationalen Tieflager für hoch radioaktivem Atommüll träumen – günstig in Grenznähe gelegen - um den Widerstand zu erschweren.

 

Einwohner*innen und Atomkraftgegner*innen verschafften sich mit diversen Spaziergängen einen Überblick über das Ausmaß der Zerstörungen und riefen für den 19. Juni zu einer großen Waldwanderung mit Picknick aus. 250 Menschen trafen sich im Wald zusammen. Die errichteten Zäune wurden heruntergerissen, die Plattform der ANDRA zerstört und eine Widerstandshütte errichtet. Es folgte die Erklärung, der Wald sei nun besetzt. Die Besetzer*innen freuen sich über Unterstützung, sei es durch Besuche vor Ort, dezentrale Aktionen oder Solierklärungen. Sie kündigen unter dem Stichwort #ETE D'URGENCE und #OCCUPYLAMEUSE einen Sommer des Widerstandes in Bure an.

 

Die Polizei zeigte sich an diesem Widerstandssonntag zurückhaltend. Sie teilte mit, nicht eingreifen zu wollen, so lange keine Gewalt gegen Menschen angewendet werde – und empfahl zugleich den nervösen Securitys, die das Areal im Auftrag der ANDRA bewachen, das Weite zu suchen. Die Aktivist*innen nutzten die Gunst der Stunde für die Errichtung ihrer Widerstandshütte und einen „Barrikadenbau-Workshop“ im Wald. Kurz darauf waren kreisende Polizeihubschrauber im Himmel zu sehen. In einem auf der Homepage von vmc (informelle Gruppe, die das internationale antikapitalistisches antiautoritäres Antiatomcamp vom letzten Jahr auf die Beine stellte) veröffentlichten Aufruf wird zur Unterstützung des Widerstandes und der Besetzung aufgerufen. Hier kommt die Deutsche Übersetzung.

 

"Bure, Aufruf zur Blockade und Besetzungen gegen den Beginn der Bauarbeiten für das Atommüllklo CIGÉO in diesem Sommer!


Heute, Sonntag den 19. Juni, haben wir den Gemeindewald von Mandres-en-Barrois vorübergehend von der Herrschaft der ANDRA und ihrem Atomklo CIGÉO befreit. Wir, widerständige Einwohner*innen aus der Gegend und von Weiterweg, Vereine, Bündnisse, erklären vor der neu eingerichteten Widerstandshütte am Ort der Waldzerstörung, den Wald für besetzt.

 

Es ist ein neuer Schritt im Widerstand: Dem Beginn der Bauarbeiten setzen wir unsere Lebenslust und unsere hartnäckige Hoffnung entgegen. Wir wollen keine Schachtzone mit Tausenden von Tonnen  von in Vergessenheit gelagerten Abfälle im Schoß der Erde: Wir werden diesen Wald, der uns allen gehört, körperlich verteidigen. Was sich hinter diesem Dickicht aus Hainbuche und Buche abspielt, ist das Symbol des Kampfes gegen die Arroganz und die Gewalt der ANDRA. Unser Wille wird sich unter den Kronenschlüssen der großen Eichen nicht betonieren lassen.

 

Im Jahr 2013 hat die ANDRA Millionen um sich geworfen und zahlreiche Arbeitsstellen versprochen, um den Wald in Beschlag zu nehmen: Anlässlich einer Befragung hat die Mehrheit der Einwohner*innen  nein gesagt. Die Einwohner*innen sammeln Holz für ihre Heizung, gehen spazieren, jagen, pflücken. All das gehört zum Leben. Die Einwohner*innen haben nein gesagt, weil der Wald 300 Jahre Erinnerungen, Bräuche und Geheimnisse, die nicht ausgetauscht oder ausgeglichen werden, bedeutet. Dem Geldsegen bevorzugen wir Waldwege, den falschen Arbeitsstellenversprechen eine alte Eiche.

 

Im Sommer 2015 hat die ANDRA noch eins drauf gelegt. Um 6 Uhr morgens hat der Gemeinderat den Tausch des Waldes mit 7 gegen 4 Stimmen beschlossen. Es war dieses mal keine Scheindemokratie und keine „Befragung“, stattdessen standen 2 Securitys, die den Eingang zum Rathaus versperrten.


Seit nun fast einem Jahr versuchen die Einwohner*Innen  ihren Wald mit öffentliche Debatten, Einsprüchen, Klagen vor dem Verwaltungsgericht gegen den Waldtausch zurück zu erobern und das Atommüllklo zu verhindern. Der Widerstand vor Ort ist wiedergeboren. Der Beginn der Bauarbeiten konnte jedoch nicht verhindert werden. Wir lassen uns nicht täuschen: das Projekt, das für den Staat und die Atomindustrie von großer strategischer Bedeutung ist, wird sich nicht nur durch Klagen vor Gericht begraben lassen.

#OCCUPYLAMEUSE

 
Wir besetzen heute diesen Wald um zu verhindern, dass Tatsachen geschaffen werden.
Wir besetzen den Wald weil wir das Krachen der Bäumen nicht ertragen können, weil der Nato-Stacheldraht und die paramilitärischen Securitys mit ihren großen Hunden uns nicht aufhalten werden. Wir besetzen den Wald um ihn nicht der todbringenden Atomindustrie zu überlassen.
Wir besetzen diesen Wald und den Beginn von CIGÉO der Bauarbeiten zu blockieren. Wir wissen dass nicht das Parlament, sondern das Kräftemessen vor Ort, das Voranschreiten des Atomklos  stoppen wird. Ob Links oder Rechts, die Politiker*innen haben gegen das Projekt nichts einzuwenden, sie reden sogar davon, es handle sich um ein Bärendienst für die zukünftigen Generationen. Jetzt besetzen, heißt Herr der Lage über ein Projekt werden, dass schon seit 20 Jahren bekämpft wird. Es ist der Versuch, Sand im Getriebe eines ansonsten nicht greifbaren Gegners zu sein.


