Betroffene Hunde bellen - Sexismus in der linksradikalen Szene

Auch die linksradikale Szene ist trotz ihrer kritischen Auseinandersetzung mit Herrschaftsverhältnissen nicht frei von ihnen. Dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Männlichkeit immer noch ein wunder Punkt bei vielen Menschen zu sein scheint, spiegelt nichts besser wieder, als die Kommentarspalte auf „linksunten“ zu dem Artikel ''Sexismus in der linksradikalen Szene''.

 

Der im November 2016 erschienene Text ''Sexismus in der linksradikalen Szene'' von der fantifa*frankfurt deckt sexistisches und reaktionäres Verhalten – vor allem auf Partys – in sich emanzipatorisch bezeichnenden Räumen auf; ein Problem das auch wir seit längerer Zeit beobachten. Die Kommentare zu dem Text machen mehr als deutlich, wie wichtig eine Reflexion patriarchaler Strukturen innerhalb der Gesellschaft und damit auch innerhalb linker Kontexte ist.1

 

Ein Vorwürfe, der noch versucht nicht offen sexistisch zu sein: Die Autor*innen würden zu hohe Erwartungen stellen, indem sie vorauszusetzten scheinen, dass sich Menschen bereits mit Themen wie Sexismus auseinandergesetzt hätten. Den Autor*innen wird der Vorwurf eines typisch studentischen Habitus gemacht - ''Legt mal eure Uni-Bücher für eine Stunde beiseite''. Dabei geht es nicht darum, dass von jedem*jeder erwartet wird, dass er*sie einen politisch korrekten Sprachbegriff hat. Sondern das Menschen, die sich bereits bewusst mit den Begrifflichkeiten auseinandergesetzt haben und sich eventuell auch darüber profilieren, klassisches Abwehrverhalten zeigen. Ihnen ist zu unterstellen, dass sie ein prinzipielles Verständnis für das Problem Sexismus haben, aber nicht bereit zu sein scheinen, eigene sexistische Verhaltensweisen zu reflektieren und in diesem Zuge Menschen diskriminieren.

 

Zudem wird den Autor*innen und Menschen, die auf sexistisches Verhalten aufmerksam machen, vorgeworfen, verkrampft und „hysterisch“ zu sein. Sie entziehen sich einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Fehlverhalten, unter dem Vorwurf eine Frau sei hysterisch, der zu den ältesten bürgerlichen Phantasmen gehört.

 

Die Scheu davor, das eigene Verhalten zu reflektieren, spiegelt sich auch darin wieder, dass Sprachpolitik als eine Nichtigkeit abgetan und belächelt wird: Zitat „Hört auf Worte zu bekämpfen. Bekämpft lieber die Ursachen. Wenn ihr dazu überhaupt in der Lage seid.“ Der Kampf gegen den alltäglichen Sexismus, bei dem Sprache und Verhalten eine große Rolle spielen, scheint für die Trolle keine Relevanz zu haben. Viel lieber scheinen sie auf den großen Tag-X der Revolution zu warten, an dem sie ihre Männlichkeit im Kampf beweisen können. Von dem sie ausgehen, dass nur ein männliches Prinzip zum Siege führen wird.

 

Auch wenn grundlegende Veränderungen der Organisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens bitter nötig ist, so leben wir nun mal in dieser Gesellschaft. Und auf absehbare Zeit scheint sich das nicht zu ändern. Hier wird jeder Idealismus irgendwann vom Realitätsprinzip eingeholt.2 Sprache ist ein Herrschaftsinstrument, in ihr drücken sich die Widersprüche unserer Gesellschaft aus und verfestigen. Stereotype werden reproduziert und Betroffene diskriminiert, ob intendiert oder nicht. Eine Emanzipation, ohne die Auseinandersetzung mit der eigenen Sprache und Position in der Gesellschaft ist daher nicht möglich. Die universelle Emanzipation vom Kapital, als das wesentliche Prinzip der gesellschaftlichen (Re-)Produktion, ist nicht ohne die Reflexion seiner wesentlichen Herrschaftsmechanismen möglich: Class, Race, Gender. Der Kapitalismus hat diese Kategorien nicht hervorgebracht, hat sich ihrer Mechanismen jedoch geschickt bedient und diese Kapitalverhältnis eingespannt. Historisch war es vor allem die Kategorie der Rasse, welche zur ideologischen Konstruktion des Anderen genutzt wurde. Bis hin zum Faschismus und Nationalsozialismus hat dieser Zusammenhang Millionen das Leben gekostet. Wer Antifaschismus ernst nimmt, sollte versuchen diese Ursachen zu bekämpfen. Die Selbstreflexion ist der erste Schritt dazu.

