[K] Vorsicht Burschenschaft – watch out and intervene!

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Die „Burschenschaft Germania“ hat in diesem Semester bereits fleißig um neue Mitglieder an der Uni Köln geworben. Auf kleinen Visitenkarten stellen sie die vermeintlichen Vorteile eines Burschi-Daseins dar. Unter dem Motto „Halt faß am Rich!“ (übersetzt: „Halte fest am Reich!“) organisiert die Germania Männer*1, die sich gemäß des Lebensbundprinzips auch nach ihrem Studium noch an der Organisation der Burschenschaft beteiligen.

 

Die sogenannten „Alten Herren“, also die ehemaligen Studenten2, die nun im Berufsleben stehen, finanzieren das burschenschaftseigene Haus und ermöglichen so die günstigen Mieten mit denen Neumitglieder angeworben werden. Sie haben über ihre Organisation als „Alte Herren“ auch Einfluss auf die Ausrichtung der sogenannten „Activitas“, die studierenden Mitglieder einer Burschenschaft. So wird einer progressiven Entwicklung innerhalb der „Activitas“ entgegengewirkt. Die Germania ist jedoch nicht die einzige Burschenschaft in Köln und bei weitem nicht die einzige reaktionäre Studentenverbindung.

 

Was sind Burschenschaften?

 

Burschenschaften sind die reaktionärste Form von Studentenverbindungen. Sie sind männerbündisch organisiert, was den völligen Ausschluss von Frauen* bedeutet, außer zu Anlässen wie beispielsweise Bällen oder ähnlichem. Frauen* fungieren hierbei als schmückendes Beiwerk des verbindungsstudentisch organisierten Mannes*. Entstanden sind Burschenschaften im 19. Jahrhundert; sie waren ein maßgeblicher Teil der deutschen Nationalbewegung. Daher nehmen Burschenschaften häufig für sich in Anspruch, Vorkämpfer der Demokratie in Deutschland gewesen zu sein. Ihr Wahlspruch („Halt faß am Rich!“) und ein Blick auf ihre Farben (Schwarz, Weiß, Rot) verrät jedoch die Nähe der Germania zum Deutschen Kaiserreich3. Zudem zeigen der Ausschluss von Frauen*, die strikte interne Hierarchie sowie die Deutschtümelei den sexistischen, nationalistischen und antidemokratischen Charakter von Burschenschaften. Die Burschenschaft Germania ist zudem im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ organisiert.

 

Was ist die „Deutsche Burschenschaft“?

 

Die „Deutsche Burschenschaft“ gilt als der politisch am weitesten rechts stehende Dachverband. Der Wahlspruch des Verbandes lautet „Ehre, Freiheit, Vaterland“. Für eine negative Presse sorgte vor allem die Initiative der Bonner Burschenschaft „Raczeks“, die auf einem der jährlichen „Burschentage“ versuchte einen Paragraphen in die Satzung des Verbandes aufnehmen zu lassen, der einem nationalsozialistischen Arierparagraphen gleich kam. Ohnehin ist in der Verfassung der „Deutschen Burschenschaft“ festgelegt, dass ausschließlich „Deutsche“ Aufnahme in den Verband finden. Die Staatsbürgerschaft allein hätte jedoch nach diesem Antrag nicht als Nachweis ausgereicht, den Burschis galt nur die Abstammung als hinreichendes Kriterium. In diesem Punkt unterscheidet sich die „Deutsche Burschenschaft“ auch wesentlich von der „Neuen Deutschen Burschenschaft“. Während Letztere einen Nationalismus auf Basis eines deutschen Standortes und somit auch der Staatsangehörigkeit pflegen, hält die „Deutsche Burschenschaft“ den völkischen Vaterlandsbegriff hoch: Deutsch ist nach dieser Definition nur ein Mensch mit deutschen Vorfahren. Die Parallelen zum Nationalsozialismus sind offensichtlich!