Wir besetzen diesen Wald gemeinsam mit unserer Lebenslust gegen die atomare Gesellschaft und ihre Welt aus Militarismus, Securitys, lächelnden Experten, Dosimeter und Ausbeutenden. Dort wo sie den Wald roden, bauen wir Hütten. Dort wo sie eine Wüste aus Einsamkeit und Resignation verbreiten, zeigen wir unsere Lust an das Zusammenleben und den Widertand.

 

Jetzt, den ganzen Sommer, auf nach Bure um CIGÉO zu blockieren!


Im Untergrund unserer Hütte befinden sich 30 Jahre Kampf gegen die Kolonisation des Areals durch die ANDRA. Die Hütten von heute und morgen sind Komplizen unserer rebellischen Kartoffeln, die das Land der ANDRA besetzen, die Verbündeten der großen Märsche und die Kumpels der Zeltlager gegen CIGÉO und seine Welt.
Diese Besetzung darf nicht der Höhepunkt von zwei Wochen Aktionen sein, sondern der Startpunk eines entschlossenen Sommers. Unsere Hütte ist eine Einladung zu einem nicht endenden Picknick, ein neuer Ort der Begegnung gegen die ANDRA. Unsere Hütte ist ein Appel aus massivem Holz nach Bure zu kommen um den Widerstand zu unterstützen und mit allen notwendigen Mitteln die Zerstörung des Waldes und den Beginn der Bauarbeiten für CIGÉO zu verhindern.
Wir denken an Picknicks, direkte Aktionen, Demonstrationen. Wir stellen uns Blockaden, Wanderungen und dezentrale Aktionen vor.

Von den entrechteten Menschen bei den Uranminen von Arlit, über zu den Widerstandsblockaden in Nortre-Dame-der-Landes bis zu den Abgründen des Val de Suse und das Atiatomcamp von e Pyhajöki in Finnland, bilden wir eine Kette des Widerstandes gegen die, die über unser Leben herrschen wollen.

 

Wir lassen und nicht atomisieren, ANDRA haut ab!"


UPDATE 20.6. früh: die Aktivist*innen haben ihre erste Nacht im Wald hinter sich. Der ÜPolizeihubschrauber kreis herum, vor Ort wird in aller Ruhe gefrühstückt. Für 11 Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt. Infoticker auf Französisch: http://vmc.camp/fil-info/

10:30 Uhr: der Gerichtsvollzieher ist inzwischen vor Ort, die Polizei führt am Waldeingang Ausweiskontrollen durch. Die Aktivist*innen werden den Gerichtsvollzieher auf die illegalen Bauarbeiten der ANDRA hinweisen.

 

Kontakt und Anlaufstelle für Unterstützer*innen:

Kontakt : sauvonslaforet[ät]riseup.net  oder vmc[ät]riseup.net (fragt nach dem PGP Key, die haben eins) // 00 33 758654889

Anlaufstelle: Besetzung im Wald (Siehe Karte), Widerstandshaus in BURE (Bure Zone Libre) ; ehermaliger Bahnhof Luméville, das Gelände an der geplanten Castorstrecke wo das internationale Camp im vergangenen Jahr statt gefunden hat.

 

Weitere Informationen:

- Dossier auf Deutsch über Bure

- Sortir du nucléaire

- VMC (Camp Orga vom letzten Sommer, es wird weiter über den Widerstand berichtet)

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Sieht ja so aus als würde hier Wendlandpotential vorhanden sein. Solidarische Grüße ins Eichhörnchenland wo die Bullen die Straßen und Wälder fürchten lernen. Für ein neues Hüttendorf – Gorleben soll leben!

So sehr ich diese Aktion unterstütze, denn für einen abgeholzten Wald gibt es keinen Ersatz in den nächsten 300 Jahren, so schlecht finde ich eure Wortwahl in dem Artikel. Von "Atommüllklo" zu schreiben, dabei aber außer acht zu lassen, dass wir, selbst wenn wir sofort aus der Atomenergie aussteigen, was leider nicht passieren wird, Unmengen an Altlasten entsorgen müssen, ist grob fahrlässig.

Auch werden wir es niemals komplett ohne Atommüll schaffen. Forschung und Medizin sind leider Bereiche, in denen auch bei akzeptierter Nutzung Atommüll anfällt.
Dieser mag eine geringere Halbwertszeit haben und auch in geringeren Mengen anfallen. Doch brauchen wir eine Lösung.
Die "atomare Gesellschaft", wie ihr schreibt, ist längst nicht so einfach zu verstehen!

Seid euch eurer Verantwortung bitte auch bewusst, Menschen aufzuklären. Ihnen auch zu zeigen, dass sie für jahrelange falsche Politik "bezahlen" müssen und immer strahlender Müll anfällt, für den global nach Lösungen gesucht werden muss.

Wenn, ja wenn die französische Lösung gut ist, dann solltet ihr Alternative Orte vorschlagen. Technisches Wissen bereitstellen und ein Teil der Lösung werden.

Nur "dagegen" zu sein und von "Nato-Stacheldraht und die paramilitärischen Securitys" zu schreiben kann bei der Bevölkerung auch sehr negativ ankommen.

Ich finde eure Aktion super aber wenn dort ein Atommüll-lager hin soll, dann bete ich für Zäune und Sicherheit!Je mehr, desto besser!

Sonst: Weiter so!