 

Nicht einmal im Geringsten lassen sie sich auf den Text ein: „Bis ich erstmal rational all eure Gesetze gecheckt habe, bevor ich in einer emotionalen Situation fluche, um dann verdruckst ‚du, duuuu, duuuuu gammlige Avocado, du´ zu sagen, nur um dann zu merken, dass ich damit ja jemanden entmenschlicht habe, was ja bekanntlich der erste Schritt zum Faschismus ist...bevor ich das tue, kann ich es mir ja auch gleich ganz sparen.“ Diese Verweigerung der Selbstkritik wurde von der f*antifa bereits treffend dargestellt. Genau hierin bestätigt sich die konservative Einstellung vieler Linker und ihre mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema Männlichkeit. Betrifft die Kritik eigenes Verhalten verschanzt man sich hinter Abwehrmechanismen. Sich auf „wahre Probleme“ oder „linke Tradition“ zu berufen, ist schließlich bequem. Ohne etwas zu verändern, werden diskriminierende Begriffe und Geschlechterrollen weiter transportiert.

 

Die mangelnde Selbstreflexion wird von einem*einer Kommentator*in treffend dargestellt - „Ist Kritik so schwer für dich (und viele andere)? (..) Ist Selbstkritik so unzugänglich? Ist das offene Hinterfragen von Dingen, die kritische Analyse der eigenen Standpunkte, ein Reflektieren und Akzeptieren der eigenen Privilegien so unerträglich?“

 

Wir alle sind in Diskurse verstrickt, die unsere Machtbeziehungen widerspiegeln, auch uns ist es nicht möglich, sich in jeder Situation korrekt zu verhalten. Einer Auseinandersetzung damit wollen wir uns aber nicht versperren. Wir stellen daher die Frage in den Raum, warum die kritische Auseinandersetzung bei der reinen Kritik unserer Verhältnisse stehen bleibt und teilweise nicht auf unsere eigene Position überspringt?

 

Klar ist auch, dass nicht jede Person sofort alle Inhalte schon verinnerlicht haben muss. Menschen haben unterschiedliche Hintergründe, bevor sie in der „linken Szene“ aktiv werden. Ausschließendes Verhalten ist ein Problem, dass mit dazu führt, dass ausgesprochen wenig Menschen mit nicht akademischem Hintergrund sich in der Szene bewegen. Noch weniger aus prekarisierten Verhältnissen. „Sprachhürden“ sind hierbei aber nur ein Problem von vielen. Markenfetisch, starke Hierarchien und arrogante Verschlossenheit eines verschworenen Zirkels sind unserer Meinung nach bedeutsamer.

 

1 https://linksunten.indymedia.org/de/node/196216

Uns ist klar, dass sich auf Indymedia nicht nur Linke rumtreiben. Die Reaktionen, die wir auch jenseits des Internets mitbekommen haben, scheinen aber zu bestätigen, dass hier auch linke Hunde getroffen wurden und gebellt haben.

