Gießener Schwarzfahr-Prozesse: Gleich zwei Verfahren im November

Ich fahre umsonst

Kann mensch für die gleiche Sache völlig unterschiedliche verurteilt werden? Die Antwort lautet grundsätzlich: Ja. Besonders häufig kommt das dort vor, wo Rechtsfragen ungeklärt sind. Das gekennzeichnete "Schwarzfahren" ist ein solcher Fall. Freispruch, Einstellung und Verurteilung – alles drei haben die Menschen schon erlebt, die seit einiger Zeit offen ohne Ticket unterwegs sind und damit für die Abschaffung des Fahrkartenwesens und die Einführung des Nulltarifs werben wollen.

 

 

 

Nun stehen zwei Prozesse in Gießen an – und die dienen dem Ziel, die Frage zu klären. Beide Gerichte haben nämlich zunächst auf die Ladung von Zeug_innen verzichtet und wollen die Rechtsfrage klären: Ist es "Erschleichung von Leistungen", wenn ein Mensch zwar ohne Ticket fährt, aber das nicht heimlich, sondern klar erkennbar? Am 12. (15 Uhr im Amtsgericht Gießen) und 30. November (9 Uhr im Landgericht Gießen) wird darüber verhandelt. Beide Termine sind öffentlich und dürften damit eher einer juristischen Vorlesung ähneln als einem Gerichtsverfahren. Bestätigen die Gerichte die Strafbarkeit auch des nicht heimlichen "Schwarzfahrens", würde das eine Gesetzeslücke schließen, damit aber ein Gesetz ändern bzw. erweitern, was nicht Aufgabe von Gerichten ist. Gäbe es Freisprüche, so wäre der Weg frei für eine Debatte um eine andere Finanzierung des öffentlichen Personenverkehrs – sozial gerechter und umweltfreundlicher. Darauf hoffen der Angeklagte und Aktive in der Nulltarifskampagne, die den Namen "Schwarzstrafen" trägt – weil nicht mehr das offen sichtbare Fahren ohne Ticket die Straftat sei, sondern die Bestrafung trotz straffreien Verhaltens.

 

Pressetext zu den Schwarzfahr-Prozessen in Gießen Schützt eine Kennzeichnung vor der Strafe beim Schwarzfahren?
Eine juristische Spitzfindigkeit beschäftigt gleich zwei Gießener Gerichte

