[Ukr] Neue Nationalgarde wird Neonazis integrieren

Neonazis in der Ukraine als Sicherheitskräfte - bald Normalität?

Eine Nachricht, die im momentanen Spektakel der imperialen Auseinandersetzungen um die Krim etwas zu kurz kommt, und doch die Aufmerksamkeit der antifaschistischen Öffentlichkeit benötigt: Die aktuellen ukrainischen Machthaber haben die Bildung einer 60.000 Personen starken Nationalgarde beschlossen. Diese soll vornehmlich aus den paramilitärischen, zum einem großen Teil neonazistisch motivierten sogenannten „Selbstverteidigungskräften“ des Maidan bestehen. Dies bedeutet für Europa nach 1945 eine beispiellose Bewaffnung und Finanzierung rechtradikaler Paramilitärs.

 

Bereits Ende Januar, also vor der endgültigen Eskalation der Proteste gegen die Regierung Janukowitsch, hatten linke ukrainische Aktivisten eine pessimistische Vorstellung über die Konsequenzen der Revolution.


„Es ist offensichtlich, dass die extreme Rechte auf lange Sicht durch die Proteste enorm profitieren wird, egal wer gewinnt. Im Falle des Sieges der Opposition, werden sie mit Sicherheit selbst Kontrolle über die Polizeikräfte, Sonderdienste, etc. bekommen. Wenn Yanukovych gewinnt, bedeutet dies, dass die Hälfte des Landes fester Anhänger der extremen Rechten werden wird,  da diese angeblich der einzige patriotische und radikale Kraft darstellte, die in der Lage ist, sich dem Diktator entgegenzustellen“.[1]


Bekanntlich siegte die Opposition, und es wurde deutlich, wie richtig der Aktivist der ukrainischen „Autonomous Workers Union“ mit seiner Analyse lag. Das Macht-Vakuum, das sich in Kiew nach der Flucht der alten Machthaber ergeben hat, wurde schnell durch die Aktivisten der sogenannten „Selbstverteidigung des Maidan“ ausgefüllt, die unmittelbar Polizeiaufgaben in ganz Kiew übernahmen.

Die Selbstverteidigung des Maidan bestand verschiedenen Quellen zufolge etwa zur Hälfte aus Hundertschaften, die aus dem Umfeld der „Vaterlandspartei“ gebildet wurden, und zur Hälfe aus Hundertschaften, die durch die rechtradikalen Swoboda, den Rechten Sektor, und anderen rechtsradikaler Gruppen gebildet wurden.

Das Bindeglied dieser Koalition bildete Andrij Parubij als sogenannter „Kommandant“ des Maidan. Er war Gründungsmitglied der Swoboda, die damals noch Sozial-Nationalen Partei der Ukraine hieß. Später wechselte er mehrfach die Parteizugehörigkeit, und landete schließlich 2012 auf einem Listenplatz der Vaterlandspartei. Ein perfekter Vermittler zwischen rechtsradikalen und rechts-liberalen Kräften also. In enger Zusammenarbeit mit Dmitrij Jarosch, dem Anführer des „Rechten Sektors“ organisierte er den bewaffneten Kampf auf dem Maidan.

Als Dimitrij Jarosch nach dem vermeintlichen Kompromiss zwischen Regierung und Opposition, der Neuwahlen im Dezember 2014 vorsah, zum bewaffneten Sturm auf das Parlament aufrief, und der jubelnde Maidan im Gefolgschaft sicherte, stellte sich Kommandant Parubij ihm nicht entgegen. Was folgte ist bekannt: Yanukovych floh, die Staatsmacht brach zusammen, und die Opposition ergriff verfassungswidrig die Macht – der Beginn der verfahrenen Situation und ihrer internationalen Konfliktdimension.

