[W] Heute Prozessbeginn vor dem Landgericht wegen des Mordversuches vor dem Autonomen Zentrum – Demonstration zum Prozessauftakt

Das war ein mörderischer Naziangriff

Vor Prozessbeginn entrollten Freund*innen des Autonomen Zentrums vor dem Gericht ein großes Transparent, das auf die fortwährende Täter-Opfer-Umkehr und den Nazihintergrund der Tat aufmerkam machte.

 

Zunächst ließen sich die beiden Angeklagten Patrick Petri und Rolf Becker ein. Rolf Becker fiel vor allem durch angebliche eklatante Gedächtnislücken auf, die trotz intesiven Nachfragens durch Richter, Anwälte und Staatsanwaltschaft bislang nicht gelichtet werden konnten. Beide Angeklagte versuchten ihre Zugehörigkeit zur Rechten Szene abzustreiten bzw. in die Vergangenheit zu verschieben. Thomas Pick zeigte sich als Hardliner der Rechten Szene und wird sich voraussichtlich nicht zur Tat einlassen. Picks Kontakte in der Naziszene bestätigte der vorsitzende Richter dadurch, dass er den Kontakt zu “SS-Siggi” (Siegfried Borchert – Borussenfront/Die Rechte Dortmund), Sturm 18 sowie der rechten Hool-Gruppierung “Berserker” erwähnte.

 

Die beiden anderen Angeklagten gestanden ein, dass sie sich zusammen mit dem dritten Angeklagten Thomas Pick in der Tatnacht getroffen hatten, um die gemeinsame Anreise mit einem Bus zu einer HoGeSa Demonstration in Karlsruhe zu organisieren. Hierbei scheint Petri das Bindegelied zu anderen Angehörigen der Rechten Szene gewesen zu sein, denn er war dafür zuständig an diesem Abend das Geld einzusammeln. Die Bekanntschafft mit dem HoGeSa-Mitorganisator Mario Leisering aus Oberhausen gaben beide freimütig zu. Becker gab an, dass er mit Leisering zusammen bei “HoGeSa” Hanover war.

 

Hier von einer Nazivergangenheit, einem Ausstieg aus der Rechten Szene oder ähnlichem zu sprechen ist reine Augenwischerei und soll dem kläglichen Versuch der Angeklagten dienen, einen politisch motivierten mörderischen Angriff zu einer zufälligen Auseinandersetzung herabzustufen. Alle drei Angeklagten bewegten sich auch in der Zeit rund um die Tatnacht in der Rechten Szene und wählten das Autonome Zentrum bewusst als Ort an dem sich “der politische Gegner” trifft.

 

Der Teilnehmerkreis auf HoGeSa-Demonstrationen überschneidet sich nicht zufällig mit dem auf anderen Nazi-Demonstrationen. Beiden Gruppen ist nicht nur ein rassistisches Weltbild und ein hohes Gewaltpotenzial gemein, sie sind in großen Teilen deckungsgleich bzw. verbrüdern sich zusehends miteinander.
Die Angeklagten Petri und Becker haben nach eigener Aussage die PEGIDA-/HoGeSa-Demonstration am 14.März 2015 in Wuppertal besucht und pflegen weitere Kontakte in organisierte Nazistrukturen. Pick war beispielsweise an dem versuchten Angriff auf eine Gedenkveranstaltung in der Kölner Probsteigasse im Januar 2015 beteiligt. Laut einer Antifa-Recherche nahm Patrick Petri am 30. Mai 2011 an einem Naziaufmarsch in Enschede (Niederland) teil. Dort trug er zusammen mit Leisering das Transparent des „Freien Widerstands Oberhausen“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt hat Patrick Petri Kontakte zu Teilen der Wuppertaler Nazistruktur „Nationale Sozialisten Wuppertal“ (heute „Die Rechte Wuppertal“). Den Kontakt zu Leisering bestätigte er auch im Prozess.

 

Demonstration (02.10.) vor Prozessbeginn


Am vergangenen Freitag demonstrierten gut 200 Menschen gegen die empörende Polizeigewalt in Wuppertal und die aktuellen rassistischen Zustände. Bei der Auftaktkundgebung an den City Arkaden in Wuppertal Elberfeld wurden Redebeiträge aus unterschiedlichen politischen Blickwinkeln gehalten und das Thema der Demo “Gegen HoGeSa, Nazis und Rassist*innen! Kein Bock mehr auf Polizeigewalt!” vielfältig besprochen.


Schwerpunkte waren der mörderischer Naziangriff vor dem Autonomen Zentrum Wuppertal im April diesen Jahres, die erschreckende Polizeigewalt in Wuppertal und der Umgang mit geflüchteten Menschen. Hierzu wurde u.a. eine Erklärung einiger in Wuppertal lebender Refugees zur geplanten Verschärfung des Asylrechts verlesen.

 

Die Polizei versuchte von Beginn an die Demoteilnehmer*innen zu drangsalieren und provozieren. Ein Mensch wurde beispielsweise mit der vorgeschobenen Begründung kontrolliert er habe einen “A.C.A.B.”-Aufnäher an der Kleidung. Die Polizei ignoriert hier in gewohnter Weise aktuelle Gerichtsurteile, in denen dargelegt wird, dass die Buchstabenkombination “A.C.A.B.” nicht den Strafstatbestand der Beleidigung erfüllt.

 

Auch während der Demonstration agierte die Polizei in gewohnt übler Weise. Demoteilnehmer*innen wurden von Beginn an willkürlich und rechtswidrig: (ohne Anlass) gefilmt, fotografiert, geschubst und verbalen Unflätigkeiten ausgesetzt. Auffällig waren zudem die zahlreichen Zivilbeamt*innen, die sich im Umfeld des Demozuges herumtrieben und das verstärkte Auftreten vermumter Hunderschaftspolizist*innen. Ein kurzer Redebeitrag an der Polizeiwache Hofkamp thematisierte die Polizeigewalt in Wuppertal. Besonders hervorgehoben wurde die besondere Rolle, die dabei vor allem den Beamt*innen dieser Wache zukommt. Sind sie es doch, die den fehlgeleiteten Einsatz am Autonomen Zentrum zum Mordanschlag im April zu verantworten haben. Durch den polizeilichen Einsatz wurden Ersthelfer*innen behindert, Betroffene zu Täter*innen verkehrt und erhebliche Sachbeschädigung im Autonomen Zentrum verursacht.


wuppertal2015.blackblogs.org

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