Zu Hause backt sie Hakenkreuztorten

Sabine Rasch am 01.05.2010 in Schweinfurt
Erstveröffentlicht: 
03.06.2010

Rechtsextremismus


Zu Hause backt sie Hakenkreuztorten

Sie engagiert sich als Elternbeirat in der Schule – und moderiert ein ultrarechtes Forum. Aktivisten haben das Doppelleben einer Rechtsextremen enttarnt.


Userin Enibas ist Nationalsozialistin. Sie moderiert Foren auf thiazi.net, der wohl wichtigsten deutschen Neonazi-Plattform im Internet. Sie verehrt Joseph Goebbels und Leni Riefenstahl, feiert Hitlers Geburtstag und freut sich, dass "Jude", wie sie meint, wieder ein "Schimpfwort" sei, denn "ein gewisser Antisemitismus ist normal und gesund".

 

Sabine Rasch ist stinknormal. Als Hobbys nennt sie "lecker essen gehen", "Motorrad fahren" und "künstlerisches Werkeln". Auf ihrer Homepage zeigt die 50-Jährige, nach eigenen Angaben Dilpom-Grafikdesignerin, biedere bis kitschige Werke. Ihr Mann arbeitet irgendwas mit EDV. Sie stottern ein Eigenheim ab, haben einen Hund und ein Meerschweinchen. Und zehn Kinder.

 

Enibas findet, "für den Volkserhalt ist es notwendig, dass Mann und Frau wissen, dass das höchste Glück auf Erden in vielen Kindern und einer guten Ehe liegt". Sie glaubt, "dass ein Mensch mit einem gesunden Rassebewusstsein einfach kein Verlangen nach fremdrassigen Sex hat." Und Homosexualität hält sie für "eine Krankheit, für die es leider noch keine Heilung gibt" – denn Schwule tun ihre Pflicht nicht: "eine deutsche Familie zu gründen".

 

Wenig deutet auf der Homepage von Sabine Rasch darauf hin, dass sie rechtsextrem, dass sie Enibas sein könnte. Doch Aktivisten der Autnomen Antifa Freiburg (AAF) haben auf thiazi.net außer den Zitaten, die hier wiedergegeben sind, Bilder eingesammelt, die Enibas von sich ins Netz gestellt hat, und Fotos, die bei Neonazi-Demonstrationen entstanden. Kein Zweifel: Die Frau auf den Bildern ist dieselbe wie auf der Homepage von Sabine Rasch.

 

Musik verwandelte Sabine Rasch in Enibas. Sie hörte erst Böhse Onkelz, bekam dann einen "Rock against Communism"-Sampler geschenkt – "diese Scheibe war für mich das Schlüsselerlebnis". Heute heißen ihre Lieblingsbands Tobsucht, Sturm 18 und Arische Jugend. Um sich über die Musik auszutauschen, geriet sie erst im Internet und dann bei Konzerten und Kundgebungen leibhaftig in Nazi-Kreise. Wenn man das weiß, findet man auch auf Raschs Familien-Homepage den ein oder anderen Hinweis, die Onkelz und den Skinhead-Musikstil Oi! zum Beispiel unter Lieblingsmusik, Militärklamotten auf dem Selbstporträt.

 

Um Sabine Rasch auf die Schliche zu kommen, waren keine großen Hacker-Fähigkeiten nötig – es reichte, den Usernamen Enibas rückwärts zu lesen und ein paar der Informationen zu googeln, die Enibas von sich preisgibt. "Sabine Großfamilie Meerschweinchen" zum Beispiel. Treffer eins ist die Kabel-1-Reportage "Unternehmen Großfamilie" von 2004. Dort heißt es über Sabine Rasch: "Die Mutter ist Köchin, Putzfrau, Zuhörerin, Krankenschwester und Spielkameradin in einer Person." Dass sie Torten mit Hakenkreuz-Guss backt, als Sanitätshelferin bei Neonazi-Demos fungiert und mit den Kinder Nazi-Flaggen schneidert, fiel dem Kabel-1-Team offenbar ebensowenig auf wie dem SWR, der 2007 über die Familie berichtete.

