Sexistischer Vorfall neben der Flora

Bevor ich zum Bericht des Vorfalls komme :
''Unter einem sexistischen Vorfall sind sexistische Äußerungen und Handlungen (erniedrigende Sprüche), sexistische Übergriffe (sexuelles Bedrängen, „Grabschen“) und sexuelle Gewalt zu verstehen. Bei jedem Fall von Sexismus findet eine Grenzüberschreitung statt, ein Eingreifen in die Intimsphäre, das immer verletzend ist.

Eine weitere Erschwernis der Dokumentation ist die oftmals auftretende eigene Angst der betroffenen Person, nicht ernst genommen zu werden. Diese Angst muss überwunden werden, um die Diskriminierung öffentlich zu machen. Die betroffene Person muss gegen Angst, Scham, Drohungen und Missachtungen etc. angehen.''

Quelle :http://www.chronikle.org/dossier/sexistische-normalzustaende-people-would-like-you-more-if-you-grew-a-beard

 

Hallo.
ich möchte euch heute ein Erlebnis schildern, dass zwar schon etwas her ist, mich aber immer noch nicht loslässt. Das Datum weiß ich nicht mehr genau, es war an dem Tag an dem das 'Piazza' gegenüber der Flora 'besetzt' werden sollte. Ich war an diesem Abend (es war nach einer Demo) alleine unterwegs, da einige Freunde schon nach Hause gefahren waren. Um mir die Zeit bis zum Abend zu vertreiben setzte ich mich an den Skatepark um dort zuzugucken. Das tat ich auch, es war allgemein sehr voll, überall waren Menschen.
Nach etwa einer Stunde kam eine Frau auf mich zu und fragte, ob sie meine Haare einmal anfassen dürfte. Ich dachte mir nichts dabei und habe dem zugestimmt (vielleicht ist dabei zu erwähnen, dass ich Dreads habe..). Kurz darauf kam ein Mann hinzu und fragte, ob er auch meine Haare mal anschauen/anfassen dürfte. Mir wurde die Situation langsam etwas unangenehm, da dies sehr..drängend war. Ich sagte trotzdem okay, irgendwie erwartete ich, dass es danach okay sein würde. Aber ganz im Gegenteil, das Berühren der Haare ging zu einer Umarmung oder ähnlichem über, ich sagte laut ' Lass das!’, doch der Mann zeige keine Reaktion. Ich habe ihn weggestoßen und nochmals laut und deutlich gesagt, er solle sofort abhauen. Er kam aber wieder an und sagte, ich solle mich beruhigen. Ich erwiderte, dass ich es nicht will und er einfach gehen soll. Der Mann kam wieder Näher und sagte er würde gehen, wenn ich ihm einen Kuss gebe. Ich wollte das natürlich nicht, er drückte mich an sich und versuchte mich zu küssen, was ihm auch gelang. Ich habe dann ein letztes Mal gesagt, er soll sich endlich verpissen. Der Mann schlich noch den ganzen Abend dort herum und suchte immer wieder meinen Blockkontakt, ich habe mich dann an einige Leute gewendet und davon erzählt, woraufhin das wohl auch herumerzählt wurde und alle ein Auge auf die Situation hatten.
Natürlich war die Situation wirklich scheiße für mich, was aber das schlimmste war: es hat niemand was gemacht. Überall um uns herum waren Menschen, ich habe den Mann angeschrien und geschubst, trotzdem hat niemand eingegriffen. Natürlich hätte es auch überall anders passieren können, aber es ist neben der Flora passiert, dort wo sich Menschen aufhalten, von denen ich erwartet hätte, dass sie eingreifen. Ich möchte niemanden beschuldigen, beleidigen oder sonst wie angreifen. Ich möchte nur darum bitten, einfach einzugreifen. ich, als 'Opfer', bzw. ' Angegriffene' in der Situation, habe mir Hilfe gewünscht, oder eine Reaktion. ich bemerkte zwar einige Blicke, aber auch nach dem Vorfall kam niemand dazu. Inzwischen bin ich 16 Jahre alt (damals 15) und würde vielleicht anders reagieren, noch bestimmter und sicherer.
Wie dem auch sei, ich hoffe, dass der Artikel hier okay ist, wenn nicht kann er einfach gelöscht werden, wollte das alles nur mal los werden. Bei Fragen könnt ihr gerne an frage-an@web.de eine Mail schicken.
Danke fürs Lesen.