 

2 Klar: durch Reformismus werden unsere Verdinglichten Beziehungen zwar mit nichten aufgelößt, aber ein klein wenig erträglicher. Hierbei ist es natürlich wichtig die grundsätzliche Falschheit weiter mitzudenken und zu bekämpfen. „Die große sozialistische Bedeutung des gewerkschaftlichen und politischen Kampfes besteht darin, dass sie die Erkenntnis, das Bewusstsein des Proletariats sozialisieren, es als Klasse organisieren.“ Rosa Luxemburg: Sozialreform oder Revolution. 1. Teil. 5. Praktische Konsequenzen und allgemeiner Charakter des Revosionismus.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Ihr und wir haben einfach nichts miteinander zu tun. Ihr seid linksliberale, reformistische, postmoderne Befindlichkeitsfetischisten. Dieses Wiederkäuen von Phrasen eurer grün-liberalen Professorinnen ist so ermüdend. Bahnt sich in Euren Köpfchen nicht mal ein einziger selbstständiger Gedanke?

Dieses ganze "Reflektiert doch mal" meint doch nur: "Lernt gefälligst die Sache so zu sehen, wie wir!". Nur wird sich jeder, der nicht durch die Gehirnwäsche eines 5-jährigen Genderstudies-/Kulturwissenschaftsstudiums gegangen ist, sich denken: "Ich werde mir doch nicht von so ein paar moralinsauren Bachelors erzählen lassen, waich zu denken habe."

 

Und deshalb: Wir haben nichts miteinander zu tun. Zwischen Euch Linksliberalen und uns Linksradikalen ist ein unüberwindlicher Graben. Macht weiter Euren Kram, geht zur Grünen Jugend, lasst Euch von der Heinrich-Böll-Stiftung finanzieren, lest taz und ZEIT, aber leckt uns bitte einfach am Arsch!

und du hast die Jungle World vergessen ;-)

Schön, das du verstanden hast, dass du mit linken Positionen nichts zu tun hast. Genau darauf wollte der Artikel hinaus.

In 20 Jahren in der Szene bin ich leider immer wieder Zeuge von sexistischen Pöbeleien, Anfeindugen und sogar körperlicher Gewalt gewesen... immer von Frauen ausgehend - gegen Männer. Diese sexistischen Anfeindungen, wurden und werden bis heute so gut wie nie thematisiert und oder/oder reflektieren. Ich kann diese einseitigen Artikel über Sexismus in der Linken Szene nicht mehr lesen.

"Die universelle Emanzipation vom Kapital, als das wesentliche Prinzip der gesellschaftlichen (Re-)Produktion, ist nicht ohne die Reflexion seiner wesentlichen Herrschaftsmechanismen möglich:  Class, Race, Gender usw. usf." 

 

Fünf Zeilen weiter: "Ausschließendes Verhalten ist ein Problem, dass mit dazu führt, dass ausgesprochen wenig Menschen mit nicht akademischem Hintergrund sich in der Szene bewegen. Noch weniger aus prekarisierten Verhältnissen. „Sprachhürden“ sind hierbei aber nur ein Problem von vielen." 

 

Wie kann man sowenig darauf achten, was man grade selber tut? Wenn ihr einseht, dass die Sprache tu kompliziert ist, warum schreibt ihr dann genauso?

Wow, beeindruckend. Was für ein wichtiger Text. Ihr habt tatsächlich folgendes Kunstsstück geschafft:

1.) Einen Text als vermeintlich wichtig zu reaktivieren, dessen Hauptpunkte waren, dass die Worte ,,Bastard'', ,,Hurensohn'' etc. ganz schlimm und sexistisch seien.

2.) Die zutreffende Kritik darunter, die diese Ansicht in Gänze widerlegt, teilweise einfach zu ignorieren und teilweise mit Plattitüden wegwischen zu wollen (so sei das ja nur ,,Verweigerung der Selbstkritik" und generellen ,,Abwehrmechanismen" geschuldet). Dafür aber

3.) die flachesten und dümmsten Antworten à la 'Hysterie' und 'Uni-Bücher weglegen' herauszupicken und – große Leistung – zu kritisieren.

