Die in Nürnberg sitzende Bundesagentur für Arbeit (BA) hat in Berlin
Anfang des Jahres 2009 mehreren Dutzend Hartz-IV-EmpfängerInnen mit
Leistungskürzungen gedroht, sollten diese nicht dazu bereit sein, sich
beim Inlandsgeheimdienst als „Observationskräfte“ und „Truppführer für
den mobilen Einsatz“ zur Verfügung zu stellen. Einziges
„Anforderungsprofil“ für die neuen Schlapphüte sei „ein Interesse an
politischen Zusammenhängen“, „körperliche Fitness“, „die Bereitschaft
zur Unterziehung einer Sicherheitsprüfung“ und „eine flexible
Arbeitszeitgestaltung“.
Seit Jahrzehnten weist die Rote Hilfe darauf hin, dass alles Erdenkliche unternommen werden sollte, den Verfassungsschutz (VS) komplett aufzulösen und nun scheint er offenbar selbstverschuldet unter „Spitzel-Mangel“ zu leiden und zur einzigen aus diesem Umstand zu ziehenden Konsequenz nicht fähig zu sein. Im Gegenteil: Der VS will nun - um diesem Missstand Abhilfe zu leisten - die sozial tief greifende Notlage von Menschen ausnutzen, deren frühere Lohnabhängigkeit durch eine finanzielle Abhängigkeit vom behördlichen Wohlwollen ersetzt wurde - was in den meisten Fällen bedeutet, sich den diskriminierenden und menschenunwürdigen „Gepflogenheiten“ der so genannten Arbeits-Agenturen unterzuordnen. Dass sich diese nun aber auch noch zu ErfüllungsgehilfInnen einer im Geheimen operierenden Behörde machen lassen, ist ein Skandal! Einer Behörde, deren gesellschaftlich unkontrollierbare Aufgabe auf Bundes- und Länderebene darin besteht, die durch das Grundgesetz garantierte „freiheitlich-demokratische Grundordnung vor Unterwanderung und Bekämpfung durch Verfassungsfeinde zu schützen“ und Auskünfte, Nachrichten und sonstige Unterlagen über „Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die eine Aufhebung, Änderung oder Störung der verfassungsmäßigen Ordnung im Bund oder in einem Land oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder der Länder zum Ziele haben“. (aus den entsprechenden Regelungen zur Arbeit des Verfassungsschutzes in § 3, Absatz 1) Belohnt werden sollen die neuen SpitzeltruppführerInnen mit einer BeamtInnenlaufbahn des gehobenen Dienstes und einer Sicherheitszulage. Bestraft werden sollen sie bei einer Weigerung mit Leistungskürzungen und mit der Pflicht, ihre „religiösen oder ethnischen Gründe“ der Arbeitsagentur gegenüber darzulegen. Man stelle sich das vor: Ein Mensch, der im Rahmen der unsäglichen Hartz-IV-Reglementierung ein Leben unter dem Existenzminimum zu fristen und sich behördlichen Schikanen auszuliefern hat, soll plötzlich zu einem Mitarbeiter des innerstaatlicher Geheimdienstes werden, der in erster Linie Informationen aus allen Quellen über alles sammelt, was er als „verfassungsfeindlich“ ansieht. Die Quellen reichen dabei von Informationen direkt von der Polizei bis hin zu elektronischen Abhörmaßnahmen von Telefonen und Wohnungen. Zusätzlich arbeitet er aber auch im Untergrund und greift durch V-Leute und Spitzel, die jetzt aus dem Hartz-IV-Pool kommen sollen, aktiv in politische Ereignisse ein. Oft verbreiten VS-MitarbeiterInnen Gerüchte und Lügen oder stiften selbst andere zu Straftaten an. Als einfache und kostengünstige Möglichkeit, linke Zusammenhänge auszuforschen, nutzt der Verfassungsschutz Spitzel und InformantInnen in allen möglichen politischen Zusammenhängen und deren Umfeld.
Nach wie vor gilt: Geheimdienste auflösen!
Hartz-IV-EmpfängerInnen nicht in VSlerInnen verwandeln!
Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe