[MV] Güstrow: “Frei sein von fremden Menschen”

Nils Matischent (NPD, 3. v.l. am Transparent mit hochgeschobener Sonnenbrille) auf einer NPD-Demo im März 2013 in Güstrow | Foto: Hans Schlechtenberg

In Güstrow macht die rechte Szene seit Monaten gegen Flüchtlinge mobil. Angriffe, Angst und Abweisung gehören zum Alltag von Asylsuchenden. Es gibt jedoch auch Unterstützung, und mit einer Demonstration am 6. Dezember soll ein klares Zeichen gegen Rassismus und rechte Gewalt gesetzt werden. Mittlerweile mobilisieren Neonazis zu einer Gegendemo.

 

Nils Matischent ist kein guter Redner. Er läuft nervös umher, wenn er in das Mikrofon spricht, vergräbt eine Hand in der Hose oder schwingt Arme und Beine in die Luft. Mal überschlägt sich die Stimme des NPD-Politikers, wenn er seine Tiraden gegen Flüchtlinge abspielt, dann kommt er ins Schwafeln, oder aber er ringt nach Worten. So, als ob er gar nicht versteht, warum er seinen Rassismus noch rechtfertigen muss. Als ob er des Redens schon längst überdrüssig ist.

 

Auch die wenigen anderen Rechten um ihn herum geben ein eher klägliches Bild ab, wenn sie ihre Neonazi-Fähnchen in die Luft strecken, sich an Transparente klammern und ihre Reden ins Mikrofon bellen. Doch sie sind ausdauernd: Bereits im März 2013 machte die rechte Szene Güstrows mit einem Aufmarsch gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt mobil. Nun finden seit Wochen regelmäßig kleinere Kundgebungen statt, ob in der aufgeräumten Innenstadt oder auf einer Wiese zwischen zwei Plattenbauten, und im Oktober wälzte sich ein Fackelmarsch von knapp 100 Rechten durch den Ort. Güstrow ist einer der Orte in Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Mobilisierung gegen Flüchtlingsheime zum Betätigungsfeld aktionistischer, lokal orientierter Neonazis geworden ist.

 

Für ihre Gewalttätigkeit ist die Szene bekannt. Seit Jahren kommt es in der Stadt immer wieder zu Angriffen auf MigrantInnen oder politische GegnerInnen. Diffamierungen im Internet sind alltäglich, das Haus des Bürgermeisters wurde bereits mit Drohungen beschmiert, nicht-rechte Jugendliche wurden auf dem Schulweg von Vermummten verprügelt. Seit vor zwei Jahren die Diskussion um neue Flüchtlingsunterkünfte begonnen hat, richtet sich die Gewalt gegen Asylsuchende: Eine Unterkunft wurde vor der Eröffnung mit Buttersäure angegriffen, nach dem Einzug der Bewohner folgten Attacken mit Böllern. Als dabei ein Feuer ausbrach, breitete es sich nur durch Zufall nicht weiter aus und verletzte niemanden.

 

Die Neonazi-Szene in Güstrow: Aktiv und vielfältig

 

Der Kreis jener Neonazis hinter der rassistischen Agitation wirkt überschaubar. Neben Nils Matischent etwa tritt regelmäßig der 33-jährige Sebastian Kloß (NPD) auf, als Redner, Verantwortlicher von Flugblättern oder in Verbindung zu einer Internetseite, die Lokalpolitiker und Journalisten diffamiert. Die rechte Szene in der Region allerdings ist weitläufiger, hat einschlägige Bands wie Painful Awakening und Ungebetene Gäste hervorgebracht, die auch außerhalb der Landesgrenzen bekannt sind. Dieses regionale, durch persönliche Kontakte verbundene Umfeld konnte zu der Demonstration im Oktober erfolgreich mobilisiert worden. Bemerkenswert gegenüber ähnlichen Aufzügen in Bützow im Juli oder Ueckermünde im März ist, dass die Veranstaltung ohne erkennbare Unterstützung des NPD-Landesverbandes oder eine nennenswerte Beteiligung auswärtiger Neonazis stattfand.

