Ist Schwesig auf dem "linken Auge" blind?

Erstveröffentlicht: 
10.05.2016

Die große Koalition streitet sich über den Kampf gegen Extremisten. Familienministerin Manuela Schwesig gibt eine Steilvorlage nach der nächsten. Der Vorwurf: Sie tue zu wenig gegen linke Gewalt.

 

Als die neue Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt eingeweiht wurde, schockierten die Bilder von linksextremistischer Gewalt die Republik. Polizeiwagen brannten, 94 Beamte wurden durch Steinwürfe, aber auch durch Reizgas teilweise schwer verletzt. In der Innenstadt wurden nicht nur Bankfilialen und Geschäfte angegriffen, sondern auch eine Einrichtung des katholischen Kolpingwerkes, in der neben Hotelgästen auch Flüchtlinge untergebracht sind.

 

Drei Wochen später gibt es jetzt ein heftiges politisches Nachspiel. Die Union schießt sich auf Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ein. Der Vorwurf: Die für die Extremismusprävention zuständige Ministerin sei auf dem linken Auge blind. Tatsächlich hat Schwesig nach ihrer Amtsübernahme ein Programm gegen linken Extremismus gestrichen. Es sei "überflüssig" und "wirkungslos" gewesen, wurde sie bei der Vorstellung ihrer Reform zitiert, habe sogar "Gräben vertieft". Überhaupt sei das Problem Linksextremismus "aufgebauscht".

 

Die Krawalle am Main bewiesen das Gegenteil, meint Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU): "Die politische Entscheidung der Ministerin Schwesig, sich nur auf den Rechtsextremismus zu konzentrieren, war nicht richtig." Alle extremistischen Szenen seien gefährlich, findet Bouffier, der auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU ist: "Wer sich bei ihrer Bekämpfung ideologisch vorfestlegt, darf sich nicht wundern, wenn er nicht erfolgreich ist. Darüber wird in der Koalition noch zu reden sein."

 

Das ist eine handfeste Drohung, die nicht allein dem zuletzt angespannten Betriebsklima der großen Koalition geschuldet ist. Bouffier, der sich als langjähriger Innenminister immer noch mit den Polizeibeamten identifiziert, will die Bundesfamilienministerin persönlich in die Pflicht nehmen: "Ich erwarte von Frau Schwesig, dass sie tut, was ihres Amtes ist: gegen jeden Extremismus zu arbeiten."

 

Die harten Worte haben eine Vorgeschichte hinter den Kulissen. Unmittelbar nach den Krawallen von Frankfurt bat der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer in einem vertraulichen Schreiben an Schwesig um Fakten und Zahlen zur Bekämpfung linksextremer Gewalt. Die Ministerin ließ ihre Staatssekretärin Elke Ferner (SPD) antworten: Die "linke Militanz" werde in einem neuen Programm "Demokratie leben!" bearbeitet. Dafür sind im Etat des Familienministeriums 40,5 Millionen Euro eingeplant, allerdings laut Ministerium für die Prävention von "Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, die Herausforderungen durch Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit, Antiziganismus, Ultranationalismus, Homophobie, gewaltbereiter Salafismus bzw. Dschihadismus und linke Militanz." 

 

Nur ein Prozent gegen linke Gewalt


Der Kampf gegen linke Gewalt nur unter "ferner liefen"? Die Zahlen legen dies tatsächlich nahe. So sind von den bisher verplanten 23,5 Millionen Euro nur zwei Millionen für "Modellprojekte" vorgesehen und davon nur 20 Prozent gegen "linke Militanz". Bisher sind also von den 40,5 Millionen für die Extremismusprävention konkret nur 400.000 Euro für Projekte gegen Linksextremismus eingeplant – weniger als ein Prozent. Deshalb rügt Grosse-Brömer die SPD-Politikerin: "Familienministerin Schwesig ist jetzt in der Pflicht, auch Präventionsprogramme gegen Linksextremismus auf den Weg zu bringen!"

 

Die freilich empört der Vorwurf, sie sei auf dem linken Auge blind: "Wir müssen uns gegen sämtliche Arten von Extremismus einsetzen." Die Ausschreitungen vor der EZB hätten sie erschrocken, erzählt Schwesig, sie habe deshalb sogar das Gespräch mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) gesucht. Ihre Entscheidung, die alte Förderung gegen Linksextremismus nicht fortzuführen, sei nicht ideologisch motiviert gewesen.

