Batasuna (Einheit) soll, so behauptete Spanien stets, zur Untergrundorganisation ETA gehört haben, doch da der Nachweis nie gelang, war die Partei im französischen Baskenland nie verboten und nahm weiter an Wahlen teil. Zwei Geschwindigkeiten deuten sich nun im Kampf der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung im spanischen und französischen Teil an. Noch ist unklar, welche Struktur die linke Unabhängigkeitsbewegung im französischen Teil des Baskenland (Iparralde) erhalten wird. Debattiert wird, ob man sich in die neue Linkspartei Sortu (Versammeln) integriert oder eine eigene Struktur zu bilden.
Zwei Geschwindigkeiten kündigen sich im Kampf der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung im spanischen und französischen Teil an
"Wir sind hier, um die Auflösung von Batasuna zu verkünden", erklärten die Führungsmitglieder der baskischen Partei Maite Goienetxe und Jean Claude Agerre im französisch baskischen Baiona (Bayonne) am Donnerstag. Batasuna (Einheit), in Spanien seit 2003 verboten, war in Frankreich stets legal. Eine Verstrickung zur Untergrundorganisation ETA konnte nie bewiesen werden, die Spanien sie stets behauptete. Goienetxe und Agerre erklärten, wichtig für die baskische Linke sei nicht ein Name. "Bedeutsam ist, zu garantieren, dass unser Kampf effizient ist", sagte Goienetxe. "Die politischen Instrumente dafür müssen sich an die jeweilige politische Lage anpassen." Die Veränderungen der letzten Jahre hätten zum Entschluss geführt, "Batasuna aufzulösen".
Die zentrale Veränderung war, dass die linke Unabhängigkeitsbewegung sich immer deutlicher von der Gewalt der ETA distanziert hat. Ein vereintes, sozialistisches und unabhängiges Baskenland soll allein mit friedlichen und demokratischen Mitteln erreicht werden. Die Bewegung zwang die ETA vor zwei Jahren zunächst zu einer Waffenruhe. Nachdem von ihr im Oktober 2011 offen auf einer Friedenskonferenz im baskischen Donostia-San Sebastian gefordert worden war, einseitig ihren bewaffneten Kampf einzustellen, erklärte die ETA diesen Schritt.
Verändert hat sich auch, dass es misslang, die neue Linkskoalition Bildu (Sammeln) zu verbieten. Die Koalition ist zweitstärkste Kraft und erzielte bei den baskischen Regionalwahlen 25 Prozent ein Rekordergebnis. Das Verfassungsgericht in Madrid hob auch das Verbot der neuen Partei Sortu (Aufbauen) auf. Im Dezember erstatten die früheren Batasuna-Führungsmitglieder Pernando Barrena, Joseba Alvarez und Maribi Ugarteburu Bericht über die Debatten zur inhaltlichen Ausrichtung von Sortu. Bekräftigt wurde der Kurs, über "einseitige Schritte" die bewaffnete Konfrontation der letzten fünf Jahrzehnte zu überwinden. Auch die Bündelung der linken Kräfte in Bildu wird als Schlüssel für die Erreichung der Ziele gesehen.
Goienetxe und Agerre sagten auf der Pressekonferenz nicht, wie die zukünftige Struktur im französischen Teil sein wird. "Darüber werde nachgedacht", sagen sie. "Die abertzale Linke hat in den vergangen 50 Jahren stets ihren politischen Ausdruck gehabt und wird ihn auch in der neuen Situation haben", bekräftigten sie. Fast ablehnend wurde allerdings auf die Frage reagiert, ob man sich in Sortu integrieren werde. Zwar zeigt sich Ugarteburu überzeugt, dass dieser Schritt erfolgt, doch ausgemacht ist das noch nicht. Diskutiert wird an der Basis in Iparralde (drei Provinzen im französischen Teil des Landes) auch, ob es nicht wichtiger sei, wegen der unterschiedlichen soziologischen Realitäten eine eigene Struktur zu schaffen, um auf die jeweils unterschiedlichen sozialen und politischen Realitäten auch effizient Antworten zu können. Letztlich hat auch der inhaftierte Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi in dem gerade veröffentlichten Buch darüber reflektiert, dass die Lage in beiden Seiten des Landes unterschiedlich ist. Während sich die Spanien längt mit der möglichen Abspaltung von Basken auseinandersetzen muss, erklärte Otegi zum französischen Teil des Landes: "Im Fall der französischen Gesellschaft glaube ich ehrlich, dass wir noch
nicht die notwendigen Bedingungen geschaffen haben, dass man das dort ernsthaft
in Erwägung zieht, wenn man in Begriffen bedeutsamer Strömungen spricht."