 

Dieser Differenzen ungeachtet zeigen die Wahlsprüche der beiden genannten Burschenschafts-Dachverbände deutlich die ideologische Nähe; für den Wahlspruch

der „Neuen Deutschen Burschenschaft“, „Freiheit, Ehre, Vaterland“, wurden lediglich zwei Wörter umgestellt.

 

Ganz unabhängig von der Verbandszugehörigkeit eint alle Burschenschaften der Ausschluss von Frauen und die strikte Definition als „Deutsche“. Egal ob völkisch oder standortbezogen: Nationalismus löst keine Probleme sondern stellt selbst ein Problem dar indem er Menschen 'anderer Nationen' immer ausgrenzt, fragwürdige Kontinuitäten eines willkürlichen Kollektivs zieht, historisch schlimmste Ereignisse wie Krieg und Vernichtung hervorgebracht hat und damit einer solidarischen Gesellschaft widerspricht.

 

Und jetzt?

 

Es liegt an uns allen, die Rekrutierungsversuche der Burschis zu vereiteln. Abhängen, abkleben und entsorgen ist der erste Schritt um sich an der Uni gegen die Germania und andere Burschenchaften zu positionieren. Für Nationalismus und Männerbündelei darf weder auf dem Campus, noch irgendwo in Köln, noch sonstwo auf der Welt Platz sein!

 

 

Einige Studierende an der Uni Köln

 


1Wir sehen die vorherrschende Zweigeschlechtlichkeit als gesellschaftliche Konstruktion. Bei der Auseinandersetzung mit Burschenschaften muss aber genau auf diese Zweigeschlechtlichkeit zurück gegriffen werden, da Individuen aufgrund dessen inkludiert werden, dass sie als „Männer“ gelesen werden, oder eben exkludiert, weil sie als „Frauen“ gelesen werden. Mit dem Stern hinter den Bezeichnungen von „Männern“ und „Frauen“ machen wir im Text deutlich, dass wir diese Bezeichnungen zwar verwenden, aber ihre gesellschaftliche Konstruiertheit mitdenken.

 

2Normalerweise würde hier geschlechtersensible Sprache verwandt, da es sich bei männerbündischen Studenten aber nur um Cis-Männer handelt werden sie auch nur im Maskulinum benannt.

 

3Alternativ können die Farben auch stellvertretend für Preußen (Schwarz-Weiß) und die Stadt Köln (Rot-Weiß) gelesen werden.

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Sie haben über ihre Organisation als „Alte Herren“ auch Einfluss auf die Ausrichtung der sogenannten „Activitas“, die studierenden Mitglieder einer Burschenschaft. So wird einer progressiven Entwicklung innerhalb der „Activitas“ entgegengewirkt.

Richtig ist, daß die "Alten Herren" einen konservativen Einfluss haben, im Sinne einer Zustandsbewahrung. Die Ideen der Aktivitas, die dadurch verlangsamt oder ganz ausgebremst werden müssen dabei nicht immer progressiv sein, in letzter Zeit hat es auch Fälle gegeben, in denen eine Aktivitas teils durch gezielte Unterwanderung mit JN- und JA-Bürschchen so weit nach rechts gezogen ist, daß sich die Alten Herren dazu genötigt sahen, die Aktivitas zu zerschlagen bzw. rauszuwerfen, z.B. im November 2014 bei der Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia.

 

Ganz unabhängig von der Verbandszugehörigkeit eint alle Burschenschaften der Ausschluss von Frauen und die strikte Definition als „Deutsche“.

Es gibt auch Burschenschaften, die statt nationaler/politischer Ausrichtung den christlichen Bezug in den Vordergrund stellen, und darunter wiederum auch gemischte Burschenschaften, als freie Verbindungen oder organisiert in kleineren Verbänden wie dem "Schwarzburgbund", siehe:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Burschenschaften

 

und dann stehen da auch mal drei Frauen mit Piercing in den alten Uniformen:

 

http://www.salingia.de/Galerie/08_05_31%20Farbentags-%20und%20Fuxenkneip...

Ja, das ist beides richtig. Danke für die Ergänzungen!