B: Zu den Hausdurchsuchungen wegen eines “Fahrradkorsos” für die Rigaer

bike hero

Im Folgenden möchten wir eine Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse zu den Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit einer Fahrrad-Solidemo für die Rigaer 94 geben. Es gibt nicht viel, das wir bisher wissen, alles was schon sicher ist, möchten wir veröffentlichen, um Gerüchten, Tratsch und Klatsch vorzubeugen. Gerüchte spielen nur den Ermittlungsbehörden in die Hände, nicht nur können diese auswerten - Wer, Wann, Wieviel - weiß, sondern es nützt „ihnen“ auch um zersetzende Arbeit zu leisten. Auch die folgenden Informationen sollten keine Grundlage bieten, um Vermutungen über Hintergründe, beteiligte Personen und ähnliches anzustellen.

 

Unsere Informationen ergeben sich aus Gesprächen mit Anwält*innen, Beschuldigten und öffentlichen Verlautbarungen der Bullen.

 

Am Mittwoch, dem 26. Oktober, stürmten in verschiedenen Stadtteilen in Berlin und in einem Fall auch in Leipzig 139 Bullen insgesamt 14 Wohnungen. In der Tasche hatten die Schweine einen Durchsuchungsbeschluß vom Amtsgericht Berlin Tiergarten, beantragt am 13. Oktober., genehmigt bzw. angeordnet wurde die Maßnahme von einem Richter mit dem Namen „Zwölfer-Martin“. Der Tatvorwurf lautet auf „besonders schweren Landfriedensbruch“. Genauer wird den Beschuldigten vorgeworfen „aufgrund eines zuvor gefassten gemeinschaftlichen Tatentschlusses sich in den frühen Abendstunden des 05. Juli 2016 [..] getroffen und organisiert, nachdem man sich zuvor teilweise auch vermummt und umgezogen hatte, einen sog. „Fahrrad-Korso“ vom U-Bahnhof Südstern aus durch die anliegenden Straßen durchgeführt zu haben. Im Rahmen dieses „Fahrrad-Korsos“ wurden – wie von Anfang an geplant – aus der Gruppe heraus mehrere Farbbeutel, Farbeier und Farbflaschen etc. auf mehrere Hausfassaden an der Wegstrecke geworfen. Diese Würfe wurden von den anderen Teilnehmer des sog. „Fahrrad-Korsos“ dergestalt unterstützt, dass die werfenden Täter von den anderen Teilnehmern abgeschirmt wurden...“

 

Gesucht wurde nach „Vermummungs- bzw. Verkleidungsgegenständen, Tatmittel wie Farbe, Wurfbehältnisse, Fahrräder, und Unterlagen oder Speicher-Medien, auf denen sich Tatvorbereitungsunterlagen wie Skizzen, Stadtkarten oder Selbstbezichtigungsschreiben befinden“. Angetroffen wurden bei den Durchsuchungsmaßnahmen lediglich 5 oder 6 der beschuldigten Personen. Es wurden einige Wohnungen in Abwesenheit der Betroffenen durchsucht, bei einigen wenigen Wohnungen wurde von einer Durchsuchung abgesehen, da die eingesetzten Bullen diese nicht für die Wohnanschrift der/des jeweiligen Beschuldigten hielten. Im Anschluss der Durchsuchung wurden die angetroffenen Beschuldigten an die Gefangenensammelstelle überführt, um eine ED-Behandlung nach der 1. Alternative (die bei der ED-Behandlung gewonnen Daten dürfen nur zum Zwecke des Verfahrens, nicht wie bei der 2. Alternative allgemein, gespeichert werden) durchzuführen. Anschließend wurden alle wieder entlassen. Eine DNA-Abnahme wurde als freiwillig thematisiert, aber soweit bekannt bei niemanden umgesetzt. Angedroht wurde jedoch, dass eine richterliche Anordnung zur Abnahme der DNA beantragt wird, um diese dann dem Verfahren zuzuführen.

 

Dass sich die „EG LinX“ (Sonderkommission beim Staatsschutz) zur Zeit nicht gerade mit sonderlich herausstechendem Ermittlungserfolg brüsten kann, ist bekannt, dass sie sich aber auf das Niveau eines billigen, juristischen Konstruktes herablassen, scheint einen kleinen Tiefpunkt der Damen und Herren des LKA 521 (Staatsschutzabteilung Linksextremismus) darzustellen. So lässt der Beschluss offen wie die betroffenen Personen auf die Liste der Tatverdächtigen kommen.

 

Wir wollen uns keineswegs auf das juristische Geplänkel der Bullen einlassen, halten aber das Ausmaß der Schieberei für erwähnenswert. Die Vermutung liegt nahe, dass gerade eine Fahrraddemo, an der alle partizipieren können, die keinen Bock auf Bullen in unseren Häusern haben, ein Dorn im Auge der Ermittelnden ist. Letztlich zeigt es aber deutlich, dass die Ermittlungsgruppe nichts in der Hand zu haben scheint, was erwähnenswerter wäre, als ein bisschen Farbe an einer Wand eines Gebäudes auf dem Weg einer dynamischen Fahrradtour. Das Kalkül, die Beschuldigten, ihr Umfeld und den gesamten Widerstand gegen die vom Senat verbockte Scheisse einzuschüchtern, scheint der eigentliche Hintergrund dieser Operation gewesen zu sein. Lassen wir sie doch einfach ins Leere laufen und durch solidarischen Zusammenhalt der Strategie der Bullen trotzen.

 

Nichtsdestotrotz: passt weiter auf euch auf, räumt eure Bude auf, verschlüsselt eure Rechner und schmeisst eure Handys in den Müll.


Keine Gerüchte! Solidarität für alle!


R94 bleibt! Bullenschweine verpisst euch aus unseren Wohnungen, aus unserem Leben!

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Ende 2013 / Anfang 2014 gab es eine kurze Debatte in Berlin zum Umgang mit Hausdurchsuchungen. Bis heute lesenwert ist der Beitrag des EA Berlin dazu - insbesondere hinsichtlich des Umgangs mit Informationen, dem Informationsbedürfnis von (Teilen) der Szene und der Gefahr von Gerüchten: https://ea-berlin.net/zur-diskussion-uber-hausdurchsuchungen