Weit über zehntausend Menschen demonstrierten in Ulm um Ulm und um Ulm herum in vielfältigen Formen gegen die süddeutsche Nazimobilisierung in Ulm / Neu Ulm. Daß die Faschisten ihre Demonstration durchführen konnten, ist vor allem auf die äußerst repressive Polizeitaktik, die hunderte Platzverweise erteilte, mit der Pferdestaffel in die Menschen hineinritt, Schlagstöcke, Wasserwerfer und Pfefferspray einsetzte. Zahlreiche Fotos von den Protesten und einige aus der faschistischen Demo.
Aus dem Erfahrungsbericht eines Teilnehmers:
Am 1. Mai war ich in Ulm um an den Protesten gegen den Naziaufmarsch teilzunehmen.
In den Medien liest man im Allgemeinen, das die Krawalle aus dem linken Lager kamen und die Lage fast außer Kontrolle geriet.
Für mich, der direkt ganz vorne dabei war und die “Lage” beobachten
konnte, stellte sich das etwas anders dar. Abgesehen von einzelnen
(Plastik-)flaschen- und Eierwürfen aus Reihen der Linken waren diese
vor allem eines: Laut! Das passte der Polizei wohl nicht, deren Taktik
es offensichtlich war, die Nazidemo um jeden Preis zu schützen und
dafür zu sorgen, das die ihre Ruhe hatten.
So wurde dann von Seiten der Polizei mit Pferden direkt in die
Demonstranten rein geritten, extrem aggressive Schäferhunde auf die
Leute losgelassen und per Pfefferspray direkt in die Massen
reingesprüht.
Bereits vor 10 Uhr am Morgen zeigte die Polizei ihre Taktik, als
nach einer Provokation von Nazis vor dem Ulmer Hauptbahnhof und einer
leichten Reaktion von Seiten der Linken mehrere hundert Menschen
eingekesselt und zum Teil erkennungsdienstlich behandelt wurden. Das
passierte auch den Personen, die erst später anreisten und sich
unverhofft unter dem Bahnhof in einer Unterführung über eine Stunde im
Kessel wiederfanden.
Zwischendurch bewegte sich spontan ein antifaschistischer
Demonstrationszug durch Ulm, bei dem auch die Front deutscher Äpfel
nicht fehlte.
Während der Schlußkundgebung der Nazis an der Seite des Ulmer
Bahnhofes wurde der Bahnhofsvorplatz dann unter Einsatz von
Wasserwerfern durch die Polizei extrem aggressiv geräumt. Dabei kam es
zu mehreren brutalen Verhaftungen. So konnte ich beobachten, wie eine
Person, die am Boden lag und auf der bereits mehrere Polizisten
hockten, nochmal extra einen Fußtritt rein bekam.
Leider war der Tag zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Ende, denn
anschließend liefen die Nazis auch noch durch das benachbarte Neu-Ulm.
Fazit: Leider gab es keine wirklichen koordinierten Aktionen in Form
von Blockaden gegen den Naziaufmarsch. Der größte Teil der Bürger
feierte den 1. Mai auf dem Platz vor dem Ulmer Münster und lauschte
lieber Kokstantin Wecker. Abar wenigstens kann man sagen, das sie ihre
Meinung gegen den Nazis in Ulm durch entsprechende T-Shirts oder
Aufkleber an der Kleidung zeigten.
Offener Brief an den DGB Ulm und das Bündnis "Ulm gegen Rechts" zum Verhalten angesichts der Repressionen gegen die DemonstrantInnen:
Liebe Leute im DGB Ulm,
Liebe Leute des Bündnis "Ulm gegen Rechts",
am
Morgen des 1. Mai haben wir - GewerkschafterInnen und Aktive aus
anderen Tübinger Gruppen und Organisationen - uns von Tübingen aus mit
einem Bus, der von DGB und VVN/BdA Tübingen organisiert wurde, auf den
Weg nach Ulm gemacht, um mit Euch zusammen gegen den Aufmarsch der JN
zu protestieren - und diesen, wenn möglich, zu verhindern.
Motiviert
waren wir einerseits durch unser Entsetzen über die Zunahme
neofaschistischer Aktivitäten in den letzten Jahren, andererseits auch
durch unsere Erfahrung, dass mit gemeinsamem Vorgehen dem
faschistischen Auftreten erfolgreich begegnet werden kann.
