Gegen das rechtsextreme Tanzevent in der Hofburg
Alle Jahre wieder…
Am
29. Jänner 2010 findet zum mittlerweile 57. Mal der alljährliche Ball
des Wiener Korporationsrings (WKR) in der Hofburg statt. Im WKR sind
mehr als zwanzig lokale Studentenverbindungen organisiert, die sich
politisch in einem Spektrum zwischen „national-freiheitlich“,
völkisch-deutschnational und offen rechtsextrem bewegen. Der
bekannteste Mitgliedsbund ist derzeit sicherlich die Burschenschaft
Olympia, deren „alter Herr“ Martin Graf skandalträchtig das Amt des
dritten Nationalratspräsidenten bekleidet. Gerade die Olympia zeigt
sehr deutlich die Scharnierfunktion deutschnationaler Korporationen
zwischen der FPÖ einerseits und dem Neonazismus andererseits. So lassen
sich Olympen für die FPÖ im Nationalrat, im Wiener Landtag, sowie im
Parteivorstand auf Bezirks- und Landesebene finden. Gleichzeitig lud
die Olympia aber in den letzten Jahren verschiedene neonazistische
Liedermacher, als auch den Holocaustleugner David Irving in ihr
Verbindungshaus ein. Daneben äußert sich die Olympia immer wieder
rassistisch, antisemitisch und NS-verharmlosend.
Weiters stehen
Burschenschaften für Männerbündelei und Sexismus. Das zeigt sich schon
daran, dass Frauen grundsätzlich der Beitritt zu sämtlichen
WKR-Verbindungen untersagt ist und sie bestenfalls an ausgewählten
Abenden als Begleitung „mitgebracht“ werden dürfen. Dass sich Frauen in
Gegenwart von Burschenschaftern dann rollentypisch zu verhalten haben,
verdeutlicht die Olympia: „Hast du […] eine Freundin mit, die weder
schön noch still ist, kurz: bist Du auf irgendeine Weise abnormal oder
unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause.“ Ein Blick in das korporierte
Liedgut verdeutlicht das sexistische Rollenbild, wenn davon gesungen
wird, dass die Frauen statt an der Universität doch besser bei Wäsche,
Herd und Nähmaschine zu sein hätten.
Jahr um Jahr kommen etwa
2.000 Besucher_innen zum Rechtswalzer in die Hofburg. Neben einer
Vielzahl an Korporierten lässt sich natürlich auch die Politprominenz
von FPÖ und BZÖ in der ehemaligen Kaiserresidenz blicken. Jedoch hat
der WKR-Ball nicht nur österreichweite Relevanz. So wirbt der
Ballausschuss damit, dass sich die Veranstaltung „zum größten
couleurstudentischen Gesellschaftsereignis im deutschsprachigen Raum“
entwickelt habe. Und auch die Besucher_innen der letzten Jahre
unterstreichen die internationale Dimension. So nutzten diverse
Funktionär_innen rechter und rechtsextremer europäischer Parteien die
Abendveranstaltung als ihre Bühne: 2009 waren Delegationen von pro
Köln, pro NRW und der DVU (Deutschland), der Dänischen Volkspartei und
der Schweizer Volkspartei anwesend. Weiters waren der russische
Nationalist und Antisemit Alexander Dugin sowie der spanische
Rechtsrevisionist und Faschist Enrique Ravello zum Ball eingeladen. Im
Jahr davor tummelten sich u.a. Jean-Marie Le Pen (Front National /
Frankreich) und Frank Vanhecke (Vlaams Belang / Belgien) neben
„Kameraden“ aus Bulgarien in der Hofburg.
Es verdeutlicht sich die
Rolle des WKR-Balls für die nationale wie internationale (extreme)
Rechte. Doch ist dieses nationalistische Schaulaufen bei Weitem nicht
der einzige Skandal in dieser Republik.