4.) Dabei als logische Grundlage die dümmliche 'Volksweisheit' mit den Hunden zu bringen. Was also auch etwa heißt, dass wenn eine Kurdin sagt, sie sei keine Terroristen, dann erst recht schon was Wahres am PKK-Vorwurf gegen sie dran sein wird? Klingt für mich mehr nach Inquisition als nach Emanzipation. Und wenn wir schon bei Hunden sind: Wenn getroffene Hunde bellen, Hunde die bellen aber nicht beißen, dann kann eure Kritik hier ja nur Leute treffen, die zwar vielleicht sexistisch denken, sich aber nicht sexistisch Verhalten. Also alles nicht so wild, oder? – Toll was man mit einer Fixierung auf Sprache als Hebel zur Änderung der Verhältnisse und etwas Wortakrobatik alles machen kann, nicht?

und erst recht keine "Feministinnen" a la Alice Schwarzer, aber:

1.) Einen Text als vermeintlich wichtig zu reaktivieren, dessen Hauptpunkte waren, dass die Worte ,,Bastard'', ,,Hurensohn'' etc. ganz schlimm und sexistisch seien.

Aber das hier muss echt nicht sein. Bastard/Hurensohn/... sind einfach miese, herabsetzende Wörter. Man kann sich auch beschimpfen, ohne dabei ganze Berufszweige (nichts anderes sind SexworkerInnen) mit zu beleidigen.

Also es erscheint fraglich, ob sich das nun tatsächlich so verhält, wie von dir als selbstverständlich dargestellt.

 

Erstens – toll das diese Nonsense-Debatte hier jetzt nochmal tagt, dann kann man auch die Kritik recyclen – entwickeln sich Wortbedeutungen. Bitte, du willst doch nicht erzählen, der Vorwurf ,,mieser" Antifas an die Bullem sei, dass ihre Eltern zum Zeitpunkt ihrer Zeugung unverheiratet waren; da gibt man sich doch der Lächerlichkeit preis.

 

Und zweitens macht das auch nicht zwingend etwas mit Gehirn und Verhalten. Selbst wenn seit 20 Jahren staatlich verordnet wäre, Menschen nur noch als ,,Sau'' und ,,Schwein'' zu beschimpfen, würden die meisten ein echtes Schwein, das ihnen im Park über den Weg läuft, wohl eher streicheln als bespucken. – Das soll nicht heißen, dass diese Wörter nicht auch(!) die gesellschaftliche Stellung dieser Borstentiere, von Sexarbeiter*innen oder von Aftern widergäben. Wohl aber, dass diese extreme Vereinfachung in diesen Debatten, nichts bringt, analytisch falsch ist und die Komplexität verkennt.

 

Viel interessant wäre aber doch mal: Ein Tutorial 'Wie fluche und beschimpfe ich politisch korrekt' (und zwar möglichst so, dass die gewünschten Effekte des Fluchens und Beschimpfens dann auch noch gegeben sind [s. auch Kritik unter dem ersten Text]). So wie hier immer geredet wird, sollte das ja ein Leichtes sein. (Und bitte die Kritik bzgl. Avocado-Entmenschlichung etc. nicht vergessen.) Und: Ja, das ist ehrlich, [fast] nicht ironisch und interessiert gemeint!

die aktuell existierenden beschimpfungsfloskeln sind durch die bank scheiße, aber wie finden wir was besseres, was auch wirklich eine beleidigende/erniedrigende komponente für die beschimpften beibehält? und bevor jetzt wieder kommt, daß erniedrigung/beleidigung und entmenschlichung des gegeners nicht ok. gehe- am arsch, die entmenschlichung des feindes hat der feind schon selbst vorgenommen, als er sich aufgrund welcher niedrigen beweggründe auch immer außerhalb/gegen eine/r sozialen und solidarischen gemeinschaft positioniert hat.

im prinzip kannste alles in die tonne treten, auch und besonders das "fuck the (beliebiges zu verunglimpfendes zielobjekt einfügen)", denn- mal ganz billig erklärt: ich möchte mit meinem feind keinen sex haben, denn da kommen nur 2 mögliche resultate raus, die für mich beide restlos indiskutabel sind:

möglichkeit 1:

sollte es konsensual- also einvernehmlich- verlaufen, dann verschaffe ich meinem feind damit plaisir und freude. selbsterklärend daß das konträr zu meinen absichten liegt, also komplett fürn arsch.

möglichkeit 2:

sollte das nicht einvernehmlich verlaufen, dann ist das eine vergewaltigung- egal ob mental oder physisch- und das ist auch komplett indiskutabel.

