»Kritische Theorie. Eine Erinnerung an die Zukunft« ist eine studentisch organisierte Konferenz. Sie findet am letzten Novemberwochenende 2013 an der Humboldt-Universität Berlin statt. Unser Anliegen ist es, die bisher zumeist vereinzelten Elemente einer radikalen Gesellschaftskritik in einem Diskussionsraum zusammen zu führen, in dem sich offen und kontrovers über die Bedingungen und Möglichkeiten zur Transformation der krisenhaften gesellschaftlichen Praxis und die Rolle, welche eine kritische Theorie der Gesellschaft dabei spielt, verständigt werden kann. Versucht werden soll deshalb, den universitären Rahmen bewusst zu überschreiten und eine nicht nur akademische Auseinandersetzung zu führen.
Unter anderen mit Detlev Claussen, Christine Kirchhoff, Gerhard Stapelfeldt, Joachim Bruhn, Clemens Nachtmann, Roswitha Scholz, Gerhard Scheit, Lars Quadfasel, Ilse Bindseil.
- Vorträge und Podiumsdiskussionen sind das Herz der Konferenz. Hört sie euch an. Mit anschließender Diskussion.
- Ko-Referate begleiten die Vorträge und sollen die Debatte kontroverser gestalten.
- Workshops meldet euch über Kontakt an und erhaltet die vorbereitenden Texte.
- Offene Räume sind als Orte der Diskussion gedacht. Sie stehen zur freien Nutzung bereit. Hier können eigene Thesen und Ausarbeitungen vorgestellt und Lesungen organisiert werden. Solltet ihr daran Interesse haben, meldet euch bitte über Kontakt.
Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht nötig.
Links zur Seite der Konferenz: Website | Ausführliches Programm mit Ankündigungen | Anfahrt & Übernachten
Ankündigungstext
Die spätkapitalistische Gesellschaft zeitigt Gedächtnislosigkeit. Mit dem Vergehen der Vergangenheit verschwindet das Bewusstsein von der Fortdauer des Archaischen in der Moderne. Es waren unter anderem Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin, die im bürgerlichen Zeitalter die Erfahrung der Kontinuität von Herrschaft, Mythos und Unfreiheit unter veränderten Bedingungen zum Ausdruck brachten. Die Dialektik der Aufklärung, das Potential ihres Umschlages in Barbarei, hat sich in den Verbrechen des 20. Jahrhunderts manifestiert – und doch blieb die Veränderung der Gesellschaft im Ganzen aus. Die Resistenz gegen diese Erfahrung lässt sich im Bewusstsein allein nicht korrigieren. Dieser Mangel könnte durch die Kritik seiner gesellschaftlichen Genese erfahrbar gemacht werden und den blinden Fleck des Subjekts zum bewussten Gegensatz, der Erkenntnis der eigenen gesellschaftlichen Bedingungen, verwandeln. Die Psychoanalyse ist zu solcher Reflexion unverzichtbar.
Im Schwinden der materiellen Basis der Subjekte und der sich
ausweitenden Unmöglichkeit ihrer Selbsterhaltung, sowie der Tendenz des
Kapitals, die eigenen Voraussetzungen, die Quellen des Reichtums, die
lebendige Arbeit wie den Naturstoff, zu vernichten, flüchten sich die
Individuen zum Staat, zum Souverän. Im Bestreben nach grundlegender
Existenzsicherung geht die Verwaltung des Körpers bis zu seiner Opferung
an den Nationalstaat über. Selbsterhaltung in ihren
instrumentell-rationalen Formen gleicht sich dem puren Wahnsinn an, weil
die Formen, in denen sie sich zu realisieren versucht, selbst
erodieren.
Auf dem Weltmarkt werden Frauen, Lesben und Transgender weiterhin
doppelt ausgebeutet und stellen einen großen Teil der »working poor«.
Unter den Bedingungen postkolonialer Staatlichkeit sind Individuen im
Globalen Süden davon verstärkt betroffen. Statt aber zur allgemeinen
Emanzipation von Staat und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen
beigetragen zu haben, wurden feministische Bewegungen in die bestehende
Ordnung integriert.
Die Kulturindustrie organisiert die Integration der atomisierten
Individuen. Als »Mittel der Fesselung des Bewußtseins« (Theodor W.
Adorno) nimmt sie die Subjekte bis in deren letzte Triebregungen eisern
in Regie. Der permanente Strom der physischen Reize zementiert den
Schein absoluter Gegenwart. Gedächtnis- und wunschlos ist die Geschichte
erstarrt. Im Gegensatz dazu ist die Erinnerung an die Zukunft der
Versuch, den Erfahrungsgehalt materialistischer und dialektischer Kritik
zu entfalten.