Am Schauplatz: Österreich
Ein
Rückblick auf das Jahr 2009 bereitet aus emanzipatorischer Perspektive
abwechselnd Kopf- und Magenschmerzen. Auf parlamentarischer Ebene
fuhren die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ einen Wahlerfolg nach dem anderen
ein. Während das BZÖ auch ohne Jörg Haider den Sitz des Kärntner
Landeshauptmannes verteidigen konnte, verdoppelte die FPÖ teilweise
ihre Prozente bei den vergangenen Wahlen. So wurden bei der Europawahl
aus 6,3% nun 12,7%, in Oberösterreich sind es jetzt 15,3% und in
Vorarlberg schaffte die FPÖ gar einen Zuwachs von 12% auf mehr als 25%.
Auch
jenseits der Parteipolitik artikulierte sich der ekelhafte Geist der
Volksgemeinschaft. So trafen sich im Juni mehr als 1.500
Burschenschafter zu einem „gesamtdeutschen“ Festkommers in Innsbruck.
Elementarer Bestandteil des Kommerses war die rechtsrevisionistische
Forderung eines Tirols „von Kufstein bis Salurn“ (Salorno /
Norditalien). Es erübrigt sich zu erwähnen, dass ein vereintes Tirol in
diesem Denken auch Teil von „Gesamtdeutschland“ wäre. Und es dauerte
nicht lange bis das nächste rechtsrevisionistische Spektakel folgte.
Beim Landesfestumzug im September wurden Andreas-Hofer-Kult und 200
Jahre Tiroler Freiheitskampf inszeniert. Unter den 30.000
Teilnehmer_innen war dann neben unzähligen „Ein Tirol“-Bannern auch ein
Block von selbsternannten „Freiheitskämpfern“, also
Südtirolterroristen, zu finden. Ohne groß zu differenzieren jubelten
die 70.000 Zuschauer_innen Schützen- und Trachtenvereinen ebenso zu wie
„gesamtdeutschen“ Burschenschaftern und dem in Italien wegen vierfachem
Mord verurteilten Terroristen Erhard Hartung.
Und auch ein
Ausblick auf das Jahr 2010 stimmt nicht gerade zum Frohsinn. Als wäre
der „Freistaat“ Kärnten nicht schon Zumutung genug, wird das südlichste
Bundesland im Herbst seine identitäre Selbstvergewisserung zelebrieren.
Dann nämlich wird dort zum 90. Mal „Kärntens Ja zu A“, also der
Verbleib des ehemals mehrheitlich slowenischsprachigen Südkärntens bei
Österreich, mit Festumzug und allerlei Tamtam gefeiert. Selbstredend
werden reaktionäre Verbände wie der Kärntner Abwehrkämpferbund und der
Kärntner Heimatdienst wissen, diesem Event ihren völkischen und
antislawischen Stempel aufzudrücken.
Wien ist anders ?!?
Es
mag sein, dass provinzielle Volkstümeleien wie Tirolerhut und Kärntner
Anzug in der selbsternannten Weltstadt Wien nicht die gleiche
Begeisterung hervorrufen wie im tiefsten Hinterland. Das sollte jedoch
nicht zu der irrigen Meinung führen, dass völkisch-nationalistisches
Denken und damit einhergehend Rassismus und Antisemitismus hier nicht
ebenso präsent wären.
Der bevorstehende Wien-Wahlkampf lässt ungutes
erwarten. So hetzt die FPÖ im Vorfeld schon in Postwurfsendungen gegen
die „Zuwanderungslawine“, „Asyl-Verbrechen“ und die
„Kriminalitätsexplosion“, die – wie könnte es anders sein – Mafiabanden
aus Osteuropa zugeschrieben wird. Dass ausgerechnet die FPÖ gegen
Freunderlwirtschaft vorgehen will ist ein Witz, wenn bedacht wird
wieviele korporierte Nationalratsabgeordnete der Freiheitlichen
Bundesbrüder als parlamentarische Angestellte beschäftigen. Es ist
leider zu erwarten, dass die Rhetorik umso schärfer wird je näher der
Wahltag rückt und je „heißer“ die Phasen des Wahlkampfs werden. Damit
sind nicht nur FPÖ und BZÖ gemeint. Erinnert sei an die ÖVP, die sich
vor der letzten Nationalratswahl schon deutlich verschärft zu Migration
und Integration äußerte und an die neue Wiener ÖVP-Chefin Marek, die
sich schwarz-blau für Wien vorstellen kann.
