SPD Dortmund zum Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zum Naziüberfall auf das Rathaus am 25. Mai

Erstveröffentlicht: 
26.06.2014

Der SPD-Unterbezirksvorstand Dortmund hat mit Befremden, Irritation und großem Unverständnis den Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales (MIK) zum Naziüberfall auf das Rathaus am 25. Mai zur Kenntnis genommen. Die Mitglieder des Vorstandes, die zum großen Teil am Wahlabend anwesend waren, widersprechen sowohl der Grundtendenz des Berichts als auch einzelnen Aussagen.

 

Aus Sicht des Unterbezirksvorstands stellen sich folgende Fragen:

• Wie kann es sein, dass der Staatsschutz seine Einschätzung auf die Aussage des Neonazis Michael Brück stützt und dessen Aussagen als glaubwürdig einstuft? Wird Herr Brück als V-Person geführt? Wenn ja, wird darüber nachgedacht, diese Quelle wegen mangelnder Verlässlichkeit abzuschalten?

• Auf Seite 3 wird festgestellt, dass das Posting "Mit einem Schlag ins Rathaus", das um 21.16 Uhr bei Twitter gepostet wurde, zu diesem Zeitpunkt nicht als entsprechende Ankündigung bewertet wurde. Wie wird dieses Posting zum jetzigen Zeitpunkt bewertet?

• Ist bekannt, dass die sog. Wahlbeobachter der Partei "Die Rechte", die in einzelnen Wahllokalen den Auszählungen beiwohnten, um 21:00 Uhr alle auf ihre Handys schauten und die Wahllokale verließen?

• Um 21:00 Uhr wurde laut Bericht in Dortmund Dorstfeld in einer Straße, die von einer "Vielzahl von Angehörigen der rechten Szene" (Seite 4) bewohnt wird, festgestellt, dass sich "dort mehrere Personen zu einer kleinen Feier aufhielten". Vor dem Haus wurde eine "namentlich bekannte Person des rechten Spektrums" von den Beamten angetroffen. Warum wurde diese Veranstaltung nicht weiter von Polizeibeamten beobachtet?

• Auf Seite 4 wird festgestellt, dass sich vor dem Weggang der Beamten im Rathaus, die Wahlparty dem Ende zu neigte. Ist bekannt, dass sich ein Großteil der Gäste der Wahlparty seit ca. 21.30 Uhr nicht mehr in der ersten Etage, sondern im Cafe des Rathauses im Erdgeschoss aufhielt?

• Warum verließ der Staatsschutz um 22.05 Uhr das Rathaus, obwohl die Nazis sich laut uns vorliegender Zeugenaussagen bereits gegen 21.15 Uhr lautstark auf den Weg in Richtung Innenstadt begaben? Warum wurde dies nicht durch Polizei und Staatsschutz bemerkt? An welchen "relevanten Örtlichkeiten" wurde nach 22.05 Uhr Aufklärung betrieben (Seite 4)?

• Wie ist die Aussage zu verstehen, dass der Dienstgruppenleiter (DGL) das Rufen volksverhetzender Parolen nicht "durch die gesamte Gruppe" wahrgenommen habe (Seite 7)? Heißt das, dass er dies durch einzelne Mitglieder wahrgenommen hat? Welche Bedeutung hat dies für die seine Einschätzung des Vorfalls? Sofern der DGL nichts gehört hat: haben andere Beamte etwas gehört?

• Wodurch wird die Aussage belegt, dass Mitglieder der "bürgerlich/linken Gruppierung" die Nazis "mit Schlägen und Tritten" traktiert hätten (Seite 8)? Diese Aussage widerspricht sowohl der Wahrnehmung der Anwesenden SPD-Mitglieder, als auch dem zugänglichen Video- und Bildmaterial.

• Wieso findet sich in dem Bericht kein Wort über die körperlichen Übergriffe der Nazis, welche auf mehreren Videos dokumentiert sind? Ist das öffentlich zugängliche Videomaterial bereits ausgewertet worden?

• Inwiefern wurde durch "untereinander Streiten" seitens der angeblich "deutlich alkoholisierten Politiker" (Seite 8) die Arbeit der Polizei behindert?

• Woran macht sich die Einschätzung über den Alkoholisierungsgrad "der Politiker" fest, während in dem Bericht derartige Einschätzungen über den Gemütszustand der Nazis fehlen?

Der Unterbezirk Dortmund ist sehr verwundert, dass das MIK als Oberste Landesbehörde offenbar völlig unreflektiert Stellungnahmen nachgeordneter Behörden übernimmt. Wir sehen es als originäre Aufgabe des Ministeriums als Aufsichtsbehörde, die Ausführungen des Polizeipräsidiums Dortmund zu prüfen und in seinen politischen Auswirkungen zu bewerten. Letzteres kann das Polizeipräsidium in eigener Zuständigkeit nur eingeschränkt leisten.

Der SPD-Unterbezirksvorstand wird Innenminister Ralf Jäger einladen, um ihm die Möglichkeit zu geben, diese Fragen zu erörtern.

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