 

eine anmerkung hätte ich aber noch zum thema "sexarbeit":

in meinen augen ist das eben auch kein normaler job und für mich auch offen konterrevolutionäre scheißarbeit, da im sinne der mehrwertschaffung reproduktiv und außerdem im schlimmsten falle die soziale keimzelle "beziehung" zerstörend. auf jeden fall ist für zwangsprostituierte und für die abschaffung ihrer lebensumstände mit allen verfügbaren mitteln zu kämpfen. keine frage. aber die "selbstbestimmten" in den himmel zu heben, ist in jeder hinsicht kompletter bullshit: prostitution und sexarbeit im allgemeinen ist aber auch sowas von systemstabilisierend, daß es eine wahre pracht ist. warum das so ist,  da muß ich jetzt hier ja wohl nicht im einzelnen drauf eingehen- stellt euch mal vor, die "freien" würden auch nur einen tag streiken, was hier los wäre... tun sie aber nicht, denn das ist aus ihrer sicht eben "leicht verdientes geld". es gab in der vergangenheit auch schon anläufe, den selbstbestimmten aus- und umstiegsangebote auch in linken projekten anzubieten, was aber komplett gescheitert ist, da zumindest die selbstbestimmten da komplett keinen bock drauf hatten, denn ihr bisheriger job war ja "leicht verdientes geld" und noch dazu weitaus mehr davon im gegensatz zu anderer arbeit. kein scheiß, das war wirklich o-ton in den 80ern, da gibt es nix wegzudiskutieren. und für solche menschen fehlt mir einfach das verständnis, die sind für mich genauso scheiße wie der normale vollproll da draußen, eher noch schlimmer, da sie dem reaktionären vollproll da draußen eine nicht zu unterschätzende "komfortzone" verschaffen.

 

diesen themenkomplex hätte ich gerne mal etwas intensiver in unseren kreisen diskutiert, aber von "feministischer" seite kommt da ja leider trotz wiederholter aufforderung nix zu.

Guter und wichtiger Text

widerliche Kommentare

An die Kommentierenden: Könnt ihr eigentlich nur Realtivieren, Leugnen oder den Vorwürfen ihre Relevanz absprechen? Oder ist hier auch noch wer um sich mit dem Text auseinanderzusetzen?

Es ist Aufgabe der Autoren, nicht relativierbare Behauptungen aufzustellen, mit Tatsachen zu argumentieren, die nicht zu leugnen sind, und nur Vorwürfe vorzubringen, denen man ihre Relevanz nicht absprechen kann. All das schaffen die Verfasser nicht, im Gegenteil: Ihr Text ist argumentativ so schwach, dass man ihn nur kritisieren kann.

Relativieren, Leugnen und Vorwürfen die Relevanz absprechen ist nichts anderes als sich mit dem Text auseinanderzusetzen. Da gibts zwar noch mehr und Intelligenteres, abge geschenkt.
Was Du allerdings mit "mit dem Text auseinandersetzen" meinst ist Affirmation. Entweder man findet alles toll was da steht, ergänzt es vielleicht um ein paar Punkte (z.B. dass die Körpergröße von als Männern gelesenen Personen durchschnittlich größer ist als von als Frauen gelesenen Personen, was auf Demos regelmäßig zu ultrasexistischem Mackertum führt!) oder hält die (Macker-)Klappe.

 

Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich dieser Antisexismus-Irrsinn langsam erledigt hat. Auch dank der ganzen Komplett-Irren.

