In sechs Wochen, am 13. März finden die Landtagswahlen in Baden-Württemberg statt. Antreten werden auch rechte und faschistische Parteien. Für uns alle ist spürbar, dass sich das Klima im gesamten Bundesgebiet verändert und die politische Landschaft stetig nach Rechts rückt. Beinahe täglich lesen wir neue Meldungen über Brandanschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten, rechte Großdemonstrationen wie PEGIDA und Konsorten, neue rassistische Äußerungen von rechten Politikern oder rekordträchtige Wahlprognosen für rechte Parteien.
Gerade in dieser, sich immer weiter zuspitzenden Situation, ist es unabdingbar, dass wir uns als AntifaschistInnen einmischen. In einer Zeit, in der rechte und faschistische Parteien auf Stimmenfang gehen und sich als „normale“, wählbare Alternative präsentieren ist es bitter nötig, dem einen Riegel vorzuschieben und den rechten Spuk zumindest punktuell einzudämmen.
Der faschistische Angriff auf eine Geflüchteten-Unterkunft in Villingen-Schwenningen mit einer scharfen Handgranate in der Nacht vom 28. auf den 29. Januar verdeutlicht, wie ernst die Lage ist.
Den rechten Wahlkampf sabotieren! Für eine solidarische Alternative!
Mit der Kampagne „Den rechten Wahlkampf sabotieren! Für eine solidarische Alternative!“ wollen wir die Rechten immer wieder und mit Nadelstichen mit Widerstand konfrontieren und ihnen das ungute Gefühl vermitteln, nirgends sicher auftreten zu können.
Auch wenn wir allein schon wegen der massiven Anzahl nicht zu allen Wahlkampfveranstaltungen in jedem noch so kleinen Ort Proteste organisieren können: Die AfD und die Faschisten dürfen sich bei keiner Veranstaltung und keinem öffentlichen Straßenauftritt wohl fühlen. Das können wir nur erreichen, wenn wir kreativ sind, Eigeninitiative ergreifen, und gemeinsam überlegen, wie wir aktiv werden können, um rechter Hetze in unserem Stadtbild keinen Raum zu bieten. Es gibt viele Möglichkeiten auf die Auswirkungen des rechten Wahlkampfs in unseren Vierteln und Orten zu reagieren oder vorzubeugen. In den vergangenen Jahren wurden z.B. massenhaft Plakate aus dem Straßenbild entfernt und vernichtet, Infostände der NPD angegriffen, Faschisten am Wohnort und Arbeitsplatz geoutet und die Bevölkerung über die Gefahren der rechten Rattenfänger aufgeklärt.
Auch zu den diesjährigen Landtagswahlen gab und gibt es vielfältige Aktionen. Vielerorts wurden AfD-Infostände angegriffen, gestört oder verhindert, Wahlkampfveranstaltungen, wie am 6. Januar in Stuttgart, gestört oder blockiert oder andere kreative Aktionen durchgeführt.
So und noch viel intensiver soll der rechte Wahlkampf begleitet werden.
Die Kampagne setzt auf Eigeninitiative: AntifaschistInnen müssen selbst aktiv werden, wenn es darum geht, rechte Propaganda aus dem Stadtbild zu entfernen oder den Faschisten und Rassisten einen Dämpfer zu verpassen.
Wir haben Flyer erstellt, die bei öffentlichen Auftritten gegen die rechten Hetzer oder in Briefkästen verteilt werden können und eine Broschüre, die sich intensiv mit dem Thema Rechtsruck, rechter Ideologie und der wichtigsten Frage „was tun?“ auseinandersetzt.
Wir laden alle ein, sich an der Kampagne zu beteiligen und bei sich, vor der eigenen Haustür aktiv zu werden! Wenn ihr Material benötigt, meldet euch einfach bei einer Gruppe in eurer Nähe.
„Demo für Alle“? Rollback und rechter Wahlkampf!
Am 28. Februar findet die nächste sogenannte „Demo für Alle“ als ein entscheidender Teil des Wahlkampfs der AfD und der CDU, in deren heißer Phase statt. Von den selben Organisatoren wurde am 23. Januar zu einem sexistischen und homophoben „Gender-Kongress“ geladen, bei dem Pseudo-Wissenschaftler über die Gefahren sexueller Vielfalt referierten. Diese Veranstaltung wurde symbolisch blockiert und einige der rechten Besucher eingeschüchtert.
Seit fast zwei Jahren tragen die Rechten mit der „Demo für Alle“ ihr rückschrittliches Weltbild auf die Straße. Seite an Seite marschiert hier die parlamentarische Rechte mit dem Nazimob BaWüs und christlichen Fundamentalisten und demonstriert gegen sexuelle Minderheiten, alternative Lebenskonzepte und für ein traditionell-reaktionäres Frauen- und Familienbild.
Jedoch nicht ohne antifaschistischen Protest, denn das ist nur der Aufhänger, der Rechte jeglicher Couleur zusammen auf die Straße bringt. Deshalb wollen wir an die vergangenen Proteste anknüpfen und den rechten Hetzern am 28. Februar zeigen, was wir von ihnen halten.
Zwischen zwei Kundgebungen des Aktionsbündnisses gegen die „Demo für Alle“ sind der Kreativität des Protestes und der Aktion keine Grenzen gesetzt.
Gerade die Nazis, die dieses Event für sich entdeckt haben und das letzte Mal mit über 50 Leuten anwesend waren, müssen wieder deutlich erfahren, dass sie in der Landeshauptstadt nicht mit Blumen begrüßt werden.
Mitmachen? Mitmachen!
Du willst dich beteiligen und selbst etwas gegen die Rechten und Faschisten unternehmen?