 

"Das Programm, das von der Vorgängerregierung durchgeführt wurde, lief in wesentlichen Punkten ins Leere. Das hat die unabhängige Evaluation des Programmes, die noch von meiner Vorgängerin in Auftrag gegeben wurde, eindeutig ergeben", argumentiert die Ministerin. Und sie verspricht: "Alle Projekte und Initiativen zum Thema 'Linke Militanz', die in meinem Haus eine finanzielle Förderung beantragt haben, werden auch gefördert". Im Klartext: Schwesig würde gerne mehr Mittel gegen Linksextremismus zur Verfügung stellen, aber es melden sich einfach nicht genug Initiativen, die das Geld ausgeben wollen.

 

Schwesig habe bei einer Sitzung der Familienpolitiker der Koalition die zuständigen CDU-Abgeordneten sogar aufgefordert, ihr Projekte zu nennen, die sich gegen den Linksextremismus engagieren, damit diese gefördert werden könnten, aber keine Antwort erhalten, berichten ihr Wohlgesonnene.

 

Tatsächlich dürfte hier der sachliche Kern des neuen Koalitionsstreits liegen. Während der "Kampf gegen rechts" in Deutschland auf breite gesellschaftliche Resonanz stößt und es etablierte Strukturen gibt, die Kritiker schon als "staatlich geförderte Antifa-Industrie" verspotten, gilt der Kampf gegen den Linksextremismus vielerorts nicht als politisch korrekt.

 

Tatsächlich definieren sich Teile der Antifa-Szene selbst als linksradikal. Schwesigs Vorgängerin als Familienministerin, die CDU-Politikerin Kristina Schröder, führte deshalb eine "Extremismusklausel" ein. Wer staatliche Förderung für den Kampf gegen Rechtsextremismus wollte, musste sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und sich verpflichten, nicht selbst mit extremistischen Organisationen zusammenzuarbeiten. Schwesig schaffte nach ihrem Amtsantritt die "Extremismusklausel" gemeinsam mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wieder ab.

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Mich schockiert, dass es Mieten und den Kapitalismus gibt und dadurch geht&nbsp;es&nbsp;den Menschen schlecht. Mich schockiert, dass Gegendmonstranten in Stuttgart zu Schwerverletzten wurden. Hier gab es vor&nbsp;kurzem noch Fotos von einer anderen Demo zu sehen, wie die abgeführt werden, ein Mensch blutete im Gesicht. Mich schockiert, wie die Polizei Gegendemonstranten verletzt und Pfeffespray und all das Schlimme macht, nicht nur auf einer Demo, sondern hier gibt es keinen Bericht, wo mal nichts Schlechtes von der Polizei ausgeht.&nbsp;</p><p>Was für Initiativen, die gegen Umverteilung von oben nach unten sind und dagegen kämpfen!!!!Pfui!!Die sollen überhaupt kein Geld kriegen und die politischen Aktivisten in Ruhe lassen. Alles andere produziert nur eine AFD, ist jetzt auch in der evangelischen Kirche willommen. Vielleicht ist die NPD beim Kirchentag auch anzutreffen. Nur dieser Mann Bonhoeffer, der das Lied geschrieben hat:Von Mächten wunderbar umgeben (oder so ähnlich)&nbsp;hätte nicht daran teilgenommen. Der ist von Nazis, ach, Deutschen getötet worden. Der wollte nicht rumschleimen und hat sich nicht gebeugt. Erst schreien sie alle: Nie wieder und machen ernste Gesichter, es gibt ernste Musik und Reden und das alles mit Presse, sagen Deutschland hat eine besondere Verantwortung und jetzt wollen diese beiden bezahlten Politiker die einzige erfolgreiche Arbeit kaputtmachen. Ich will nicht dass erleben, was all die Toten und die es überlebt haben mitgemacht haben. </p><p>Ich finde diese Anschuldigungen furchtbar. Es ist wieder normal in Deutschland. Ganz demokratisch wird es für Menschen in Deutschland lebensgefährlich .Es ist unverantwortlich, was die beiden Männer da von sich geben.&nbsp;Den Rechtsruck und das es noch bösartiger zugeht im Leben,&nbsp;können nur diese politischen Menschen stoppen, die haben Ahnung. Es ist doch nur vernünftig, was sie sagen und schreiben.Ulrike Meinhoff ist auch gestorben. Was hat sie gelitten und sie hat sich nicht selbst bereichert. Ich möchte nicht, dass unsere Menschen hier in Deutschland und in anderen Ländern, eingesperrt und verfolgt werden. Vor allen Dingen das diese Menschen totgeschwiegen werden. Ich finde, sie müssten freigelassen werden. Ich will kein Mitläufer werden und das geht nur mit diesen politischen Menschen, weil diese über solche Sachen schreiben und alle Menschen lernen können&nbsp;mehr zu verstehen und vielleicht erstaunt sagen können, ach, so ist das. Ich finde es lohnt sich sehr. Jetzt und sofort.