Nicht, dass Sexismus kein Problem wäre, aber man sieht an den in diesem Punkte völlig Durchgeknallten was der schöne Ausdruck "einen Bärendienst erweisen" bedeutet.

"the comments on any article about feminism justify feminism." (helen lewis).

scheißegal wie sich ausgedrückt wurde, sexismus hat wie faschismus, rassismus und der ganze dreck in meiner umgebung und gegenwart keinen platz!

das soll der text wohl rüberbringen...

auch wenn teilweise "alte werte" hochgehalten werden sind das doch solidarität, gemeinschaft, fairness und sowas.

die hierarchische scheisse kann sich ebenso verpissen wie ausgrenzung oder andersbehandlung aufgrund des geschlechts.

ich will kein "hurensohn", "schwul", "nutte" oder ähnliches und es ist nicht schwer die eigene fresse dafür aufzumachen oder auch dafür gradzustehen!

in fast jedem (gendern nützt auch nix) stecken miese überlieferungen, aber es ist leicht sich zu sensibilisieren.

greeez!

So sehr dieser sexismuskritische Artikel real vorhandene Probleme anspricht, so wenig scheint eine Reflexion darüber vorhanden zu sein, was man Menschen alles mit auf dem Weg zu einer emanzipatorischen Gesellschaft geben will.

Zunächst einmal nehme ich diesen Satz als Ausgangspunkt, den ich voll unterschreibe:
"Sprache ist ein Herrschaftsinstrument, in ihr drücken sich die Widersprüche unserer Gesellschaft aus und verfestigen [Satzbau wie im Original]. Stereotype werden reproduziert und Betroffene diskriminiert, ob intendiert oder nicht. Eine Emanzipation, ohne die Auseinandersetzung mit der eigenen Sprache und Position in der Gesellschaft ist daher nicht möglich."

Nun aber stehen wir vor dem Problem, dass Ausgrenzung und Diskriminierung innerhalb der Gesellschaft in verschiedenen Themenbereichen vorhanden sind und dann auch noch in unterschiedlicher Intensität. Klar möchte man da etwas dran ändern. Aber wenn man sich mal anschaut, auf welchen Feldern überall Aktivitäten festzustellen sind, dann ist aktuell eher ein Verzetteln und Spalten zu erreichen als ein Fortschritt.
Worum es geht? Um die Fragen, wer unsere Adressat_innen sind, wo wir hin möchten und welche Ausgangsituation bei ihnen vorliegt. Wo fängt man an und was kann man realistischerweise erreichen? Indem ich ein ganzes Wörterbuch voll problematisiere, laufe ich doch eher Gefahr, Menschen zu überfordern. Was folgt darauf? Eine Abwehrreaktion, vor allem dann, wenn mir immer wieder etwas Neues vorgeworfen wird, was ich eigentlich selbst nicht möchte. Das Problem liegt dann nicht darin, dass ich mich einer Reflexion verweigere, sondern in dem vorwurfsvollen Ton, der mir entgegenschlägt.
Und wenn sich dann noch der Vedacht aufdrängt, die andere Seite würde mich ebenso sexistisch markieren, dann ist doch alles verloren, was ich an Fortschritt zu gewinnen erhoffte.

Kurz: Auseinandersetzung tut not, aber der Ton macht in beide Richtungen die Musik und - das ist in meinen Augen zentral - man kann von niemandem eine Doktorarbeit in emanzipatorischer Sprache erwarten. Vielmehr sollte man auf die kleinen Fortschritte hinarbeiten und nicht immer das ewige Gefasel von einer Revolution bemühen.

Sprache erschafft also die Realität? Hm...Nicht das dass komplett daneben wäre, es ist aber auch nicht unbedingt der Weisheits letzter Schluss.

Zum Beispiel die Sexarbeiterinnen Nummer: Was gab und gibt es nicht alles für Wörter dafür.

Dirne, leichtes Mädchen, Hure, Metze, Kurtisane, Freudenmädchen, Callgirl, Nutte, Prostituierte und jetzt eben Sexarbeiterin. In meiner Jugend galt Nutte als Beleidigung und Hure war gebräuchlich. Dann sagte man Prostituierte, nun eben Sexarbeiterin.