Gefreut
und hoffnungsvoll gestimmt hat uns hierbei, als wir hörten, wie sich
schon Wochen vor dem Aufmarsch ein breites Ulmer Bündnis gegen Rechts
bildete. In Tübingen hatte sich angesichts des Neonazi-Aufmarschs im
Juli 2007 ein ähnlich breites Bündnis formiert, mit dem gute
Erfahrungen gemacht wurden – auch wenn es uns damals nicht gelang, den
Aufmarsch der JN komplett zu verhindern.
Wir
wenden uns jetzt – noch unter dem frischen Eindruck der Ereignisse des
1. Mai in Ulm – mit Fragen und Überlegungen bezüglich der Einkesselung
eines Teils der Demonstration sowie der Ausrichtung Eures Festes vor
dem Münster an Euch.
Zur Einkesselung:
Bei
unserer Ankunft in Ulm hörten wir, dass die Demonstration bereits
begonnen hätte, obwohl ein Teil der Demonstration von der Polizei
eingekesselt sei. Verwundert und erschreckt durch weitere Berichte und
Erzählungen z.T. auch von Personen, die diesen Kessel direkt
mitbekommen haben, würden wir gerne wissen:
Stimmt
es, dass sich die Demonstration in Bewegung setzte, ohne auf eine
Freilassung der Eingekesselten zu warten und diese zu fordern?
Ist
es richtig, dass es sogar Absprachen zwischen Verantwortlichen des
Ulmer Bündnisses und der Polizei gab, diese Einkesselung vorzunehmen
oder zumindest, sie nicht umgehend wieder zu beenden?
Wir
halten die kollektive Festsetzung und Aufteilung von Personen aufgrund
ihres Aussehens (dunkle Kleidung) und Alters (jung), über die uns
berichtet wurde, für völlig inakzeptabel. Zudem hielten wir es für
unverantwortlich gegenüber den Betroffenen sowie politisch völlig
falsch, einen Teil von Demonstrierenden in dieser Weise zurück- und der
Willkür der Polizei zu überlassen.
Hinsichtlich
der Ausrichtung Eures Festes vor dem Ulmer Münster und das damit
verbundene Ignorieren des parallel stattfindenden Nazi-Aufmarschs
möchten wir Euch unsere Verwunderung und Enttäuschung mitteilen.
Für
uns erscheint es (leider) notwendig, dem öffentlichen Auftreten von
Neonazis mit Protest und Zivilcourage zu begegnen. Ein „Wegschauen“
können sich „deutsch“ und „normal“ Aussehende vielleicht (noch)
leisten, für beispielsweise MigrantInnen hingegen stellt jedes
Auftreten von Neonazis eine unmittelbare Gefahr da.
Zudem
haben die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich gezeigt, dass sich
Neonazis durch „Wegschauen“ nicht entmutigen lassen. Im Gegenteil: In
ihrem „Kampf um die Straße“ ist jeder Aufmarsch ein Erfolg und führt zu
weiteren Aufmärschen.
Wie
dies weitergehen kann, hat nicht zuletzt der Angriff von 300 Neonazis
auf die Gewerkschaftsdemonstration in Dortmund an diesem 1. Mai gezeigt!
Wir
hätten es für dringend notwendig gehalten (und hatten dies so auch
erwartet), dass sich das gesamte Ulmer Bündnis, oder zumindest größere
Teile davon, nicht zu einem „Alternativprogramm“ zurückziehen, sondern
den Nazis aktiv entgegentreten und sich zumindest um den Hauptbahnhof
versammeln.
Dies
hätte zudem auch dazu beitragen können, dass sich nicht die unnötigen
Szenen abgespielt hätten, die dort - auch aufgrund der Enttäuschung der
Protestierenden über die Durchsetzung des Aufmarsches durch die Polizei
- stattfanden und zu denen unserer Meinung nach die Polizei mit einem
übertriebenen und unangemessenen Vorgehen auch selbst beitrug.
Zeitgleich
wie die erschreckende Zahl von über 1000 Nazis durch Ulm marschierte,
wurde in Mainz von der dortigen Bevölkerung der Bahnhof belagert, was
zu einer Absage des dort angekündigten Nazi-Aufmarsches führte.
