NPD-Kreisverband Freiburg-Südlicher Oberrhein zerschlagen

Orden für „langen Atem“ und Durchhaltevermögen

Nach einer zweijährige antifaschistischen Kampagne hat sich der NPD-Kreisvorstand Freiburg-Südlicher Oberrhein am 09.07.2009 aufgelöst. Erkenntnisse über die Nazis wurden mittels klassischer Recherchearbeit, Social Engineering-Angriffen und einer produktiven Kooperation mit der Datenantifa gesammelt. Anschließend folgten Outings durch Communiqués, Flugblätter, Plakate und Graffitis an Wohnorten und Arbeitsstellen der Nazis, sowie gezielte Pressearbeit. Die Kampagne gipfelte am 25.06.2009 im Outing des NPD-Kreisvorsitzenden John Bürgel.


Der NPD-Kreisvorsitzende sah sich vor die Wahl gestellt „den aufgezwungenen schmutzigen Kampf anzunehmen“ und „Anti-Antifastrategien“ anzuwenden oder „seine Tätigkeit einzustellen“. Der nach eigenen Angaben seit über 20 Jahren als „Parteisoldat der NPD“ tätige Bürgel entschied sich „aus der regionalen politischen Szene“ abzutreten und veröffentlichte eine politische Kapitulationserklärung auf suedlicher-oberrhein.npd.de. Diese Erklärung wurde am 12.07.2009 samt Outing auf der Naziplattform altermedia.info gespiegelt und von vielen Nazis vernichtend kommentiert.

Das sich in einem „desolaten Zustand“ befindliche „Weichei“, der „Jammerlappen“, „Defätist“ und „feige Schlappschwanz“ habe auf eine „weinerliche Weise, die selbst die an Peinlichkeiten gewiß nicht arme Geschichte der NPD in jeder Hinsicht“ übertreffe im „linksschwulen, hedonistischen Spießerkaff“ Freiburg „öffentlich die weiße Fahne“ gehisst. „Früher, in den bessseren Zeiten“ habe man so etwas „Feigheit vor dem Feind“ genannt und „im Krieg würde das ‚Kopf ab‘ bedeuten…“ wurde Bürgel unverhohlen von seinen Kameraden bedroht. Andere Nazis forderten als Reaktion auf Bürgels Outing Terror gegen „exponierte Linke oder ‚Holocaustüberlebende‘ die man sich als Reaktion auf Antifa-Übergriffe mal dezent zur Brust nehmen“ solle.

„Die Zerstörung der offenen Freiburger Strukuren“ sei Bürgels „Verdienst“ und werde „als ‚geschichtliches‘ Element für den Freiburger Raum immer wieder bestehen bleiben, ebenso wie sein Name“. Dem baden-württembergischen Landesverband und insbesondere dem „gescheiterten Posträuber“ und „inhaltlich Verantwortlichen“ Alexander Neidlein sowie dem NPD-Landesvorsitzenden Jürgen Schützinger wurde eine Mitschuld an Bürgels „Dokument seltendämlicher Selbstdemontage“ gegeben und ihnen wurde, sollten sie „einmal nüchtern sein“, empfohlen, „eine physische Auseinandersetzung im Nest des ‚Königs‘ zu suchen“.

Als Reaktion schaltete der NPD-Landesverband am 13.07.2009 die Domain des Freiburger Kreisverbandes offline und veröffentlichte seinerseits eine Erklärung. Bürgel habe sich „aus rein familiären Gründen aus dem Kampf um ein besseres Deutschland zurückgezogen“, lediglich die „Form der ‚Erklärung‘ wird als unverhältnismäßig gerügt, weil der antideutsche Feind von Seiten der NPD keine besondere Aufmerksamkeit bekommen sollte“. Es seien sowieso „bereits mehrere Umstrukturierungen im Kreisverband“ geplant gewesen, um bei der Landtagswahl 2011 „im gesamten ‚Ländle‘ auf dem Stimmzettel“ zu stehen. Weiter werden alle „volkstreuen Deutschen“ aufgefordert „sich der gemeinsamen ‚Sache‘ unter der Fahne der NPD anzuschließen“.