Programm
Freitag 29. November 2013
13:00 – 14:00
Ankunft und Anmeldung
14:00 – 15:00
Eröffnung der Konferenz und der Ausstellung durch die Organisatorinnen und Organisatoren
15:00 – 16:30
Vortrag: Detlev Claussen
»Im Zeitalter globaler Gleichzeitigkeit. Kritische Theorie der Gegenwart«
17.30 – 19:30
Podium: Anne Eusterschulte / Clemens Nachtmann / Joachim Bruhn / Micha Böhme
»Materialistische Gesellschaftskritik unter veränderten Bedingungen«
Moderation: Sebastian Tränkle
Danach Abendveranstaltungen: Lesungen, musikalischer Ausklang.
Samstag 30. November 2013
11:00 – 12:30
Vortrag: Gunzelin Schmid-Noerr
»›Widerstand gegen die Gewalt des Bestehenden‹. Zur kritischen Theorie des Autoritarismus«
Ko-Referat: Sebastian Neubauer
11:00 – 14:30
Workshop 1: Sonja Witte
»›Es geht nicht glatt, gerade in der Freizeit nicht…‹. Über das Unbewusste in der Kulturindustrie«
13:00 – 14:30
Vortrag: Helmut Dahmer
»Restitution einer ›Kritischen Theorie‹. Zur Psychoanalyse«
Ko-Referat: Doris Maja Krüger
13:00 – 17:30
Workshop 2: Lukas Holfeld und Lotte Thaa »Kritische Ästhetik zu Beginn des 20. Jahrhunderts«
14:30 – 16:00
Mittagspause
16:00 – 17:30
Vortrag: Gerhard Stapelfeldt
»Dialektik der ökonomischen Rationalisierung. Von der Kritischen Theorie zur Kritik der Politischen Ökonomie«
Ko-Referat: Arne Kellermann
18:00 – 20.00
Podium: Roswitha Scholz / Christine Kirchhoff / Elvira Scheich
»Die Gegenwart des Patriarchats«
Moderation: Barbara Umrath
Danach Abendveranstaltungen: Lesungen, musikalischer Ausklang.
Sonntag 01. Dezember 2013
11:00 – 12:30
Vortrag: Gerhard Scheit
»Kritische Theorie und blinder Fleck des Souveräns«
Ko-Referat: Ilse Bindseil
11:00 – 14:30
Workshop 3: Nico Bobka
»Kritische Theorie des Antiziganismus«
13:00 – 14:30
Vortrag: Jordi Maiso
»Abschied von Gestern? Kulturindustrie heute«
Ko-Referat: Jakob Hayner
14:30 – 16:00
Mittagspause
16:00 – 18:00
Podium: Nina Rabuza / Lars Quadfasel / Dirk Braunstein / Jan Georg Gerber / Karina Korecky
»Widersprüchliche Totalität und widerständige Subjektivität«
Moderation: Iris Dankemeyer
Anfahrt
Kritische Theorie. Eine Erinnerung an die Zukunft
Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Kinosaal im Hauptgebäude / Unter den Linden 6
Räume im Hegelbau / Dorotheenstraße 24
Zugang ist barrierefrei.
S + U Friedrichstraße
Tram M1, Tram 12 Universitätsstraße
Bus 100, 200, TXL Staatsoper
altbacken
da sind die genoss_innen in frankreich schon seit 12 Jahren weiter:
Not cartographies of Empire, but of the lines that flee out of it"
(Tiqqun 2001)
viel Spaß ihr Bildungsbürger.
Aktueller dennje
Die Kritische Theorie unternimmt doch gerade den Versuch gegen Zustände vorzugehen, die die Menschen in Ohnmacht und Apathie halten. Sie kann jedem Aktivisten aufzeigen welche Möglichkeiten noch passierbar sind. Wer nicht Gefahr laufen möchte in blinden Aktionismus zu verfallen, der sollte sich ruhig damit beschäftigen. Theorie wird immer wichtig bleiben und gerade die Kritische Theorie geht radikaler gegen Staat, Nation, Kapital und Bürgertum als die meisten Theoretiker und Aktivisten in den letzten 150 Jahren. Ich kann diese Ignoranz und Ablehnung daher nicht nachvollziehen, sie manifestiert nämlich genau jene Ohnmacht und Apathie, die es zu überwinden gilt!
Insofern bin ich froh, dass es solche Veranstaltungen gibt, und wenn es Aufzeichnungen davon gibt, werde ich sie mir alle anhören und prüfen was ich davon in meine Reflektion übernehmen kann, um besser gegen die Ausbeuterverhältnisse vorzugehen.