 

Die zentrale Rolle der rechtsextremen Führungspersonen nach der Machtübernahme der Opposition spiegelt ihre „Verdienste“ im militanten Kampf wieder. Neben Ministerposten aber bevorzugten sie, wie von linken Aktivisten vorhergesehen, zentrale Positionen im Sicherheitssektor zu besetzen. Die Ergebnisse waren die folgenden:


 

  • Andrij Parubij, ehemals Swoboda und heute Vaterlandspartei, wurde Sekretär des mächtigen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine. Dieser koordiniert die innere und äußere Sicherheitspolitik des Landes, inklusive Militär, Polizei und Geheimdiensten.
  •  Dimitrij Jarosch, Anführer des Rechten Sektors, ist stellvertretender Minister für Nationale Sicherheit und damit ebenfalls an der Kontrolle der ukrainischen Sicherheitskräfte beteiligt.
  • Oleh Makhnitskyi, Anführer des juristischen Apparats innerhalb der Swoboda, ist Generalstaatsanwalt
  • Daneben stellt die Swoboda einen Vize-Premierminister (Oleksandr Sych), den Umweltminister (Andriy Mokhnyk) sowie den Landwirtschaftsminister (Ihor Shvaika).

 

Auch wenn Dimitrij Jarosch Aussage, „Wir sind keine Politiker. Wir sind Soldaten der Revolution“[2] durch die jüngsten Ankündigungen, an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen, relativiert wird, ergibt sich doch ein klares Bild der politischen Strategie der radikalen Rechten. Die Besetzung der bzw. die Kontrolle der staatlichen Sicherheitsorgane kann dabei die effektive Minderheit der radikalen Rechten überwinden helfen.


Auch auf dem Maidan errangen die Rechten durch ihre Militanz zunächst die Unterstützung der nicht-Rechten Demonstranten, und damit die Legitimation als Ordnungsmacht aufzutreten. Anschließend nutzen sie ihre Ordnungsmacht, um eine faktische Meinungshoheit auf dem Maidan zu erreichen. Vermummte Rechte konnten auf dem Maidan jeder Zeit Personen wegen „falscher“ Äußerungen „festnehmen“, ohne dass selbst kritische Umstehende es wagten, einzuschreiten.[3] Wer es wagte, linke Positionen offen zu vertreten wurde mit Gewalt vertrieben.[4] 

 

Es ist dabei aus antifaschistischer Perspektive unwesentlich, das radikale Rechte auf dem Maidan eine zahlenmäßige Minderheit darstellen, wie immer wieder beteuert wird. Sie haben es durch Militanz gegen Polizisten und Gewalt gegen Andersdenkende dennoch geschafft, eine faktische rechte Hegemonie zu erlangen.


Ähnliches ist nun auf staatlicher Ebene zu befürchten. Der große Einfluss auf den Sicherheitssektor, sowohl Anklage wie auch ausführende Organe, also die Übernahme der faktischen Repressionsfunktionen in weiten Teilen des Landes wird den Einfluss der radikalen Rechten in ähnlicher Weise stärken: Zunächst durch die Schaffung von Akzeptanz als Ordnungsmacht, und anschließend in der gewaltsamen Bekämpfung Andersdenkender.


Die landesweite Zerstörung kommunistischer Parteibüros (mindestens zu gleichen Teilen durch ideologischen Antikommunismus wie Ablehnung der konkreten Regierungsarbeit der KPbestimmt) und Drohungen gegen jüdische Einrichtungen sind dabei nur erste Beispiele, wie dies aussehen könnten. Die geplante sogenannte Lustration, also die Säuberung aller Verwaltungsebenen von „verbrecherischen“ Mitgliedern der „Partei der Regionen“ und der „Kommunistischen Partei“, das geforderte Verbot beider Parteien, sowie die hartnäckigen Gerüchte über Todeslisten[5] lassen nichts Gutes erahnen, Blicke in die Bildergalerie der "Rechten Sektors" auf Vkontake bestätigen dies (siehe http://vk.com/album-62043361_00).


Die angekündigte Bildung einer eigenen Nationalgarde stellt jedoch eine neue Stufe der rechtsradikalen Bedrohung dar. Im Gegensatz zu bestehenden Militär- und Polizeikräften wäre diese neue staatliche, paramilitärische Organisation ausschließlich durch solche Kräfte bestimmt, die selbst neo-nazistischen Organisationen angehören, durch diese geprägt sind, oder zumindest die Zusammenarbeit mit diesen befürworten.


