Demonstration gegen Rassismus in Leipzig mit über 1.500 Teilnehmer*innen

rassismus tötet demonstration leipzig (1)

Am 27.10.2012 demonstrierten in Leipzig über 1500 Menschen unter dem Motto „Never forgive, Never forget – Remembering means fighting“ gegen Rassismus. Ein Anlass der Demonstration, die von der Leipziger Kampagnengruppe „Rassismus tötet!“ organisiert wurde, war der zweite Todestag von Kamal K., der im Oktober 2010 am Leipziger Hauptbahnhof von zwei Neonazis ermordet wurde. Auch an die fünf anderen Menschen, die seit 1990 in Leipzig gewaltsam zu Tode kamen, weil sie nicht ins Weltbild ihrer Mörder passten, wurde im Rahmen der Demonstration erinnert.

 

So lief der Demo-Zug am Schwanenteich an der Oper vorbei, wo der wohnungslose Karl-Heinz T. im August 2008 von einem Nazi schwer verletzte wurde, so dass er wenig später an den Folgen verstarb. An der Ritterpassage gegenüber des Hauptbahnhofes gedachten die DemonstrationsteilnehmerInnen mit einer Schweigeminute des ermordeten Kamal K. Mit einer Zwischenkundgebung vor der Staatsanwaltschaft wurde die negative Rolle von staatlichen Behörden und Justiz bei der Aufklärung und Anerkennung solcher Gewalttaten als rechts motiviert kritisiert. Der Stützpunkt der lokalen und regionalen Naziszene, das NPD-Zentrum in der Odermannstraße 8, war der letzte Punkt der Demonstration.

 

Zahlreiche Redebeiträge thematisierten den allgegenwärtigen gesellschaftlichen und staatlichen Rassismus. Migrant*innen erfahren in Deutschland tagtäglich Diskriminierung und Ausgrenzung. Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl suchen, sind davon besonders betroffen. Sie dürfen weder in eigenen Wohnungen leben noch dürfen sie sich frei bewegen oder einer Erwerbsarbeit nachgehen. Diese politisch gewollte Ausgrenzung geht mit einem krassen gesellschaftlichen Rassismus einher. Auch heute organisieren sich bundesweit Bürger*innen gegen die Errichtung von Asylsuchenden-Unterkünften. In Leipzig machten im Sommer vor allem AnwohnerInnen in Portitz und Wahren gegen Flüchtlinge mobil und propagierten rassistische Ressentiments.

 

„Wir haben mit der Demonstration ein unmissverständliches Zeichen gegen den rassistischen Normalzustand gesetzt und die Menschen gewürdigt, die durch menschenverachtende Gewalt sogar ihr Leben lassen mussten. Rechte Gewalt ist immer Produkt eines gesellschaftlichen Klimas.“ so Miriam Schleicher, Pressesprecherin der Leipziger Kampagnengruppe.
„Dass die Polizei dieses Klima prägt zeigen nicht nur ihre rassistische Kontroll- und Strafverfolgungspraxis („racial profiling“) oder die nachlässige Ermittlungsarbeit bei rassistisch motivierten Übergriffen. Auch der vollkommen überdimensionierte Einsatz bei der Demonstration beweist, dass antirassistische und antifaschistische Praxis dem Staat ein Dorn sind.“


Die Polizei begleitete die Demonstration mit einem massiven Aufgebot – teilweise umschlossen drei- bis vierreihige Polizeieinheiten den Zug – so dass das inhaltliche Anliegen zum Teil nicht mehr transportiert werden konnte. Mehrere kommunikative Versuche diese Situation zu ändern, scheiterten. Erst durch den Stopp der Demonstration an der Angerbrücke konnte der Rückzug von Beamt*innen erwirkt werden.


Als in der Innenstadt ein 15 mal 5 Meter großes Transparent mit dem Schriftzug „Rassismus tötet. Durch Pogrome, Asylgesetzgebung, geistige Brandstiftung, Pogrome“ enthüllt wurde, reagierten die polizeilichen Einsatzkräfte vollkommen hysterisch. Mehrmal wurde der Demonstrationszug zudem grundlos abgefilmt.
„Scheinbar will die Polizei antirassistisches und antifaschistisches Engagement repressiv unterbinden und auch in der Öffentlichkeit als potentiell kriminell darstellen. Das lassen wir uns nicht bieten. Wir werden weiter gegen den rassistischen Normalzustand kämpfen.“ so Miriam Schleicher im Namen der Leipziger „Rassismus tötet!“-Gruppe.

