[B] Hintergründe zur Antifa-Kaffeefahrt in den Spreewald am 28. Mai (Teil II)

Auf in den Spreewald!

Am morgigen Sonnabend rufen wir, die Antifa goes Brandenburg [AGB], zu einer antifaschistischen Kaffeefahrt in den Spreewald auf. Seit geraumer Zeit veranstaltet der Verein „Zukunft Heimat e.V.“ rechte Demonstrationen im Spreewald. Bei den Demonstrationen in Lübben und Lübbenau konnte er bis zu 800 Rassist_innen mobilisieren. Ohne nennenswerte Gegenwehr verbreitetet der Verein, der verschiedenste Organisationen am rechten Rand vereint, nationalistischen und völkisch-rassistische Hetze. Doch es regt sich Widerstand! Das Bündnis „Laut für den Spreewald“ will sich mit eigenen Akzenten gegen die Hetzer_innen stellen. Aus diesem Anlass findet diesen Samstag eine bunte Demonstration in Lübben statt. Wir wollen die lokalen Engagierten unterstützen und rufen daher auf, sich an der Demonstration in Lübben zu beteiligen.

 

Gemeinsame Anreise aus Berlin:
12:30 | Bhf. Ostkreuz | Gleis 13 | Abfahrt 12:53

 

Nachdem wir in unserem Aufruf zur Demonstration über den rechten Verein „Zukunft Heimat e.V.“ [1] informiert hatten und in einem weiteren Hintergrundartikel die Verbindungen zur „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ aufgezeigt hatten [2], wollen wir die Verbindungen des Vereins mit der Alternativen für Deutschland (AfD) aufzeigen.

 

Zukunft Heimat“ und die AfD
Die AfD und ihre Jugendorganisation, die Junge Alternative (JA), zählen zu den wichtigsten Unterstützer_innen und Bündnispartner_innen von „Zukunft Heimat“. Während bei anderen rassistische Initiativen in Brandenburg, die vor allem durch die NPD gesteuert werden, die AfD eher auf Abstand bleibt, kooperiert sie ganz offen „Zukunft Heimat“ mit der Rechtsaußen-Partei. Lokale und überregionale Funktionäre laufen nicht nur an vorderster Front mit. Sie sind ebenso als Redner_innen auf den Demonstrationen vertreten. So trat am 31. Oktober des vergangenen Jahres der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz als Redner auf der „Zukunft Heimat“-Demonstration in Lübbenau auf. In einem Video dokumentiert „Zukunft Heimat“ seine Rede, die auf Youtube einsehbar ist. [3] Ausgerechnet Kalbitz, der als konservativer bis extrem rechter Hardliner der Partei gilt, sprach auf der Demonstration von einem „Willkommensextremismus“ unter Beifall der Zuhörer_innen.

 

Anfang der 1990er war Andreas Kalbitz Mitglied der extrem rechten Partei „Die Republikaner“. Bei der Bewerbung für den Landeslistenplatz hatte er „vergessen“ seine Mitgliedschaft bei „den Republikanern“ anzugeben. [4] Auch mit weiteren öffentlich gewordenen Verstrickungen des Funktionärs in das extrem rechte Milieu scheint die AfD keine Probleme zu haben. Kalbitz soll laut Berichten der Zeitschrift „Der Rechte Rand“ von 1995 im „Witikobund“ mitwirken. Der „Witikobund“ wurde 1950 gegründet und versteht sich als eine „nationale Sudetendeutsche Gesinnungsgemeinschaft“. Diese völkische und revanchistische Vereinigung gehört laut Einschätzungen des alternativen Nachrichtenportals Inforiot zum „äußersten rechten Rand im Milieu der Vertriebenenverbände“. 2001 gratulierte Kalbitz in einem Rundschreiben des „Witikobundes“, dem „Witikobrief“, dem neonazistischen „Freundschafts- und Hilfswerk – Ost“ (FHwO) zu seinem Kampf gegen den Volkstod auf „deutschen Kulturboden“. Der FHwO soll enge Verbindungen zur NPD aufweisen. Zudem trat Kalbitz zwischenzeitlich als Autor der extrem rechten Zeitschrift „Fritz“ auf. Der „Fritz“ ist das Vereinsblatt der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO). Die JLO trat jahrelang als Anmelder_in und Organisator_in für die „Trauermärsche“ in Dresden. [5]

 

Die Hetze wirkt: AfD-Wahlerfolge im Spreewald
Dass die AfD aus flüchtlingsfeindlichen Protesten in Brandenburg Profit schlägt, wird vor allem im Süden des Landes deutlich. Im Herbst vergangenen Jahres kam es zu einer rassistischen Mobilisierungswelle in Cottbus. Nachdem sich Rassist_innen spontan in der Nähe eine Notunterkunft versammelt hatten und zum Objekt ziehen wollten [6], versuchte die NPD die asylfeindliche Stimmung aufzufangen. Es folgten Demonstrationen der neonazistischen Partei in Cottbus. Anders als andere rassistische Initiativen, die bewusst auf das NPD-Logo bei den Protesten verzichten, trat die NPD ganz offen als Organisator_in der Demonstrationen auf und vergraulte damit den Mob. Als die AfD ebenfalls asylfeindliche Kundgebungen in Cottbus abhielt, kamen bis zu 1.000 Rassist_innen. [7]

 

