Das Ziel: Die Ametis sollen bleiben

Erstveröffentlicht: 
29.07.2011

Die Freiburger Familie Ameti soll am Montag abgeschoben werden – weil die Ametis Roma sind. In Freiburg steht nicht nur der Gemeinderat geschlossen hinter der gut integrierten Familie. Doch ob das die Abschiebung verhindert, ist zweifelhaft.

 

Der Freiburger Gemeinderat steht geschlossen hinter Alinadzi Ameti (54) und seiner Frau Atide Ameti (51): Mit einem gemeinsamen Brief ans Innenministerium Baden-Württemberg wandten sich am Donnerstagnachmittag alle Fraktionen von der CDU bis zu den Unabhängigen Listen gegen die vom Regierungspräsidium Karlsruhe für Montag geplante Abschiebung des Roma-Ehepaars nach Mazedonien.

Einer wie Alinadzi Ameti kann nicht unbemerkt bei Nacht und Nebel verschwinden, wie es bei Abschiebungen am frühen Morgen oft geschieht. Alinadzi Ameti ist in Freiburg bekannt und beliebt. Bald nach der erneuten Einreise der Familie in Deutschland im Jahr 2004 – nach einer ersten Abschiebung aus dem Saarland 1996 – hat er überall mitgemischt. Unter anderem hat er die erste große Feier des Internationalen Tags der Roma im April 2005 initiiert und den Roma-Kulturverein "Amaro Drom" mitgegründet. Immer trat er als Mittler zwischen den mehr als 800 Freiburger Roma-Flüchtlingen und der übrigen Freiburger Bevölkerung auf. "Als Stadtgesellschaft sind wir der Familie Ameti zu großem Dank verpflichtet für ihren Beitrag zu einer guten Integration der Freiburger Roma", steht darum in dem interfraktionellen Brief.

 

Umso mehr bringt es Alinadzi Ameti jetzt aus der Fassung, dass er nicht weiß, wie es weiter geht. Er hat alles getan, was man tun kann, nur einen Fehler am Anfang wirft er sich jetzt vor: Damals hatte er den falschen Namen Gasi angegeben, weil die Familie Angst hatte, mit ihrer echten Identität sofort nach Mazedonien abgeschoben zu werden. Doch das ist nun geklärt, und alles andere ist eigentlich perfekt: Die Familie kommt dank Alinadzi Ametis Job bei Mc Donald’s knapp, aber ohne staatliche Unterstützung über die Runden. Auch der 26-jährige Sohn hat seinen Weg gefunden: er macht eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker am Theater – und kann zumindest bis zum Abschluss in Freiburg bleiben. Doch was wird aus den Eltern? Vor allem um die schwer psychisch traumatisierte Atide Amet macht sich Udo Kauß, der Anwalt der Ametis, Sorgen: In einem Eilantrag ans Verwaltungsgericht wies er auf ihre schlechte Verfassung hin. Für das Gericht zählte das nicht – gestern Nachmittag wurde der Antrag abgelehnt. Jetzt bleibt Udo Kauß nur eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim, die vor der drohenden Abschiebung am Montag mit Spezialboten zugestellt werden muss. Für Atide Ameti ist die Situation katastrophal, betont Udo Kauß: Seit der besonders gegen Frauen gerichteten Gewalt in Mazedonien geht es ihr schlecht. So schlecht, dass es ein großer Fortschritt war, dass sie im vergangenen Herbst ab und zu einmal wieder alleine aus dem Haus ging. Damals fing sie an, sich zu stabilisieren – jetzt ist jede mühsam errungene Stabilität weggebrochen. Die Ängste, Depressionen und deren körperliche Folgen belegen mehrere Atteste, ihr Psychotherapeut Peter Schröder verweist zudem auf die Retraumatisierung bei einer Abschiebung und auf Suizidgefahr. In Mazedonien sei eine "Retraumatisierungsbehandlung" möglich, entgegnet Manfred Garhöfer vom Regierungspräsidium Karlsruhe. Das Innenministerium hat den Brief aus Freiburg registriert, will bis zum Ende der Rechtsverfahren aber nicht tätig werden, sagt Pressesprecher Andreas Schanz.

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Freiburg / Breisgau,  29.07.2011

Abschiebung ausgesetzt

FREIBURG Die Abschiebung von Freiburger Sinti und Roma soll vorläufig ausgesetzt werden

Die Abschiebung von Freiburger Sinti und Roma soll vorläufig ausgesetzt werden. Das teilt die Grünen Landtagsabgeordnete Edith Sitzmann mit. Eine Kommission des Petitionsausschusses werde in den Kosovo reisen, um sich dort über die Lebenssituation von Sinti und Roma vor Ort zu machen. Bis zu einer abschließenden Bewertung könnten die etwa 700 in Freiburg lebenden Sinti und Roma aufatmen, so die Politikerin.

 

Quelle: TV Südbaden