Die Auseinandersetzung um die Frage, ob ein öffentlich sichtbares "Schwarzfahren" strafbar ist, geht in eine entscheidende Runde. Nach mehreren widersprüchlichen Urteilen und Freisprüchen unterschiedlicher Gerichte stehen am 12. (15 Uhr, Amtsgericht) und 30.11. (9 Uhr, Landgericht) in Gießen gleich zwei Prozesse an. Provoziert sind sie durch Aktivist_innen, die aus der Formulierung im Gesetz "Erschleichung von Leistungen" schlussfolgern, mit deutlicher Kennzeichnung straffrei umsonst fahren zu können. Ihnen geht es aber nicht um den eigenen Vorteil, auch nicht nur um die Klärung einer auch unter Expert_innen heiß diskutierte Frage (siehe z.B. den Jurablog: http://blog.beck.de/2015/03/04/anarchie-in-bussen-und-bahnen-ich-fahre-s...), sondern sie nutzen das straffreie "Schwarzfahren" als Druckmittel für einen Nulltarif im öffentlichen Personenverkehr. "Es gibt Gefängnisse, da sitzt ein Drittel der Inhaftierten wegen Beförderungserschleichung", kritisieren die Aktivist_innen die Strafpraxis. Zudem verweisen sie darauf, dass vor allem arme Menschen durch das Ticketsystem an der gesellschaftlichen Teilhabe gehindert wird, bei Migrant_innen ohne sicheren Aufenthaltsstatus kann "Schwarzfahren" – da eine Straftat – sogar zur Abschiebung führen.
Vor Gericht ging es in Gießen – genauso wie in Braunschweig, Meißen und Dresden, Siegburg und Bonn – bislang vor allem um die formalen Fragen. Eine einheitliche Lösung konnte dabei nicht gefunden werden. Mehrere Versuche einiger Richter_innen, trotz des entgegenstehenden Wortlautes mit kreativen Verdrehungen Strafen zu verhängen, gingen mittlerweile in die Revision. Doch selbst die dort bisher gefällten Beschlüsse geben keine Klarheit. Eher wirken manche gerichtlichen Feststellungen hilflos, wenn etwa festgestellt wurde, dass sich Personen mit auffälligem Schild, welches auf das Schwarzfahren hinweist, so verhalten würden wie andere Fahrgäste auch. Neben Verurteilungen wurden Verfahren eingestellt, ebenso gab es Freisprüche. Verwirrender geht kaum noch. Dabei spricht die Rechtslage ziemlich eindeutig für "Schwarzfahrer_innen", die nicht mehr nur heimlich in der Ecke einer Tram, U- oder S-Bahn sitzen, sondern sich offen zeigen. Laut Gesetzestext und fast allen Kommentare zum Paragraphen ist "nicht nach § 265a strafbar … die nach außen hin offen gezeigte unentgeltliche Beanspruchung der Leistung" (Zitat aus Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage 2010, Randnr. 11 zu § 265a).
Dass dennoch Ermittlungsverfahren, Anklagen und sogar einige Verurteilungen folgen, dürfte auch an den Aktivist_innen selbst liegen. Denn viele von ihnen werben mit ihren Aktionen und dabei verbreiteten Flugblättern für die völlige Abschaffung des Fahrkartenwesens. So provozieren sie Verkehrsbetriebe und Staatsmacht zur Reaktion. Das geschieht zwar zunächst, um die Eigentums- und daraus folgenden Kapitalinteressen zu wahren. Doch ganz ungelegen kommt das den Betroffenen jedoch nicht. "Wir wollen vor Gericht durchsetzen, dass offen sichtbares Fahren ohne Fahrschein nicht strafbar ist. Gewinnen wir, können Tausende von Menschen Geld- oder Haftstrafen vermeiden. Außerdem gerät das Fahrscheinwesen insgesamt ins Schwanken. Am Ende steht vielleicht der Nulltarif für alle!" So fasst Jörg Bergstedt, Politaktivist aus der Projektwerkstatt in Saasen (Kreis Gießen) und zweifacher Angeklagter in Gießen zusammen, was seit den ersten Märztagen geschieht. Damals hatten fünf Aktivisten mit einer spektakulären Aktionsschwarzfahrt von Kempten über München, Nürnberg und Frankfurt nach Gießen für reichlich Aufmerksamkeit und den Start der weiteren Kampagne gesorgt (Bericht unter http://de.indymedia.org/node/3796). Die damaligen Prozesse in Gießen wurden vertagt. Nun beginnen sie von neuem – und sollen wieder für Aktionen und öffentliche Debatten genutzt werden. Lohnenswert könnte es werden, denn so ganz normal werden die Verhandlungen wohl nicht ablaufen. Beide Richter haben keine Zeug_innen geladen, sondern wollen mit dem Angeklagten und, soweit vorhanden, seinem Verteidiger, ein Gespräch über die Rechtslage führen. "Das wird ein Juraseminar im Gerichtssaal – mit bundesweiter Bedeutung", zeigt sich der Angeklagte optimistisch und hat sich in der Sache rechtlich gut eingearbeitet.

 

Dramatik im bisherigen Ablauf der Gießener Prozesse: Befangenheitsanträge, eine gewonnene Revision, eine gescheiterte Selbstablehnung eines Richters – und nun die Einladungen zu öffentlichen Rechtsgesprächen am 12. und 30.11.