 

Nun gehen die Männer neuerdings also alle zur Sexarbeiterin und bekommen für 50 Euro vaginal und für 100 Analverkehr.

Damit hat die gesellschaftliche Stellung von Frauen, die sich gegen Geld rektal bumsen lassen, natürlich enorm geändert.

Warum ich das so derbe ausdrücke? Weil es genau so von der Gesellschaft gesehen wird. Egal ob da nun Sexarbeiterin oder Hure draufsteht, die Frau nimmt gegen Geld ziemlich wahllos Pimmel in den Mund und Männer gehen hin um ihre Partnerin zu betrügen oder spezielle Dinge auszuprobieren, die sie sich woanders nicht trauen würden. Das wird stigmatisiert,nicht der Begriff "Prostiuierte" und darüber sollte man ehrlich reden!

 

Auch der Toilettenreiniger kann sich jetzt besser fühlen, seit man nicht mehr Kloputzer sagt. Tatsächlich stinkt die Kacke zwar immer noch, die er von anderen gegen ein geringes Gehalt wegputzen muss, aber hey; immerhin stimmt jetzt die Berufsbezeichnung.

Oder wie wärs mit der Fachkraft für Kreislauf und Apfallwirtschaft? Lernt Mann bzw. Frau im Gymansium oder im Soziologiestudium was die tun? Richtig, das sind diejenigen die den ganzen Tag auf der stinkenden Mülldeponie stehen und dort arbeiten. Aber immerhin werden sie nett bezeichnet, dann ist ja alles gut weil Sprache ja die Realität erschafft.

 

Hallo Realität, meine Zähne sind nicht schlecht, die der anderen sind nur zu gut. Mist, warum habe ich dann Zahnweh?

Ein kleines Beispiel zur Erweiterung deines Blickfeldes:

Wenn ich mich auf einer Party befinde, mit meinem Freund J., dem eine Spastik diagnostiziert wurde und auf dieser Party immer wieder das Wort "Spast" oder die Bezeichnung "Behindert" negativ konnontiert, also als Beschimpfung verwendet wird - in verbalen Auseinandersetzungen, Gesprächen oder in der Musik, wird sich mein Freund J. verständlicherweise unwohl und diskrimminiert fühlen. Er wird vermutlich nicht mehr allzu lange dort bleiben wollen und womöglich auch nicht zur nächsten Party an diesem Ort kommen. So schafft Sprache ganz reale Situationen, Realität.

Gilt auch für andere bereits genannte diskrimminierende Beleidigungen btw.

 

Ich reflektiere so einiges, komme aber einfach zu anderen Schlüssen als ihr,sorry.

 

Habt ihr schon mal über den Sinn einer Beleidigung an sich nachgedacht? Radikal denken beginnt an der Wurzel, also was ist eine Beleidigung?Wikipedia sagt dazu:

Ein Schimpfwort oder Scheltwort (wissenschaftlich auch: Maledictum, meist im Plural: Maledicta) ist ein Wort, das eine Person (seltener: ein Objekt) mit einer (stark) abwertenden Bedeutung (Pejorativ) besetzt und sie auf diese Weise beleidigt oder herabsetzt.

Okay, das ist also eine Beleidigung. Warum beleidigt man jemanden? Nun, in der Regel weil man diese Person situativ so beschissen findet, das man emotional wird und den Gegenüber treffen möchte. Beleidigungen setzten also per Definition den Gegenüber herab und reduzieren ihn auf seine Negativen Eigenschaften.Sinn einer Beleidigung=dem gegenüber sprachlich zu reduzieren(wer hätte das gedacht) Dabei ist es erstmal egal ob man Blödian, dumme Kuh oder Arschloch, Fotze, Hurensohn sagt. Wenn ich zu jemanden dagegen sage:"Ich mag dich nicht weil ich deine engstirnige Denkweise für ziemlich beschränkt halte, erkenne aber fairerweise an, das du ein wenig Möglichkeiten in deinem Leben hattest dich weiter zu bilden und ausserdem kannst du gut kochen"-Nun, das ist zum Beispiel keine Beleidigung, sondern eine Meinungsäusserung, die aber als Beleidiung aufgefasst werden kann.