Dabei sind die genauen
Prozentzahlen, die bei der Wahl herauskommen werden, relativ egal. Es
ist unabhängig davon festzustellen, dass es mittlerweile im
gesellschaftlichen Diskurs kein oder kaum mehr ein Aufreger ist, wenn
der dritte Nationalratspräsident die Zugehörigkeit „Südtirols“ zu
Italien in Frage stellt, wenn dieser weiters behauptet „Afrikaner sind
biologisch anders“ oder wenn er dann auch noch Ariel Muzicant, den
Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde, antisemitisch
diffamiert.
Die Aufgabe von Antifaschismus kann aber nicht darin
liegen, Wähler_innen von blau/orange und schwarz davon zu überzeugen,
doch lieber für die nur scheinbar weniger ekelhaften Alternativen rot
oder grün zu votieren. Es reicht auch sicher nicht aus, einmal im Jahr
symbolisch ein „Zeichen gegen rechts“ zu setzen, während sich die
restlichen 364 Tage affirmativ auf die bestehende Ordnung bezogen wird.
Es muss klar sein, dass Rechtsextremismus als Phänomen eine militante
Steigerungsform bürgerlich-kapitalistischer Werte und Ideologien
darstellt. Ein Antifaschismus, der seinen Namen verdient, müsste an den
Wurzeln dieser bürgerlichen Vergesellschaftung ansetzen, die
zwangsläufig Herrschaft und Ausschluss produziert. Insofern sind
Interventionen gegen Events wie den WKR-Ball zwar bittere
Notwendigkeit, letztlich aber wertlos solange nicht darüber hinaus jede
Form von reaktionärer Ideologie bekämpft und die kapitalistische
Grundlage negativer Vergesellschaftung angepackt wird. Das Ziel von
Antifaschismus liegt perspektivisch also darin unnötig zu werden; und
zwar durch die Transformation gesellschaftlicher Verhältnisse
dahingehend, dass anti-emanzipatorischen Denkformen jegliche Grundlage
entzogen wurde.
In diesem Sinne:
Burschenschafter raus aus der Hofburg!
Deutschnationale Männerbünde auflösen!
Antisemitismus, Sexismus, Rassismus und Homophobie immer und überall entgegenarbeiten!
Für eine Gesellschaft jenseits kapitalistischer Herrschafts- und Verwertungszusammenhänge!
Demo gegen den rechtsextremen WKR-Ball:
29.1.2010 – 18:00 Uhr / Europaplatz Wien
pennplätzzzze?!^
wie siehts denn aus mit pennplätzen???
wenn wir hier mit ner gruppe aus doitschland ankommen,
is es ziemlich doof abends bzw. nachts wieder heim zu fahren:=(.
lg
letztes jahr hat es eine
letztes jahr hat es eine pennplatzbörse gegeben. es dürfte auch heuer wieder nicht das problem werden- ich nehme an, dass es ausreichend schalfplätze geben wird.
wenn ihr infoveranstaltungen in eurer stadt/ort machen wollt könnt ihr das gerne auch per mail abklären.
es wird auf jeden fall wieder eine infotour von wienerInnen zum wkr-ball 2010 geben . nähere infos und hintergründe gibts demnächst hier: nowkr.wordpress.com
schlafplätze,etc...
Genauso wie im vergangenen Jahr wird es auch heuer wieder Schlafplätze für Menschen geben, die von außerhalb Wiens zur Demo anreisen werden. Richtet eure Schlafplatzanfragen bitte an die allseits bekannte Adresse nowkr[ät]riseup[punkt]net.
Auf der Seite Aufrufe findet ihr nun einen kurzen Aufruftext auf slowenisch. Aufrufe in weiteren Sprachen werden in den nächsten Tagen folgen.
Unter Termine wurden etliche weitere Aktionen und Veranstaltungen hinzugefügt, die sich entweder direkt oder indirekt mit dem WKR-Ball, (korporierten) Männerbünden oder völkischer Ideologie auseinandersetzen.
Weitere Infos in den nächsten Tagen…
mobi video
nowkr mobi video:
http://www.youtube.com/watch?v=7meqTuPrcd4