 

Gewalt ist in diesen Kreisen akzeptiert: Selbst Matischent, der sich bereits seit fünf Jahren als NPD-Lokalpolitiker gibt, ist bereits mit einer langen Liste von Straftaten aufgefallen. Zuletzt wurde die „Stimme der Vernunft für Güstrow“, wie er auf Wahlplakaten heißt, zwar für Diebstahl und Hehlerei zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der 24-jährige Mitarbeiter einer Rostocker Speditionsfirma ist jedoch auch wegen gefährlichen Körperverletzungen, Hausfriedensbruch und Volksverhetzung polizeibekannt, hat zudem eine Betreuerin von Flüchtlingen bedroht. Dass aus diesem Umfeld die rassistischen Übergriffe erfolgen, scheint offensichtlich.

 

Ihre Übergriffe versucht die Szene im Internet zu rechtfertigen, wo sie sich bereits seit Monaten in Rage redet. Doch über den rechten Rand hinaus haben in einschlägigen Facebook-Gruppen Hunderte jene üblichen Halbwahrheiten und Lügen gegen Flüchtlinge abonniert, in denen Deutsche zu Opfern einer drohenden „Überfremdung“ und MigrantInnen zu BetrügerInnen und Kriminellen halluziniert werden. Meldungen über Gewalttaten aus dem gesamten Bundesgebiet werden hier gerne aufgebauscht und mit Gerüchten aus der Region vermengt. Mit etwas gesundem Menschenverstand entpuppen sich die Schlagzeilen schnell als Propaganda – und selbst einige Neonazis weisen schon darauf hin, dass es sich um Falschmeldungen handelt. So oft, wie sie jedoch inzwischen im Internet und auf den Straßen Güstrows zu hören sind, können sich die entmenschlichende Sprache und die diffamierende Hetze langsam in den Debatten in der Stadt festsetzen.

 

Hetze im Internet: Gerüchte, Halbwahrheiten und Lügen


Latenter Rassismus kann durch die unentwegte Propaganda weiter radikalisiert werden, die Hemmschwelle zu Gewalttaten sinkt. In den vergangenen Monaten häuften sich bereits Attacken auf Asylsuchende: In Groß Lüsewitz verübten Neonazis einen Brandanschlag auf eine Unterkunft, in Anklam, Schwerin oder Neubrandenburg wurden Flüchtlinge auf der Straße überfallen, in Strasburg eine Wohnung mit Böllern und Sylvesterraketen angegriffen.

 

Die Neonazi-Szene hat sich in ihrem Wahn aus Hetze und Gewalt eingerichtet. Je größer, beängstigender und gefährlicher ihr Feindbild des Flüchtlings aufragt, umso heldenhafter erscheint der Widerstand der angeblich niedergehaltenen und benachteiligten Deutschen, von Nils Matischent und seinen Kumpanen. „Wir wollen frei sein von fremden Menschen“, tönten sie bei einer ihrer Demonstrationen in Güstrow, „frei von Angst, frei von Gewalt“. Dabei sind sie es, die Ängste schüren, das gesellschaftliche Klima vergiften und auch vor Übergriffen nicht zurückschrecken.

 

Für die Betroffenen sind die Angriffe traurige Höhepunkte eines Alltags, der von Benachteiligung und Ausgrenzung gekennzeichnet ist. Die meisten kommen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Eritrea oder dem Iran, wo sie Kriegen, Bürgerkriegen oder Verfolgung entflohen sind. Nach den Erfahrungen in den Orten ihrer Herkunft und einer auszehrenden und lebensgefährlichen Flucht sind viele traumatisiert, hoffen auf Hilfe, etwas Ruhe und eine Perspektive in Frieden und Freiheit. Das Leben in den Gemeinschaftsunterkünften beklagen viele als Belastung – isoliert von der Bevölkerung, ohne ausreichende Möglichkeiten, Deutsch zu erlernen oder Kontakt zu Einheimischen aufzunehmen. Stattdessen berichten viele Flüchtlinge von Anfeindungen, von einer Stimmung auch in Güstrow, die sie als beängstigend, unfreundlich und abweisend beschreiben.

