Alle Wochen wieder – Nazis in Sinsheim

Gegen Nazis.

Rund 50 Neonazis suchten am Sams­tag, 6. Mai 2017, erneut zweieinhalb Stunden Sinsheim im Rhein-Neckar-Kreis heim. Neben einer Handvoll örtlicher Nazis waren sie wie immer überwiegend aus Rhein­land-Pfalz, dem Saarland und Hessen heran gekarrt. Vier Wochen zuvor waren es bei ei­ner Demonst­ration der Kleinstpar­tei „Die Rechte“ am gleichen Ort 19. Nazis Die jetzige jährliche Demonstra­tion, zu der die NPD aufgerufen hatte, stand zum achten Mal unter dem Motto: „Härtere Strafen für Kinder­schänder“ - wo­bei bekannt ist, dass einer der ihren, Nazi Timo Brandt, Ex-Verfas­sungsschutz-Spitzel und -Kontaktmann zum NSU-Terror, we­gen eines Kinderschänder-Verbrechens im Knast sitzt.

 

Gar­niert war der Aufmarsch mit Paro­len wie „Ja zum klassischen Famili­enbild mit Vater, Mutter und mehreren Kindern“, „gegen Asyl­flut, Asyl­betrug, Islamisierung und Überfrem­dung“ und „ja zu Tradition und Heimat“. Nach eigenen Angaben handelte es sich um ein „Bündnis verschiedener Gruppen aus NPD, die Rechte, Ring nationaler Frauen, die Identitäre Aktion und unterschiedlichen Kameradschaften wie etwa 'Freikorps 2016'. „Die (Kinderschänder)-Demo-Tradition zu erhalten ist nach Auflösung der FN-Kraichgau extrem wichtig“, verbreitete Anzug-Nazi und NPD-Vorsitzender Rhein-Neckar, Jan Jäschke..Außer ihm ließen die üblichen „hervorragenden Redner“ Ricarda Rief­ling, Melanie Dittmer, Achim Ezer und Marina Djonovic über Lautspre­cher-Wagen ihre Halluzina­tionen ab.

 

Zum Protest aufgeru­fen hat wie am 8. April das „Bündnis für Toleranz Sinsheim“. Rund 70 Teilneh­merinnen und Teilnehmer, darunter Mitglieder von SPD, Grünen, Linken, Kir­chen, Gewerk­schaften und unterstützt von einer Antifa-Gruppe aus Heidelberg, störten die Nazi-Auftakt-Kundge­bung in der Stadtmitte durch Sprechchöre, Trillerpfeifen und Trompe­ten. Nach knapp einer Stunde zogen die Nazis über die Bahngleise in die abgelegene, menschenleere Südstadt ab. Nachdem sie dort, von Gegendemonstranten unbehelligt, einsame Runden gedreht hatten, mussten sie zurück zum Aus­gangspunkt. Im Anschluss phantasierte die NPD: „Die Gegenseite schaffte nur ein Häuflein von vielleicht 15 Personen. Sinsheim möchte keine antifaschistischen Undemokraten.“

 

Die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ, Ausgabe Sinsheim) hatte am Tag des neuerlichen Nazi-Aufmars­ches berichtet: „Wes­halb es heute zum wiederholten Male zu einer rechtsextremistischen Kundge­bung kommt, möchte der SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Boris Weirauch (Mannheim), Sprecher der SPD-Frakti­on im NSU-Untersu­chungsausschuss, klären lassen. Er hat deshalb von der Landes­regierung aktu­elle In­formationen verlangt. Seit einiger Zeit sei zu beobachten, dass Sinsheim im­mer wieder von Rechts­extremisten aus der Region heimgesucht werde. 'Die Landesregierung muss aufklären, wer hinter diesen Ver­sammlungen und Veranstaltungen steckt und warum sich diese Per­sonen im­mer wieder Sinsheim aussuchen', fordert der Abgeordnete. Weirauch hat deshalb eine par­lamentarische Anfra­ge in den Landtag eingebracht und die Landesregierung aufgefordert, ihn über die rechtsex­tremen Aktivitäten in der Stadt zu informieren.“