 

Aber ein "Dummkopf" als angeblich harmlose Beleidigung, geht von einem ziemlich elitären Intelligenzverständnis aus und missachtet ausserdem die Lebensrealität des Gegenübers, der vielleicht gar keine Möglichkeit besaß sein Potential zu entwickeln.

Das könnte man so interpertieren. Eine "dumme Kuh" dagegen ist schon wieder sexistisch, weil....ähm;....das lasse ich mir gerne nochmal erklären...

 

Ein Wichser ist ein Typ der onaniert. Intepretation: Entweder weil er "Pervers" ist(die männliche Selbstbefriedigung wird als negativ und eklig bewertet) oder weil "er keine Frau abkriegt"(irgendwas stimmt also mit ihm nicht, ist er zu hässlich, oder einfach nicht "Mann genug?) Das kann man so interpretieren, aber bestimmt soll ich mich als "Mann" nicht so anstellen, oder?

Eine weibliches Synonym wäre etwa Dildosau oder ähnliches. Sexistisch?

 

Ein Macker ist ein Typ der sich übetrieben männlich darstellt. Eine Tussi ist dagegen eine Frau die sich übertrieben weiblich....ups... Sexismusalarm, nicht weiterschreiben!

 

Ein Arschloch ist ja angeblich eine geschlechtsneutrale Beleidigung, auch wenn es zu 99.99 Prozent nur auf Männer angewandt wird. Wie wäre es mit "Rosette" als Beleidigung für Frauen? Das ist das gleiche und meint das gleiche. Also "du dumme Rosette" anstatt "du dummes Arschloch"

 

Typen sind bockig, Frauen sind zickig?..hm....will das jetzt jemand für mich problematisieren, ist mir gerade zu offensichtlich...

 

Und dann gibt es noch "Sackgesicht,Pimmelkopf, Du Dödel, du Schwanz", du .....aber "Fotze" sagen ist böse, weil es die Frau auf ihr Geschlechtsteil reduziert?(Nochmal zum Anfang meines Textes, was sind Beleidigungen und warum werden sie angewandt?)

 

Ich habe gerade eine Schimpfwortliste gegoogelt. Von ca. 1000 Beleidigungen sind ca. 900 gegen Männer gerichtet. 

 

Ich verstehe übrigens schon, warum Schlampe einfach eine dumme Beleidigung ist und etwas über denjenigen aussagt, der dieses Wort benutzt. Das selbe gilt für N.....er oder Mongo,Behindi, Schwuchtel usw...

Es gibt also Beleidigungen, die finde auch ich dumm und niveaulos.

 

Was mich an euch stört. Ich kann da keinen ansatz eines eigenen Gedankens erkennen, nur gutbürgerliches Gewäsch über den schlimmen proletarischen Sprachgebrauch.

Wenn ich ein "dummes Arschloch und Wichser " bin; soll ich euch dann wirklich als "dumme, dildosüchtige Rosette" bezeichen, was quasi die selbe Bedeutung hat?

Nun, ich werde es niemals hrausfinden, weil ich mir die Situation in einer linken Räumlichkeit nur allzu bildlich vorstellen kann, was passieren würde, wenn ich euch in dieser Art beschimpfen würde.

Hört sich für euch Rosette wirklich besser an als Fotze? Wirklich? Hey, wisst ihr was; reflektiert euch mal!

 


Im Prinzip halte ich euch mit euren gutbürgerlichen höfischen Manieren ala "Eine Dame beleidigt man nicht", für die wahren Sexist_innen in der linken Szene.

Gibt es irgendeine anwendbare Beleidigung gegen eine Frau die ihr nicht für sexistisch haltet? Nennt mir irgendeine! Bitte!