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... sprich die menschen um dich herum an - am besten frauen, schwestern -- mach es aktiv, mach es öffentlich ---  nicht du sollst weggehen, sondern er, wenn er die scheisse nicht lässt  -und tritt ihm notfalls auch irgendwo hin

na toll, in deinem gut gemeinten Rat steckt implizit der Vorwurf, die Betroffene hätte sich nicht richtig verhalten, indem sie nicht aktiv um Hilfe gebeten hätte, es ist also mindestens zum Teil ihre "Schuld", dass ihr niemand geholfen hat. Nicht sie hat sich falsch verhalten!  Die Täter_innen haben sich ihr gegenüber in der Öffentlichkeit gewalttätig verhalten, es ist ihre Schuld!  Die Öffentlichkeit hat zugesehen und nicht interveniert, alle anwesenden Zuschauer_innen haben sich in der Situation falsch verhalten.  Die Betroffene hat sich absolut richtig verhalten. 

Nach sexualisierter Gewalt tritt regelmäßig eine so stereotype Reaktion des Umfelds auf, dass es schon fast lustig wäre, wenn es nicht so fatal wäre.  Der Betroffenen wird nicht geglaubt, es werden Fehler in ihrem Verhalten gesucht, die ihr eine Mitschuld geben, sie wird unglaubwürdig gemacht, es werden Entschuldigungen für das Verhalten des Täters gesucht, die sexualisierte Gewalt wird heruntergespielt.  All das schafft ein Klima, in dem Betroffene berechtigte Angst davor haben, über die gegen sie ausgeübte Gewalt zu sprechen.  Dazu kommt die Scham, und oft spielen sich die selben Mechanismen auch im Kopf der Betroffenen ab:  sie versucht sich selber zu sagen, das Geschehene war doch gar nicht so schlimm, sie gibt sich selbst die Schuld, sie kann nicht verstehen, dass es doch gar nicht so schlimm war und sie trotzdem damit nicht klar kommt. 

All das ermöglicht eine Welt, in der über sexualisierte Gewalt nicht gesprochen wird, und in der Täter kein großes Risiko eingehen, sie zu begehen. 

@ anders:  ich glaube zwar nicht, dass es deine Absicht war, die Betroffene zu beschuldigen, aber dein "guter Rat" gehört zu den leider normalen und kontraproduktiven Reaktionen auf sexualisierte Gewalt. Es sollte hier nicht darum gehen, was die Betroffene falsch gemacht hat, sondern darum, was die Zuschauer_innen und Täter_innen falsch gemacht haben.  Alles andere ist normale sexistische Kackscheiße!!!

in vielen Fällen hast Du recht, aber nicht jeder Rat an das Opfer ist gleich ein Vorwurf. Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wozu das direkt Ansprechen von umstehenden als sehr effektive zählt, ist präventiv genauso wichtig, wie es nach einem Vorfall legitim und wichtig ist. Da macht die Formulierung den entscheidenden Unterschied, aber ich kann aus der Formulierung hier keinen Vorwurf rauslesen.

 

schöner wäre es aber sicherlich gewesen, eine allgemeine Auflistung von Handlungsmöglichkeiten bei sexuellen Übergriffen zu posten. Weil niemand kann sagen was in einer konkreten Situation sinnvoller gewesen wäre. Deswegen würde ich auch davon abraten hier über die konkrete Situation zu diskutieren. (vor allem in der dritten Person der Betroffenen - "sie" ist "anwesend"!)

Du solltest dir nicht die Frage stellen, ob der Artikel okay ist und auch nicht darüber nachdenken, ob ihn jemand löschen könnte oder wollte.

 

Es ist richtig das offen zu machen. Hier ist ganz sicher auch der richtige Ort dazu.

 

Ihr Verhalten mal kräftigst reflektieren, sollten die Leute, die in der Nähe standen und Maulaffen feilhielten. Ich kann nicht beurteilen, ob auch welche bei waren, die sonst ihr Selbstverständnis wie einen Bauchladen vor sich hertragen. Aber, wie du schilderst, waren Leute da, die das trotz deiner Aufforderung nicht taten. DIE und nicht du sind das Problem.

 

Geh mit ein paar Freundinnen zum Flora - Plenum und bring es zu Sprache. Wenn du nicht dahin willst, was jede/r versteht versuche FreundInnen zu schicken.

 

Es kann natürlich sein, dass gerade keine Leute aus Flora und Umfeld in der Nähe waren. Deshalb ist es erstmal nur örtlich Nähe zu der Flora.

 

Auf offene Ohren solltest du dort trotzdem treffen, da sie sonst ihr antisexistisches, linkes, weltoffenes Selbstbild bei nächster Gelegenheit auf dem Fischmarkt verhökern könnten.

 

Schaut nicht weg, greift ein! Ein politischer Alltag ohne antisexistische Praxis ist verlogener Selbstbetrug!

...männliches Wesen, welches sich sträubt ständig Texte zu gendern ;) sage dennoch mal ganz mackerhaft: aufs Maul, wenn jemand nicht weiß, wo und wann Schluss ist!

