In Österreich fordern ein paar Dutzend WissenschaftlerInnen, LehrerInnen im Ruhestand und Privatpersonen in einem Offenen Brief an Bildungs- und Frauenministerin Heinisch-Hosek sowie Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Mitterlehner die „Rückkehr zu sprachlicher Normalität“.
Unter „sprachlicher“ Normalität verstehen sie in erster Linie das Ende der „feministisch motivierten Grundsätze“, die in der gendergerechten Sprachverwendung zum Ausdruck kämen und nach Ansicht der Erstunterzeichner – von denen einige dem rechten Verein „Muttersprache“ zuzuordnen sind – eine Verständigung nahezu unmöglich macht. Sprache diene „einzig und allein der problemlosen Verständigung und nicht der Durchsetzung partikulärer Interessen“, heißt es in dem Brief, der offensichtlich keinem anderen Zweck dient als der Durchsetzung partikulärer sprachpolitischer Interessen der Unterzeichnenden.
Die Debatte um Binnen-I & Co. ist während der vergangenen Monate in Österreich immer wieder hochgekocht. Zusammen mit einer unsäglichen Debatte darüber, ob in der vor einigen Jahren gendergerecht umgetextete Bundeshymne nicht lieber doch wieder ausschließlich die „großen Söhne“ des Landes besungen werden sollten, zeigt die aktuelle Diskussion vor allem eines: solange sich Genderfragen auf der Ebene popkulturellen Kommerzes abspielen, ists ok – sobald ernsthaft darüber diskutiert wird, ist es aber jetzt schon auch mal wieder genug mit diesem ganzen Feminismus. Und so ist es für die Mehrheit hierzulande problemlos möglich, zuerst Conchita Wurst abzufeiern und sich von aller Welt ob der ganzen „Toleranz“ auf die Schulter klopfen zu lassen – nur um wenige Wochen Schlagerdepp Andreas Gabalier zuzujubeln, der durch sein öffentliches Absingen des alten Hymnentextes zur Gallionsfigur der selbsternannten KämpferInnen wider den „Genderwahn“ geworden ist.
Die nunmehrige Diskussion ist so alt und durchsichtig wie langweilig. Die ewigen Argumente der „Unlesbarkeit“ werden hervorgekramt und darauf aufmerksam gemacht, dass das ja im Duden alles ganz anders drinsteht. Politisch korrekt machen die VerfasserInnen des „offenen Briefes“ auch auf lernende Kinder, DaF-LernerInnen und „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ aufmerksam, denen „sprachlich zerstörte Texte“ nicht zuzumuten seien. In dem Versuch, nicht allzu reaktionär zu wirken, haben die Brief-SchreiberInnen jedoch an ein paar Stellen etwas über das Ziel hinaus geschossen. So heißt es etwa: „Sprache war und ist immer ein Bereich, der sich basisdemokratisch weiterentwickelt.“ Und wo „immer im Laufe der Geschichte versucht wurde, in diesen Prozess regulierend einzugreifen, hatten wir es mit diktatorischen Regimen zu tun.“ Deshalb wollen die UnterzeicherInnen wohl „regulierend“ eingreifen, damit sich die Sprache nicht allzu „basisdemokratisch“ weiterentwickelt. Und dabei faseln die AutorInnen was von „entstellten Formulierungen“ und „sprachlichen Zwangsmaßnahmen“, als ob es fürs Nicht-gendern in der Deutsch-Hausaufgabe mittlerweile In-der-Ecke-Stehen setzen würde.
Und zur totalen Entblödung treten dann noch Brief-Unterzeichner (sic!) im Fernsehen auf und erklären, dass frauenpolitischen Anliegen mit dem Binnen-I nicht gedient sei und bestehende gesellschaftliche Ungerechtigkeiten durch Sprache nicht beseitigt würden. Das ist logisch: wenns woanders auch nicht geklappt hat mit dem Feminismus, dann müssma doch net auch noch unsere schöne Sprache vergendern.
Aber wenn schon Sommerloch ist, und wenn schon alle Medien jeden Unsinn dankbar aufgreifen, und wenn schon mal die österreichische Volksseele wegen der verunstalteten Hymne ganz zerknirscht ist, dann kann man schon mal eine Nicht-Debatte weitertreiben. Denn ein „minimaler Prozentsatz kämpferischer Sprachfeministinnen darf nicht länger der nahezu 90-prozentigen Mehrheit der Staatsbürger ihren Willen aufzwingen“, heißt es in dem von einem minimalen Prozentsatz kämpferischer SprachaktivistInnen unterzeichneten Schreiben.
von Karl Schmal / lowerclassmagazine ( blog / facebook / twitter )
Regulierung?
Nein sie wollen die Vorgaben von staatlichen oder Universitären Stellen zurücknehmen lassen, denn
kein Mensch schreibt oder spricht privat so. Kinder lernen es in der Schule nicht. Also was soll der Quark? Eine Gendergerechte Sprache sollte man intelligent auf eine Weise entwickeln die sich natürlich in den Sprachgebrauch einfügt und nicht einen Quark wie das Binnen I erzeugt.
Regulierung statt unausgesprochener Regulierung
Hast du eine Ahnung. Auf jeden Fall sprechen viele Personen so, dass kein Mensch außenvorgelassen ist. Das ist auch nicht mal schwer, bedarf etwas Übung und dann fällt es nicht auf. Und damit in der Schule zu beginnen, wäre genau der richtige Ansatz! Bei der Rechtschreibreform wurden auch nicht alle Erziehungsberechtigeten erneut in die Schule geholt...
These: Wer sich mit diesen Herren aufregt, ist entweder männlich* sozialisiert oder in einer männlich* sozialisierten Umgebung erfolgreich.
Klar, STAATLICHE Regulierung ist super für Emanzipative Sprache
Vielleicht fragst du dich ja einfach mal WARUM Kinder es nicht in der Schule lernen?
Denn...siehe da, der Lehrplan wird von denen Gestaltet die die Macht haben und großteilig hierarchischen, patriachalischen Strukturen anhängen.
guter Text
schön geschriebener Text, danke dafür. passend zu den Kommentaren hier: http://taz.de/Kolumne-Luft-und-Liebe/!142574/
meine meinung
"Die ewigen Argumente der „Unlesbarkeit“ werden hervorgekramt..."
-schon einmal daran gedacht, dass es vielleicht wirklich Menschen gibt, die mit dem Gendern erhebliche Probleme haben? Manche Texte sind wirklich schwierig zu lesen und manchmal gebe ich es auch auf und lese manche Texte gar nicht weiter.
"DaF-LernerInnen"
-Wofür steht diese Abkürzung??
" 'sprachlichen Zwangsmaßnahmen' "
-kommt mir in der "linken" Szene mittlwerweile wirklich so vor. Da wird mensch gleich als Sexist oder Macho diffamiert wenn mensch nicht gendert.
"...dass frauenpolitischen Anliegen mit dem Binnen-I nicht gedient sei und bestehende gesellschaftliche Ungerechtigkeiten durch Sprache nicht beseitigt würden."
-das stimmt allerdings. Manche meinen Sprache würde gesellschaftliche Zusammenhänge ändern. Ich denke eher es ist umgekehrt.
aus einem Kommentar: "Auf jeden Fall sprechen viele Personen so, dass kein Mensch außenvorgelassen ist. Das ist auch nicht mal schwer, bedarf etwas Übung und dann fällt es nicht auf."
-Doch das ist schwierig. Wenn man sein ganzes Leben lang anders geredet hat, dann kann das schon vielen Menschen schwierig fallen. Außerdem fällt es sehr auf. Es gibt da ja nur zwei Varianten: Entweder ich spreche das ganze fließend aus und dann wird halt alles weiblich gemacht. Keine Ahnung was das mit Inklusion zu tun hat wenn auf einmal alles weiblich statt männlich ist (ist beides scheiße). Oder ich baue eine Pause vor dem Binnen I ein und dann hört sich so an als ob ich stotter. Beide Varianten finde ich schrecklich.
Versteht mich bitte nicht falsch. Die deutsche Sprache ist sexistisch. Das kann niemand leugnen, aber euer Binnen I oder Sonderzeichen wie * und _ (wie soll mensch das aussprechen??) verändern nichts zum Guten hin.
Man kann alles so und so sehen:
Sehen wir es mal so: Studenten ist die allgemeine From für eine Gruppe von Menschen die studieren. Wenn diese Gruppe rein weiblich ist kann man Studentinnen sagen, ist diese Gruppe rein männlich gibt es keine so exklusive Form in der Sprache. Seht's doch mal positiv.
PS: In der DDR war man in Sachen Gleichberechtigung schon viel weiter. Dort gab es den umgekehrten Trend, dass eine Frau auf auf die Frage nach ihrem Beruf z.B. geagt hat: "Ich bin Mechaniker" Ist auch sprachwissenschaftlich sinnvoller, da man Sprachen kaum erfolgreich verkomplizieren kann, sondern nur vereinfachen. So sind im Englischen alle Endungen weggefallen, in den romanischen Sprachen die Fälle und das Deutsche wurde in den letzten Jahrhunderten auch einfacher, Z.B. Wegfall des langen s, einfachere Formulierungen, Vereinfachung der Anrede, aktuell ein Wegfall des Genitivs, usw.