In
Hannover, wo am 1. Mai der zentrale Aufmarsch für Norddeutschland
geplant war, hat ein breit getragener Aufruf zu Zivilem Ungehorsam, die
Nazis dort ebenfalls nicht aus dem Bahnhof zu lassen, einen Teil dazu
beigetragen, dass Gerichte die Genehmigung für den Aufmarsch schon
Wochen vorher entzogen.
Und
auch in Tübingen hatten wir 2007 sehr gute Erfahrungen damit gemacht,
dass sich von verschiedenen Plätzen in der Stadt zum Bahnhof bewegt
wurde, um dort gemeinsam die Nazis festzusetzen und der Polizei einen
Grund zu liefern, sie nicht marschieren zu lassen.
Ihr
habt mit Eurem Bündnis und Eurer „Woche für Demokratie“ tolle und
wertvolle Arbeit geleistet, um deutlich zu machen, dass rassistisches
und faschistisches Gedankengut keinen Platz in und um Ulm haben soll.
Dass Ihr aber wegschaut, wenn Nazihorden durch Ulms Straßen marschieren, halten wir nicht für einen Grund zu feiern.
Über
eine Reaktion von Euch und eine Antwort auf unsere Fragen hinsichtlich
der Einkesselung auf der Demonstration würden wir uns freuen, und senden, trotz aller Kritik, solidarische antifaschistische Grüße.
Die über 50 Mitfahrenden des Tübinger DGB/VVN-Busses nach Ulm
erreichbar über: bus-nach-ulm@gmx.de
@leserbrief
JA der DGB ist trotz und mit genauer Kenntnis über die eingekesselten Leute am Weinhof einfach losgelaufen.
Dieses Verhalten ist total inakzeptabel.
Vielleicht bringen die nächsten Tage noch etwas Licht ins Dunkel!
Scheiben raus! ausm DGB-Haus!!!
...
Diesen Brief kann ich nur unterschreiben! Ich war eine der am Weinhof / Sattlergasse eingekesselten DemonstrantInnen und finde diese Doppelmoral unter aller Sau!!!
Auf der einen Seite feiert ihr ein großes Fest gegen Rechts und auf der anderen Seite lasst ihr die Faschos gemütlich durch die Stadt maschieren. Gehts noch ??
Wir waren über 5 Stunden in Gewahrsam, haben noch Pfefferspray abbekommen, wurden von schaulustigen Passanten wie Tiere im Zoo angelotzt. Der DGB ist munter losmarschiert - ohne uns. Ulm gegen Rechts ? Das ich nicht lache.
Meiner Meinung nach war das alles nur ne Show ( wir haben ja schließlich bald Wahlen) wirklich gegen Rechts habt ihr nicht gehandelt und solidarisch haben sich auch nur die Kurden und andere Antifas gezeigt. Der Rest hat in der Sonne fröhlich gefeiert während wir im Kessel saßen.
Danke ihr Verräter.
man redet von internationaler
man redet von internationaler solidarität...aber wenn sie praktisch notwendig ist verschwindet man
Die Antifa als Spielball der Politik
Die Entsolidarisierung des DGB in Ulm wundert nicht, ging es ihm von Anfang an doch um eine medienwirksame Selbstinszenierung am "Kampftag der Arbeit". Die Nazis spielten dabei nur eine untergeordnete Rolle, das Augenmerk lag bei den Organisator_innen ohnehin nicht darauf die Nazis beim Marschieren zu hindern.
Eindrucksvoll bewies er am vergangenen Freitag was er ist und andere hingegen nicht: ein guter Demokrat. So positionierte er sich geschickt in dem Bild, das auch die bürgerlichen Medien schon verinnerlicht haben. Das der goldenen Mitte, weit abseits der Ewig Gestrigen und wütenden Chaoten.
Zum Glück denken und handeln bei weitem alle nicht so, wie der Brief der Tübinger DGB-Ortsgruppe klarstellt.
Bilder aus Ulm
Hier der Link:
http://www.recherche-nord.com/index.php?option=com_content&task=view&id=...
Verweis auf den Artikel zur Polizeigewalt in Ulm
Hier findet ihr den Artikel der Anarchistischen Gruppe Freiburg:
http://www.ag-freiburg.org/Texte/Wollt-ihr-auch-hier-wieder-Tote-auf-Demonstrationen-Stoppt-Polizeigewalt
http://linksunten.indymedia.org/de/node/5966
BRD - Bullenstaat - wir haben dich zum Kotzen satt!