NS-Relativierung in Hamburg: Femen Germany

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Im Zuge ihrer Kampagne „Fickt die Sexindustrie“ machten vergangenen Freitag die Femen auf der Herbertstraße in Hamburg auf sich aufmerksam. Der Vergleich zum Dritten Reich ist kaum verkennbar, zieren doch sogar Hakenkreuze einige der Fotos im Internet. Ein ausführliches Statement? Fehlanzeige. Und so häufen sich nun die Fragen. Femen Germany haben bereits 1.714 sogenannte Facebook-Likes. Die allgemeine Gruppe Femen zählen sogar 80.414.
Grund genug für uns zu fragen wer sind die Femen, wofür stehen sie und welche Botschaften wollen sie uns vermitteln?

Folgenden offenen Brief haben wir formuliert.

 

Offener Brief an die Femen Germany

Wir, e*vibes – für eine emanzipatorische praxis, sind eine feministische/sexismuskritische Gruppe aus Dresden.
Innerhalb der letzten Wochen sind wir über Facebook vermehrt auf euch als Femen Germany aufmerksam geworden. Vergangenen Montag dann haben wir von eurer Aktion in Hamburg erfahren. Nachdem wir den ersten Schock überwunden hatten, haben wir uns ein Herz gefasst und schreiben euch nun diesen Brief. Ein Brief mit einigen der vielen drängenden Fragen.

Auf eurer Seite verlinkt ihr die internationale Seite Femen.org. Das Selbstverständnis, welches dort zu finden ist, haben wir uns einmal genauer angeschaut. Es hat sich gelohnt, denn bereits hier taten sich einige Fragen auf:

 

Können Frauen ohne Brüste Femen sein? Wie definiert ihr „Frauen“?
Was ist mit Trans*menschen?

„Activists of FEMEN – are morally and physically fit soldiers“
Was bedeutet „physisch und moralisch fit“? Können „nicht physisch fitte“ Menschen Femen sein?
Warum Soldat*innen?

Welche Symbolik verbirgt sich hinter den Blumen im Haar? Dies wird aus unserer Sicht innerhalb des Selbstverständnisses nicht ganz deutlich.

„hot boobs, cool head and clean hands“
Wie sehen „nicht heiß“e Brüste aus? Muss die Brust einem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen?
„Kühler Kopf“ steht wahrscheinlich für Intellekt, der auch im Vorfeld schon angesprochen wird. Wie wird Intellekt definiert und was ist mit Menschen, die das gewünschte Maß nicht vorweisen können? Ab welchem IQ darf mensch bei euch mitmachen?
Wofür steht „saubere Hände“? Erste Assoziation: „Ich wasche meine Hände in Unschuld.“

Wie definiert ihr Ideologie, Demokratie und Patriarchat?
Im Selbstverständnis steht, dass sich das Patriarchat auf drei Bereiche begrenzt: Diktatur, Kirche und Sexindustrie. Wie, glaubt ihr, ist es strukturiert?

Unabhängig vom Selbstverständnis auf femen.org haben wir noch ein paar Fragen zu euch als Femen Germany.

Wieso finden die Farben der Nationalflagge Deutschlands (so viel) Verwendung? Inwiefern hängt Nationalismus aus eurer Sicht mit Feminismus zusammen?

Schewtschenko ist eine der ukraininschen Gründerinnen von Femen. In einem Interview mit der Zeit gib sie an, dass sie die Herrschaft der Männer nicht aufheben, sondern umdrehen will. Die einfache Begründung: Schewtschenko glaubt daran, dass Frauen besser mit Macht umgehen können und keine Kriege führen würden. „Warum sonst hat uns die Natur die Fähigkeit gegeben, über die Fortführung von Leben zu entscheiden?“ (vgl. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-01/femen-herbertstras...)
Steht ihr als Femen Germany ebenfalls hinter dieser Aussage?

Wie ihr sehen auch wir, dass Frauen immer noch benachteiligt sind. Dem muss entgegengewirkt werden. Ziel kann dabei aber keine Machtumkehr sein, sondern ebendieses Machtverhältnis muss Gegenstand der Kritik sein.
Auch die biologistische Sicht auf „Mann“ und „Frau“ mit naturgegebenen Eigenschaften teilen wir nicht.

Als wenn das alles nicht schon genug wäre, geht es noch weiter.
Was bitte ist der Inhalt der Kampagne „Fickt die Sexindustrie! – Der Sexindustriefaschismus des 21sten Jahrhunderts“? Wie definiert ihr Faschismus?
Ein Hakenkreuz als Zeichen für das „x“ in „Sexindustrie“?!
Wieso wurde die Aktion auf der Herbertstraße in Hamburg gerade in zeitlicher Nähe zum 27. Januar (Holocaustgedenktag, Befreiung von Auschwitz) durchgeführt? Die Bedeutung des Tages war euch sicher bewusst, da ihr die bekannteste KZ-Toraufschrit „Arbeit macht frei“ an das Eingangstor zur Herbertstraße geschrieben und Sätze wie „Prostitution is genocide“ verwendet habt.
Ihr setzt die Shoa und den Porajmos mit Prostitution gleich – als würden Frauen gezielt und industriell zu Millionen ermordet, weil sie Frauen sind. Das ist wirklich nicht zu fassen und in keiner Weise tragbar.
Faschismus, Genozid und Holocaust werden hier relativiert und verharmlost.
Die unhistorische Verwendung des Satzes „Arbeit macht frei“ erfüllt in Deutschland den Straftatbestand der Volksverhetzung. Zudem werden durch eure Verwendung des Hakenkreuzes und des besagten Satzes diese in feministischer Verpackung, in Deutschland, wieder hoffähig gemacht.

Wir wären nicht überrascht euch am 13. Februar in Dresden zu sehen, mit euren Fackeln, Seite an Seite mit Alt- und Neonazis, in Gedenken an die vielen durch die Alliierten getöteten Frauen.

e*vibes

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Man könnte hier noch anmerken, dass die Aktion der Femen auch deshalb ein Geschmäckle hat, weil die deutschen Faschisten nachweislich mit Gewalt und Einschüchterung gegen Prostituierte vorgegangen sind. Zwar war Prostitution an sich nicht verboten und auch gab es Lagerbordelle, aber viele Frauen in diesem Beruf litten unter massiven Repressalien durch die Rechten.

"Wieso wurde die Aktion auf der Herbertstraße in Hamburg gerade in zeitlicher Nähe zum 27. Januar (Holocaustgedenktag, Befreiung von Auschwitz) durchgeführt? Die Bedeutung des Tages war euch sicher bewusst, da ihr die bekannteste KZ-Toraufschrit „Arbeit macht frei“ an das Eingangstor zur Herbertstraße geschrieben"

 

Es geht auch um Provokation und Übertreibung. Es wird vieles zusammengeschmissen, was beschissen ist, um möglichst viel Negatives in wenigen Bildern / Sekunden darzustellen. Die machen sich da wohl kaum große Gedanken darüber, was sie präsentieren, hauptsache es fällt auf, denn diese Kombination gab es vorher wohl noch nie.

Im Endeffekt ist das Datum doch völlig egal. Schießlich haben die Nazis nicht nur in Auschwitz getötet!

Nazis können auch an dem Tag eine Demo anmelden und es kann nur, weil es am 27.1. ist, normalerweise nicht verboten werden.

 

Gesamteindruck und darum geht's. Gegen Sexismus,

Bis es mal von den Zuhältern ins Brett gibt. Ohne Polizeischutz können FEMEN soetwas nicht veranstalten