Dann denk mal als erstes darüber nach, was Mackertum mit Sexismus zu tun hat.  Und fang dabei bei dir selber an.  Sexualisierte Gewalt wird nicht von kranken Einzeltätern begangen.  Die Verantwortung für ihr Handeln liegt ganz klar bei den konkreten Tätern, aber sexualisierte Gewalt ist der krasseste Ausruck sexistischer Strukturen in der Gesellschaft und auch in der Szene, und daher haben wir alle was damit zu tun.  Es ist nur zu leicht, den Täter ein paar aufs Maul zu geben und sich selber dadurch die Weste reinzuwaschen.  Und um Missverständnissen vorzubeugen:  An erster Stelle steht der Schutz der Betroffenen, und wenn es dazu nötig ist, Täter auszuschließen und diesen Ausschluss gegebenenfalls auch mit Gewalt durchzusetzen, bin ich definitiv dabei! 

Es kann aber nicht um eine Strafe in Form von Schlägen für den Täter gehen, von einer schlechten Kopie eines Gerichtsverfahrens sollten sich emanzipatorisch denkende Menschen besser gruseln.  Es sollte um einen kollektiven Umgang gehen, in dem der Übergriff als Ausdruck sexistischer Strukturen verstanden wird, die jeder und jede täglich mehr oder weniger reproduziert.  Und konkret sollte es darum gehen, was die Betroffene braucht, um die gegen sie verübte Gewalt zu verarbeiten, sich im Umfeld der Flora wieder wohl und sicher zu fühlen.

Ich denke fast es bringt dir mehr, dich im "Schwarzmarkt" nach ansprechbaren Gruppen und Menschen zu erkundigen, denn in der Flora. Die sind inzwischen (siehe homepage) ein wenig einseitig Richtung "Wertekritik" orientiert und ich weiss nicht, ob du dir da nicht noch mehr nen berechtigten Frust einfängst.

 

Da ich die Flora aus politischen Gründen eher meide und die Umgangsformen im "Schwarzmarkt" recht gut finde, hier der Link:

 

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/schwarzmarkt/

Quatsch auf jeden Fall mit Leuten deines Vertrauens darüber. Das Veröffentlichen hier war und ist völlig richtig!

 

Soweit ich erinnere hast du es schon an anderer Stelle getan. Die Reaktion war auch da eher dünne.

 

Lass dich davon aber nicht verunsichern. Du wurdest Opfer eines sxistischen Übergriffes, hast dich also nicht zu hinterfragen.

 

Mal ne Frage nach Hamburg und an die Flora:

 

Lest ihr kein Indymedia? Ist euch die Sache nicht so wichtig? Sonst gibt es doch wegen jedem kleinen Scheiss ein Flugbuch von euch. (Kopfgeschüttel.Ende)

Es gibt genug Leute die ihren Beziehungsstreit öffentlich austragen und sehr ungehalten reagieren, wenn man sich erkundigt was los ist.
Wenn du Hilfe benötigst musst du das auch deutlich machen...

Dein Statement ist so daneben, ich könnte kotzen.  Was bitte hat der hier dargestellte Übergriff mit Beziehungsstreit zu tun?  Es ist zwar eher selten, dass sexualisierte Gewalt von Fremden begangen wird (meistens sind des "Freunde", Bekannte, Familienangehörige), aber hier ist es so gewesen.  Das als Beziehungsstreit zu betrachten ist einfach nur komplett an der Realität vorbei und stellt einen nicht mal mehr logisch argumentierten Angriff auf die Betroffene dar.  Deine offen feindliche Einstellung der Betroffenen gegenüber hat mit linken Minimalstandards nichts zu tun, und daher hast du nichts mit der Flora zu tun.  Der Übergriff allerdings schon, da er im Umfeld der Flora passierte, und wenn die Flora ihren emanzipatorischen Ansprüchen gerecht werden will, dann sollte sie sich damit beschäftigen. 

Es hat mit der Flora nichts zu tun, aber wie ich schon versucht habe zu erklären, habe ich mich dort sicher gefühlt, da ich der Annahme war, dass diese Personen dort bei solchen Dingen eingreifen würden. Dem war nicht so. Wie auch immer, ich habe unter 'Danke&Erklärung' noch einiges geschrieben.

Du musst dich nicht rechtfertigen!

Du bist hier nicht die Schuldige, dieser Typ ist das! Also verschwende keine Energie darauf, mit so verwirrten Menschen zu diskutieren, ob du hier deinen Artikel aufstellen darfst und was für einen Wert deine Geschichte hat. 