Zwar hat John Marlon Bürgel seine Parteiämter aufgegeben, er plant jedoch mitnichten einen Rückzug ins bürgerliche Herdermer Alltagsleben mit Sparbuch, Versicherungen, Aktienbeständen und einem kürzlich fällig gewordenen Bausparvertrag über 20.451 Euro bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Er ist weiterhin aktiv in der vermeintlich anonymen Öffentlichkeit der „germanischen Weltnetzgemeinschaft“ thiazi.net – dem größten deutschsprachigen Naziforum. Dort schreibt Bürgel seit dem 21.10.2007 unter dem Pseudonym „Battleaxe“ durchschnittlich 2,04 Beiträge pro Tag, die alle mit der Signatur „BRD-System abschalten“ und „Ich kann das Wort ‚Holocaust‘ nicht mehr hören!“ enden. Bislang hat er insgesamt 1290 nationalsozialistische Kommentare verfasst, wofür dem regelmäßig zahlenden „fördernden Thiazi-Mitglied“ und „Freund der Germanen” der „Orden für ‚langen Atem‘ und Durchhaltevermögen“ verliehen wurde.

Bürgel lässt sich in dem Naziforum nicht nur über den „üppigen Busen“ seiner Frau Bettina aus, zu dem er ein „extrem intensives Verhältnis“ habe, veröffentlicht Fotos seiner kleinen Tochter „beim Gedicht aufsagen an Weihnachten“, bekommt emotionale Unterstützung, Anerkennung und pflegt ein soziales Netzwerk, sondern verbreitet aktiv sein nationalsozialistisches Gedankengut. Bürgel nutzt Alltagssituationen wie die Begegnung mit einer „Frau mit ihrem behinderten, mongoloiden Sohn“ während eines Restaurantbesuchs mit seiner Familie, um gegen das „schon rein äußerlich sehr unappettlich“ aussehende Kind zu hetzen, das „starken Brechreiz“ bei ihm auslöse.

Während Bürgel in der Kriegsführung gegenüber „verwandten indogermanischen Völkern“ noch „(wenn möglich) gewisse völkerrechtliche und moralische Normen“ befürwortet, habe er „gegenüber allen farbigen Völkern, egal ob ost- oder vorderasiatischer, schwarzer oder indianischer Herkunft“, die er „am liebsten unter europäischer Kolonialherrschaft“ sähe, „keinerlei moralische Bedenken, daß evtl. ein totaler, in jeder Hinsicht rücksichtsloser Krieg geführt“ werde. Zur Frage der „Grenzen der Rassenschande“ kennt Bürgel kein Erbarmen für „deutsche, oder weiße Frauen allgemein“, die „sich mit Fremdrassigen einlassen“: „Die sollen (heilsame) Prügel von ihrem Neger oder sonstwas beziehen, bis sie nach Gott schreien. Das sehe ich nur mit unverhohlener Schadenfreude zu! In diesem Falle finde ich es in der Tat bedauerlich, daß auch solche Rasseverräterinnen unter dem Schutz des Gesetzes stehn.“

Bürgels Rassismus ist nur schwer zu ertragen, wenn er beispielsweise über seine Arbeit in einem Betrieb schreibt, „in dem viele Neger als Reinigungskräfte angestellt“ seien. Der „Geruch der Schwarzen“ sei „manchesmal so unerträglich“, daß es ihm „übel“ werde. Für ihn sei das der „typische Geruch der Rasse“: „Der Geruch, nein ich muß von Gestank sprechen, ist schwer zu beschreiben, er hat etwas beißendes, auch leicht süßliches.“ Zynisch beschreibt „Battleaxe“ seine Vernichtungsphantasien: „Da ich kürzlich einen Film über die Todesstrafe sah und dabei dieses Thema angedeutet wurde, frage ich mich, ob der verschmorte Brandgeruch bei der Hinrichtung eines Negers auf dem elektrischen Stuhl penetranter ist als bei einem Weißen, und ob es in der Zeit der Rassentrennung für Schwarze einen separaten elektrischen Struhl gegeben hat?“