Dann komm zu den offenen Antifa-Treffen, Veranstaltungen und Aktionen, die wir hier für mehrere Städte in BaWü zusammengetragen haben.
Achtet auf weitere Ankündigungen auf den Homepages der unten stehenden Gruppen; schließlich können jetzt noch nicht alle Aktionen der nächsten sechs Wochen voll abgesehen werden, auch, weil sie davon abhängen, was die Rechten so treiben...
Bühl/Achern:
9.2. - Antifa-Abend
7.3. Antifa-Abend
Lörrach/Schopfheim:
3.2. - Offenes Antifa-Treffen
17.2. - Offenes Antifa-Treffen
2.3. - Offenes Antifa-Treffen
Mannheim:
3.2. - Offenes Antifa-Treffen
2.3. - Offenes Antifa-Treffen
Stuttgart:
4.2. - Treffen des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart&Region
12.2. - Antifa-Kneipe mit dem Thema „Kreativer Umgang mit rechter Propaganda im Straßenbild“
28.2. - „Demo für Alle“ zum Desaster machen
3.3. - Treffen des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart&Region
Tübingen:
8.2. - Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus
7.3. - Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus
Villingen-Schwenningen:
3.2. - Treffen des OAT
6.2. - Demonstration gegen Nazigewalt
2.3. - Treffen des OAT
Beteiligt euch, seid kreativ und macht den Rechten die Hölle heiß;
denn Antifa ist, war und bleibt Handarbeit!
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen
Antifaschistische Aktion Lörrach
Antifaschistische Aktion [O] Villingen-Schwenningen
Antifaschistische Linke Bühl/Achern
Broschüre:
"Ich bin ja kein Rassist, aber..." - "Doch."
Es ist wieder so weit: Die baden-württembergische Landtagswahl steht vor der Tür. Am 13. März 2016 haben die Baden-WürttembergerInnen mit deutschem Pass die Möglichkeit ihre Stimme für eine Partei abzugeben, die dann die nächsten vier Jahre ihre Interessen vertreten soll.
Wie bei jeder Wahl – sei es Bundestags-, Gemeinderats- oder Landtagswahl
– gleicht die Zeit vor dem Urnengang einem großen politischen
Spektakel, bei dem alle Parteien um die Gunst ihrer potenziellen
WählerInnen buhlen und meist sehr bemüht versuchen, sich von den anderen
Parteien inhaltlich abzugrenzen, ihr eigenes Profil anhand
tagespolitischer Fragen zu schärfen und vielleicht auch mit den ein oder
anderen Skandalen und Fauxpas Aufmerksamkeit zu erregen…
Doch etwas ist anders. Das spürt man. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre hat das gesellschaftliche Klima begonnen sich zu verändern. Niemandem ist entgangen, dass sich auf den Straßen der BRD neue extrem rechte Bewegungen wie die rassistische „PEgIdA“, die „Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa)“ oder in Stuttgart die homophoben und sexistischen Massenmobilisierungen der sogenannten „Demo für Alle“ breit machen konnten und lange eher belächelte rechte Stammtischparolen es wieder in die Schlagzeilen der deutschen Massenmedien geschafft haben.
Auch auf parlamentarischer Ebene hat sich etwas getan: Die „Alternative für Deutschland“ (AfD), begonnen als neoliberale, „eurokritische“ FDP-Konkurrenzpartei, hat sich zur „PEgIdA“-Partei entwickelt und mischt in nahezu allen rechten Bewegungen in Deutschland mit oder führt diese sogar direkt an.
Auf den scheinbar plötzlichen Erfolg der „AfD“, die Frage, warum
„PEgIdA“, „AfD“ und „Demo für Alle“ nur unterschiedliche Bildchen im
großen reaktionären Sammelalbum sind, auf den Rechtsruck, dessen Ziel
und vor allem was wir dagegen tun können, wollen wir in diesem Text
eingehen und ermutigen, sich dem rechten Treiben entgegenzustellen.
„Sind denn alle verrückt geworden?!“
Vielen Menschen, AntifaschistInnen wie AntirassistInnen und
HumanistInnen drängt sich diese Frage zur Zeit geradezu auf. So gerne
man diese Frage auch mit einem deutlichen „ja!“ beantworten würde und
sich dabei sicher ist, nicht zu dem neuen rechten Wahn zu gehören – so
einfach ist es leider nicht.
Wie jede politische Bewegung, jede Partei, jede Interessengemeinschaft
sind auch die aktuelle Entwicklung und deren Akteure nicht vom Himmel
gefallen, waren nicht einfach die fixe Idee einzelner VordenkerInnen,
die es schaffen viele Menschen zu überzeugen.
Nein. Gesellschaftliche Entwicklungen sind meist geprägt oder
beeinflusst von den Lebensbedingungen und wirtschaftlichen Interessen
verschiedener Gruppen und deren objektiver Stellung im
Produktionsprozess, den Klassen. Die Politik, Kultur und auch diffuse
„Stimmungen“ lassen sich natürlich nicht immer plump auf das eine oder
andere Interesse zurückführen, sondern entwickeln oft auch eine gewisse
Eigendynamik. Dennoch lassen sich meist an einer Analyse der aktuellen
wirtschaftlichen und politischen Situation Interessen und die TrägerInnen bestimmter politischer Forderungen und Positionen nachvollziehen und erklären.
Dieses wechselseitige Verhältnis von Politik, Kultur und Ökonomie hat
sich in der Menschheitsgeschichte unzählige Male gezeigt und lässt sich
anhand vieler politischer Tendenzen und Konflikte auch heute ablesen.