Viele Batasauna-Mitglieder in Iparralde halten es aus einer ähnlichen Analyse für besonders bedeutsam, zunächst zur Einheit der linken Unabhängigkeitsbewegung in den drei Provinzen zu kommen. Die Vereinigung mit Abertzalen Batasuna (AB), eigentlich bei der Gründung von Batasuna 2001 angestrebt, steht deshalb ganz oben auf der Tagesordnung. Sie wurde im Prozess vom Übergang von Herri Batasuna (Volksunion) zu Batasuna nicht erreicht. Wegen dem ambivalenten Verhältnis Batasunas zum Kampf der ETA verweigerte sich AB damals der Integration in Batasuna. Anfang des Jahrtausends Jahren schlossen sich verschiedenen Organisationen in allen baskischen Provinzen zu nationalen Organisationen zusammen. Während das allseits erfolgreich war, ging Batasuna statt gestärkt sogar geschwächt aus diesem Prozess hervor, weil sich nicht nur AB verweigerte, sondern eine Strömung ausstieg und mit Aralar eine eigene Partei gründete, die inzwischen aber Teil von Bildu ist.
Im französischen Teil des Landes tritt Bildu aber bisher nicht auf. Batasuna trat bei Wahlen in der Koalition Euskal Herria Bai (Ja zum Baskenland) gemeinsam mit AB.. Zuletzt wurde bei den Parlamentswahlen im vergangenen Juni die Forderung nach einem eigenen Autonomiegebiet in Frankreich aufgestellt. Bisher gehört das französische Baskenland zum Departements Aquitanien, was eine institutionelle Zusammenarbeit erschwert.
Erst im November hatte das französische baskische Führungsmitglied der Partei für Aufsehen erregt. Nachdem einst ihre Verhaftung und Auslieferung nach Spanien von einer Menschenmenge verhindert werden konnte, war Aurore Martin verhaftet und nach Spanien ausgeliefert worden. Erstmals wurde auf Basis eines europäischen Haftbefehls ausgerechnet unter einer sozialistischen Regierung eine französische Staatsbürgerin an Spanien ausgeliefert, gegen die in Frankreich keinerlei Vorwürfe erhoben wurden. Schließlich war Martin Mitglied einer legalen französischen Partei. Das wurde im Baskenland als Anschlag auf den Friedensprozess und als Zeichen gewertet, dass weder Frankreich noch Spanien an einer Friedenslösung interessiert sind und weiter auf Repression setzen.
Allerdings kam es im französischen Baskenland zu einem ungeahnten Aufschrei. Über alle Parteigrenzen hinweg solidarisierten sich auch Führungsmitglieder der Sozialisten und sogar der rechten UMP mit Martin und, verteidigten die "Meinungsfreiheit" und forderten "die sofortige Rückführung unserer Landsmännin auf französisches Gebiet." Vor Weihnachten hat der enorme Druck seine Wirkung über Paris bis nach Madrid erzielt. Das angebliche Mitglied einer terroristischen Vereinigung wurde freigelassen, nachdem sie 15.000 Euro Kaution hinterlegt habe. Die angebliche Fluchtgefahr war plötzlich nicht mehr gegeben.
© Ralf Streck, den 04.01.2013
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So what
Na und? Ist jetzt jede linke Partei, die sich irgendwo auflöst, erwähnenswert? Dass kann uns revolutionären Linken doch am Arsch vorbeigehen.
Dir geht einzige linksradikale Partei in Euro am Arsch vorbei,
die es schafft, 25 Prozent der Bevölkerung bei Wahlen hinter sich zu bringen. Du bist echt lustig oder hast schlicht von einem viel: keine Ahnnung.