Wenig verwunderlich stimmt John Bürgel in der Umfrage „Wer sind Eure Lieblings-Obernazis (nach Hitler)?“ im Naziforum „nachdrücklich für Dr. Robert Ley“, einen der 24 im Nürnberger Prozess als Hauptkriegsverbrecher angeklagten Nationalsozialisten. Und „Wer ist der Hauptfeind?“ beantwortet Bürgel als stereotyper Antisemit mit: „Das liberalistisch-kapitalistische Zentrum an der Ostküste der USA.“ Einer unter dem Pseudonym „Amazone“ schreibenden Faschistin, die ebenfalls geoutet wurde und sich nun bedroht fühlt, gibt Bürgel noch am 11.07.2009 den Ratschlag: „Verhalte dich vorsichtig, aber ganz ruhig und ohne hektische Reaktionen. In den meisten Fällen beruhigt sich eine solche Situation wieder innerhalb einiger Wochen. Das Gedächtnis der Leute um solche ‚Skandale‘ läßt allgemein schnell nach. Je nach örtlicher Polizei, kann man durchaus auch auf deren Hilfe zählen, gegebenenfalls Anzeige erstatten und bei akuten Bedrohungssituationen dort Hilfe holen. Viel Glück!“

Die NPD kündigte bereits auf ihrem Landesparteitag 2006 die Umstrukturierungen zur Landtagswahl 2011 an. Die Kommunalwahl 2009 sollte als „Sprungbrett für die Landtagswahl“ genutzt werden, was zumindest in Freiburg kläglich scheiterte. Wir werden wie den letzten auch den kommenden Landtagswahlkampf der NPD und alle Wiederaufbauversuche von NPD-Strukturen in Freiburg und Umgebung aktiv sabotieren.

FaschistInnen angreifen!

Autonome Antifa Freiburg

Communiqué vom 14.07.2009

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Nicht schlecht! Ganze Arbeit! Bin mal gespannt wie's weitergeht Haut die Gletzen bis sie platzen!

Kann mich dem Comment über mir nur anschließen. Ganz große Leistung! Die Aufklärungsarbeit der AA Freiburg ist wohl unbestritten eine der Besten im sogenannten "Deutschland"!

Da aber Bürgel wohl nicht seinem Weltbild weichen wird, wie ihr es gut im obrigen Text beschrieben habt, muss mensch hier weiter ansetzen!

Nazibanden angreifen!

... darauf ausruhen dürfen wir uns nicht.

In Lörrach ("AB Südbaden") scheinen die Faschos im Aufwind zu sein.
Aber wir sind dran! ;-)

Kampagne

 

Antifa outet Freiburger NPD-Vorsitzenden

Im Internet und auf Flugblättern haben sie seinen Namen und Fotos veröffentlicht – intime Details inklusive. Die Antifa rechtfertigt das Outing des Freiburger NPD-Vorsitzenden als legitimes Mittel im Kampf gegen Rechts. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen, weil dieses Vorgehen gegen mehrere Rechtsvorschriften verstoße. Die Antifa dagegen begreift Outing als Mittel im Kampf gegen Rechtsradikale, das zwar nicht legal, aber legitim sei. In Freiburg ist es offensichtlich erfolgreich: Der NPD-Kreisvorstand hat sich wegen der Angriffe selbst aufgelöst.

Die Antifa agiert anonym und im Kollektiv. Für die Veröffentlichungen gibt es keinen "Verantwortlichen im Sinne des Presserechts". Die Nazis, sagt ein Antifa-Vertreter, hätten es auf die linke Szene abgesehen, planten Anschläge auf das linke Kulturzentrum KTS und das alternative Grether-Gelände. Sie seien bewaffnet und hätten bereits Autoreifen zerstochen. Es sei zu riskant, den eigenen Namen zu nennen.