Die herrschende kapitalistische Klasse versteht es sehr gut ihre
gesellschaftliche Stellung durch geschicktes Ausnutzen und Schüren von
Ängsten innerhalb der Klasse der Lohnabhängigen und die kleinteiligste
Aufspaltung dieser in scheinbar miteinander konkurrierenden Gruppen zu
erhalten. Um sich bloß nicht als gemeinsamer und mächtiger Akteur zu
verstehen, wird unserer Klasse tagtäglich vermittelt, dass wir anders
seien als die „Ausländer“, dass „die“ „uns“ was wegnehmen würden, dass
Flüchtlinge „unsere“ Sozialkassen plünderten, dass Homosexuelle „eklig“
seien und Frauen doch bitte das „Anhängsel“ und „Objekte der Begierde“
der Männer bleiben sollen.
All diese Mechanismen und Denkmuster sind für die Erhaltung des
gesellschaftlichen Status Quo essenziell, verschleiern die eigentliche
Grenze, die zwischen Oben und Unten verläuft und halten die
kapitalistische Maschine am laufen. Tag für Tag. Jahr für Jahr.
„Aber warum kommt der rechte Wahn gerade jetzt so deutlich zum Vorschein?“
Es lässt sich nicht leugnen: Gerade jetzt nehmen – wie anfangs erwähnt –
chauvinistische Bewegungen, rechte Parolen vom Stammtisch bis zu
Äußerungen deutscher Spitzenpolitiker und auch Angriffe auf Menschen,
die als „anders“ abgestempelt werden, deutlich zu.
Der Grund hierfür liegt in der kapitalistischen Krise, die 2008 in allen
Teilen der kapitalistischen Welt mehr oder weniger stark ausbrach und
seitdem Elend, Hunger und Krieg noch weiter verstärkte.
Schaffte es Deutschland auch lange „gut da zu stehen“, durch seine
starke Dominanz innerhalb der EU, durch nicht gerade zimperliches
Vorgehen im Ausland und durch das Abwälzen direkter Krisenfolgen auf die
werktätigen Menschen der europäischen Peripherie, wie etwa in
Griechenland, Portugal und Spanien, so werden langsam aber sicher auch
in der BRD für viele die spürbaren Auswirkungen der Krise deutlicher.
Ausbau des Niedriglohnsektors, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit – all das
sind Dinge, vor denen sich große Teile der deutschen Bevölkerung
fürchten müssen oder auch bereits direkt zu spüren bekommen haben.
Die Geschichte hat gezeigt, dass in solchen Zeiten chauvinistisches
Gedankengut auf der einen Seite stark gefördert wird und auf der anderen
Seite viele Menschen auf der Suche nach einfachen Antworten und
schnellen Lösungen für ihre deutlich vorhandene Misere sind.
Doch die rechten Parteien und Bewegungen handeln nicht im Interesse der
Lohnabhängigen; die Rattenfänger der „AfD“ sind offene Vertreter von
Kleinunternehmen und handeln hauptsächlich für deren ökonomische
Interessen. Diese sind aufgrund ihrer Größe z. B. nicht auf den Export
in ausländische Märkte angewiesen und sehen daher auch die weitere
Abschottung und Kritik an einer transnationalen Währung, wie dem Euro,
ganz in ihrem Interesse. So war die „Stiftung Familienunternehmen“ eine
bedeutende Unterstützerin der „AfD“ und half der kleinen Partei mit
großzügigen Finanzspritzen und guten Kontakten zu einem vergleichsweise
raschen Erfolg. Auch versucht die „AfD“ diese Kräfte nun in einem eigens
dafür geschaffenen „Mittelstandsforum der AfD e.V.“ zu bündeln und für
weitere Kleinkapitalisten schmackhaft zu machen, die von der Politik der
CDU nicht profitieren.
Ideologisch bedient sich die „AfD“ in diesen Zeiten der Krise und dem
drohenden sozialen Abstieg des Kleinbürgertums am altbewährten Prinzip
der Kanalisierung von Angst: Die Prekarisierten oder die, die sich vor
sozialem Abstieg fürchten, sollen lieber nach unten treten in die
Richtung derer, denen es eigentlich noch schlechter geht, als sich auf
die Seite der Lohnabhängigen zu schlagen und sich gegen den
kapitalistischen Wahnsinn zu erheben.
Dieses Prinzip hat in Deutschland schon einmal funktioniert: Die deutschen Faschisten kamen auf diesem Wege zur Macht und erfuhren dabei auch noch recht breite Unterstützung von Menschen, deren eigentliches Interesse dem der Nazis direkt entgegen stand, was sich wenig später deutlich zeigte.
Nicht falsch verstehen: Wir sind nicht der Meinung, dass wir kurz vor einem neuen Faschismus stehen. Dazu fehlen wichtige Aspekte wie das Unvermögen des deutschen Kapitals ohne aggressivste Raubkriege noch Profite erwirtschaften zu können oder Nebenaspekte wie der einer starken ArbeiterInnen-Bewegung, die in der Lage wäre, dem System gefährlich zu werden. Diese beispielhaft genannten, aber essentiellen Faktoren fehlen offensichtlich.
„Also kein Faschismus in nächster Zeit? Dann ist ja eigentlich alles gut, oder?“
Nein, ist es nicht. Auch wenn der Faschismus nicht unmittelbar
bevorsteht, erleben wir einen überdeutlichen Rechtsruck in der gesamten
Gesellschaft. Das bedeutet, dass sich der gesamte politische Diskurs,
durch nahezu alle Lager weiter nach rechts verschiebt, staatliche
Institutionen wie Polizei und Justiz dem mit ihrem Tun Rechnung tragen
und es für viele Menschen zunehmend unzumutbarer und gefährlicher wird.
