Zeitungssterben oder: Über die Chancen linker Zeitungen

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Die linksliberalen Zeitungen Frankfurter Rundschau und Financial Times Deutschland stehen vor dem Aus. Der Besitzer der einen, M. DuMont Schauberg, stellt die FR zugunsten der Berliner Zeitung ein, der Besitzer der anderen, Gruner + Jahr, die FTD zugunsten des hauseigenen Wirtschaftsmagazins Capital.

 

Auch wenn die ein oder andere Linke FTD und manche WG die FR liest, sind dies keine Tageszeitungen für oder gar von radikalen Linken. Aber wie alle Zeitungen stehen auch die linken Tageszeitungen in der BRD, neues deutschland und junge Welt, finanziell auf wackligen Beinen. Vor einigen Wochen hat die jW Warnmeldungen gesendet, auch das nd wirbt um Abos, um das Überleben für die nächsten Jahre zu sichern. nd und jW haben weniger als 40% der Auflage von FR und FTD und schaffen es vermutlich dennoch, sich länger am Markt zu halten – ein Grund für klammheimliche Freude?

 

neues deutschland hat sich in den letzten Jahren äußerlich und inhaltlich stark gewandelt. Seit Umstellung auf Farbdruck und mit einem neuen, jungen und ehemals politisch aktiven Chefredakteur gewinnt diese Tageszeitung ein neues Profil, womit sie hofft, dem aktuellen Zeitungssterben zu entgehen. Wie die junge Welt ist die Zeitung dort, wo es politisch brennt: Vom G8 in Heiligendamm bis zu Blockupy in Frankfurt. Soziale und politische Kämpfe sind die Schwerpunkt dieser beiden linken Tageszeitungen, wenn auch mal etwas zu dogmatisch oder DDR-lastig.

 

Natürlich stellt sich die Frage, ob man in Zeiten des Internets überhaupt noch Printmedien braucht. Da aber auch die Zukunft von Indymedia Deutschland in den Sternen steht (siehe: http://www.neues-deutschland.de/artikel/804167.deutsches-indymedia-vor-d... ), ist auch eine kontinuierlich arbeitende und pluralistisch orientierte Internet-Plattform als linksradikales Medium nicht gewährleistet. Auf Indymedia ist über die Aktivitäten politisch Aktiver zu lesen – und das ist notwendig –, aber gute analytische und aktuelle Beiträge zur Politik in aller Welt, finden sich eher in Zeitungen als in Internetmagazinen.

 

Die Gegenöffentlichkeit, die linke Internet- und Printmedien gemeinsam schaffen, sind wichtig für Linke und ihre Kämpfe. Die taz hatte ihre Bedeutung dabei in den 1980er Jahren, aber spätestens als rot-grüne Regierungstageszeitung ab Ende der 1990er abgewirtschaftet. Als linke Tageszeitungen blieben nd und jW, beide mit klarer Anti-Kriegs-Position, internationalistischen Grundauffassungen und Nähe zu radikal linken Bewegungen. Während die taz die Bewegungen für sich zu vereinnahmen suchte, die taz-Webseite nach dem Prinzip facebook als Plattform zur Verfügung stellte, lassen nd und jW die Bewegungen selbst zu Wort kommen, ohne sich nach taz-Art hämisch über sie Lust zu machen.

 

Heute sind wir weit entfernt davon, selbst eine eigene Wochen- oder gar Tageszeitung auf die Beine zu stellen. Vielleicht wird das auch nie mehr möglich sein. Solange es noch linke Printmedien gibt, müssen sie auch genutzt werden, dass gilt vor allem für die eigenen Blätter wie zum Beispiel die bundesweit erscheinende Interim, die ihr wöchentliches Erscheinen inzwischen auf monatlichen Rhythmus umgestellt und damit auch inhaltlich eingebüßt hat, aber auch für Medien, die uns insofern nahe stehen, indem sie uns einen Ort für unsere Kämpfe und Inhalte einräumen.

 

Schade, dass es den Springer-Zeitungen scheinbar noch so gut geht. Aber auch in diesen Zeitungen stehen manchmal nützliche Informationen...

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Die Interim hat keine inhaltliche einbußen weil sie auf monatlichen Betrieb umgestellt hat, sondern hat auf monatlichen Betrieb umgestellt eben weil sie inhaltlich schon länger so gut wie nichts mehr zu bieten hat und deswegen keinen mehr interessiert!

