Redeschlacht zum 1. Mai: Aktivisten planen ein »Kiezfest von unten« als Antwort auf das Myfest

Erstveröffentlicht: 
24.03.2016

Das »Bündnis zur Vorbereitung der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration« lehnt das Myfest ab. Im SO36 wurde mit der Myfestcrew diskutiert. Einig wurde man sich nicht.

 

»Notmyfest«, in großen Lettern prangt die eindeutige Ablehnung des Myfests auf der Einladung zur Diskussion über Alternativen. Auf dem Podium im Club SO36 an der Kreuzberger Oranienstraße war neben Vertretern des Vorbereitungsbündnisses für die Revolutionäre 1.-Mai-Demo - meist 18-Uhr-Demo genannt - aber auch Halis Sönmez von der Myfest-Crew.

 

Es ging gleich in die Vollen. »Wir lehnen das Myfest ab, das liegt nicht an den Organisatoren, sondern am schlechten Leben«, stieg Marko Lorenz vom Vorbereitungsbündnis in seiner vorbereiteten Rede ein, denn es »gehört zu einem alten System«, das Fest streue »Glitzer auf die Scheiße«. Es werde sich mit dem Innensenator Frank Henkel (CDU) und der Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) an einen Tisch gesetzt, warf er der Crew vor. »Der einzige politische Schritt wäre ›Nein‹ zum Myfest zu sagen«, lautete seine Folgerung.

 

Halis Sönmez von den Organisatoren des Myfests, eben der Crew, räumte ein, dass manche Bühnen sicher »nicht so politisch rüberkamen«. Man habe jedoch immer Bühnen für die Politik zur Verfügung gestellt, »wenn das von niemandem angenommen wird, können wir nichts machen«. Vorwürfe der Ballermannisierung wies er zurück, schließlich gebe es mit dem Kneipenleben jede Nacht Trubel. »Es wird immer so dargestellt, dass wir von staatlicher Seite hingestellt sind. Das stimmt aber nicht«, sagte Sönmez.

 

İpek İpekçioğlu, besser bekannt als DJ Ipek, die seit der ersten Auflage 2003 eine Bühne des Myfests bespielt, ist »überzeugt, dass Musik politisch ist«, und sagt: »Es waren nicht wir, die die revolutionäre 18-Uhr-Demo nicht haben wollten.«

 

»Die Kacke ist am Dampfen. Es gibt so viele Versuche, den Kiez zu spalten«, sagte ein Besucher und forderte, das Myfest von innen zu verändern. Damit blieb er allerdings relativ alleine. Es hagelte weiter Kritik. »Was den Menschen unter den Nägeln brennt, wird durch das Fressen und Saufen erdrückt«, sagte ein anderer Gast und nannte das Myfest ein »perfides Aufstandsbekämpfungsprogramm«. Als es in den 1980ern »ein bisschen geklappert hat, kamen dann alle an, Psychologen und so, und dann kam das Myfest«, sagte er und erntete den größten Applaus des Abends. »Sie sollten die Arbeit niederlegen und demonstrieren«, forderte ein Gast die meist türkischstämmigen Standbetreiber auf, allein schon wegen der aktuellen Entwicklungen in der Türkei.

 

»Wir kommen von unten und ihr seid noch weiter von unten und besser«, fragte Sönmez und antwortete sich gleich: »Das glaube ich nicht.« Marko Lorenz räumte ein, dass die Bewohnerschaft zum Myfest sehr »zwiegespalten« sei, also durchaus nicht alle die Veranstaltung ablehnten, allerdings der »Großteil der Bevölkerung«. Seitdem es das Fest gebe, seien die Mieten gestiegen, sagte Lorenz. Das Bündnis für die 18-Uhr-Demo möchte ein »Kiezfest von unten« haben, dafür »stellen wir unseren Versammlungsplatz zur Verfügung«, kündigte Lorenz an. Die Planung lief gleich im Anschluss an die Veranstaltung an.

 

Immer wieder wurde auf der Veranstaltung im SO36 gefordert, das Myfest dieses Jahr auszusetzen, als »Nachdenkpause«. Auch die Sicherheitsprobleme durch die Besuchermassen waren immer wieder Thema. Der Versuch, das Fest auf juristischem Wege deutlich zu begrenzen - ein Anwohner hatte geklagt - ist vor ein paar Tagen vorläufig gescheitert. »Sollte uns die im Sommer 2015 angemeldete Route verboten werden, werden wir klagen«, kündigte Lorenz an.

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und sollte die angemeldete Route,und so wird es wohl sein,nicht genehmigt werden,liegt es an uns diese trotzdem durchzusetzen.Für mehr Bewegungsfreiheit,statt staatlich verordneter Demorouten