Für Geflüchtete, die sich in ihren, von den Kommunen nur halbherzig zur
Verfügung gestellten, Baracken oder Zeltstädten unter immer
unmenschlicheren Auflagen und Angst vor Abschiebung in Elendsgebiete,
von Schreibtischtätern nach ihrer Nützlichkeit für den „Arbeitsmarkt“
sortieren lassen müssen. Wäre das nicht schon belastend genug, kommt im
Zuge des Rechtsrucks auch noch die direkte Bedrohung für Leib und Leben
durch rassistische Mobs und faschistische Brandanschläge hinzu.
Doch nicht nur Geflüchtete sind Zielscheibe des immer offener zu Tage
tretenden Rassismus dieser Zeit. Auch Menschen mit
Migrationshintergrund, die schon lange in Deutschland leben oder hier
geboren wurden, werden wieder zunehmend kritisch beäugt und
beispielsweise wegen ihrer Religion pauschal unter Terrorverdacht
gestellt, ihnen schlechtes Verhalten oder Unfähigkeit zur Integration
unterstellt. Oder einfach ganz plump wegen ihrer Hautfarbe
diskriminiert.
Dem noch nicht genug: Auch sexuelle Minderheiten werden in Krisenzeiten immer häufiger Ziel der rechten Propaganda und Opfer von Übergriffen. Man muss nur nach Frankreich sehen, wo die aktuelle Krise des Kapitalismus schon etwas länger wütet und im Jahr 2013 die „Manif pour tous“ – das große Vorbild der deutschen „Demo für Alle“ – mit Hunderttausenden durch die Straßen von Paris marschierte und gegen die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare demonstrierte.
Hier fanden bei den Demonstrationen nach kurzer Zeit regelrechte Pogrome
statt: Gruppen von mehreren tausend (!) Faschisten, die
gleichberechtigter Teil der Demos waren, griffen Homosexuelle oder
Menschen, die für solche gehalten wurden, an und prügelten sie
krankenhausreif. Wenig später gaben sich die Faschisten auch damit nicht
mehr zufrieden und fingen an während der Demos auch Jagd auf
MigrantInnen und Jüdinnen und Juden in der Stadt zu machen und deren
Ladengeschäfte zu zerstören.
Und auch in Deutschland träumt das hiesige Pendant „Demo für Alle“
davon, Homosexuelle von „ihrer Krankheit“ zu „heilen“ und propagiert ein
Familien- und Frauenbild, das klingt, als hätte man es direkt aus über
2000 Jahre alten Büchern abgeschrieben. Die „Demo für Alle“ im Oktober
2015 in Stuttgart hat außerdem gezeigt, dass auch die
baden-württembergische Naziszene das Event für sich entdeckt hat und mit
zwei eigenen Blocks von jeweils circa 30 Personen vor Ort war und nach
der Demo Angriffe auf GegendemonstrantInnen startete.
Chauvinismus
Als Chauvinismus bezeichnet man generell den Glaube an die Überlegenheit
der „eigenen Gruppe“, indem man Menschen einen unterschiedlichen Wert
zumisst. Am häufigsten äußert sich dieser in Form von Nationalismus,
Rassismus oder der Abwertung von Frauen. Eine besondere Spielart ist der
Sozialchauvinismus, der sich gegen sozial schlechter gestellte
Menschen, wie beispielsweise Arbeitslose, richtet und diese
beispielsweise per se als „asozial“ oder „faul“ bezeichnet.
„Genau! Was ist mit den Nazis in Zeiten des Rechtsrucks?“
Wie man im Kleinen bei der gestiegenen Nazi-Präsenz auf der „Demo für
Alle“ sieht, sieht man im Großen am eben erwähnten Beispiel Frankreich
sehr deutlich:
Dort hatte es nicht nur die „Manif pour tous“ geschafft, Hunderttausende
zu Demonstrationen zu mobilisieren – auch die extrem rechte Partei
„Front National (FN)“ legte in den letzten Jahren eine steile Karriere
hin. So steil, dass bei den letzten Regional-Wahlen 6,8 Millionen
Französinnen und Franzosen für den „FN“ gestimmt haben.
Die Themen, mit denen der „FN“ hantiert, sind übrigens die selben, wie
es die Rechten in Deutschland tun: Angst vor „Islamisierung“,
„kriminelle Ausländer“, „zu viele Flüchtlinge“ „Schutz der Familie“ vor
alternativen Liebes- und Lebenskonzepten, „Homosexualität=Sünde“ und der
Ruf nach noch mehr Repression und Überwachung.
Dass sich militante Faschisten in den Straßen Frankreichs unter solchen,
schon längst salonfähig gewordenen Parolen und Diskursen, natürlich
pudelwohl fühlen und sich in dem bestärkt sehen, was sie „ja schon immer
gesagt haben“, liegt auf der Hand.
So gewannen im Zuge des Rechtsrucks auch faschistische Parteien und
Organisationen an Zulauf und übten wieder offenen Straßenterror auf
MigrantInnen, Menschen jüdischen Glaubens, Homosexuelle und Linke aus.
Der sicherlich traurigste Höhepunkt dieses Anstiegs faschistischer
Gewalt war der Mord an dem jungen Antifaschisten Clément Méric, der am
5. Juni 2013 in Paris von bekennenden Faschisten auf offener Straße
umgebracht wurde.
Weitere Infos
und interessante Einschätzungen von französischen AntifaschistInnen zum
Zusammenhang des Rechtsrucks mit dem Erstarken der Faschisten gibt es in
der kurzen Dokumentation „Une vie de lutte“, die man sich kostenlos auf
uneviedelutte.blogsport.eu ansehen kann.