 

Stimmung gegenüber Flüchtlingen beängstigend, unfreundlich, abweisend


Zumindest gibt es GüstrowerInnen, die sich um eine Kultur der Offenheit und Akzeptanz bemühen. Sie veranstalten Feste mit den Asylsuchenden, helfen diesen bei Ämtergängen, bieten Sprachkurse an. Und sie gehen gegen die Neonazis auf die Straße: Bis zu 250 Menschen protestierten gegen den Fackelmarsch der Rechten im Oktober, auch deren Kundgebungen treffen manchmal auf Widerworte. Die Zahl dieser Aktiven aber könnte größer sein, die Unterstützung aus der Politik, der Verwaltung, dem benachbarten Rostock spürbarer. Und zuweilen werden sie sogar angegangen, wenn die Polizei bei Demonstrationen etwa statt der Hetzredner der Rechten sie als „StörerInnen“ ansieht und entsprechend behandelt.

 

Auch im Zusammenhang mit der gerade eröffneten Flüchtlingsunterkunft in der Güstrower Südstadt ist mit weiterer Propaganda und Gewalt durch die Neonazi-Szene zu rechnen. Die diffusen Ängste vor den Asylsuchenden werden sich zwar im Alltag, wie schon an so vielen anderen Orten, schnell als unbegründet herausstellen. Engagement und Unterstützung sind jedoch notwendig, um den Neuankömmlingen die Ankunft zu erleichtern und nachbarschaftliche Beziehungen zwischen ihnen und den alteingesessenen GüstrowerInnen aufzubauen. Wenn die Flüchtlinge als Teil der Stadt akzeptiert sind, werden Neonazis schnell merken, dass sie keinen fruchtbaren Boden für ihre Parolen finden.

 

Neonazis den Boden entziehen


Zahlreiche Initiativen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern wollen dies mit einer Demonstration am 6. Dezember in Güstrow unterstützen. Gegen Rassismus und für ein klares Bekenntnis zum Asylrecht als Menschenrecht wollen sie ein Zeichen setzen und jenen den Rücken stärken, die sich für Asylsuchende einsetzen. Flüchtlinge wollen zugleich aus ihrem Alltag berichten und eine Verbesserung ihrer Rechte einfordern. Die Neonazi-Szene mobilisiert bereits mit martialischen Aufrufen gegen die Aktion, hofft auf geringe Beteiligung und versucht die TeilnehmerInnen pauschal als Auswärtige ab zu tun. Sie fürchtet sich zu Recht, denn ein sichtbares und breites Zeichen gegen Rassismus konterkariert ihren Irrglauben, Sprachrohr einer schweigenden Mehrheit zu sein.

 

Zu wünschen ist den GüstrowerInnen und den Flüchtlingen allemal, dass das Engagement gegen Rassismus sichtbar und nachhaltig bleibt und den Neonazis damit die Luft ausgeht. Denn die Auftritte von Nils Matischent und seinen Kumpanen sind eigentlich niemanden zuzumuten, weder Alteingesessenen noch Neuankömmlingen.

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Immer an Matischents Seite ist der Güstrower Maik Banek.Banek mit "Nationale Revolution Güstrow"-Shirt: https://cdn.mediacru.sh/8ctrXafnfg00.jpg Bei den Kundgebungen ist er meist mit Kamera zugegen. Die Videos sind später auf dem Blog des ehemaligen NPD Kandidaten Kloß.