Mehrere Verfahren wegen "Schwarzfahrens" mit Kennzeichnung hat das Gießener Amtsgericht schon erlebt. Von den zwei Verurteilungen wurde eine in der Revision aufgehoben, die andere steht am 30.11. in der Berufung. Die Angeklagten hatten bisher Mühe, die Besonderheit ihres Falles überhaupt vorzutragen. "Die interessierten sich für die Frage, ob eine offene Kennzeichnung die Rechtslage ändert, überhaupt nicht", schimpfte Dominik Richl nach dem ersten Prozess, in dem er sogar aus dem Gerichtssaal geworfen und in Abwesenheit ohne Prüfung der umstrittenen Rechtspositionen verurteilt wurde. Inzwischen aber hat sich die Auseinandersetzung weiterentwickelt und die Argumente der Angeklagten fanden Gehör: Die an den nun anstehenden Prozessen beteiligten Richter_innen stellten selbst fest, dass Schilder, Flugblätter oder andere Mittel der Kenntlichmachung Einfluss auf die Strafbarkeit haben. Ab wann genau Straffreiheit eintritt, sollen die anstehenden Verhandlungstermine klären – einer in der ersten und einer schon in der zweiten Instanz.
Das Verfahrens, welches in der ersten Instanz steht, wird beginnen. Richter Seichter hat für den 12.11. um 15 Uhr ins Amtsgericht eingeladen (Raum 100). Zeug_innen kommen nicht, denn es soll die Rechtsfrage erörtert werden. Dazu ist dem Angeklagten zusätzlich an Anwalt beiseite gestellt worden – der Richter schloss sich seiner Meinung an, dass die Rechtsfrage kompliziert sei und in bisher unerschlossenes Rechtsgebiet führe.
Am 30.11. folgt dann der zweite Termin – die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht unter dem Vorsitzenden Richter Nink, der mit einer eingereichten Selbstablehnung nicht durchkam. Spätestens in bei diesem Vorgang zeigte sich, dass die Justiz ihre bisherige Linie des Bestrafens zu ändern begann – und damit dem absurden Massenbestrafen wegen Fahren ohne Fahrschein eine Perspektive entgegen setzt, die Kriminalisierung verhindert und der Idee eines umweltfreundlichen Verkehrswesen einigen Auftrieb geben könnte. Beide Verhandlungen sind öffentlich. "Wir hoffen auf viele Zuhörer_innen. Die Rechtsfrage ist spannend, die dahinter stehende sozialpolitische Dimension wichtig", setzt der Angeklagte auf eine breite Wahrnehmung der Termine – und hofft auf kreative Aktionsschwarzfahrten auf dem Weg zum Prozess. Dem Angeklagten wäre das recht: "Wir nennen unsere Kampagne Schwarzstrafen – denn illegal ist nicht das Fahren ohne Ticket, sondern die Strafe deswegen!"

 

Die Chronologie der Gießener Schwarzfahr-Prozesse

  • Erster Prozess (2012/2013): Amtsrichter Dittrich (trotz vorgeblicher Gewaltenteilung gleichzeitig CDU-Stadtverordneter) wirft den Angeklagten Dominik Richl aus seinem Prozess, lässt Zeug_innen in Abwesenheit des Angeklagten im fernen Stuttgart vernehmen und verurteilt stur wegen Schwarzfahrens – trotz eindeutiger Kennzeichnung.
  • Zweiter Prozess (2014): Amtsrichter Seichter erörtert mit dem Angeklagten Jörg Bergstedt zwar die Rechtslage, eine Verurteilung erfolgt trotzdem. Die Staatsanwaltschaft spricht sich für die Abschaffung der Strafbarkeit des "Schwarzfahrens" aus, fordert aber sogar eine besonders harte Bestrafung, weil der Angeklagte eine Lücke im Gesetz genutzt hätte – das zeige kriminelle Energie.
  • 19.9.2014: Das Oberlandesgericht hebt die Verurteilung im ersten Verfahren auf. Alles nochmal…
  • 2.3.2015: Die Aktionsschwarzfahrt von fünf Aktivist_innen spült das Thema des gekennzeichneten Schwarzfahrens in die Medien. Das Münchener Landgericht stellt das Verfahren gegen Dirk Jessen ein, dessen Prozess Teil der Aktionsschwarzfahrt war.
  • 3.3.2015, Berufungsverhandlung im zweiten Prozess: Richter am Landgericht Nink kassiert sofort zu Beginn einen Befangenheitsantrag. Der Prozess wird unterbrochen. Richter und Angeklagter führen aber nach Ende der Verhandlung eine längere Debatte über die Rechtsfragen.
  • 5.3.2015, dritter Prozess: Wieder Richter Seichter gegen Jörg Bergstedt. Letzterer stellt wegen der Erfahrungen aus dem Prozess 2014 einen Befangenheitsantrag. Außerdem hatte er einen Antrag auf Pflichtverteidigung gestellt wegen der Kompliziertheit der Rechtslage. Richter Seichter lehnt ab, der Angeklagte reicht Beschwerde ein. Das Verfahren wird bis zur Klärung unterbrochen.
  • 28.5.2015, dritter Prozess: Überraschende Wende – Richter Seichter hebt seinen eigenen Ablehnungsbeschluss auf und ordnet die Pflichtverteidigung an. Zitat aus dem Beschluss: "Das Gericht folgt dem von dem Angeklagten in seiner Beschwerde angestellten Erwägungen".
  • 12.6.2015, dritter Prozess: Die Staatsanwaltschaft legt Beschwerde gegen den Beschluss ein, einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Sie hält die Sach- und Rechtslage immer noch für einfach (wobei sie sicherlich bei der Auffassung bleibt, dass Kennzeichnung nicht hilft gegen Strafbarkeit – damit steht sie zunehmend allein, findet aber alles einfach …).
  • 22.6.2015, zweiter Prozess: Richter am Landgericht Nink lehnt sich selbst als befangen ab. In seiner Begründung äußert er sich ziemlich klar, dass Schwarzfahren bereits als solches und erst recht mit Kennzeichnung keine Straftat darstelle. Er fürchtet deshalb, dem Vorwurf politischer Verfolgung ausgesetzt zu werden.
  • 2.7.2015, vierter Prozess(versuch): Die Staatsanwaltschaft will es jetzt wissen und sogar die Aktionsschwarzfahrt am 2. März 2015 (5 Leute, erkennbar mit Schildern, Flyern, Megaphon und Transparent im Zug, begleitet von Pressearbeit usw.) als "Erschleichung" bestrafen. Deutlicher geht es nicht mehr, dass Gesetzeswortlaut und bisherige Urteile manch Robenträger nicht interessieren. Doch das Amtsgericht Gießen macht nicht mehr mit. Richter Seichter lehnt das Ansinnen ab und integriert den Vorgang in das laufende Verfahren (hier unter: dritter Prozess), d.h. die Aktionsschwarzfahrt wird am 30.11. nun auch erstmals mit verhandelt.
  • 3.7.2015, zweiter Prozess: Die Staatsanwaltschaft Gießen spricht sich gegen die Selbstablehnung von Richter Nink aus und fordert, den Strafparagraphen konsequent anzuwenden. Allerdings kommt sie noch mit einem charmanten Einfall um die Ecke: Wenn der Paragraph tatsächlich unklar sein sollte, müsste das dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.
  • 6.7.2015, dritter Prozess: Der Pflichtverteidiger reicht dem Amtsrichter die zentralen Passagen aus der Selbstablehnung des Richters am Landgericht weiter.
  • 30.7.2015, dritter Prozess: Richter Seichter hat zum nächsten Verhandlungstag geladen – keine Zeug_innen, aber Raum für eine intensive rechtliche Erörterung. Kurz zuvor wird der Pflichtverteidiger krank. Der Termin fällt aus.
  • 27.8.2015, zweiter Prozess: Die Selbstablehnung von Richter Nink wird zurückgewiesen. Er muss weitermachen.
  • 19.10.2015, weiter Prozess: Richter Nink lehnt die Beiordnung eines Verteidigers ab. In der Begründung geht er auf den Aspekt der schwierigen Rechtslage gar nicht ein. Deshalb reicht der Angeklagte am 21.10.2015 Beschwerde ein.
  • Voraussichtlich 12.11.2015, dritter Prozess: Der nächste Versuch, d.h. die Wiederholung des 30.7. – wieder ohne Zeug_innen.
  • Voraussichtlich 30.11.2015, zweiter Prozess: Auch der weiter zuständige Richter Nink nutzt den November für einen Prozesstermin. Er lädt ebenfalls keine Zeug_innen – es geht also auch hier vor allem um die Erörterung der Rechtslage.

