Lüneburg: Kundgebung für sexuelle Vielfalt und gegen Homophobie, Sexismus und die AfD

Kundgebung für sexuelle Vielfalt

Am 29. September 2014 will die "Junge Alternative" (JA), die Jugendorganisation der rechtspopulistischen und sozialchauvinistischen "Alternative für Deutschland (AfD), eine Veranstaltung unter dem Motto "Keine Indoktrinierung an Niedersachsens Schulen! Bildungsplan der sexuellen Vielfalt stoppen!" in Lüneburg durchführen.

 

Die JA will sich damit gegen Pläne der niedersächsischen Landesregierung positionieren, nach denen die Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten im Schulunterricht thematisiert werden soll.

 

Zur Veranstaltung wurden neben dem Landesvorsitzenden der JA Niedersachsen, Sören Hauptstein, auch Anette Schultner und Eckhard Kuhla eingeladen. Anette Schultner ist nicht nur Beisitzerin im Landesvorstand der AfD Niedersachsen ist, sondern auch der sog. "Patriotischen Plattform" angehörig, dem extrem rechten Flügel in der AfD. Eckhard Kuhla tritt immer wieder mit reaktionären, homophoben, und antifeministischen Positionen in Erscheinung.

 

Aufstand der Spießer


Die JA trat im letzten Jahr mit Parolen wie "Verstand statt Ideologie" oder "Gleichberechtigung statt Gleichmacherei" auf. Ihre sexistische Kampagne "Ich bin keine Feministin" sorgte für mediale Schlagzeilen und machte deutlich, dass die JA ein zutiefst reaktionärer Verband ist. Sowohl die AfD-Jugend, als auch ihre Mutterpartei vertreten eine antifeministische und teils sogar maskulistische Ideologie, die sich durch alle Ebenen zieht. Das Frauenbild der AfD ist - so emanzipiert sie sich auch selbst beschreiben - ein verstaubtes und erzkonservatives, das schon lange überwunden sein sollte.

 

Die Miniformation der JA in Lüneburg, um Stephan Bothe aus Melbeck, präsentierte ihren reaktionären Charakter im Juli 2014 auf einer Veranstaltung mit Vertretern der russischen Botschaft. Offen zeigten sie so ihre Sympathie mit dem heutigen Russland unter Putin, wo Nationalismus, Homophobie und obrigkeitsstaatliches Denken zur offiziellen Politik gehören. Die dortigen antidemokratischen Verhältnisse und die Macht der Oligarchen sind offensichtlich Vorbild für Stephan Bothe und seine "Junge Alternative".

 

Nun präsentieren sie sich und ihr rückwärtsgewandtes Weltbild erneut auf einer Veranstaltung, bei der der Ekelfaktor wieder extrem hoch sein wird. Mit dem Thema der Veranstaltung will die JA an eine rechte Allianz anknüpfen, die von christlich fundamentalistischen Personen und Organisationen; antimuslimischen Rassisten um den Internetblog PI-News, diversen neurechten Aktivisten und Gruppierungen; Wertkonservativen, der AfD, bis hin zu offenen Faschisten reicht und massiv in Baden-Württemberg auftritt. Dieser Allianz ist die ohnehin schon weit voran geschrittene heteronormative Ausrichtung der hiesigen Gesellschaft noch nicht genug. Ziel ist es, sich als "Bürgerbewegung" zu etablieren und so politischen Druck aufzubauen, um einen Rollback weiter voranzutreiben. 


Befreiung von diskriminierenden Mustern durch den Einzug sexueller Vielfalt im Bildungsplan


Sexualerziehung ist ein wichtiger Bestandteil von Bildung. Sexuelle Selbstbestimmung setzt voraus, dass Menschen befähigt werden, positiv, respektvoll und verantwortungsvoll mit der eigenen Sexualität umzugehen, und dies beinhaltet, ein Bewusstsein zu entwickeln über die eigenen Bedürfnisse und Rechte. Es bedeutet auch, Sexualerziehung mit einer Gender Perspektive zu versehen, um einen kritischen Blick auf Geschlechterstereotype zu entwickeln und über die ganz persönlichen Beschränkungen, die damit verbunden sind. Es bedeutet weiterhin, keine Vorurteile und Stereotype zu verbreiten, die der Rechtfertigung von Diskriminierung und Gewalt gegenüber irgendeiner anderen Gruppe dienen, sondern eine Diversity Perspektive einzunehmen, die unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Geschlechteridentitäten umfasst. 