Nun hat die unbekannte Gruppe den Vorsitzenden der rechtsradikalen NPD in Freiburg in die Öffentlichkeit gezogen. Fotos zeigen den 39-Jährigen in der Nähe seiner Wohnung, der Name seiner Frau wird ebenso publiziert wie Adresse und Telefonnummer, sein Arbeitgeber und sein Fitness-Club, sein Gehalt und seine Miete, das Autokennzeichen und sein Bausparvertrag.

Mehrere Jahre Recherche seien dem Outing vorausgegangen, sagt der Antifa-Vertreter. Und es ist die Arbeit einer ganzen Gruppe, die sich immer wieder per E-Mail abspricht und Fakten abklopft. Eine Mischung aus Agenten, Journalisten und Paparazzi. Sie verpassen sich eine Tarnung, um im Internet zunächst Kontakt herzustellen und später Vertrauen aufzubauen. "Social Engeneering" heißt das und basiert auf dem Ausnutzen menschlicher Schwachstellen. Ob die Antifa auch Computer gehackt hat, lässt er offen. "Es gehört zu unserem Prinzip, niemals Quellen zu nennen."

Outing sei ein vergleichsweise harmloses Mittel im Kampf gegen Rechts, meint der Antifa-Vertreter. Doch leichtfertig werde das keinesfalls angewandt. Der Freiburger NPD-Vorsitzende habe sich in rechtsradikalen Internetforen als Rassist hervorgetan, der nationalsozialistisches Gedankengut verbreite. Allerdings, räumt die Antifa ein, habe er in Freiburg wenig gemacht, aber das kontinuierlich.

Der NPD-Vorsitzende selbst will über Parteiinterna nicht reden, schon gar nicht, wie viele Mitglieder sein Kreisverband überhaupt hat. Dass er und seine Geistesbrüder nicht mit Namen in die Öffentlichkeit gehen, begründet er mit der Furcht vor der Antifa: "Wir müssen mit tätlichen Angriffen rechnen." Die Enttarnung sei "sehr unangenehm", sagt der 39-Jährige, "das ist auch eine Bedrohungssituation für meine Frau". Fast 40 Jahre lang habe er im Stadtteil Herdern gelebt und nie Ärger gehabt. Feige sei die Antifa, die ihn aus der Anonymität heraus mit falschen Daten und Halbwahrheiten an den Pranger stelle. Er hat Konsequenzen gezogen und den Kreisvorstand aufgelöst, der vermutlich identisch ist mit dem ganzen Kreisverband. Als er das auf einer Homepage bekannt gab, hagelte es Kritik aus der rechtsradikalen Szene, die ihn in Internetforen als "Weichei" tituliert. Der NPD-Landesverband hat die Homepage inzwischen vom Netz genommen und eine eigene Erklärung nachgeschoben: Danach habe sich der Funktionär "aus rein familiären Gründen aus dem Kampf um ein besseres Deutschland zurückgezogen". Seine Erklärung sei unverhältnismäßig, "weil der antideutsche Feind von Seiten der NPD keine besondere Aufmerksamkeit bekommen sollte".

Verfassungsschutz befasst sich mit Outing

Outing ist ein Phänomen, das inzwischen auch den Verfassungsschutz des Landes beschäftigt. So ein Vorgehen gibt es nicht nur in Freiburg, sondern auch in Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg. Zwar stehe die Enttarnung im Vordergrund, doch geht es nach Einschätzung des Verfassungsschutzes auch darum, die Bevölkerung zu mobilisieren und dadurch "bürgerliche Kreise auf subtile Weise für linksextremistische Ziele zu instrumentalisieren", heißt es in einem internen Papier. Extremismus zu bekämpfen, sei ein legitimes Ziel. Doch heilige nicht der Zweck die Mittel. "Auch und gerade bei der Extremismusbekämpfung dürfen Recht und Gesetz nicht ausgehebelt werden."

Das sieht auch die Staatsanwaltschaft so und hat im aktuellen Fall ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Laut Behördensprecher Wolfgang Maier kommen gleich mehrere Straftatbestände in Betracht: Verstöße gegen das Datenschutzgesetz (Verbreiten von Daten in Schädigungsabsicht), Stalking, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen sowie Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (Recht am eigenen Bild). Doch erfahrungsgemäß sind die Chancen minimal, einen Tatverdächtigen zu ermitteln: dank der Anonymität der Antifa-Aktivisten.

