„Haus Montag“ - NPD-Pirna macht Anleihen bei CasaPound Italia

"Haus Montag" - Shirt

Zur Zeit wirbt die Internetsite der NPD aus der Sächsischen Schweiz für die Eröffnungsfeier ihrer neuen Kreisgeschäftsstelle des Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Diese Geschäftsstelle in Pirna, die gleichzeitig auch das örtliche Bürgerbüro des NPD-Landtagsabgeordnete Dr. Johannes Müller darstellen soll, erhielt mit der Einladung auch ihren Namen. „Haus Montag“ soll das Bürgerbüro heißen und ein Schulungszentrum werden. Die Namensgebung erfolgte in Anlehnung an die faschistische Bewegung CasaPound Italia, die derzeit unter Europas Rechten für Furore sorgt.

 

Der Kreisvorsitzende Thomas Sattelberg lädt für den Freitag den 11. Oktober 2013 zur Eröffnung des neuen Büros ein. Angekauft wurde das Gebäude in der Hauptstraße in Pirna-Copitz von dem rechtsradikalen Norweger Eirik Ragner Solheim und wurde in den letzten Monaten aufwendig renoviert. Vorgesehen sind für die Eröffnung Kaffee und Kuchen zur Begrüßung, anschließend ein Vortrag des NPD-Stadtrats Dr. Olaf Rose über die „Befreiungskriege 1813-15 und ihre Bedeutung für die aktuelle politische Auseinandersetzung“ und zum Ausklang Live-Musik und Wildschwein am Spieß.

Den für deutsche Ohren ungewöhnlichen Namen der Geschäftsstelle „Haus Montag“ erklärt Thomas Sattelberg in der Einladung so: „... Nun, Guy Montag ist der Held des anti-utopischen Romans „Fahrenheit 451“ des Amerikaners Ray Bradbury, der in einem zukünftigen Staat spielt, indem es als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu besitzen oder zu lesen. Die Menschen dort sind zu kulturlosen, mental und politisch eingeschläferten Konsumenten (Verbrauchern) degeneriert, die sich von den Herrschenden beliebig manipulieren lassen. Der Besitz von Büchern ist verboten, denn sie können zur Kritik an den Verhältnissen und zu freiem Denken verleiten. Deshalb patrouilliert und kontrolliert eine Art Stasi-Gedanken-Polizei, deren Aufgabe es ist, Buchbesitzer und Leser aufzuspüren und ihre Bücher mit Flammenwerfern zu vernichten. Guy Montag war so ein Gedankenpolizist, der im Buch zum Leser wird und die Seite wechselt…“

Und weiter:“Dieses Haus soll also die Aufgabe haben, zur Lektüre anzuleiten, zu diskutieren, zu lernen, aufzuwecken und dabei mitzuhelfen, aus bundesdeutschen Konsum-Idioten wieder kritische und aufgeklärte Staatsbürger zu machen. Könnte es da einen besseren Namen tragen als „Haus Montag“?“

Soweit die holprig formulierte und völkisch aufgeladene Interpretation Guy Montags, der Romanfigur von Ray Bradbury, und die Pläne für den braunen Treffpunkt durch den Ex-Mitbegründer der verbotenen Skinheadfront Sächsische Schweiz und jetzigen NPD-Kreisvorsitzenden Thomas Sattelberg. Was seine Einladung nicht verrät ist die ideologische Herkunft dieses für die traditionellen NPD-Milieus überraschenden popkulturellen Bezugspunkts aus der Science Fiction Literatur. Die Vorlage für diese Anleihe der NPD aus der Popkultur stammt aus Italien. Besser gesagt von der faschistischen Bewegung CasaPound Italia.


 

CasaPound Italia

 

Die rechtsradikale Bewegung CasaPound Italia besteht seit rund 10 Jahren und breitete sich von Rom ausgehend über ganz Italien aus. Ein Markenzeichen CasaPound Italias ist ihre explizite Kulturpolitik, die geschickt die subkulturellen Wurzeln ihrer Protagonisten mit nationalrevolutionärer Rhetorik und antikapitalistischen Gestus verbindet. Anleihen aus der Popkultur, seien es Literatur, Architektur, bildende Kunst, Comic, Unterhaltungsfilme, Animes, etc. werden in die faschistische Ästhetik und Propaganda eingeflochten und geben über diesen popkulturellen Zugang dem Faschismus ein modernes und massentaugliches Image.