Auch im Spreewald zieht die AfD nutzen aus den flüchtlingsfeindlichen Protesten und Demonstrationen. Bei den Landratswahlen in Dahme-Spreewald im Oktober des vergangenen Jahres erreichte der AfDler Jens Birger-Lange 22,9 Prozent und wurde zweitstärkste Kraft. Vor allem in den Abschnitten von bestehenden und geplanten Unterkünften erzielte Lange seine besten Ergebnisse. In Zützen erreichte er 63,8 Prozent Prozent, ausgerechnet dem Ort, an dem „Zukunft Heimat“ im Sommer 2015 ihren Ursprung fanden. [8] Auch bei der Bürgermeisterwahl in Lübbenau am 20. März dieses Jahres profitierte die AfD von der rassistischen Stimmung. Der 39-jährige AfDler Marian von Stürmer erreichte aus dem Stand 34,4 Prozent der Stimmen. Von Stürmer ist regelmäßiger Teilnehmer und Redner der „Zukunft Heimat“ Demonstrationen in Lübben und Lübbenau. [9] Darüber hinaus unterstützt er mit seinem Transporter die Aufzüge logistisch. Es handelt sich um einen Transporter der Firma „Spreewaldland“. „Spreewaldland“ bietet Ferienwohnung im Spreewald an. Auf der Seite der Firma, die von Stürmer ebenfalls erstellt hat, wird es als Ansprechperson erwähnt. [10] Jüngst hetzt Marian von Stürmer gegen unsere Mobilisierung nach Lübben. Auf ihrer Facebook-Seite gratulierte „Zukunft Heimat“ Stürmer zu seinem Ergebnis. Bereits zuvor rief „Zukunft Heimat“ dazu auf seine Stimme an Stürmer zu vergeben und warb ganz offen für seinen Wahlkampf.

 

Gefährliche Mischung
Unter den Banner eines scheinbaren bürgerlichen Protest gegen die sog. „etablierten Parteien“ schafft „Zukunft Heimat“ es rechte bis neonazistische Gruppierungen zu vereinen. Mit der Idee einer homogenen Gemeinschaft und durch das Schüren der Angst eines bevorstehenden „Bevölkerungsaustausches“ durch Asylsuchende knüpft sie an bestehende Ressentiments gegenüber Fremden in der Gesellschaft. Dass Menschen, die vor Krieg, Hunger und Verfolgung eine Sicherheit verwehrt bleibt, lassen die Rassist_innen sie täglich spüren. Die steigende Zahl der Angriffe auf Asylsuchende und ihre Unterkünfte zeigt das Ausmaß der Bedrohung und Ablehnung. Für jede Beleidigung, für jede Schikane, für jeden Schlag gegen Asylsuchende und für jeden Brandsatz auf Aslyunterkünfte sind diejenigen verantwortlich, die den Mob auf der Straße antreiben.

 

Es gilt daher „Zukunft Heimat“ und ihren Unterstützer_innen das Handwerk zu legen und den Kampf anzusagen. Und es beginnt damit, dass man sich die Straße wieder zurückerobert. Bemühungen, auch wenn diese aus den eher bürgerlichen Spektrum initiiert werden, die sich für eine offene und solidarische Gesellschaft einstehen, müssen unterstützt werden. Gerade die ländlichen Gebiete stehen viele Aktivist_innen vor einem Zustand der Ohnmacht. Nur gemeinsam und solidarisch kann es uns gelingen den rassistischen Vormarsch zu stoppen.

 

Es geht uns nicht darum mit dem antifaschistischen Mittelfinger in Richtung der gesamten Bürgerschaft zu winken und sich dabei gut zu fühlen. Obwohl die Zahl derer, die an den rassistischen Demonstrationen teilnehmen oder ihr Kreuz bei der AfD lassen erschreckend hoch ist, ist sie nicht die Mehrheit. Unser Ansatz besteht darin diejenigen zu unterstützen, die unter schwierigen Bedingungen dennoch den Mut aufbringen gegen regressive Tendenzen in der Gesellschaft zu kämpfen. Wie sind uns bewusst, dass dieser Ansatz sicherlich auf einige Kritik innerhalb der radikalen Linken stoßen wird. Wir sind aber überzeugt, dass eine langfristige gesellschaftliche Veränderung nicht aus einer Marginalität erreicht werden kann und einem hohen theoretisch-praktischen Gesellschaftsanspruch, sondern über kleine emanzipatorische Impulse.

 

Es gibt kein ruhiges Hinterland! Kommt am Samstag nach Lübben!

 

Mai 2016,
Antifa goes Brandenburg [AGB]

 


Quellennachweise:
[1] http://agbrb.blogsport.eu/2016/05/10/28-mai-antifa-kaffeefahrt-in-den-spreewald/
[2] http://agbrb.blogsport.eu/2016/05/25/hintergruende-zur-antifa-kaffeefahrt-in-den-spreewald-am-28-mai-teil-i/
[3] hxxxs://www.youtube.com/watch?v=eIvhQlTi7dE
[4] http://www.inforiot.de/log-kalbitz/
[5] http://www.inforiot.de/voelkisches-vom-afd-abgeordneten-andreas-kalbitz/
[6] http://www.inforiot.de/300-rassistinnen-in-cottbus-vor-asylunterkunft/
[7] http://www.inforiot.de/cottbus-25-jahre-nach-der-wende-willkommen-in-den-90ern/
[8] http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/10/Brandenburg-Landratswahl-im-Landkreis-Dahme-Spreewald.html
[9] http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/03/buergermeisterwahl-luebbenau-kloster-lehnin.html
[10] hxxp://spreewaldland.de/Ueber-uns/

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