Doch blicken wir wieder nach Deutschland. Auch hier lässt sich schon jetzt in Ansätzen ablesen, wie es um die Faschisten im Zuge des Rechtsrucks steht.
Nicht nur tagelange Aktionen und Ausschreitungen gegen geplante
Flüchtlingsunterkünfte wie in Heidenau oder Freital zeigen, wie Nazis es
schaffen, in Zeiten, in denen es wieder mehr und mehr zur Normalität
wird, offen gegen Geflüchtete zu hetzen, die Stimmung in ihrem Sinne zu
nutzen und den Forderungen militant Nachdruck zu verleihen. Sie schaffen
es vielerorts anerkannter und geschätzter Partner in Bürger-Bündnissen
gegen Flüchtlinge zu werden oder diese sogar direkt zu gründen und
anzuführen.
Die „NPD“ beispielsweise hat es trotz interner Krisen und
Richtungsstreitigkeiten bundesweit geschafft, sogenannte „Nein zum
Heim“-Bündnisse zu gründen und ihre, vor einigen Jahren noch zu recht
verpönte, rassistische Propaganda unbehelligt unters Volk zu bringen.
Auch in Baden-Württemberg erkennt man, dass die Nazis in letzter Zeit alles andere als untätig sind. Immer wieder fanden rassistische Demonstrationen in Öhringen, im Schwarzwald-Baar-Kreis, dem Dreiländereck und in Karlsruhe statt und im vergangenen Jahr gab es mehrere Brandanschläge und Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte. Sie müssen sich nicht wie früher mit ein oder zwei Events in Baden-Württemberg zufrieden geben oder weit reisen, um auf Nazi-Demos im Osten kurze Momente der Stärke zu erleben. Nein, mittlerweile geht das auch vor der Haustür: Wöchentlich finden rassistische Veranstaltungen und Demonstrationen statt, auf denen sie, beschützt von der Polizei, ihr widerliches Menschenbild propagieren, sich treffen und vernetzen können.
Die Nazis existieren also noch, erstarken und agieren mit relativ großem Erfolg. Sie stellen sich an die Spitze verschiedener rechter Bewegungen auf lokaler Ebene, wie z.B. „Bürgerinitiativen“ gegen Flüchtlingsheime, radikalisieren diese und agieren mit teilweise vorhandener Rückendeckung aus der Bevölkerung militant. Diese Beobachtungen und die Lehren über den nicht zu vernachlässigenden Organisations- und Bewaffnungsgrad der Faschisten in Deutschland, die uns der Fall des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) schmerzlich vor Augen führt, zeigen ganz deutlich:
Es wäre ein gravierender Fehler, sich nur noch auf die „neuen Rechten“
zu konzentrieren und die Faschisten von „NPD“ & Co aus den Augen zu
verlieren und nicht weiterhin entschlossen zu bekämpfen.
Zu den „neuen Rechten“ soll noch gesagt sein, dass rechte Hetzer, wie die „AfD“ oder die scheinbar friedlichen Vorzeigechristen der „Demo für Alle“, nichts weiter sind als ideologische und praktische Wegbereiter faschistischer Gewalttaten! Das muss man in der öffentlichen, antifaschistischen Arbeit gegen sie immer und überall vermitteln und ihnen die spießig-harmlose Maske von der rechten Fratze reißen – gerade im Wahlkampf!
Die Themen der Rechten
Ohne den Rechtsruck oder dessen Akteure auf deren Ideologie zu
beschränken und die ökonomische Funktion außen vor zu lassen, wollen wir
hier versuchen einen kleinen Überblick über die zentralen Themen der
Rechten verschaffen.
Sozialdarwinismus
Die Auf- und Abwertung von Menschen nach ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit hat bei rechten Strömungen eine lange Tradition.
Schon die deutschen Faschisten hetzten gegen sogenannte „Asoziale“ –
gegen Obdachlose, Menschen ohne feste Berufe usw. und nutzten sie als
Sündenböcke und zur Ablenkung von all den Gemeinsamkeiten, die die
Lohnabhängigen unabhängig von ihrer beruflichen Situation eigentlich
miteinander verbinden. Sozial schwächer gestellte, Menschen ohne
sozialen Halt in der Gesellschaft, werden heute schon im politischen
Mainstream immer wieder als „asozial“ abgestempelt, während Rechte diese
Geisteshaltung mit Forderungen nach der „Säuberung“ von Städten und
mit direkter Straßengewalt auf die Spitze treiben.
Dahinter steht ein Menschenbild, das die Darwinschen Evolutionsgesetze –
vor allem den berühmten Grundsatz „the survival of the fittest“ – auf
menschliche Gesellschaften überträgt. So wird unterstellt, dass die
kompromisslose Durchsetzung der Stärksten und Leistungsfähigsten einer
„natürlichen Ordnung“ entspräche, die nicht nur akzeptabel, sondern
wirklich erstrebenswert sei. Dass solche Einstellungen der
kapitalistischen Wirtschaft sehr zuträglich sind, muss wohl nicht länger
erklärt werden.
Der moderne Sozialdarwinismus im rechten Spektrum wird vornehmlich mit
rassistischen Vorurteilen kombiniert und gegen MigrantInnen in Stellung
gebracht, die in der deutschen Gesellschaft zu großen Teilen ohne
wirkliche Aufstiegs- und Beteiligungschancen an den Rand und in ärmere
Wohngegenden gedrängt werden.