Diese kulturellen Bezüge gehören seit der Gründung im Jahr 2003 zu dem Vorgehen CasaPound Italias und werden von ihren führenden TheoretikerInnen als Elemente in einem „Kulturkampf von Rechts“ begriffen. Der Begriff „Kulturkampf von Rechts“ entstammt dabei dem Sprachgebrauch der Nouvelle Droite, der so genannten Neuen Rechte. Und gerade deren französischen Vordenker wie Alain de Benoist, Guillaume Faye und andere gehören zu den Ideengeber CasaPounds. Ebenso wie der Italiener Gabriele Adinolfi vom „Centro Studi Polaris“ und „Noreporter“, der sich zum Mentor CasaPounds entwickelt hat. Der heute 59jährige Adinolfi war in den 70er Jahren führendes Mitglied der „Terza Posizione“ und entzog sich für 20 Jahre der Strafverfolgung der italienischen Justiz durch eine Flucht nach Paris. Gabriele Adinolfi und andere Rechtsradikale standen in Verdacht für den rechtsterroristischen Bombenanschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna 1980 mit 85 ermordeten Menschen verantwortlich gewesen zu sein.

Die Bewegung CasaPound Italia bedient sich in ihren öffentlichen Auftritten und Aktionen in vieler Hinsicht dem Vorgehen alternativer und kapitalismuskritischer Bewegungen. Sie veranstaltet Flash Mobs, Sit-Ins, Go-Ins, so genannte Hard Bass - Raves und nicht zuletzt verfügt sie über eine Anzahl besetzter Zentren, so genannter Centri Sociali di destra. Das „Casa Pound“, benannt nach dem antisemitischen Mussoliniverehrer Ezra Pound, in der via Napoleone III in Rom, dürfte dabei das bekannteste Centro Sociale di destra sein. CasaPound Italia verfügt darüber hinaus über eine große Anzahl von Freizeit-, Sport und Kulturorganisationen, eine eigene Gewerkschaft, Mütter- und Sozialorganisationen, ein eigenes Internetradio „Radio Bandiera Nera“, zahlreiche Internetsites, mehrere kleine Zeitschriften, usw.. Mittlerweile hat die Bewegung ungefähr 4000 eingeschriebene Mitglieder, sich als Partei nominieren lassen und sich Anfang diesen Jahres an den italienischen Wahlen beteiligt.

 

Deutsche Adepten der CasaPound Italia

 

Die erfolgreiche und expandierende Politik CasaPound Italia ist in den letzten Jahren bei allen mögliche Rechten in Europa auf großes Interesse gestoßen. Auch in Deutschland. Zunächst nur bei Nationalrevolutionären und Zirkeln der Neuen Rechten. Mittlerweile aber auch bei neu-rechten Zeitungen wie der „Sezession“ und der „Blauen Narzisse“, sowie der Jugendorganisation der NPD, den Jungen Nationaldemokraten (JN). Bei der JN sind es vor allem deren Vertreter aus Sachsen, die in den letzten Jahren schon mehrere Male nach CasaPound in Rom pilgerten. Das Interesse innerhalb der JN/NPD an Inhalt, aber vor allem Stil der CasaPound Faschisten ist groß. Im Sinne »Von Italien lernen, heißt siegen lernen« war im Dezember 2012 auf der JN-Internetseite „Aktion-Widerstand“ zu lesen: »Jeder der sich mit der Casapound-Bewegung beschäftigt, ihre Ausstrahlung bewundert und ihren Gedanken zu einer europäischen Idee im 3. Jahrtausend verfolgt, kennt die Faszination, mit der viele von uns nach Rom blicken. Das Leuchten in den Augen derer, die aus Rom zurückkehren und berichten, wie gelebter Nationalismus aussehen kann, zeigt, wie viel wir von unseren italienischen Freunden lernen können.« Dieser Text bewarb die Dezemberausgabe 2012 des JN-Zentralorgans „Der Aktivist“. Leitthema der Ausgabe war »Nationale Zentren und Orte«. Im Heft war ein vierseitiges Interview mit dem Titel »Auf einen Teller Pasta mit Gianluca Ianonne« zu lesen. Und ein weiterer Artikel ging auf die »Bedeutung eigener Immobilien für die nationale Bewegung« ein. So verwundert es nicht, dass sich die NPD-Jugend im italienisch-deutschen Ideologietransfer ergeht und versucht Konzepte der rechten Sozialbewegung CasaPound Italia nach Deutschland zu importieren. Der NPD-Stadtrat Dr. Olaf Rose aus Pirna dürfte seinem NPD-Nachwuchs dabei keinerlei Steine in den Weg legen. Auch er gastierte schon bei CasaPound Italia. Im Mai diesen Jahres war er zu Gast bei eine Tagung von CasaPound Italia in Florenz und referierte dort neben CasaPounds Kultursprecher Adriano Scianca auf einer Tagung. Roses Thema: Die Bombardierung Dresdens durch Alliierte Luftverbände.