 

Seit Jahren können sich die Nazis in Sinsheim breit machen und die Stadt zu ihrer „Hauptstadt in der Rhein-Neckar-Region“ erklären. Laut Oberbürgermeister würden sie immer wie­der kommen, weil „Sinsheim so bekannt“ sei. Tatsächlich lassen OB, Gemeinderat und die örtli­chen Parteien sie praktisch gewähren und entziehen sich aktivem Protest weitgehend. Vor allem durch „Ignorie­ren“ wolle man den Nazis angeblich etwas entgegensetzen. Am 10. April, zwei Tage nach dem letzten Aufmarsch der Par­tei „Die Rechte“, gegen den 30 Demonstranten protes­tierten haben, hatte die RNZ bereits kommentiert: „Es geht darum, wie unerwünschte Demonstranten emp­fangen wer­den. Signalisiert eine Vielzahl von Bürgern offen und friedlich ihre Ablehnung? Es wäre wich­tig, dass Sinsheim hier mit geeinter Stim­me spricht. Die Stadtveraltung und das Bündnis soll­ten sich deshalb austauschen und abstimmen.“

 

In der RNZ vom 6. Mai wird nun der Grünen-Landtags-Abgeordnete für Sinsheim, Hermino Katzenstein, zitiert, „seiner Meinung nach müsse sich die Stadt ak­tiver dage­gen stark machen: 'Der Gemeinde­rat sollte zur Gegendemo aufrufen und auch Präsenz zeigen', fin­det Katzenstein. So wer­de es auch in Heidelberg gehandhabt, mit Erfolg. Dort kämen rechte De­monstranten aufgrund der Masse an Gegendemonstranten nicht einmal vom Bahnhofs­vorplatz weg.“ Auch im kleineren Waib­stadt, Nachbarort von Sinsheim, haben im Oktober 2014 über 1 000 Einwohnerinnen und Einwoh­ner ge­gen die Nazis demonstriert. Dort sind sie seitdem ebenfalls nicht mehr aufgetreten.

 

Die Nazis haben am 6. Mai ausdrücklich mehrfach bekräftigt, weiter in Sinsheim aufzumarschieren. Der Sinsheimer SPD-Vorsitzende hat dazu laut RNZ vom 8. Mai erklärt: „'Da muss was passieren'. Er will sich für Gespräche quer durch alle Parteien des Gemeinderats einsetzen. Man müsse sich einig werden, wie man gegen die Demonstrationen vorgehen könne.“

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Komischer Artikel.... vor allem der erste Absatz
Auf Facebook vom Bündnis findet man diesen komische Text nicht

Warum? Warum ist die Banane krumm? Warum kommen die Nazis immer wieder nach Sinsheim? Ist ja schon oft genug gesagt worden, weil die Stadt wegsieht und meint damit könne man diese Idioten stoppen. Nein man kann sie nur stoppen in dem man Ihnen mal so richtig auf das Maul haut. Wenn 50 Hanseln endlich mal 500 oder 1000 Gegendemonstranten gegenüberstehen, die dann auch entschlossen sind, dann gute Nacht White Pride. Und wenn da angeblich so viele aus anderen Bundesländern kommen, dann kommen die auch mit Fahrzeugen, früher sagte man mit dem Ford fort und mit dem Zug heim, wenn Ihr wisst was ich meine.

Also Antifa heißt Angriff, das nächste Mal voll in die Fresse von dem Dreckspack.

Rechte Demonstranten in Sinsheim: Ignorieren oder protestieren?