 

Schon nächste Woche wird es in Leipzig dazu Gelegenheit geben (genaue Informationen folgen). Am 1.11.2012 will die NPD in Leipzig zwei Kundgebungen abhalten. Eine davon vor einer zukünftigen Unterkunft für Asylsuchende in Wahren, die andere vor einer Moscheegemeinde in der Roscherstraße. Vor diesem Hintergrund melden sich Wahrener Bürger*innen wiederum aggressiv und rassistisch zu Wort. Das Problem ist für sie allerdings nicht die NPD und deren rassistisches Weltbild, sondern die Unterbringung von Asylsuchenden in ihrer Nachbarschaft und vermeintliche „Linksextremist*innen“, die die „beschauliche Ruhe“ in Wahren stören.
„Wir werden die rassistische Stimmungsmache der Wahrener*innen, die sich als Kritik an mangelnder Einbeziehung durch die Stadtverwaltung tarnt, nicht unwidersprochen stehen lassen.“

 

Bilder von der Demo:

https://secure.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157631867214521/

https://secure.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157631866632368/

https://secure.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157631865892853/

 

Presse:

LVZ

LIZ

MDR

 

 


 

"Der Kampf geht weiter"

 

Termine, auf die während der Demonstration hingewiesen wurde:

 

3.11.: Weißenfels ins rechte Licht rücken – Antifaschistische Demonstration

 

9.11.: Kein Nazi-Fackelmarsch durch Wolgast! Flüchtlinge bleiben!

Am 9.November will die NPD einen Fackelmarsch zum örtlichen Asylbewerberheim in Wolgast veranstalten. Bereits seit Monaten hetzt die lokale Bevölkerung in Tateinheit mit Neonazis gegen Flüchtlinge. Informationen zu Gegenaktivitäten: "Rassismus tötet!" / "Stop it!"

 

6.11-15.11. Mobilisierungsveranstaltungen für die Demonstration in Mölln:

Die Kampagne “Rassismus tötet!” zeigt den Film Nach dem Brandin verschiedenen Städten und möchte somit einen Teil zur Aufarbeitung des Anschlages beitragen. Die Filmvorführungen stehen im Rahmen der Mobilisierung zur Gedenkdemo in Mölln am 17. November.

 

17.11.: Mölln '92 - Gedenken und anklagen!

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die fertig belegten brötchen waren eine super idee. besser als gulaschkanone.

leider war es bitter kalt, was mensch vlt. erwarten hätte könnte. es dauerte 30 min bevor es losging. rechnet mensch noch die zeit dazu, welche mensch vorher wartet, dann war es schon krass kalt, so lange zu stehen. besser, den redebeitrag zu verschieben. keine überraschung, dass dann die ersten schritte ziemlich schnell gemacht wurden.

die person, welche die lauti ansagen macht, bitte austauschen. eigene leute fertig zu machen, nur weil sie nichts rufen, ist nicht ok. außerdem beleidigt es vor allem die leute, die etwas rufen. den aufruf, häuser zu besetzen, ist nicht legal und hätte zu einer polizeilichen intervention führen können. lieber auf gentrifizierung allgemeiner aufmerksam machen und auf das entsprechende grundgesetz hinweisen.

die israel-flagge blieb bis zum schluß, obwohl es eine antinationale demo war.

2 böller knallten und das stieß auf etwas applaus. beides nicht gut.

besser hätte die route nicht gewählt werden können. südstadt, riesige polizeiwache (alle tore waren zu), innenstadt, odermannstraße.

mindestens ein polizist (2m groß) wollte seine nase nicht zeigen. vlt. mal eine sammlung erstellen und diese dann publizieren

TOP+MOBI ORGANISATION.

sprechöre: kamal k., das war mord, widerstand an jedem ort.

we are here and we will fight, freedom of movement is everybodys right.

kein tag länger das nationale zentrum.

wir sind hier aus purer feindschaft, gegen eure volksgemeinschaft.

auch wenn sie's nicht vermuten, wir sind die guten, hallo.

kein mensch ist illegal, bleiberecht überall / stacheldraht zu altmetall.

no border, no nation, stop deportation.

mdr sogar mal mit einem bericht, der für deren verhältnisse gut war. vlt. war es vom deren journalistInnen auch nur eine racheaktion gegen die "oberen", weil diese es nicht als nötig betrachten, eine so große DEMO zu filmen.