Du hast jedes Recht und deine Geschichte ist wichtig!

gerade WEIL ich in so einer Situation eingegriffen habe. Die Frau hat mir unterstellt, dass ich nur den Macker raushängen lassen wollte und ihr nicht zutrauen würde mit der Situation selber fertig zu werden...

 

Einerseits muss Mensch als BeobachterIn das vermeitliche Opfer gezielt ansprechen und fragen, ob alles in Ordnung ist oder Hilfe gewünscht ist. Anderseits muss die angegriffene Person klar vermitteln, dass sie gerade Hilfe braucht. Wenn Mensch entschlossene Hilfsbereitschaft signalisiert, dann nimmt man dem "Opfer" auch schon etwas Angst weg.

 

Was nicht passieren darf ist, dass beide Seiten unsicher werden. Gegenseitige Vorwürfe bringen uns nicht weiter, sondern Solidarität und Kommunikation.

Um nicht selbst als "den Macker raushängend zu lassen" und auch nicht ausversehen Leute die im Einverständnis miteinander agieren zu hart zu nerven, ist es sinnvoll freundlich die möglicherweise belästigte Person fragen ob bei ihr alles in Ordnung sei und wenn nicht ob sie Unterstützung wünscht.

Allein diese Ansprach reicht oft, das sich ätzende grenzüberschreitende Persone beobachtet und bedroht fühlen und entweder agressiv reagieren oder sich verpissen.

In der Regel bringt es nichts eine Situation zu eskalieren, wenn die betroffene Person dies nicht möchte.

Manchmal ist auch die einfache Mitteilung, das man eine Situation beobachtet hat und bereit ist zu Unterstützen hilfreich und kann mit einfachen Maßnahmen wie Aufenthalt in der Nähe oder gemeinsamen Weg helfen.

Danke für eure ganzen Kommentare, Rat- und Vorschläge.
 Ich möchte versuchen noch einiges zu erklären. Zuerst einmal, ob ich mich richtig verhalten habe. Ich glaube nicht. Es wurde in einem Kommentar erwähnt, dass ich hätte Hilfe bekommen können, wenn ich welche gefordert hätte. Im Nachhinein sehe ich dies ähnlich, aber in dieser Situation ging es einfach nicht, man kommt ( jedenfalls ich)  sich lächerlich vor, angeschaut... wenn man dann noch irgendwie panisch Leute ansprechen würde, käme dies einer absoluten Bloßstellung gleich, jedenfalls empfand ich so. 
Dann möchte ich die bitten, die glauben angemacht zu werden oder denken , sie würden  irgendwie falsch eingreifen.... bitte, egal wie so eine Situation ausgeht, fragt einfach nach. Natürlich ist es eine besch.... Situation- für beide Seiten, bzw für alle drei, 'Täter' , 'Opfer' und 'Zuschauer/Zeugen/ EIngreifende' . Aber hier gibt es das 'falsche' Handeln nicht, hoffe ich. 

Und mir ging es bei dieser Bekanntmachung auch sehr darum, dass es immer und überall passieren kann. In einem Umfeld, in dem man sich sehr sicher, vielleicht zu sicher fühlt. Irgendwo auf der Straße oder zu Hause. In meinem Fall war es an einem Ort, den ich sehr mag, an dem ich mich vielleicht zu sicher fühlte. An einem alternativen Zentrum wo gegen Faschismus,  Nationalismus, Homophobie, Antisemitismus, Rassismus und eben auch Sexismus mobil gemacht werden soll, bzw wogegen die Menschen, die sich dort aufhalten zu einem großen Teil sind. Vielleicht ist das nicht so, aber eigentlich dachte ich dies, denke es auch immer noch.

Danke für eure Ratschläge. 

Hey,

 

Vielen Dank für deinen Mut und deine Offenheit!

Ich weiß wie schwer es ist über solche Vorfälle zu reden, aber es ist unglaublich wichtig, so etwas immer anzusprechen. Das hast du genau richtig gemacht!

Der Typ ist ein Arsch, du hast dir nichts vorzuwerfen, du hast deutlich gesagt, dass er dich in Ruhe lassen soll (was allein schon mutig war!) und du hast deine Angst überwunden und diesen Artikel geschrieben.

 

Es ist KEIN Fehler, dass du dich an Orten wie der Flora sicher fühlen möchtest, denn das ist ja unsere Intention, Orte zu schaffen wo sich Menschen sicher fühlen können. Und gemeinsam sollten wir aufeinander achten und uns schützen.

 

Daher auch von mir an alle die Bitte: wenn ihr eine komische Situation bemerkt, nicht weggehen! Bleibt in der Nähe, beobachtet und greift lieber zu früh ein als zu spät. Ein einfaches "sich neben die Person stellen und fragen ob alles okay ist" kann ja schon reichen.

Solidarität ist unsere Waffe!