Weitere Informationen:

 

Wie weiter?

Die Prozesse im November könnten Kristallisationspunkte sein. Dazu wäre sinnvoll, das Thema bis dahin weiter zu verbreiten. Und es könnte ein Zielpunkt sein für Aktionsschwarzfahrten. So wie die Anfang März von Kempten über München nach Gießen. Wie wäre es mit mehreren Touren sternförmig nach Gießen (oder gerne auch schon am Vortrag zur Projektwerkstatt Saasen - von Gießen und Fulda aus auf der Vogelsbergbahn per Zug super zu erreichen)? Fragt doch mal rum, ob aus Eurer Stadt nicht Leute Lust haben, zusammen ohne Ticket, aber mit Schild, Flugblättern, Transpis oder was auch immer zu kommen. Denkt dran: Auch Ein- und Umsteigen kann gut zur Aktion werden: Laut sog. Fraport-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind Bahnhöfe für Demonstrationen zugänglich!

Viele weitere Aktionen sind möglich, unter anderem die Idee kleinerer Aktionsschwarzfahrten an verschiedenen Orten (z.B. bei einer Station einsteigen, flyern und informieren, wieder raus). Wie wäre es, wenn Leute, die sowieso schwarzfahren, das künftig mit Kennzeichnung, offensiv und mit Flyern machen? Und die, die vor Gericht stehen, daraus Aktionen machen? Wer beteiligt sich an einer Massenzeitung, die als bunter, inhaltsreicher Flyer überall eingesetzt werden kann?