Und zur Jugen Welt: Dogmatik und Diktaturen-Glorifizierendes sind  ihre Schwerpunkte, wenn auch mal etwas zu sozialem und politischen Kämpfen drinsteht und nicht andersrum! Von demher wundert es mich nicht das sie so langsam ins Wanken kommen, den auch die ehem. DDR-Kader altern und sterben irgendwann mal und darüberhinaus lesen sie gottseidank nur noch wenige.

das problem dieser zeitungen ist, das sie ihr produkt nicht mehr vernünftig verkaufen konnten.

das wiederum hat etwas mit den allgemeinen veränderungen der medien zu tun.

laut noam chomsky ist das produkt, das zeitungen (aber auch andere medien) verkaufen der konsument/die konsumentin.

in diesem sinne findet einfach nur ein konzentrationsprozess statt (auch marktbereinigung genannt).

 

anders sieht es in bestimmten nischen aus.

so müssen weder die contraste, graswurzel noch direkte aktion um ihre existenz fürchten.

projekte wie die gai dao, stellen sogar gerade von reiner webpräsenz (pdf und ebook) auf druck um (und leisten sich dabei den luxus trotzdem weiterhin auch als pdf und ebook zu erscheinen) das besondere an all diesen projekten: sie werden von teilen der bewegung getragen und werden in eigener regie hergestellt und vertrieben. bei diesen zeitungen handelt es sich bei den zeitungen selbst um das produkt das verkauft (unter die leute gebracht) werden soll.

 

ob es "die linke" schafft sich medien zu schaffen die ihren anprüchen entspricht und dem allgemeinen trend des "zeitungssterbens" entgegen wirken können hängt von vieen faktoren ab.

 

schlußbemerkung:

interessanter zu beobachten ob dieses oder jenes blättchen zu gemacht wird, ist doch wieviele medien konzerne es eigentlich gibt, wem sie gehören und von wem sie ihre nachrichten einkaufen. so war es zum beispiel nicht wirklich verwunderlich das sowohl in der taz als auch in der ftd ein artikel zum thema "anarchie im heidiland?" auftauchte,...

Es gibt noch immer genug zu sagen. Bei der Interim landet das Zu-Sagende nicht mehr. Aber vielleicht muss man es auch organisieren, Autor*innen fragen usw anstatt nur eine Plattform anbieten, in der jeder Texte einschicken kann.

So finde ich wirklich spannend, was das Neue Deutschland gerade für eine Entwicklung durchmacht. Das könnte (m)eine neue Zeitung werden.

Wenn ich mir zum Beispiel folgendes anschaue, kann ich nur sagen: WOW!

http://www.neues-deutschland.de/rubrik/antifa-area
http://www.neues-deutschland.de/rubrik/in-bewegung

Die anarchistische Presselandschaft kann sich nicht beklagen. Die "graswurzelrevolution" und die "Direkte Aktion" konnten ihre Abozahlen in den letzten Jahren steigern. Ausserdem gibt es ab Januar 2013 eine neue monatliche anarchistische Zeitschrift in gedruckter Form: Die "GaiDao"!

 

graswurzelrevolution: www.graswurzel.net

DIREKTE AKTION: www.direkteaktion.org

GaiDao: www.fda-ifa.org/category/gai-dao/

Die antiisraelische, islamistische "jW" braucht kein Mensch. Glaubt mir, ich schreibe aus Erfahrung. (Hab' die Zeitung jahrzehntelang gelesen - und kann nur davon abraten.)

 

Ansonsten gibt's ja jede Menge kleinere linke, anarchist. a.s.o. Zeitungen. Will sagen: Kein Grund zur Panik!

bist du echt so dumm? also echt wirklich?

Du hast recht. islamistisch ist zu undifferenziert. Bei der jW gibt's neben Israelhassern auch Nationalbolschewiken, Traditionskommun., Querfrontler, Verschwoerungstheoretiker, Ostalgieker, und ausserdem auch richtig gute Journalisten...

 

Will nur sagen dass in den letzten Jahren islamist. Organisationen wie "Hamas" und "Hisbollah" all zu stark hofiert worden.

 

(Die nicht-gendergerechte Schreibweise moege mensch mir verzeihen, selbstverstaendl. sind genauso Frauen gemeint.)