Befreiung ist für die AfD verwirrend


Die AfD fordert "Kein Bildungsplan sexuelle Vielfalt in Niedersachsen". Am 29. September 2014 soll Eckhard Kuhla als Referent diese Forderung inhaltlich füllen. Eckhard Kuhla tritt unter anderem als Autor antifeministischer Werke in Erscheinung und ist mit Gerhard Amend ("Schließt die Frauenhäuser") eins der Gründungsmitglieder von Agens e. V.. Agens e. V. propagiert in seinen Texten sehr deutlich seine Meinung des Ziels von Gender Pädagogik: "Eine grundsätzliche Verunsicherung der Identitätsfindung bei den Kindern, die Vielfalt sexueller Identitäten soll Normalität werden und damit auch die Homosexualität, dass wiederum bedeutet: Die Zerstörung der klassischen Familie mit Mann, Frau, Kind(er)."

 

Somit ist es kaum verwunderlich, dass sich Mitglieder von Agens e. V. - allen voran Eckhard Kuhla - an der Stuttgarter "Demo für Alle" mit Redebeiträgen beteiligten und als Bündnispartner der Demo fungierten, fühlten sie sich dort ja in guter Gesellschaft unter dem Motto "Ehe und Familie vor - Stoppt Gender Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder". In der Stuttgarter "Demo für Alle" fanden sich unter anderem stets Anhänger evangelischer Freikirchen, konservative Katholiken; begleitet von Funktionären und Mitgliedern der AfD. Das Bündnis der "Demo für Alle" bezieht sich in seiner Entstehungsidee auf die französische "Manif pour tous" Sammelbewegung, die u.a. gegen die Option einer gleichgeschlechtlichen Eheschließung homosexueller Paare sowie deren Möglichkeit zur Adoption von Kindern demonstrierte. Das durch die u.a. steigende TeilnehmerInnenzahl der Demos entstandene politisch angespannte Klima der Angst und Gewalt gipfelte am 05.06.2013 in dem Mord an dem Antifaschisten Clément Méric durch Neonazis. Die "Manif pour tous" sind weitergegangen, haben sich weiter geöffnet und mündeten in den Demos "Tage des Zorns", die ein offen rechtes und neofaschistisches Publikum ansprechen und um sich sammeln.

 

Die aktuelle Gemeinsamkeit dieser Sammelbewegungen sind die Wahrung eines traditionellen Bildes der Familie. Die "normale" Familie besteht demnach aus Vater, Mutter, Kind(er). Das "normal" bezieht sich auf Heterosexuell. Wer diesem Bild nicht entspricht soll zwar weiter in der Gesellschaft existieren dürfen aber sich doch bitte nicht als normal darstellen. Diese Unterscheidung zeigt deutlich das Verständnis von Menschsein hinter ihrer Argumentation auf. Auf der einen Seite die normalen Menschen und auf der anderen Seite die Abnormalen. Die Akzeptanz sexueller Vielfalt als Ziel eines Schulunterrichts empfinden sie als existenzielle Bedrohung ihres reaktionären Weltbildes und bezeichnen es tarnend als Verwirrung und Verunsicherung in der Entwicklung von Kindern.

 

Befreiung von rückwärtsgewandten Denkmustern ist für uns eine attraktive Zukunft


Sexuelle Vielfalt stößt in der Gesellschaft nach wie vor noch auf wenig Akzeptanz. Diskriminierung und gewalttätige Übergriffe gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen sind weiterhin trauriger und erschreckender Alltag. Wir wollen die konstruierten sozialen Hierarchien auflösen und das überwiegend bestehende heteronormative Umfeld hinterfragen. Die Irritation vorherrschender Sehgewohnheiten in Bezug auf Geschlecht, Sexualität und Lebensformen ist für uns ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung, Herrschaft und Diskriminierung.

 

Dem Sexismus und der Homophobie der reaktionären Allianz setzen wir eine gleichwertige Vielfalt entgegen, die auf die Prinzipien Chancengleichheit und Gleichberechtigung aller Menschen zielt.

 

Gemeinsam gegen rechte Allianzen, Homo- & Transphobie, Antifeminismus, Patriarchat und Heteronormativität!

Dem rückwärtsgewandten Mittelaltertreiben
den Mittelfinger zeigen!


Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen
S.C.A. [Salt City Antifas]

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