Am frühen Freitagabend demonstrierten etwa 250 Personen in Hannover gegen die zahlreichen Übergriffe von hannoverschen Hooligans auf Linke in den letzten Monaten. Unter dem Motto „Jeder Angriff ist ein Angriff auf uns alle!“ zog der Protestzug durch die Nordstadt. Mit Redebeiträgen wurden Anwohner*innen und Passant*innen über die Umstände aufgeklärt.
„Mit der heutigen Demonstration ist es uns gelungen ein deutliches Zeichen gegen gezielte Angriffe auf linke Aktivist*innen zu setzen. Uns war es wichtig, öffentlich klar zu stellen, dass es sich bei den Angriffen nicht um Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans gehandelt hat, wie von vielen Medien nach dem 03. Oktober fälschlicherweise berichtet.“ sagt Thomas Müller, Sprecher des Organisationskreises der heutigen Demonstration. Und weiter: „Wir freuen uns, dass trotz der Kälte so viele Menschen gekommen sind, um unser Anliegen zu unterstützen. Die Demonstration werten wir als Erfolg.“. Einziger Wermutstropfen war laut Thomas Müller jedoch die massive Polizeipräsenz: „Die Polizei hat von Anfang an die Versammlung massiv gestört und u.a. versucht Menschen am Flyer verteilen zu hindern.“
Anlass der Demonstration waren die - in den letzten Monaten häufiger werdenden - Angriffe von hannoverschen Nachwuchs-Hooligans der Gruppierung VH-13 und deren Freunden, die mitunter in Kleingruppen gezielte Hetzjagden auf vermeintlich linke Aktivist*innen in der Nordstadt und im gesamten Stadtgebiet veranstalteten. Höhepunkt dieses akuten Bedrohungsszenarios waren zwei Angriffe am 03. und 04. Oktober, bei denen jeweils eine Person schwer verletzt wurde.
Mit Ansagen wie „Die Nordstadt ist jetzt nicht mehr Politik, die Nordstadt ist jetzt Fußball!“ und „Wir kriegen Euch alle, ihr Antifafotzen!“ versuchten die Hools, die teilweise selbst in der Nordstadt wohnen, das Territorium für sich zu markieren. Diesem Anspruch haben die Teilnehmer*innen heute eine klare Absage erteilt: „Die Nordstadt bleibt politisch. Wir lassen uns nicht einschüchtern! [...]“, hieß es dazu in einem der Redebeiträge in der Nähe des Wohnhauses von einem der führenden Köpfe von VH-13.
Eine erste Übersicht über die Berichterstattung in den lokalen Medien:
Leinehertz1 (28.11.):
Leinehertz 2 (28.11.):
Audiobeitrag (Link folgt)
HAZ 1 (27.11.):
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Nordstadt-Linke-rufe...
HAZ 2 (28.11.):
http://www.haz.de/Hannover/Aus-den-Stadtteilen/Nord/Heute-Abend-Demonstr...
HAZ 3
(28.11.):
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Linksautonome-Demo-gegen-Hooligan-Gewalt-in-der-Nordstadt-verlief-friedlich
HAZ-Fotostrecke (28.11.):
http://www.haz.de/Hannover/Fotostrecken-Hannover/Linke-demonstrieren-in-...
NP (28.11.):
http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Hannover-Antifa-Demo-verlaeuft-friedlich
NP-Bildergalerie (28.11.):
http://www.neuepresse.de/Hannover/Bildergalerien/Antifa-Demo-in-Hannover
Schaumburger Nachrichten (27.11.):
*kopfschütteln*
Manch Linke scheinen an Realitätsverlust zu leiden...
Die Vorgeschichte ist und bleibt stumpfe Fußballrivalität - wer sich Ultra/Hool nennt, aber dann zu Rivalverein(en) wechselt und sich wundert, dass das bei unpolitischen Hools auf Unverständnis stößt, hat sich wohl nicht genügend mit der Fanszene auseinandergesetzt. Wenn die betroffenen Personen dann fernab des Fußballs politisch aktiv sind, heißt das nicht, dass jeder Angriff auf diese zwangsläufig politischen Hintergrund hat. Ihr vermischt hier eure eigene (Wunsch-)Vorstellung von einem Ultra/Hool (politisch aktiv) mit dem Kontext (Fußballfeindschaften fernab jeglichen Politikverständnisses).
An all diesen Punkten kann man dann Kritik ansetzen und versuchen diese Konflikte aufzuarbeiten, aber dann bitte auch selbstreflexiv. Auch ihr habt diesen Konflikt zu diesem großen Problem gemacht und seid somit Teil des Ganzen. Verfälschte Darstellungen als auch eigene Aktionen (Kampfansagen als auch Attacken auf Einzelpersonen) gegen vermeintliche Hools oder auch Personen die dieser Gruppe nahestehen helfen nicht weiter.
Nichtsdestotrotz mein Beileid an alle Opfer dieses dummen und vermeidbaren Konflikts.
.
schon klar
Zustimmung
Ich stimme da zu. Man sollte so ehrlich sein und sich eingestehen, dass sich dort in persönlichen Animositäten verstrickt wurde, die es nun nachträglich zu legitimieren gilt. Insbesondere schade für die Menschen, die wirklich politisch aktiv sind und sich mit Problemen in unserer Gesellschaft auseinandersetzen. In diesem Fall wurde die Solidarität missbraucht um die gescheiterten Gewaltphantasien und Machtansprüche gerade zu rücken.
