Bewegungen für eine Unabhängigkeit gibt es innerhalb des spanischen Staats nicht nur in Katalonien oder im Baskenland, eine Reihe von Bewegungen, die aufgrund historischer oder ideologischer Gründe für eine Eigenständigkeit einstehen und entsprechende Entscheidungsrechte fordern, sind weitgehend unbekannt: Kastilien, Andalusien, Galizien.
Im Folgenden beschäftigt sich BASKINFO mit den Kanarischen Inseln – wer weiß heute noch von den Guanchen, den Ureinwohner/innen des Archipels?
Die erste Besiedelung der Kanaren ist zeitlich nicht bekannt. Es gibt viele Vermutungen und Hinweise, dass es sich um Berberstämme aus Nordafrika handeln könnte. Die belegbare Geschichte der Kanarischen Inseln beginnt erst mit der Eroberung der Inselgruppe durch den Normannen Jean de Béthencourt und seinem Gefolgsmann Gadifer de la Salle Anfang des 15.Jahrhunderts. Béthencourt wurde vom kastilischen König Heinrich III. unter dem Deckmantel christlicher Mission, aber doch eher aus wirtschaftlichem Interesse, auf die Kanaren geschickt. Die Eroberung aller Inseln erstreckte sich über fast ein Jahrhundert, von der ersten Ankunft Béthencourts 1402 auf Lanzarote bis zur Unterwerfung der letzten Insel Teneriffa durch Alonso Fernández de Lugo 1496 (nach dem Start der Eroberungsreisen von Kolumbus). Während dieser Zeit ging die bis dahin noch steinzeitliche Kultur der Guanchen, der Ureinwohner der Inselgruppe, nahezu verloren, einerseits durch massive Unterdrückung durch die Eroberer, andererseits durch Interesse der Altkanarier an mitgebrachten Neuerungen. Seit dem Ende der Eroberungszüge 1496 gehörten die Kanaren politisch zu Kastilien, später zu dem, was wir den spanischen Staat nennen.
Die neuen Herren über die Inseln verschrieben sich der Umsiedlung der Altkanarier innerhalb des Archipels, verkauften sie als Sklaven aufs Festland und setzten die Bewohner einem verstärkten Assimilationsdruck aus. Im Zuge dieser Politik übernahm die einheimische Bevölkerung weitgehend die fremde Kultur und Sprache, so dass sie bereits 1514 den Kastiliern rechtlich gleichgestellt wurde; sie wurde Teil des etablierten Feudalsystems. Doch trotz der faktischen Ausrottung der Guanchen ist der Wille nach Selbstbestimmung nicht gebrochen.
Antonio Cubillo Ferreira ist Ende des Jahres 2012 im Alter von 82 Jahren gestorben, mit ihm hat die kanarische Bewegung MPAIAC (Movimiento por la Autodeterminación e Independencia del Archipiélago Canario – Bewegung für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit des Kanarischen Archipels) ihren vorläufig letzten bekannten Sprecher verloren.
Im April 1978 war der auf Teneriffa geborene Cubillo in Algerien Opfer eines Mordanschlags der spanischen Polizei in einer bewaffneten Aktion der "schmutzigen Krieges", seitdem ging er an Krücken. Er war Anwalt und bestand bis in seine letzten Tage auf kanarische Selbstbestimmung gegenüber dem spanischen Staat. Seit 1964 fordert dies die MPAIAC, darüber hinaus sollen spanische Militärs die marokkanischen Enklaven Melilla und Ceuta verlassen, sowie die Chafarinas-Inseln, und die Mini-Inseln Vélez de la Gomera, Alhucemas und Perejil, im Mittelmeer vor der marokkanischen Küste.
Cubillo sagte, "zwischen uns Afrikanern werden wir immer eine Lösung finden, ohne die Intervention Dritter, und wir müssen bedenken, dass der wichtigste Widerspruch der spanische Kolonialismus ist”. Der Sprecher der Unabhängigkeitsbewegung schlug vor, die afrikanischen Regierungen von Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen, sowie Vertreter der Westsahara, der Kanarischen Inseln, der Polisario-Front und die MPAIAC zu versammeln, um zu versuchen, so die spanische Besetzung in Afrika zu beenden. Von seiner Kanzlei aus startete er die Bewegung "Freie Kanaren", die 1961 umbenannt wurde in “ Autonome Bewegung Kanaren" – im tiefsten Franquismus, daran soll erinnert werden. Wegen dieser Aktivitäten wurde er wurde in jenem Jahr verhaftet und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Im März 1962 wurde er erneut verhaftet mit der Beschuldigung illegaler Propaganda und Beleidigung des Staatsoberhauptes. Er konnte jedoch aus dem spanischen Staat fliehen, als er auf Bewährung aus dem Gefängnis war. Nach Reisen durch Marokko, Paris und Moskau führte ihn seine Flucht 1963 nach Algerien, wo er mehrere Jahre als Spanisch-Lektor und Lehrer für Internationales See-Recht Law an der Universität arbeitete, bis er diese Tätigkeit aufgab, um sich ganz der Politik zu widmen.
Am 23. Oktober 1964 gründete er die Bewegung für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit der Kanarischen Inseln (MPAIAC), die im Jahr 1968 vom Befreiungs-Komittee der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) anerkannt wurde. Am 5.April 1978 wurde er in seinem Haus in Algier von Mitgliedern der spanischen Sicherheitskräfte angegriffen. Er konnte sich retten, trug aber irreversible Schäden an der Wirbelsäule davon. Cubillo beschuldigte die spanischen Behörden der Beteiligung an dem Angriff, tatsächlich wurde 1984 die Verwicklung von spanischen und deutschen Geheimdiensten aufgedeckt. Nach 24 Jahren im Exil in Algerien kehrte er im August 1985 auf die Kanaren zurück, mit der Absicht, neben seiner Anwaltstätigkeit an politischen Aktivitäten der Kanarischen Inseln teilzunehmen.
Verwicklung der BRD in die Ermordung Cubillos ?
Der deutsche Agent Werner Mauss war nach einem SPIEGEL-Bericht in den Mordanschlag auf Cubillo verwickelt. Es bestehen Parallelen zum "Celler Loch". Dies wurde jedenfalls nie aufgeklärt