 

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/antifa-outet-freiburger-npd-vors...

Öffentliches Outing: Eine Art von Selbstjustiz

Man muss kein Mitleid haben mit einem NPD-Funktionär, der geoutet wird, weil er in Hinterzimmern und im weltweiten Netz menschenverachtende Hetze betreibt. Doch gilt in einem Rechtsstaat, dass auch solche Widerwärtigkeiten im Rahmen der Gesetze bekämpft werden.

Es ist das Verdienst der Autonomen Antifaschisten, dass sie akribisch alle rechtsextremen Umtriebe in Freiburg beobachten. Es spricht auch nichts dagegen, dass sie deren Protagonisten benennen. Wer politisch aktiv ist – und sei es als Wirrkopf –, muss das aushalten. Doch die Art und Weise, wie die Antifa den Freiburger NPD-Vorsitzenden bloßstellt, erinnert an den mittelalterlichen Pranger. Gehalt, Bausparvertrag oder Automarke einer Person haben nichts mit politischer Auseinandersetzung zu tun. Der Antifa geht es bei ihrem Outing vielmehr um Abschreckung; um zu demonstrieren, dass sie die Möglichkeiten hat, bis in die intimsten Lebensbereiche anderer einzudringen. Im vermeintlich gerechten Kampf gegen das Böse ist den vermeintlich Guten so ziemlich jedes Mittel recht. Und der Maßstab dafür ist nicht das Gesetz, sondern die Antifa. Das ist der heikle Punkt. Denn daraus resultiert eine Form der Selbstjustiz, die nicht akzeptabel ist – zumal sich die Antifa, anders als Politik, Polizei und Gerichte, jeder öffentlichen Kontrolle entzieht, also ihrem Wesen nach undemokratisch ist. Die Freiburger Antifa verklärt das Outing zur Aufklärung. Man kann es aber auch Willkür nennen – auch wenn es in diesem Fall nicht den Falschen trifft.

 

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/oeffentliches-outing-eine-art-vo...

Aufgedeckt und aufgelöst

So fragwürdig wie erfolgreich – wieder stellt die Antifa Freiburger Rechtsradikale bloß

Zum wiederholten Mal „outet“ die Freiburger Antifa Mitglieder der rechten Szene in Südbaden, dieses Mal den Freiburger Vorsitzenden der NPD. Die Methoden der selbst ernannten Nazi-Jäger sind dabei rechtlich äußerst zweifelhaft, die Aufdeckungen dafür oft recht erstaunlich.

Jens Kitzler

Zumeist bringt man das nette Freiburg höchstens mit Öko-Extremisten in Verbindung, also ist es doch recht überraschend, was die Aktivitäten der autonomen Antifaschisten zutage fördern. Wer hätte geahnt, dass es in Freiburg einen – theoretisch zumindest – aktiven Kreisverband der NPD gibt? Beim letzten hiesigen Auftritt vor sieben Jahren hatte die rechtsextreme Partei Personal von weither nach Freiburg karren müssen, um vor dem Hauptbahnhof überhaupt ein sichtbares Häuflein zumeist Halbwüchsiger präsentieren zu können – auf Socken und vor rund 15 000 Gegendemonstranten.

Ende Juni aber prangerte die Antifa den in Freiburg wohnenden NPD-Kreisvorsitzenden im Internet an und zerrte zahlreiche Details aus seinem Leben in die Öffentlichkeit, von den Parteiaktivitäten des 39-Jährigen über den Inhalt seines Bausparvertrags bis zum Arbeitsplatz seiner Frau. Nicht alle Daten basieren auf geheimnisvollen Ermittlungsmethoden, der NPD-Vorsitzende bewegte sich im Internet offenbar recht sorglos: Von seinen Vorlieben für erotische Bücher beispielsweise erfährt man aus der für jeden einsehbaren persönlichen Wunschliste beim Internet-Buchhändler Amazon. Und im bizarren Forum der „Germanischen Weltnetzgemeinschaft“ (thiazi.net) gibt der 39-Jährige genügend Widerliches von sich, geht man nach dem „Nickname“ des NPD-Mannes, den die Antifa entschlüsselt haben will.