Banek war neben Thomas Eisenblätter, Nils Matischent, David Milbrandt und Holger Groß einer der Angeklagten wegen des Übergriff auf den Jugendclub Phönix.

 

Maik Banek

 

"In den Abendstunden des 16. April 2009 hatten Vermummte den damals noch am Domplatz ansässigen Jugendklub gestürmt. Die für die rechtsextreme Szene typisch Gekleideten hatten mit flüssigem Bitumen gefüllte Flaschen gegen die Eingangsfront und in den Besucherraum geworfen. Dort zerschlugen die zwischen 17 und 21 Jahre alten Angreifer Computer, stürzten Mobiliar um und griffen laut Zeugenaussagen Gäste u.a. mit so genannten Totschlägern an und traten mit Füßen um sich. Mehrere Gäste hatten zum Teil erhebliche Verletzungen davongetragen, mussten mit Platzwunden und mit Teer übergossen ins Krankenhaus."

 

Presse zu dem Vorfall:

Verletzte bei Blitzangriff auf Jugendklub in Güstrow: http://www.links-lang.de/presse/8613.php
Polizei ermittelt intensiv nach Überfall auf Jugendclub: http://www.links-lang.de/presse/8628.php

 Refugees welcome! – Soziale Revolution ist Menschenrecht!


Am kommenden Samstag veranstaltet der Ratschlag der Bündnisse eine „Refugees welcome!“- Demonstration im mecklenburgischen Güstrow. Neonazis machen dort seit mittlerweile fast zwei Jahren massiv Stimmung gegen die in die Kreisstadt kommenden Geflüchteten. Auch wir sehen die Notwenigkeit der Intervention vor Ort. Unser Anliegen auf der Demonstration wird es sein, den Flüchtlingen zu signalisieren, dass es, trotz zahlreicher Anfeindungen im kleinstädtischen Alltag, Menschen gibt, die ihnen offen und empathische begegnen. Zudem wollen wir auch den Güstrower_innen, die Sympathie für die Geflüchteten hegen oder sich sogar offen für sie engagieren, zeigen , dass sie nicht allein dastehen. An die Adresse der Neonazis, die seit Monaten rassistisch gegen die geplanten und bereits bestehenden Unterkünfte und ihre Bewohner_innen hetzen, wird sich deutlich richten: Eure Propaganda und euer Auftreten bleibt nicht unbeantwortet! Wir beobachten die Vorgänge vor Ort genau und mischen uns ein, wenn ihr versucht Geflüchtete zu stigmatisieren und den Weg zu gewalttätigen Übergriffen gegen sie zu bereiten. Das Klima in der Stadt können auch wir beeinflussen! Aber das kann noch nicht alles sein.

 