Unabhängig davon wäre es schön, die Kampagnen für Fahrkarten-Teilen, pinke Punkte, Nulltarife in Kommunen usw. wieder in Gang zu bringen. Die sind vielfach eingeschlafen. Kreative Aktionsformen können helfen, das Thema nochmals auf die politische Agenda zu bringen - als Ende des Nazi-§265a und als Beginn des Freifahrens in Bussen und Bahnen.

  Mehr Infos Umweltschutz und Emanzipation

 

Ärger mit Justiz und Repression

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Finde jede Freifahrt-Initiative gut - die ein seriöses Fianzierungskonzept hat. Ohne das ist Schwazfahren einfach nur unsolidarisch.

Die Leute von der Projektwerkstatt sind ja auch einfach unsolidarisch.

Sie haben interessante Ansätze, was Umsonstfahren und kreative Proteste betrifft.

Das geht dann an manchen Punkten allerdings so weit, dass mit dem VS gequatscht und die Rote Hilfe abgelehnt wird (siehe deren Homepage). Dass Strukturen wie die Rote Hilfe über Jahre Erfahrungen mit Prozessen gesammelt haben und Tipps geben, die sich auch immer wieder bewähren, wird einfach ausgeblendet.

Mensch sieht auch an diesem Artikel wieder, wie leichtsinnig mit Namen innerhalb der Projektwerkstatt umgegangen wird. Da sind die Aktiven dann schnell mal mit Namen und Adressen auf der Homepage zu finden. Für Nazis etc. ist das also gar kein Problem da ranzukommen. So viel zum Thema "kreative Antirepression".

 

Was die Prozesse betrifft wäre es dennoch spannend, was bei rumkommt. Sollte es wirklich zum Bundesverfassungsgericht kommen, wird die Gesetzeslücke wohl geschlossen. In welche Richtung das geht ist allerdings absehbar, wenn der Weg dahin nicht von vielfältigen Protesten und einem starken Aufschrei in der Bevölkerung begleitet wird.

Schwarzfahren bleibt Schwarzfahren, die Erträge die derzeit generiert werden um den den Verkehr zu erhalten kompensieren die jetztige Praxis haben aber auch Grenzen. Wenn es Schule macht und noch kein ausgereiftes Finanzierungskonzept vorliegt geht es nach hinten los, d.h niemand es nutzen kann.

Naütrlich schliessen Preise Menschen aus aber jede Stadt bietet Sozialtarife an, zudem wenn der Gedanke weitergedacht wird müsste er auch auf sonstige Verkehrsmittel übertragen werden was den Themenkomplex noch erweitern würde.

Letztendlich wird es klappen, im kleinen Rahmen, in kleinen Initativen. Für das grosse Ganze Bedarf es aber mehr als Prozesse bzgl der derzeitigen Strafbarkeit.

Aus einem Interview mit Prof. Walter Grupp (Strafrecht, Uni Gießen) in: Gießener Anzeiger, 3.11.2015
http://www.giessener-anzeiger.de/lokales/stadt-giessen/nachrichten-giess...
Von einer Gesetzeslücke könnte man deshalb sprechen, weil Fälle wie das offene Schwarzfahren, die strafwürdig erscheinen, vom Gesetz nicht ohne Weiteres erfasst werden. Die Leistungserschleichung ist 1935 in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Damals gab es Sperren, die man am Bahnhof passieren musste, um zu den Gleisen zu gelangen. An den Sperren wurden auch die Fahrkarten kontrolliert. Um Paragraph 265a auch heute noch beim Schwarzfahren anwenden zu können, hat man das Erschleichen sehr weit ausgelegt: Es soll bereits dann gegeben sein, wenn sich der Schwarzfahrer ganz unauffällig verhält – das heißt, wenn er sich „mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt“, wie es das Bundesverfassungsgericht 1998 ausgedrückt hat.
Liegen also die „offenen Schwarzfahrer“ mit ihrer Gesetzes-Interpretation richtig?
Ja, weil offenes Schwarzfahren weder Sicherungsvorkehrungen überwindet, noch den Anschein der Ordnungsgemäßheit erweckt oder erwecken will.

 

 

Auf die typischen Anpissen von Leuten, die bei jedem Sachthema die Lügen von VS-Kontakt und Rote-Hilfe-Dissen (tatsächlich hat die Rote Hilfe einen Ausgrenzungsbeschluss gegen kreative Antirepression gefällt und deren Funktionär_innen bekämpfen aktiv Menschen mit anderen Auffassungen) verbreiten, gehe ich nicht weiter ein - das ist unbezahlte Arbeit für die Gegenseite (oder vielleicht sogar bezahlt).