 

Enibas alias Sabine Rasch tarnt sich mit Absicht: "Ich glaube, niemand würde mich mehr in den Elternbeirat unserer Schule wählen, wenn ich in der NPD wäre. Dann täte man mich als 'bösen Nazi' abstempeln und niemand würde mir mehr zuhören. So gesehen ist mein Einfluss auf die Menschen wesentlich größer, wenn ich nirgends offiziell organisiert bin." Am Elternstammtisch hätten "die meisten Eltern eine recht gesunde Auffassung". Fruchtbarer Boden für "subtilen Einfluss", findet Enibas: "'Wir müssen nun schmiegsam und anpassungsfähig sein' – wie es unser Führer so ergreifend sagte."

 

Ihre Kinder schickt Enibas mit von ihr so genannten "Pfadfindergruppen" in Zeltlager, lobt die mittlerweile verbotene Heimattreue Deutsche Jugend und veranstaltet selbst mit gleichgesinnten Eltern "Wikingerspiele". Als Elternvertreterin agitiert sie gegen Aktionswochen "Schule ohne Rassismus", macht Schülerinnen öffentlich lächerlich, die sich vor Neonazis fürchten, hetzt gegen "Mulattenkinder".

 

Die Tätigkeit als Elternvertreterin ist einer der Gründe, warum Antifa-Aktivisten beschlossen haben, Sabine Rasch jetzt zu outen, im Internet und auf Flugblättern an ihrem Wohnort, unter Angabe des vollen Namens und Details von der Handy- bis zur Steuernummer. Wie der mutmaßliche NPD-Bombenbastler aus Lörrach, den die Freiburger Antifa 2009 auffliegen ließ, sei Enibas "eine Gefahr. Ihre eigenen Kinder werden von ihr zu Nazis erzogen und andere werden durch ihre Tätigkeit im Elternbeirat beeinflusst. Sie indoktriniert Nazis im Thiazi-Forum, (…) sie schult gefestigte Nazis in Hintergrundvorträgen".

 

Seit dem Outing schickt Sabine Rasch ihren Mann vor, der alles abstreitet – kein Wunder: Viele Äußerungen von Enibas sind strafbar. Doch auf der Homepage der Familie steht jetzt nur noch "wird zur Zeit überarbeitet", Moderatorin Enibas hat sich in "Heller Schatten" umbenannt (aber ihre User-ID behalten), und die kompromittierendsten Postings sind von thiazi.net verschwunden.

Enibas hat ihren Gesinnungsgenossen empfohlen, "um an die Menschen zu kommen, muss man sich mitunter in einen Schafspelz kleiden". Der Pelz ist weg. Die Eltern, die mit Sabine Rasch in Beiräten sitzen, sind gewarnt. Die Wölfin steht am Pranger.

 


 

THIAZI.NET

 

Die "Germanische Weltnetzgemeinschaft" thiazi.net, in den USA gehostet, ist das derzeit wichtigste Forum für die deutschsprachige Neonazi-Szene. Registriert sind dort fast 25.000 User, rund 3000 sind regelmäßig aktiv. Sie tauschen Informationen unter anderem über Veranstaltungen aus und handeln mit Musik. Das nach einem Sturmriesen aus der nordischen Mythologie benannte Forum ist die jüngste Inkarnation des Ende der 1990er Jahre gegründeten Rechtsrock-Forums WPMP3 und spaltete sich Anfang 2007 vom überwiegend englischsprachigen "Skadi-Forum" ab.

 


 

ANTI-ANTIFA

 

Sabine R. fotografiert häufig Gegendemonstranten und veröffentlicht die Bilder auf thiazi.net unter Überschriften wie "hier meine kleine Galerie des Abschaums". Diese Taktik nennt sich "Anti-Antifa" und soll gegen Rechts Engagierte einschüchtern. Militante Anti-Antifa-Aktivisten nutzen Bilder und Informationen auch zur Vorbereitung von Gewalttaten.

 


 

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Siehe eine ihrer Heimlichseiten unter http://www.tulpenstrasse.de/Sabine/Auswahl.htm