[M] rassistische Mobilisierung im Münchner Norden

christian krems

Gegen die Bewohner_innen der Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende in der ehemaligen Bayernkaserne in Freimann, einem Stadtteil im Münchner Norden, kommt es in den letzten Tagen zu massiver rassistischer Hetze.

 

Am vergangenen Dienstag versammelten sich ca. 100 Anwohner_innen in der Nähe der ehemaligen Bayernkaserne um gegen die Präsenz von Asylsuchenden zu protestieren. Die Stimmung dabei war überaus rassistisch und aggressiv, einige Teilnehmende befürworteten offen den Einsatz von Gewalt gegen die Flüchtlinge. Auch der Bayrische Rundfunk war vor Ort und drehte eine Reportage über die Freimanner Wutbürger_innen.


Im Zuge dieser Mobilisierung gegen Flüchtlinge bildeten sich auch mehrere Facebook-Gruppen in denen sich Anwohner_innen, Nazis und andere Rassist_innen vernetzen, hetzen und das weitere Vorgehen gegen die Flüchtlinge planen. In einer eigenen Facebook-Gruppe bereiten die rassistischen Aktivisten eine Demonstration vor.

Die größte der Gruppen hat mittlerweile über 1700 Mitglieder. Initiator der Proteste und der zugehörigen Facebook-Gruppe "Gegen das Asylheim München Heidemannstraße" ist Christian Krems. Krems, der auf seiner eigenen Facebookseite verkündet: "Deutsch und stolz darauf" distanziert sich pro forma von rechts, mit Nazis will man offenbar nicht in Verbindung gebracht werden. Inhaltlich besteht allerdings kaum ein Unterschied zwischen den organisierten Nazis und den diskutierenden Anwohner_innen. So schreibt ein Mitglied:

Jetzt nochmal was zum Thema Mitleid! Die kommen her verwüsten uns alles, Scherben im ganzen Park, Krankheiten ohne impfschutz! Wenn unsere Kinder krank werden, wer hat dann mit uns Mitleid? Und wir können nichts dafür was die in ihren Land mit oder durchgemacht haben! Aber müssen es ertragen was sie uns antun und dann wird noch erwartet das wir Mitleid haben? Sonst sind wir die Bösen? Hallo? Wir haben nichts mit ihrer Situation zu tun, vergisst das mal nicht! Wir müssen unsere Kinder auch schützen!" (Rechtschreibfehler im Original)

Die Kinder schützen“ ist einer der zentralen Topoi der Rassist_innen, sie seien gar nicht rassistisch, sondern hätten nur Angst vor den ganzen Krankheiten, der ganzen Gewalt und der ganzen Vermüllung die von den „Fremden“, den Asylsuchenden ausgehe. Gerade die Projektion der Krankheit auf Asylsuchende ist im Freimanner Diskurs besonders wirkmächtig, so berichten Mütter davon, keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr zu benutzen aus Angst vor Ebola und andere wissen genau über 50 Prozent der Bewohner_innen hätten TBC. Über die Zuschreibung von Krankheit vermittelt sich die Forderung nach Ausgrenzung, Ausweisung und Abschottung, die rassistische Gewalt inszeniert sich, wie so oft, als Selbstschutz.

Aber nicht nur inhaltlich, auch personell sind organisierte Nazis und Rassist_innen in der Bewegung aktiv. In Krems Facebook-Gruppe u.a. Karl-Heinz Statzberger, verurteilter Rechtsterrorist und Kader des letzte Woche verbotenen 'Freien Netz Süd', sowie deren Nachfolgeorganisation 'Der III. Weg', Pierre Pauly (ehemals 'Freies Netz Süd' und Burschenschaft Danubia), Josef Springer (Ex-FNS) oder auch der Münchner Rechtspopulist und Rassist Michael Stürzenberger, der nicht nur gegen Muslim_innen hetzt, sondern immer wieder auch gegen Asylsuchende mobil macht, z.B. gegen Flüchtlingsproteste vor dem bayrischen Sozialministerium oder den Hungerstreik am Münchner Rindermarkt im Sommer letzten Jahres. Die Nazis knüpfen an die rassistischen Diskurse der Anwohner_innen an und verschärfen diese bisweilen noch.

In einer zweiten Facebook-Gruppe "Gegen das Asylhaus in der Bayernkaserne" findet die rassistische Hetze noch offener statt. Hier liest man z.B. Aussagen wie:


tut euch zusammen,zündet die hütten an,und verhaut die ordentlich. dann ist ruhe da" (Rechtschreibfehler im Original)

oder aber in direkter Referenz auf die nationalsozialistische Vernichtungspolitik:

Meine Lösung für das Problem wäre ein Sonderzug nach Dachau!!!!!!"

Die aktuellen rassistischen Proteste gegen Asylsuchende sind nicht aus dem Nichts heraus entstanden. Einer der ideologischen Stichwortgeber ist der ehemaligen stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende und Münchner Stadtrat Karl Richter. Auf der Homepage der 'Bürgerinitiative Ausländerstopp' (BIA) veröffentlichte Richter vor wenigen Tagen einen Artikel, der schon die zentralen Argumentationsmuster und -figuren enthällt, die nun bei den rassistischen Anwohner_innen zum Vorschein kommen. Richter hetzt dort gegen die Bewohner_innen der ehemaligen Bayernkaseren und behauptet, von ihnen gingen eine Gefahr der Übertragung von Ebola aus. Die selben Argumente die nun die 'besorgten Mütter' aus Freimann vorbringen.

Für Antirassist_innen und Antifaschist_innen heißt es wachsam sein. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es im Münchner Norden zu einer breiten rassistischen Mobilisierung gegen Asylsuchende kommt, es ist nicht unwahrscheinlich, dass rassistische Anwohner_innen und Nazis in der nächsten Zeit Aktionen und Demonstrationen gegen die Bewohner_innen der ehemaligen Bayernkaserne versuchen werden. Das gilt es zu verhindern!

Solidarisiert euch mit den Asylsuchenden, kämpft für eine menschenwürdige Unterbringung und gegen Residenzpflicht und Lagerzwang!

Treten wir Nazis und Rassist_innen von Anfang an offensiv gegenüber! Gegen rassistische Hetze!

Bereitet euch darauf vor, auch kurzfristig gegen die Aktivitäten des rassistischen Mobs aktiv zu werden!

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