Als Reaktion auf das „Outing“ hatte der Freiburger Kreisvorsitzende seinen Verband dann offenbar zuerst einmal aufgelöst – die Landes-NPD allerdings hat die Auflösung jetzt dementiert und gleich mal den Ausbau neuer Strukturen angekündigt, „um dem politischen Feind in Freiburg und Umgebung effektiv Paroli bieten“ zu können.

Nur in Hinterzimmern


Die Auflösung des Freiburger Verbandes dürfte nach außen kaum einen Unterschied machen. „Keine große öffentliche Wirkung“ bescheinigt das Landesamt für Verfassungsschutz den Freiburger Rechten. Nur selten hatte sich die winzige Gruppe getroffen und dann nur in Hinterzimmern, beispielsweise 2007 in einem Gasthaus in Zähringen – was wiederum durch eine Veröffentlichung der Antifa bekanntgeworden war.

Auf ähnliche Art und Weise veröffentlichte die anonym arbeitende Gruppe immer wieder Identitäten von laut ihren Ermittlungen Rechtsradikalen in der Regio. Dezember letzten Jahres wiederum trennte sich der Freiburger Stadtkurier von einem Redakteur, nachdem die Antifa seine Bestellung eines Hakenkreuz-Pullovers beim Händler „blutschutz.ch“ veröffentlicht hatte. Der Journalist begründete seine Aktivitäten in Nazi-Kreisen mit Recherchen für einen Artikel.

Der Freiburger NPD-Mann wurde offenbar nicht nur im Internet „geoutet“, sondern auch über nächtliche Aushänge in seiner Nachbarschaft. Seit damals interessiert sich die Polizei für die fragwürdigen Methoden der Antifa, die irgendwo zwischen Aufklärung und Rufmord oszillieren und Grundsätze des Rechtsstaats schlicht ignorieren. Ob Datenschutz, Versammlungsfreiheit oder Persönlichkeitsrecht – die Gruppe torpediert diverse Rechte, für deren Erhalt sie anderer Tage selbst demonstrieren. Die Freiburger Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen die Antifa. Also gegen unbekannt – wobei es angesichts der Anonymität der Linken wahrscheinlich auch bleiben wird.

 

Quelle: Der Sonntag vom 19. Juli 2009

Jetzt mal ehrlich.

 

Glaubt ihr ernsthaft, die lassen sich so leicht unterkriegen?

 

Ab-Südbaden und JN hier werden immer größer und bekommen Zuwachs...

 

Diese Schlacht habt ihr vielleicht gewonnen, aber der "Krieg" ist nicht vorbei.

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 04.08.2009

Stuttgart, Region & Land

Linke sehen Bloßstellung von Nazis als Notwehr

Die Enthüllungsmethoden von autonomen Antifaschisten sind heftig umstritten.

 

Von Heinz Siebold

Freiburg. Darf man öffentlich machen, dass der nette Nachbar von nebenan ein Neonazi ist? Ohne ihn zu fragen, wohlgemerkt. Darüber gibt es eine Kontroverse in Freiburg. Denn eine Gruppe, die sich Autonome Antifa nennt, hat dies unlängst getan: Sie hat Namen, Adresse und Fotos des NPD-Kreisvorsitzenden, seines Wohnhauses und seines Autos, dazu Angaben über Arbeitgeber und Arbeitsplatz der Ehefrau und anzügliche Details über sexuelle Vorlieben im Internet veröffentlicht.