So steht die Namensgebung des „Haus Montag“ in Pirna ganz im Sinne des italienisch-deutschen Ideologietransfers. Im Italienischen steht Casa für Haus. Und „Casa Montag“ war das erste besetzte Haus der römischen Rechtsradikalen an der Via Tiberina 801 bevor sie im Dezember 2003 die Mietskaserne in der via Napoleone III besetzten und es „Casa Pound“ nannten. In der letzten Woche erschien ein Artikel über die sächsische NPD in der Süddeutschen Zeitung, in dem sich Olaf Rose und der JN-Bundesgeschäftsführer Julian Monaco im „Haus Montag“ vor einem Ezra Pound - Plakat CasaPound Italias abbilden ließen. Olaf Rose deutete an, dass neben Parteitreffen auch an Nachhilfeunterricht für SchülerInnen der nahe gelegenen Schule gedacht würde. Das würde ganz auf CasaPound Linie und deren Schüler-und Studentenorganisation „blocco studentesco“ liegen. Mittlerweile existiert auch eine Facebook Seite des „Haus Montag“. Dies zeigt neben den Räumlichkeiten, eine kleine Bibliothek und einen Kraftraum. Ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Den Tiger reiten“ nach dem Buch „Cavalcare la tigre“ des faschistischen Theoretikers Julius Evola ist zu bewundern. Versehen mit einem Emblem, dass der Hausband CasaPound Italia, „Zetazeroalfa“, nachempfunden ist. Der Sänger dieser Band, Gianluca Ianonne, ist gleichzeitig Präsident CasaPound Italias. Ein zweites T-Shirt trägt vorne den Aufdruck „Haus Montag“ und auf der Rückseite das schon genannte Logo mit dem Aufdruck „Make Love and war“. Dieser Spruch ist der derzeitigen Kampagne Faites l'amour et la guerre“ auf der national-revolutionären Internet Seite „Zentropa.Info“ abgeschaut. Ursprünglich lautet der Spruch „Faites l'amour, pas la guerre“ - „make love, not war“ und entstammt der Anti-Kriegs Bewegung Ende der 60er Jahre. Diese eindeutige Aufforderung zum Krieg durch die Zentropisten ist eine Verhöhnung des pazifistischen Slogans der Friedensbewegung. Des weiteren findet man auf der Facebook Seite des „Haus Montag“ ein antiamerikanisches und pro Assad Plakat aus der derzeitigen „European Solidarity Front for Syria“-Kampagne der europäischen radikalen Rechten, den üblichen positiven Bezug auf den umstrittenen Film „Fight Club“ nach Chuck Palahniuks literarischer Vorlage und weitere Grafiken aus dem CasaPound Italia Repertoire.

 

Wie gesagt, nicht nur die JN/NPD schaut nach Italien. Auch andere rechte Bezüge wie die „Sezession“ und die „Blaue Narzisse“, die für das nächste Wochenende für ihre „2. Zwischentage“ am 5. Oktober 2013 Gabriele Adinolfi nach Berlin geladen haben. Und für das nächste Frühjahr die Übersetzung eines Romans aus dem CasaPound Umfeld planen. Domenico di Tullios Roman „Nessun dolore“, der unter dem deutschen Titel „Wer gegen uns?“ im Verlag Edition Nordost erscheinen soll.

Es bleibt abzuwarten, was aus diesen deutschen Adaptionen der Politik italienischer Faschisten wird. Zunächst sollte man sie aber genau im Auge behalten.

 

Anbei ein Verweis - Neuerscheinung zu CasaPound Italia:

Casa Pound Italia, Mussolinis Erben

Unrast Verlag

ISBN 978-3-89771-536-3

Erscheinungsdatum: Oktober 2013

(http://www.unrast-verlag.de/vorankuendigungen/casa-pound-italia-detail)

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Das Haus wurde also nach einem amerikanischen Papierhersteller benannt. Das finde ich lustig :-)

 

Im Nachwort einer späteren Auflage erwähnt Bradbury, dass er unbewusst die Namen zweier Personen mit dem Thema Buch und Literatur in Bezug gesetzt habe: Montag ist ein amerikanischer Papierhersteller und Faber ein deutscher Bleistiftproduzent. (Das war in der 1987er Auflage)

Text übernommen von SZ Online

 

Das Haus in Copitz soll einem Rechtsextremen aus Norwegen gehören. Doch gegen die Pläne es gibt Widerstand.