Antifeminismus & Homophobie
Antifeminismus und Homophobie rücken wieder verstärkt in den Vordergrund
rechter Propaganda. Ihre Ausprägung ist in den verschiedenen
konservativen bis extrem rechten Spektren recht unterschiedlich – aber
der Grundgedanke ist der gleiche. Antifeminismus und Homophobie sind,
wie Rassismus, Unterdrückungsmechanismen, die Menschen verschiedene
Wertigkeiten und Rollen zuschreiben und damit eine Basis für verschärfte
Ausbeutung und Ausgrenzung bilden.
Es wird selbstverständlich erwartet, dass Frauen die unbezahlte
Reproduktionsarbeit, wie z.B. Hausarbeit und Kinderbetreuung, ohne Lohn
verrichten, wovon das Kapital direkt profitiert. Diese doppelte
Unterdrückung und Ausbeutung der lohnabhängigen Frau wird durch ihre,
immer noch überwiegend niedrigere Stellung als die des Mannes in der
Gesellschaft gerechtfertigt. Das zeigt erneut die systemkonforme
Funktion rechter Ideologie. Die Rechten stellen es
pseudowissenschaftlich als naturgegeben oder gottgewollt dar, dass
Frauen nur bestimmte Rollen einnehmen können. Menschen nicht
heterosexueller Orientierung gelten als minderwertig oder gar krank –
weil sie ebenso nicht in das klassische Bild der bürgerlichen
Kleinfamilie passen, wie emanzipierte Frauen. Das rückschrittliche Bild
von Ehe und Familie als einzig richtige Lebensform ist ein Trugbild, das
auf klar definierte Geschlechter-Rollen abzielt und Aspekte der
Unterdrückung ausblendet und verschleiert. Die Vorstellung einer
heteronormativen Gesellschaft und die Verschärfung des sexistischen
Normalzustands sind in allen rechten Strömungen vorhanden.
Einige Teile der neuen Rechten verpacken dies in einem Bild der
selbstbewussten Frau, die problemlos Karriere, Familie, Haushalt und
Attraktivität miteinander verbinden kann und ihre gesellschaftliche
Rolle selbstgewählt erfüllt. Das scheint modern und emanzipiert und ist
gleichzeitig perfekt auf das kapitalistische System zugeschnitten. Nun
fahren die Fortschrittsfeinde wieder alle Geschütze auf, um die
Anerkennung von sexuellen Minderheiten oder Schritte in Richtung
Gleichberechtigung im Allgemeinen zu verhindern. Die „Demo für Alle“ in
Stuttgart, Hetze in sozialen Netzwerken oder vermeintlich
„genderkritische“ Veranstaltungen sind konkrete Auswirkungen davon und
wichtiger Teil in ihrem Agitationsfeld.
Rassismus
Rassismus und andere Unterdrückungsmechanismen wie Sexismus sind
allerdings nicht vom Himmel gefallen und auch keine Erfindungen von
Rechten oder Faschisten. Sie sind tief in der Gesellschaft verwurzelt
und jedeR reproduziert sie mehr oder weniger stark und bewusst. Es
überrascht kaum, dass letztlich auch der Rassismus dem Kapitalismus zu
Gute kommt: Schürt er doch den Hass der einen Gruppe auf die andere, die
aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft eigentlich zusammen gehören
und zusammen agieren könnten und müssten. Schließlich haben die große
Mehrheit der werktätigen Bevölkerung mehr Gemeinsamkeiten mit
Geflüchteten als mit ihren Vorgesetzten. Durch die rassistische Spaltung
der Bevölkerung wird die Handlungsfähigkeit der werktätigen Bevölkerung
noch weiter eingeschränkt und untergraben, was definitiv im Interesse
der herrschenden Klasse ist (Stichworte: „Pleitegriechen“,
„Wirtschaftsflüchtlinge“, „Armutsflüchtlinge“ etc.).
Die Rechten nutzen gerne den Rassismus, um Sündenböcke zu haben, die für
alle Sorgen, Unzufriedenheiten und Missstände der Bevölkerung
verantwortlich gemacht werden können. Das äußert sich momentan am
deutlichsten gegenüber Geflüchteten.
Rassismus kommt oftmals in einer sozialchauvinistischen/neoliberalen
Spielart nach Sarrazin daher: Wenn z.B. in neoliberaler Manier gefordert
wird, Geflüchtete nach ihrem „wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland“
zu sortieren und die, die nicht vor Krieg sondern „nur“ vor dem
Verhungern flüchten, wieder abzuweisen.
Auch wenn es subjektiv vielleicht „gut gemeint“ ist, trägt übrigens die
Reduzierung von geflüchteten Menschen auf „hilfsbedürftige“ Wesen, um
die sich entmündigt und paternalistisch, abhängig von der eigenen
Gutmütigkeit, gekümmert werden muss, rassistische Züge in sich. Der
Rassismus ist das aktuell bestimmende Thema der politischen Landschaft
und vermutlich eines der Themen, mit denen sich große Teile der
Wählerschaft mobilisieren und treiben lassen können.
Law & Order
„Mehr Sicherheit! Mehr Videoüberwachung! Mehr Polizei auf den Straßen! Grenzen dicht machen!“
So ungefähr hört man es aus der rechten Ecke immer wieder tönen. In
Wildwest-Sheriff-Manier wird „eine starke Hand“ und härteres
Durchgreifen gegen alles, was aus der grauen Reihe tanzt, gefordert.
Statt soziale Probleme an der Wurzel anzugehen und die Ursachen
beispielsweise für Kriminalität zu bekämpfen, setzt man lieber auf die
gewaltsame Niederhaltung aller, die aus dem Raster fallen und sich
irgendwie durchschlagen müssen. Aber was erwartet man auch? Neoliberale
und rassistische Rechte können die Probleme, die sie selber verursachen,
nicht anders lösen, als mit den Mitteln der staatlichen Repression; mit
Strafen und Einsperren. Sind sie doch Verfechter einer Gesellschaft,
die auf gnadenloser Konkurrenz, Ausbeutung und dem „Recht des Stärkeren“
beruht.