"Ja, man darf das nicht nur, man muss das, denn diese Leute bauen insgeheim Strukturen für eine menschenfeindliche und gewaltsame Politik auf", sagt einer der Autonomen. "Es ist Notwehr, denn der Staat tut nichts, um die Neonazis zu bekämpfen", sagt Bernd, aber das ist nicht sein richtiger Name. Er will sich, wie die ganze Gruppe, nicht zu erkennen geben, weil er fürchtet, von den Nazis verfolgt zu werden. Außerdem droht auch ein Besuch der Polizei, denn die Staatsanwaltschaft Freiburg hat Ermittlungen aufgenommen wegen Verstoßes gegen den Datenschutz und anderer Rechtsvorschriften.

Zwei Jahre lang haben die klandestinen Antifaschisten Informationen über den 39-Jährigen gesammelt, der in einem gut-bürgerlichen Stadtteil unauffällig wohnt und Arbeiter in einem Pharmaunternehmen ist, ein geringes Gehalt bezieht und seit 2002 insgeheim NPD-Kreisvorsitzender in einer Stadt ist, die offenes Auftreten der Neonazis mit starken Gegendemonstrationen regelmäßig verhindert. Die autonomen Antifas sehen sich als recherchierende Speerspitze der Bewegung, die dazu beiträgt, dass es dabei bleibt.

Sie hat bereits mehrfach geheime Versammlungen ausgespäht und aufgedeckt und Versuche von militanten Neonazis, Kameradschaften zu bilden durch Enthüllungen unterbunden. "Das sind Leute, die den Antifaschismus sehr ernst nehmen", räumt Michael Moos, Stadtrat der Linken Liste in Freiburg, ein. Auch er ist für Aufklärung. "Aber es muss sich auf die politischen Funktionen beziehen", betont der Rechtsanwalt. Den Enthüllungsstil der Antifa findet Moos dagegen "fragwürdig und politisch schädlich". Auf diese Art und Weise lasse sich der Neofaschismus nicht bekämpfen. Dass der Staat zu wenig unternehme, könne nicht als Rechtfertigung dienen. "Es besteht immer die Gefahr, dass sich solche Methoden verselbständigen", gibt Moos zu bedenken. Die Antifas sollten lieber mit offenem Visier politisch agieren.

"Die Aufklärung und Enthüllung ist wichtig und wertvoll", sagt dagegen Stadtrat Coineach McCabe, Stadtrat der Grün-Alternativen Gruppe (GAF) im Freiburger Gemeinderat. "Ein NPD-Kreisvorsitzender ist eine öffentliche Person." Dessen Offenlegung sei gerechtfertigt, doch glaubt auch McCabe, dass die Antifas mit den persönlichen Details "ein wenig über das Ziel hinausgeschossen" seien. Wer sich darüber aufrege, solle aber zunächst fragen, ob die Staatsorgane selbst genügend tun, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen. Diesen Eindruck hat McCabe nicht. Die Polizei habe auf eine Anfrage geantwortet, es gebe in Freiburg keine neonazistischen Strukturen. Der Anlass für die Anfrage war eine Messerattacke von betrunkenen Neonazis auf Jugendliche. Man müsse, sagt McCabe, den Satz "Wehret den Anfängen" wörtlich nehmen und nicht warten, bis Neonazis salonfähig geworden seien wie in einigen Regionen Ostdeutschlands.

Gewirkt hat das Outing auf jeden Fall: der Freiburger NPD-Kreisvorstand ist nach der Enthüllung aufgelöst worden, damit vermutlich auch die Neonazigruppe überhaupt. Der geoutete Kreisvorsitzende hat kapituliert. Die Kameraden schwören im Internet Rache. Das macht Unbehagen. Schaukeln sich beide Seiten hoch? Dafür gibt es historische Vorbilder. Die Parole "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" hat in der Weimarer Republik zu Straßenschlachten geführt. "Wir wollen keine Gewalt", wenden die Antifas ein, "wir wollen Neonazis gesellschaftlich ächten und isolieren, bevor sie gewalttätig werden können."