Die Scheiße rollt den Berg runter


Genauso wird es uns auch ein Anliegen sein, die deutsche Flüchtlingspolitik und ihre Auswirkungen, die sich unter anderem in Residenzpflicht, Arbeitsverbot und Sammellagern niederschlägt, zu kritisieren und zu verurteilen. Die diffuse Angst vor der konstruierten kulturellen Überfremdung ist kein ideologisches Alleinstellungsmerkmal überzeugter Neonazis. Sie durchsetzt weite Teile der Bevölkerung und genauso der politisch Herrschenden und ist Grundlage für deren Handeln. Eine andere, dazu durchaus konträre, der sie anhängen, ist der Kapitalismus. Migrant_innen haben dem Ansinnen der herrschenden Klasse nach dann einen Platz in der Bundesrepublik, wenn sie der Volkswirtschaft dienlich sind. Der Gewaltmonopolist Staat, als Garant der Eigentumsverhältnisse und Interessenwahrer der in Deutschland ansässigen Unternehmen, ist, in Hinblick auf die demografische Entwicklung in der Bundesrepublik, derzeit interessiert an Migrant_innen. Jedoch vor allem nur an jenen gut aus- oder vorgebildeten Menschen, die zukünftig die löchrig werdenden Reihen der Steuerbeitragszahler_innen auffüllen und den Wirtschaftsstandort Deutschland in der Welt voranbringen können. Sogenannte „Armutsmigranten“, die nach Deutschland kommen, um dem durch den Kapitalismus geschürten Elend in der Welt zu entfliehen, sind nicht erwünscht. Wenn der Staat und seine Bürger_innen überhaupt eine Verwendung für sie vorsehen, dann maximal für die sogenannten „niederen Tätigkeiten“. Putzen, waschen, aufräumen. Ansonsten wird gegen sie aus den Reihen etablierter Politiker_innen und staatskonformer Medien mit deftigen rassistischen Parolen gehetzt. Diese Stimmungsmache findet dankbare Zuhörer in allen gesellschaftlichen Schichten. Nicht grundlos haben zur Zeit sogenannte „Bürgerbewegungen“ Konjunktur, die unter dem Deckmantel der Islamismuskritik, ihren Rassismus tausendfach auf die Straße tragen. Ihnen scheint nicht genug zu sein, was der Staat schon tut, um die Nation vor Einwanderung zu schützen. Dabei hat er schon längst nicht nur zu freiheitseinschränkenden, sondern gar mörderischen Maßnahmen gegriffen. Wer nicht Verwendbar ist, der soll im Elend bleiben, so könnte die Devise der deutschen Migrationspolitik lauten. Beispielhaft dafür stehen die jüngsten Hasstiraden gegen angeblichen „Sozialtourismus“ aus Bulgarien und Rumänien oder die neue Drittstaatenregelung gegenüber Balkanländern. Und natürlich, die seit Jahren zum Todesstreifen hochgerüstete, südliche EU-Außengrenze, zu deren Finanzierung die Bundesrepublik in großem Maße beiträgt.

 

Der Berg muss weg!


Um wirtschaftlich weiterhin Erfolgreich zu sein, ist die Nation bereit, als „produktiv“ geadelte Migrant_innen in die Volksgemeinschaft aufzunehmen. Die Özils und Kheidiras sind gute Leute, solange sie ordentlich Tore schießen bzw. arbeiten. Bei der Wahrung des Gesichts der „geläuterten Nation“ vor der Weltöffentlichkeit kommt man aber schon in Bedrängnis. Um als guter, humanistischer und demokratischer Staat dazustehen, ist es unvermeidlich politisch oder religiös Verfolgten Asyl zu gewähren. Aber bitte nicht zu vielen, denn man weiß nicht, ob diese überhaupt produktiv genug sind und kulturell hier rein passen. So werden sie durch staatliche Maßnahmen von der Bevölkerung abgeschottet. Würde doch eine zu große Nähe zum deutschen Bürger nur mögliche Solidarisierung und Integration voran treiben und damit ihre spätere Abschiebung erschweren. Da aber technische Maßnahmen nur begrenzt möglich sind, bedient sich der Staat hier einem Vehikel, dass er oft und gerne fährt. Die Nation und ihre Volksgemeinschaft. Über sie wird deutlich definiert, wer zu Deutschland gehört und wer nicht. Wer „Wir“ sind und „die Anderen“. Die geistige und empathische Entfernung der Bürger_innen von den Flüchtlingen ist noch viel wirkmächtiger als jede technische Barriere.