Es sind nur zwei Zeilen auf Seite 109 des aktuellen sächsischen Verfassungsschutzberichts: „In Pirna wurde der NPD von einer Person ein Gebäude zur Verfügung gestellt. Nach Ausbauarbeiten wollen es die Rechtsextremisten im Jahr 2013 für Veranstaltungen nutzen.“

Dieses Gebäude befindet sich nach SZ-Informationen auf der Hauptstraße in Pirna-Copitz, also im nördlichen Teil der Stadt, ganz in der Nähe einer Mittelschule und deren Bushaltestelle. Eigentümer soll Eirik Ragnar S. aus Norwegen sein. Er ist nach übereinstimmenden Szeneberichten einschlägig als europaweit agierender extrem rechtsgerichteter Akteur bekannt, mit Verbindung zum militanten Milieu. Die NPD selbst will die Aussagen des Verfassungsschutzberichts über geplante Veranstaltungen nicht kommentieren. „Ich kann dazu nichts sagen. Das ist in der Schwebe“, sagte Kreisgeschäftsführer Hartmut Gliemann.

Laut Ausweisung auf dem lokalen Bauschild heißt der Bauleiter vor Ort MarcusG. Auch er soll eine rechtsextreme Szenegröße sein. So soll der aus Halle/Saale stammende G. einen entsprechenden Online-Shop betreiben. Er wird zudem mit der Ordnungsdienstorganisation „Selbstschutz Deutschland“ in Verbindung gebracht, einer Nachfolgeorganisation vom „Selbstschutz Sachsen-Anhalt“, kurz „SS-SA“.

In Pirna rechnet man damit, dass das Gebäude als Schulungszentrum für extrem rechtes Gedankengut verwendet wird. Veranstaltungen im Sinne von Konzerten oder öffentlichen Versammlungen seien dagegen nicht möglich, da die Nutzung als Bürogebäude festgelegt sei, heißt es aus dem Rathaus. Angst machen lassen will man sich jedenfalls nicht. Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) hat bereits mit Bürgern, Händlern und Verantwortlichen aus der Nachbarschaft des Grundstücks gesprochen, unter anderem auch mit der Leiterin der nahen Schule. Als Pirnaer Oberbürgermeister spreche er sich klar gegen jede Form von Rechtsextremismus aus. „Aktivitäten von Extremisten in unserer Stadt werden wir nicht dulden“, so Hanke. „Gemeinsam mit den Partnern in unserem Netzwerk und den demokratischen Kräften in unserer Stadt stehen wir hinter den Copitzern.“

Er stößt damit auf offene Ohren. „Wir legen keinen Wert auf eine Beziehung zu rechtsradikalen Vereinigungen und wir wollen mit diesen auch kein Geld verdienen“, unterstreicht etwa Joachim Krieg, Regionaldirektor der Ostsächsischen Sparkasse Dresden. „Wir selbst haben eine Filiale in Pirna-Copitz und legen keinen Wert auf derartige Nachbarn.“ Aus Pirna sollen keine falschen Signale an Unternehmen und Touristen gesendet werden. Nach der Elbeflut habe man so viel Unterstützung und Hilfe aus ganz Deutschland erfahren, damit habe man auch die Pflicht, zu beweisen, dass es richtig war. „Wir werden in unserer Stadt auch weiterhin Rückgrat zeigen“, sagt Joachim Krieg.

 

http://contrapublic.noblogs.org/

NPD "Haus Montag" - Pirna I

 

NPD "Haus Montag" - Pirna II

 

Stadt trotzt rechtem Zentrum - In Copitz öffnet im Oktober die NPD-Kreisgeschäftsstelle

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96469

 

Pirna fürchtet neuen Neonazi-Treffpunkt

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96470

 

Rechtsextreme öffnen Szene-Treff in Pirna

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96471

 

Widerstand gegen rechtes Schulungszentrum

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96472

 

Bau von rechtsextremem Schulungszentrum in Pirna

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96473

 

Der braune Fleck verschwindet

https://linksunten.indymedia.org/de/node/96474

 

Stadtrat Olaf Rose (links) und Julian Monaco, Bundesgeschäftsführer der NPD-Jugendorganisation in "Haus Montag"

 

Screenshot - NPD "Haus Montag"

Auf der Internetseite von Casa Pound Roma findet man Werbung von "Haus Montag" in Pirna. Das Bild mit "more fascism" zeigt im Hintergrund übrigens Filippo Tommaso Marinetti, einen der Gründer des Futurismus und intellektuellen Wegbereiter des Faschismus in Italien.