Politisches Buch
Was tun gegen Rechtsextreme
Von Volker Schmidt

So schwer ist das gar nicht mit dem Kampf gegen rechts: In Freiburg haben Antifaschisten so lange Name, Adresse und Informationen über das Lebensumfeld des NPD-Kreisvorsitzenden veröffentlicht, bis der den Kreisverband auflöste. Aber es ist auch nicht leicht: Lokale Medien, die über den Vorgang berichteten, anonymisierten den "geouteten" Freiburger Kreisvorsitzenden. Sie verschwiegen den Namen des Kreisvorsitzenden einer angeblich demokratischen Partei. Ärger hat John Marlon Bürgel jetzt trotzdem: Militante Neonazis haben ihn zum Verräter erklärt.


Einen Leitfaden für den täglichen Kampf gegen Rechtsextreme hat die Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht: Das "Handbuch für die kommunale Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus" richtet sich an Akteure der Zivilgesellschaft, der Verwaltung und der Politik und hilft bei ganz konkreten Fragen. Es kann kostenlos bei der Friedrich-Ebert-Stiftung bestellt oder unter www.fes.de/rechtsextremismus heruntergeladen werden.

Zwei weitere Veröffentlichungen öffnen den Fokus, nehmen die NPD und ihr braunes Umfeld als Ganzes in den Blick. Beide stammen von Journalisten, lesen sich flüssig und eignen sich gut für den Einstieg ins Thema. Experten werden wenig Neues darin finden.

Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer haben für "In der NPD. Reisen in die National Befreite Zone" auf Parteitagen und Neonazi-Konzerten recherchiert, bei Vereinen, in denen Rechte sich breit machen, und bei Aufmärschen der Autonomen Nationalisten. Ihr Ziel ist es, im Superwahljahr 2009 ein Bild der NPD zu zeichnen. Das ist notgedrungen eine Momentaufnahme: Zwar lieferten die Autoren als beflissene Journalisten Ergänzungen noch bis kurz vor Drucklegung, doch die jüngsten Machtkämpfe in der Parteispitze mussten ihnen entgehen. Als Psychogramm der rechten Szene wird das Buch trotzdem noch eine Weile gültig bleiben.

Wie Ruf und Sundermeyer ist auch Patrick Gensing ein Kenner der Rechten: Er betreibt seit Jahren npd-blog.info, eine, so der Untertitel, "Dokumentation über die NPD und menschenfeindliche Einstellungen". Sein Buch "Angriff von rechts" springt auf die Meta-Ebene: Gensing hat zwar viele Gespräche, Informationen und Recherchen verarbeitet, baut sie aber nur häppchenweise ein. Fußnoten darf der wissenschaftlich geprägte Leser nicht erwarten; Gensing zielt auf ein breites Publikum - wie die NPD.

Viele der Gensing´schen Thesen sind nicht neu. Wie Parteichef Udo Voigt durch den Schulterschluss mit militanten Neonazis die abgewirtschaftete Altherrenpartei zur schlagkräftigen Vorhut der "Bewegung" umbaute. Wo die Spannungen liegen zwischen Partei-"Bonzen" und glatzköpfigen Straßenkämpfern. Wie die Rechten Vereine und Kommunalparlamente unterwandern - nicht nur im Land Mecklenburg-Vorpommern, aus dem Almuth Knigge eine Reportage beisteuert.

Gensing gibt der SPD eine Mitschuld am braunen Emporkommen, weil sie ihre Aufgabe als Anwalt für sozial Schwache nicht erfülle. Er plädiert für konsequente Anwendung bestehender Gesetze, den Abzug der aus seiner Sicht ineffizienten V-Leute des Verfassungsschutzes aus der NPD und gegen ein Verbot der Partei. Patentrezepte bietet er keine an, wer könnte das schon - die zweite Hälfte des Untertitels "und was man dagegen tun kann" ist ein arg vollmundiges Versprechen.

 


 

Bücher


D. Molthagen, L. Korgel: Handbuch für die kommunale Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin, 356 Seiten.

Christoph Ruf, Olaf Sundermeyer: In der NPD. Reisen in die National Befreite Zone. C.H. Beck, München 2009, 229 Seiten, 12,95 Euro.

Patrick Gensing: Angriff von rechts. Die Strategien der Neonazis – und was man dagegen tun kann. dtv, München 2009. 288 Seiten, 12,90 Euro.