Diese Repression, die auch jetzt schon existiert und immer weiter
ausgebaut werden soll, bekommen dann alle zu spüren, die nach der
Meinung der Rechten sowieso von Geburt an kriminell sind. MigrantInnen,
Menschen, die vor Krieg und Armut fliehen und hier direkt ins nächste
Elend getrieben werden, unbequemen Subkulturen, wie Fußballfans und vor
allem linke und fortschrittliche Bewegungen, die sich gegen diesen
Wahnsinn erheben und eine solidarische Alternative aufzeigen.
Vorfälle, wie der Terroranschlag des IS in Paris, aber auch die jüngsten
Vorfälle in Köln lösen große Debatten aus – die Rechten gehen direkt
dazu über, generell gegen die „Überfremdung“ zu mobilisieren,
„Bürgerwehren“ aufzustellen und scheuen sich nicht, Hetzjagden auf
MigrantInnen anzuzetteln. Jedoch nutzen auch etablierte Parteien diese
Ereignisse, wenn auch etwas geschickter. Sie schüren die Angst vor
Terror und Unsicherheit. Das Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit
greifen sie vorauseilend auf und bauen in diesem Zuge jegliche Form der
Überwachung aus (Stichwort: Datenspeicherung, Videoüberwachung,
Bewegungsprofile, etc.).
Dass Rechte diese Stimmung der Angst befeuern, ist für die Herrschenden ein gefundenes Fressen und von großem Nutzen.
„Okay, dann lass uns aktiv werden! Aber wie?“
Viele Leute sehen ja glücklicherweise den Rechtsruck und die
unbehagliche Entwicklung des vergangenen Jahres sehr deutlich und
entschließen sich dagegen aktiv zu werden und die Rechten bei jeder
ihrer Demos mit (öffentlichem) Protest zu konfrontieren. Dieser Ansatz
ist löblich und auch ein wichtiges Mittel im antifaschistischen Kampf;
er ist viel mehr wert als Schwätzerei. Auf lange Sicht würde man
allerdings durch einen reinen Fokus auf kurzlebigen
„Feuerwehr-Aktivismus“ den Kürzeren ziehen. Wenn wir den Rechten jede
Woche hinterher fahren, werden wir uns daran aufreiben und außer vielen
deprimierenden Erlebnissen nicht viel mitnehmen. Auch haben Erfahrungen
gezeigt, dass viele Menschen, auf die wir bei solchen
(Massen-)Protest-Veranstaltungen nun mal angewiesen sind, das oft nicht
lange mitmachen und sich nach den ersten paar Aktionen gegen die Rechten
nicht mehr beteiligen.
Was tun also? Resignieren, den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass es an uns vorbei zieht wie ein Unwetter?
Wir wären keine ernst zu nehmenden AntifaschistInnen, würden wir so
etwas denken oder anfangen unsere Politik und Aktionen nach dem Maßstab
der Bequemlichkeit zu planen. Es ist viel mehr an der Zeit – und
dringender denn je – uns der anstrengenden und verantwortungsvollen
Aufgabe des nachhaltigen Struktur-Aufbaus zu widmen und so auf
verschiedenen Ebenen eine wirkliche antifaschistische Gegenmacht wider
dem rechten Wahn aufzubauen.
Das bedeutet für antifaschistische Gruppen auf der einen Seite sich
lokal zu verankern, verlässliche und kontinuierliche
Ansprechpartnerinnen zu sein, Bündnisse zu schmieden, die auch einzelne
Event-Mobilisierungen überdauern und in der Stadt oder Region eine
breite Front gegen die Faschisten und rechten Hetzer bilden. Wir müssen
es perspektivisch schaffen, in dieser breiten Front alle zu vereinen,
die objektiv kein Interesse an Faschismus und Spaltung haben.
Das klingt in der Theorie zwar recht abstrakt und trocken, ist aber in
Ansätzen schon lange gängige Praxis der meisten antifaschistischen
Kräfte international: Bündnisse einzugehen mit gesellschaftlichen
Gruppen wie Gewerkschaften, Kulturvereinen und Communities von
Betroffenen wie z.B. MigrantInnen-Organisationen,
Flüchtlings-Selbstorganisationen oder LSBTTIQA-Verbänden. Mit diesen
gilt es auch die große Aufgabe anzugehen, in der Stadt oder Region einen
antifaschistischen Grundkonsens zu propagieren, vorzuleben und
langfristig in der Bevölkerung zu verankern. Im Viertel, im Sportverein,
bei der Arbeit, in der Schule, im Stadion, abends beim Feiern: Überall
dort sind wir gefragt, um den Menschen klar zu machen, dass Chauvinismus
nicht in ihrem Interesse liegen kann. Die Mittel dazu sind beinahe
unbegrenzt und müssen natürlich je nach lokalen und allgemein
politischen Gegebenheiten angepasst werden. Auf der anderen Seite müssen
wir angesichts eines bundesweit organisierten und finanziell bestens
ausgestatteten Gegners die lokale Arbeit und Organisation um eine
überregionale ergänzen. Nur eine überregional organisierte – nicht nur
lose vernetzte – antifaschistische Bewegung mit lokal verankerten
Gruppen wird im Stande sein, in harten Zeiten des Rechtsrucks und einer
aggressiven faschistischen Bewegung, dem effektiv etwas entgegen setzen
zu können, sich aufzubauen und von gemachten Erfahrungen zu profitieren.