Die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat sind sich uneinig, wie mit rechten Demonstranten künftig umgegangen werden sollte

Sinsheim. Ignorieren oder protestieren: Zwischen diesen beiden Möglichkeiten fühlen sich offenbar einige Sinsheimer hin und hergerissen, wenn es darum geht, wie mit rechten Demonstranten umgegangen werden sollte, die immer wieder in die Stadt kommen. So auch im Nachgang der Demo am Samstag: SPD-Stadtverbandsvorsitzender Harald Blum zeigte sich unzufrieden, gestern schickte er einen Brief an OB Albrecht, der auch der RNZ vorliegt. Dessen Kernpunkte: Die Zahl der rechten Demonstranten habe zugenommen, man müsse etwas dagegen unternehmen. Doch was? Und gibt es dafür eine gemeinsame Basis? Die RNZ fragte nach.

"Wir sollten diese Demonstranten völlig ignorieren", ist Harald Gmelin von den Freien Wählern überzeugt. Friedhelm Zoller von der CDU ist gleicher Meinung: "Wir werten sie sonst nur auf." Und auch Alexander Hertel (Aktiv für Sinsheim) sieht dies ähnlich.

Doch mit dieser Einstellung können sich nicht alle anfreunden: "Mit Passivität wird es nicht besser", findet Michael Czink (SPD). Man müsse etwas tun - "da müssen aber alle mitmachen", fügt Czink hinzu. Dies sieht Jens Töniges ganz ähnlich: Der Grünen-Fraktionsvorsitzende hat am Samstag selbst gegen die NPD demonstriert, dass er einer von wenigen war, findet er "sehr schade".

Eine gemeinsame Linie im wichtigsten Gremium der Stadt scheint es momentan nicht zu geben. Dabei gab es in der Vergangenheit bereits gemeinschaftliche Aktionen. Doch es gab auch Zwischenfälle, OB Albrecht nennt sie "Negativerlebnisse", ausgelöst von Demonstranten aus dem politisch linken Spektrum. So berichtet auch Friedhelm Zoller: "Das Verhalten der Linksautonomen hat mich abgestoßen - eigentlich müsste man auch dagegen demonstrieren."

Mehrere politische Vertreter kritisieren zudem, dass der Gegenprotest mit Fahnen von politischen Parteien und Gewerkschaften instrumentalisiert werde. Statt dessen müsse es eine Gemeinschaft über Parteigrenzen hinweg geben. Und auch über die Art des Protestes gibt es unterschiedliche Ansichten: "Nur mit der Trillerpfeife Krach zu machen, ist nicht besonders konstruktiv", wirft Alexander Hertel ein.

Doch was wäre es dann? Jens Töniges möchte in Zukunft über eine Pro-Europa-Bewegung die Menschen gewinnen, diese Gruppe könne dann bei einem erneuten rechten Aufmarsch demonstrieren. Denn Töniges ist überzeugt: "Uns bleibt nur die Straße." Er will deshalb mit den Stadträten das Gespräch in dieser Sache suchen, Michael Czink ebenso. Beide sind der Ansicht, dass möglichst viele Sinsheimer für einen Gegenprotest gewonnen werden sollten.

Dies könnte allerdings schwierig werden - hierin sind sich alle Fraktionsvorsitzenden einig. "Wenn es um Interessen in Sinsheim ginge, wäre die Betroffenheit eine andere", versucht sich Alexander Hetel an einem Erklärungsansatz für die geringe Zahl an Gegendemonstranten.

Die Themen der rechten Demonstranten würden die Bürger der Stadt aber überhaupt nichts angehen - eine Meinung, die auch Friedhelm Zoller vertritt. Er vermutet zudem: "Die Leute wollen sich wegen ein paar Spinnern nicht den Samstag verderben."

Es sieht also aus, als bliebe alles beim Alten: Ein gewisser Teil der Bürger wird wohl weiter gegen rechte Demonstranten protestieren, die Mehrheit will ihnen aller Voraussicht nach keine Beachtung schenken. Zumindest, so lange deren Zahl nicht deutlich zunehme, erklärt Harald Gmelin. Und danach sieht es laut OB Albrecht momentan nicht aus: "Für mich ist da kein Trend zu erkennen, dass es deutlich mehr werden."