screenshot: "haus montag"- werbung aus pirna auf der internetsite von "casa pound" roma

Casa Montag und Marinetti.jpg

de.wikipedia.org/wiki/Filippo_Tommaso_Marinetti#Marinetti_als_Repr.C3.A4sentant_des_faschistischen_Regimes

Braune Tonnen zur Eröffnung

 

12.10.2013 / Pirna

 

Eine ganze Reihe brauner Mülltonnen steht auf dem Fußweg gleich neben der Hauptstraße 26 in Pirna. Seit Freitag früh stehen die Tonnen da. Beklebt sind sie mit dem Spruch „Brauner Müll hier rein!“ Mitarbeiter der Stadt haben die Tonnen aufgestellt. Organisiert hat die Aktion ein Bündnis aus Einzelpersonen und Institutionen, das damit ein Zeichen gegen die Eröffnung des rechtsextremen Schulungszentrums an dieser Adresse setzen will.

Kurz vor 15 Uhr am Freitag, dem angekündigten Eröffnungstermin, hält ein Streifenwagen der Polizei gut sichtbar drei Häuser weiter. An den Kreuzungen nördlich und südlich stehen um die Ecke jeweils zwei weitere Kleinbusse mit Beamten. Die Polizei zeigt Präsenz, hält sich aber zurück. Der Hausherr des sogenannten „Hauses Montag“, Thomas Sattelberg, verurteiltes Gründungsmitglied der Skinheads Sächsische Schweiz und jetzt Kreisvorsitzender der NPD, steht mit einer Handvoll Gesinnungsgenossen auf dem Fußweg. Hinter dem Tor ein NPD-Sonnenschirm. Nach und nach trudeln ein paar Gäste ein.

Die NPD eröffnete dort gestern ihre Kreisgeschäftsstelle und ein Bürgerbüro des Landtagsabgeordneten Johannes Müller. Der Pirnaer NPD-Stadtrat Olaf Rose hielt einen Vortrag mit dem Titel „Die Befreiungskriege 1813-15 und ihre Bedeutung für die aktuelle politische Auseinandersetzung“, anschließend spielte ein junger rechter Liedermacher. Dazu gab es Wildschwein am Spieß.

Doch Pirna wollte das nicht widerspruchslos hinnehmen. Besucher, die aus Richtung Stadtbrücke kamen, wurden mit einem Transparent des Aussteigerprogramms Sachsen empfangen. Das ist ein Projekt des Freistaats, das Mitglieder der rechtsextremen Szene beim Ausstieg unterstützen soll. Auch an den Laternen auf der Hauptsstraße hingen Anti-Nazi-Plakate.

Schon am Donnerstag hatten zahlreiche Politiker aus der Region, Kirchgemeinden, Vereine, Schulen, Gewerbetreibende und Verbände eine gemeinsame Erklärung für Toleranz und Vielfalt abgegeben. „Gemeinsam sprechen wir uns gegen die Eröffnung eines rechtsextremistischen Schulungszentrums aus. Menschen dieser Gesinnung sind in der gesamten Region unerwünscht!“, heißt es darin.

Sebastian Reißig von der Aktion Zivilcourage begrüßte, dass sich so viele engagierte Pirnaer dafür zusammengefunden hatten. „Wichtig ist, dass alle wachsam sind“, sagt Reißig. Es sei respektabel, wie offensiv die Stadtverwaltung mit dem Thema umgehe. Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke erklärte: „Aktivitäten von Extremisten in unserer Stadt werden wir nicht dulden. Ich werde den Stadträten Vorschläge über eine stärkere Förderung von Präventionsprojekten unterbreiten. Denn nur mit Aufklärung können wir den Zuspruch für rechtsextreme Gruppierungen in unserer Region langfristig abbauen.“

 

Quelle: Sächsische Zeitung, 12.10.2013

 

(http://www.aktion-zivilcourage.de/Start_Braune_Tonnen_zur_Eroeffnung.42d...)

 

 

 

Screenshot der Facebook-Site von "Haus Montag" - I

Be­schrei­bung:

Das „Haus Mon­tag“ ist ein Pro­jekt vom NPD- ​Kreis­ver­band Säch­si­sche Schweiz-​Os­terz­ge­bir­ge und be­steht seit dem 11. Ok­to­ber 2013. Diese Ge­schäfts­stel­le in Pirna ist gleich­zei­tig auch das ört­li­che Bür­ger­bü­ro des NPD-​Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Dr. Jo­han­nes Mül­ler.

 

closingtime.blogsport.de