Andrij Parubij kündigte an, die Nationalgarde solle sich vor allem aus Freiwilligen der so genannten Selbstverteidigungsgruppen vom Maidan zusammensetzen. Er kündigte zudem umfassende Aufgaben für die neue Organisation an: Sie solle "die Sicherheit des Staates garantieren, die Grenzen verteidigen und Terrorgruppen ausschalten".[6]


Damit ist klar, dass auch ein Einsatz in eventuellen Auseinandersetzungen mit Russland denkbar sind. Der Kampf gegen Russland ist für viele der ultranationalistischen und rechtsradikalen Maidan-Kämpfer eine Herzensangelegenheit. Feststeht, dass die umfassende, offene staatliche militärische Ausbildung, Bewaffnung und Finanzierung organsierter Neonazis und ihrer Sympathisanten in 10000er Stärke eine neo-faschistische Bedrohung historischen Ausmaßes in Europe bedeutet. Der brutale Angriff auf Antifaschisten in Malmö durch schwedische Neonazis, die gerade aus der Ukraine zurückkamen, um ihre Kameraden zu unterstützen, lässt bereits jetzt eine Gefahr auch in West-Europa erahnen.  


Im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Russland, die sowohl Form eines kriegerischen Konflikts, als auch eines bewaffneten Untergrundkampfes annehmen könnte, ist eine erlangen der Hegemonie durch Rechtsradikale in Teilen der Ukraine bei den derzeitigen Entwicklungen durchaus vorstellbar. Die Folgen wären mit Sicherheit katastrophal. Antifaschistischer Widerstand ist daher international unausweichlich. Unsere Solidarität mit den emanzipatorischen und antifaschistischen Kräften in der Ukraine ist zwingend notwendig.   

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.. die Hegemonie. Auch ohne eine Auseinandersetzung mit Russ. Streitkräften.

Aber wer soll sich dort den Nationalisten entgegenstellen wenn nicht die Russen ?

Und was meint ihr mit Int. Solidarität ? Int. Brigaden ?

Den Steigbügelhaltern vom Schlage eines Steinmeier, einer Merkel, eines Gabriel und wie sie alle heißen. Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Naja ich denke alles was zum Thema Ukraine Erscheint sollte man mit Vorsicht lesen,

es sind eine Unmenge von PropagandaTexten, Fehleinschätzungen, Vertuschungeninfos (aus welchem Grund auch immer) in Form von Interview, Videos, Bilder u.s.w.  am Start.

Das es sich in den seit Jahren anhaltenden Auseinandersetzungen ("Revolutionen" die wievielte ist das eigentlich?) in der Ukraine nur zum kleinen Teil um Emanzipatorische Bewegungen handelt dürfte wohl klar sein.

 

Meiner Einschätzung nach handelt es sich um eine Machtauseinandersetzung zwischen den westlichen Machteliten und russischen Machteliten (Ähnlich wie  in Syrien). Für beide Seiten steht dies im Vordergrund.

 

Warum europäischen Machteliten sich da so angagieren ist mir schleierhaft.

Menschenrechte, Emanzipation der Menschen? Fast lustig diesen Gedanken mit einzubringen,

nein darum geht es Westeuropa und den USA nicht . (das gleiche wie in Syrien)

Eine bessere wirtschaftliche Situation für die Menschen? Ist auch fast lustig das zu fragen.

 

Ukraine als Absatzmarkt? Lächerlich.

Ukraine als Land der billigen Arbeitskräfte? Da gibt es genug Länder auf der Welt, bei der Korruptionsquote und Naziumtrieben, nein.

 

Also bleibt die russische Sphäre einzugränzen aber wozu?

Rusland ist eine fast Diktatur , ja.

Mit China werden doch auch prima Geschäfte gemacht und China ist eine voll Diktatur.

 

"Edelmütige" Ziele kann man und sollte man der EU oder den USA nun wirklich nicht zuschreiben.

Also bleibt eigentlich nur:

Es geht um Russland und die Verkleinerung der oligarchen russischen Einflussphäre

zu gunsten der Macht und Kapitaleliten in den USA und der EU.

 

Da haben sich die Machteliten in den USA und der EU aber Verschätzt ( aus Naivität oder Dummheit keine Ahnung) der Machtkampf um die Krim (Um die es ja zu einem nicht geringen Teil ging... der Flottenstützpunkt) ist entschieden und

Russland hat ein Problem weniger nähmlich eine Wirtschaftlich marode Ukraine weiter finanziell stützen zu müssen.

Für die russischen Oligarchen läufts Prima.

 

 

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Anarchisten von Charkiv-Maidan

http://www.freie-radios.net/62512

 

Noch einige Verlinkungen zum Thema:

http://www.freie-radios.net/portal/suche.php?such=true&end_monat=12&end_...

 

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