Anstatt dies im Vorfeld kritisch zu hinterfragen wurde der Konflikt zurechtgebogen, sodass er in den ideologischen Überbau passt. Hier müssten sich die Strukturen mal hinterfragen, ob man sich wirklich zum willfährig Vollstreckenden von gescheitertn Existenzen machen will. Etwas weniger Dogmatismus täte hier gut.
...
Zum ersten Kommentar:
Woher hast du denn die Info, dass Personen den Verein gewechselt haben? Ich denke mal, dass dies bewusst innerhalb der Fußballfanszene verbeitet wird, um sich selbst und die ganzen Angriffe zu legitimieren. Fakt ist nunmal, dass es Städte gibt, in denen antifaschistische Fans einer ganz reellen Bedrohung von Nazis/Hooligans ausgesetzt sind. Wenn nun politische Strukturen denken, dass es Sinn macht, diese Fans zu unterstützen (unabhängig davon, aus welcher Stadt sie kommen), dann heißt das noch lange nicht, dass sie automatisch Fan von diesem Verein sind.
Mal ein anderes Beispiel: vor zwei-drei Jahren fand in Berlin eine Fandemonstration statt, auf der viele nennenswerten Ultragruppen vertreten waren, inkl. Bremer_innen, Braunschweiger_innen und Leuten aus Hannover. Niemand würde im Nachhinein auf die Idee kommen zu behaupten, dass die hannoversche Fanszene mit „Bremen und Braunschweig abhängt“. Warum funktioniert dies nicht auch bei einem Zusammenschluss von Antifaschist_innen? Vielleicht liegt es ja an der Thematik...
Die Betroffenen (mittlerweile eigentlich alle Leute, die irgendwie „nach Antifa“ aussehen), handeln schon politisch, indem sie antifaschistische Fans aus anderen Städten unterstützen. Und wenn diese für ihre Solidarität angegriffen werden, dann ist dies ein politischer Angriff. Fertig.
Zum Schluss wäre es super, wenn du mir noch erklären könntest, inwiefern die antifaschistische Szene den Konflikt zu einem Problem gemacht hat. Das ist ne super Täter-Opfer-Umkehr, die du da betreibst. Was wäre denn deiner Meinung nach die Lösung? Antifaschistische Praxis einstellen und sich regelmäßig verprügeln lassen?
Zum zweiten Kommentar:
Ich habe eher den Eindruck, dass sich gewisse Leute aus der Fußballszene den Konflikt so zurechtrücken, dass sie unter dem Deckmantel des Unpolitischen endlich mal Leute angreifen können, die sie der antifaschistischen Szene zurechnen. Oder wieso werden Menschen zusammengeschlagen und dabei als „Antifa-F****“ beleidigt, wenn es den Täter_innen dabei doch nur darum geht, Leute von anderen Vereinen zu erwischen?
...
Fakt ist: es sind aktive Antifaschist_innen die auch vorher als hannoversche Ultras aktiv waren zu Rivalvereinen (Bremen + Braunschweig) gewechselt. Vermutlich wegen fehlender Politisierung in der hannoverschen Ultraszene und dem Wunsch Politik aber mehr in Stadion zu tragen.
Die Vorgeschichte zu dem jetzt herrschenden Konflikt - das Antifaschist_innen vermeintliche rechte Ultras und Hools attackieren, als auch wie in deinem und dem Ursprungsbeitrag beschrieben andersrum, Ultras/Hools vermeintliche Antifaschist_innen angreifen - ist jedoch eine andere...
Es gab Attacken ja - diese waren aber wie schon gesagt Angriffe auf "Verräter". Diese dumme Logik aus der Fußballszene kann man ablehnen und verurteilen, sie aber zu verleugnen ist Schwachsinn. Dementsprechend sollte man sich mit der Realität auseinandersetzen und nicht im nachhinein Gegebenheiten umdeuten, nur damit es besser ins eigene Schema passt. Fußballszenen spielen nunmal nach ihren eigenen Regeln - da sollten sich vielleicht einige aktive Antifaschist_innen genau überlegen ob sie sich als Ultra oder Hool betiteln wollen, wenn sie sich dann doch nicht an diese Regeln halten wollen/können/sollten (?!). Denn gerade diese Szenen fordern Loyalität. Wie gesagt sind das zwar alles Punkte die man kritisieren kann, aber sie sind auch durchaus absehbar wenn man sich mit der Thematik beschäftigt.
Täter-Opfer-Umkehr? Nein die betreibe ich nicht. Ich habe jedoch ein starkes Problem damit diesen Konflikt in einen Kampf zwischen Antifaschist_innen und Rechten umzudeuten, wenn der Ursprung ein anderer ist. Status Quo ist ein "Krieg" zwischen "der Antifa" und gewissen Hoolstrukturen vorhanden. Dies ist jedoch aber auch kein Angriff von Rechten gegen Linke, sondern von stumpfen Fußballfanatikern gegen eine jetzt solidarisierte Antifa. Ist eine logische Konsequenz, dass sich dank betriebener Frontenverhärtung auch Lager bilden.
Vielleicht sollte man doch lieber nochmal versuchen einen Dialog stattfinden zu lassen - nicht um sich am Ende in die Arme zu nehmen, aber einfach um einen Status zu erreichen, der ein Nebeneinander zulässt. Glaube kaum, dass ein dauerhaft stattfindener Kampf für die Gegenwart und Zukunft ein tragbares Konzept für auch nur eine der beiden Seiten ist.