Und nicht zuletzt dienen die als „Asylanten“ beleidigten Menschen auch der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Zustände. Denn der nach unten Getretene tritt gerne weiter nach unten, um nicht der oder besser das Letzte zu sein. Die Scheiße rollt im Kapitalismus immer den Berg runter. Die durch die nicht-betroffenen Gesellschaftsteile ohnehin gerne diskriminierten Niedriglöhner_innen, Arbeitslose und Hartz 4 Empfänger_innen sollen ihre Position im kapitalistischen System nicht überdenken. Eigentums- und Produktionsverhältnisse nicht hinterfragen. Ein ungeheures revolutionäres Potential schlummert in den wirtschaftlich Marginalisierten. Aber das Gespenst des Kommunismus darf unter keinen Umstände aus der Kiste gelassen werden. So propagiert man die Volksgemeinschaft, zu der sich jeder arme Tropf noch zählen darf, der dem Aussehen oder Pass nach als Deutscher gilt. Und um eben nicht auf revolutionäre Gedanken zu kommen, wird die Schuld an der eigenen Situation auf die Außenstehenden, etwa Geflüchtete, abgewälzt und gegen sie gehetzt. Es ist einfacher gegen andere Stimmung zu machen, als die Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Und genau das ist auch im Sinne von Staat und Kapital.

Es kann also keine universelle Willkommenskultur für Flüchtlinge geben, solange es Staat, Nation und Kapitalismus gibt. Denn diese Zustände selektieren Migrant_innen nach der Verwertbarkeit für die eigenen Belange. Es kann höchstens Menschen geben, die den Flüchtlingen ihren Alltag erleichtern. Die ihnen unvoreingenommen und empathisch begegnen. Menschen die ihnen helfen im Konkurrenzkampf um die eigene Verwertbarkeit hierzulande mitzuhalten, indem sie ihnen dafür notwendige Skils vermitteln. Damit sie wenigstens die Chance haben im Ist-Zustand über den Status des wirtschaftlich Marginalisierten hinauskommen zu können. Dieses Fitmachen für den Arbeitsmarkt können Sozialarbeiter_innen leisten. Es kann aber niemals die Aufgabe sich als linksradikal und damit antikapitalistisch verstehender Menschen und Zusammenhänge sein. Der tatsächliche Kampf für die Flüchtlinge ist zugleich der Kampf gegen oder um diejenigen, die auf die Volksgemeinschaftsideologie reingefallen sind, oder drohen dies zu tun. Es ist aber vor allem der Kampf gegen Staat, Nation und Kapital. Er muss die emanzipatorischen Forderungen der Geflüchteten in sich tragen und er muss die Solidarität der wirtschaftlich Marginalisierten und der Proletarier_innen für sie erreichen. Denn wir gehören alle zur selben Klasse der Verdammten dieser Erde. Es ist der Grad der Verdammung in dem wir uns deutlich unterscheiden!

 

Abfahrt!


Um diese verschiedenen Perspektiven auf der Demonstration unter einen Hut zu bringen, ist es wichtig, reflektiert und solidarisch zu handeln. Nicht alle Menschen in Güstrow sind Rassisten und es gilt ihnen offen und interessiert zu begegnen. Von rassistischen Arschlöchern aber, werden wir uns nicht einschüchtern lassen.

Und damit niemand alleine hinfahren muss, wird es eine gemeinsame Anreise geben. Informationen dazu erhaltet ihr in den kommenden Tagen in den bekannten Trefförtlichkeiten. Nehmt die Möglichkeit der kollektiven Anreise wahr. Güstrower Neonazis mobilisieren seit Veröffentlichung der Demopläne gegen die antirassistische Demonstration. So finden sich im Internet eindeutige Aufrufe das, als “Antifaaufmarsch” bezeichnete Vorhaben des Ratschlags, zu verhindern. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Faschisten unsere Veranstaltung stören werden. Im Bereich des Möglichen liegt, dass Neonazis versuchen Demonstrationsteilnehmer_innen im Vorfeld der Aktion anzugreifen. Der beste Schutz dagegen ist eine gemeinsame Anreise!

Lasst uns zusammen in Güstrow gegen Rassismus auf die Straße gehen und den Refugees zeigen, dass hier auch Menschen leben die ihnen offen begegnen. Unser Part auf der Aktion muss es sein Kritik an den Zuständen zu formulieren, die an die Wurzel geht.

 

Kampf dem Rassismus! Gegen Staat, Nation und Kapital! Für den Kommunismus!

 

Antifa Rostock