Ich finde deinen Post gut möchte aber noch etwas ergänzen!

"die israel-flagge blieb bis zum schluß, obwohl es eine antinationale demo war."

Wenn mensch sich an der Israel-flagge stört war es eine im schlechtesten Sinne anti-nationale Demo. Nationalstaatlichkeit ist freilich nichts emanzipatorisches und dementsprechend ist Antinationalismus etwas gutes ABER wenn dieser Antinationalismus nicht in der Lage ist zu differenzieren, dann wird es gefährlich, denn es wird so getan als wäre Israel ein Staat wie jeder andere, ist er aber nicht, er ist Schutzraum von Jüd_innen!

Wenn deutsche Antifas sich ausgerechnet an der Fahne des Staates der Shoa-Überlebenden stören, zeigt es wie lächerlich das linke Gerede davon ist, "aus der Geschichte gelernt" zu haben.

Schön dass in Leipzig noch Israel-fahnen gezeigt werden können, ohne dass einem linke Szene-polizist_innen auf die Fresse hauen. =)

Es war mindestens einmal durch den Lautsprecherwagen zu hören, dass die Israelfahne unerwünscht ist und diese doch einzurollen sei. Dies find ich gut und auch richtig. Es handelte sich nämlich bei der Demonstration um eine antirassistische und wer seine Solidarität mit Menschen, die seiner Meinung nach bedroht oder unterdrückt werden zeigen will kann sich gerne eine rote Fahne nehmen aber bitte doch keine von Nationen die gerade für Bedrohung und Unterdrückung stehen.

 

Das die Menschen, die diese Fahne bei sich hatten diese trotz Aufforderung nicht eingerollt hatten, zeigt wie Selbstdarstellerisch und Arrogant diese doch waren und sich kein bisschen für die Demo interessierten!

"person, welche die lauti ansagen macht, bitte austauschen" - finde ich echt überzogen. Ich fands auch n bisschen forsch gegenüber den Demoteilnehmern. Aber die haben doch echt nen guten Job gemacht und der Satz das war nun wirklich nicht kennzeichnend für die komplette Demo. Wenn man mal bedenkt wie Leipziger Demos sonst so sind. Ich will damit nicht andere Demos in Leipzig und ihre MacherInnen in abrede stellen. Aber wenn ich die letzten male in LE bei Aktionen war, fehlte mir da einfach die Wut und eine ehrliche emotionalisierung für die sache für die man sich dort versammelt. Fand's sehr ehrlich und auf den Punkt gebarcht was die auf dem Lauti gesagt haben - das betrifft die Ansagen als auch de Beiträge, die ich alle sehr gut fand.
Auch sonst fand ich die Demo klasse. Die Schilder auf der kompletten Demo, wirklich laut. Alles in allem arbeitet sich Leipzig wieder an unserer Zeit in Ende der 90er/Anfang der 00er Jahre ran, bevor in LE vieles gegen den Baum gefahren ist. Hab lange nicht mehr ne Demo in der Messestadt erlebt, die mir so aus dem Herzen gesprochen hat. Weiter so Leipzig!

wenn auch nur in kompakt

http://www.mdr.de/mediathek/fernsehen/sendung183576_zc-7931f8bf_zs-2d796...

4:29-4:59

wird aber nicht in der inhaltsvorschau erwähnt. mdr sagt 1000 leute bei der demo und liegt über der polizei-angabe

Lautimoderation war Klasse.
Voll dabei, angenehm gemacht, kritisch geaeussert.
Beide!

Generell war die ganze Sache mit sehr viel Aufwand vorbereitet koennte ich mir vorstellen, Hut ab dafuer.

Nationalflagge leider bis zum Ende nicht verschwunden. Ordner*Innen konzentrieren sich schon oft nur auf die Ersten Reihen. Aber generell wuerd ich dafuer nicht die Demo-Leitung verantwortlich machen, kam keine Kritik aus der Demo, jedenfalls keine die ich mitbekommen haette. Schade.