Last but not least wollen wir noch kurz auf die Aktions-Ebene eingehen: Natürlich ist ein großer Teil der Antifa-Arbeit immer ein Stück weit „Feuerwehr-Arbeit“, das liegt in der Natur der Sache. Wir müssen also, wenn rechte Kräfte in einer Gegend merklich erstarken, wenn Nazis im Alltag die Hoheit auf der Straße gewinnen, sie zurückschlagen und lokale Kräfte unterstützen.
Gleiches gilt natürlich für den Fall, wenn es wieder einmal wortwörtlich
irgendwo brennt. Wenn Menschenleben durch den rechten Terror gefährdet
sind, wenn Flüchtlingsheime brennen, müssen wir alle Kräfte aufwenden
und alles notwendige und mögliche tun, das zu verhindern.
Für die sonstige Arbeit gilt: Den Rechten und Faschisten kann vor allem dann geschadet werden, wenn wir uns nicht von ihnen treiben lassen, wenn wir uns selbst aussuchen, wann und wie wir sie angehen; wenn wir uns nach aktuellen politischen Einschätzungen ihrer, wie auch unserer Kräfte, bewusst für die eine oder andere Aktion entscheiden. Dass wir uns dabei in der Wahl der Mittel nicht im Vorhinein beschränken dürfen ist ebenso klar, wie die Tatsache, dass Lichterketten leider noch kein Pogrom verhindert haben.
Wenn sich militante AntifaschistInnen von Repression und möglichen
Gefahren nicht abschrecken lassen und Faschisten und rechten Hetzern mit
verschiedensten Mitteln einen Dämpfer verpassen, ist das ein wichtiges,
legitimes Element im Kampf gegen Rechts.
Oft genug hat die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, dass gerade die
Kombination einer Vielzahl an Aktionsformen und deren Unberechenbarkeit
das ist, was funktioniert und selbst die überzeugtesten Nazis grübeln
lässt, ob sie sich ihr weiteres Leben wirklich so vorstellen.
„Und im Wahlkampf?“
Die Wahlkampfzeit ist, wie anfangs erwähnt, eine besondere Zeit. Die
Menschen sehen sich viel mehr als sonst mit dem Thema Politik
konfrontiert. Überall hängen Plakate, finden Infostände und
-veranstaltungen statt und man bekommt das Gefühl vermittelt, (mit der
eigenen Stimme) etwas verändern zu können.
Dass das nicht so ist, erleben wir oft, z.B. durch leere Wahlversprechen
und die Tatsache, dass sich an zentralen Widersprüchen, in denen wir
fest stecken, nichts ändert – ganz egal welche bürgerliche Partei
regiert. Einerseits tragen sie ein ökonomisches System mit, das auf
Ausbeutung, Konkurrenz und Unterdrückung beruht und sind stets bereit,
dieses System auch mit Gewalt zu verteidigen. Das gilt auch für
scheinbar „alternative“ Parteien wie die Grünen, hinter deren
freundlicher, humanistischer Maske sich doch das selbe verbirgt, wie bei
allen anderen: Die Aufrechterhaltung dieses kapitalistischen Systems
von Besitzenden und Unterdrückten mit allen damit einhergehenden
Widersprüchen, wie Armut, Arbeitslosigkeit, Repression und Krieg.
Auf der anderen Seite haben AntifaschistInnen seit Jahrzehnten die
Erfahrung gemacht, dass auf den Staat und dessen Institutionen im Kampf
gegen Faschismus kein Verlass ist – ganz egal wer regiert.
Das hat sich am Beispiel Baden-Württemberg besonders gut gezeigt; wir
haben eine grün-rote Regierung. Dennoch hat sich an der Vehemenz, mit
der gegen AntifaschistInnen und Linke vorgegangen wird, im Vergleich zur
CDU-Regierung davor, nichts groß geändert. Stattdessen zog es die
Landesregierung doch vor, sich mit den rechten Hetzern der „Demo für
Alle“ an einen Tisch zu setzen und daraufhin den vorgesehenen
Bildungsplan auf Eis zu legen, statt sich klar von diesem homophoben
Haufen abzugrenzen.
Wir werden uns also nicht von irgendwelchen bürgerlichen Parteien
einlullen oder uns für deren Wahlkampf instrumentalisieren lassen,
sondern unsere Arbeit gegen die Faschisten so fortführen, wie wir das
für notwendig und richtig halten. Dabei dürfen wir natürlich nicht
vergessen, dass es wichtig ist, auch Bündnisse mit fortschrittlichen
Teilen von bürgerlichen Parteien und zivilgesellschaftlichen
Organisationen einzugehen, um noch Schlimmeres zu verhindern und
möglichst viele Menschen der Basis in den antifaschistischen Kampf mit
einzubeziehen.
Den Rechten und Faschisten muss in dieser, für sie so wichtigen Zeit
jede Entfaltungsmöglichkeit genommen werden. Schließlich ist das der
einzige Zeitraum, in der sie sich wegen der Fülle an politischen
Veranstaltungen und des generell politischeren gesellschaftlichen Klimas
als legitime politische Kraft darstellen und ihre rechten Parolen
unters Volk bringen können.
Es wird im Wahlkampf also ein wichtiges Ziel sein, das Maß an rechter Propaganda wie Plakate, Aufkleber und Infostände, die das Stadtbild verschandeln und das gesellschaftliche Klima noch weiter vergiften, auf ein Minimum zu reduzieren. Gerade den rechten Hetzern der „AfD“ muss vermittelt werden, dass die Zeiten der Diskussion darüber, ob ihre Äußerungen gerechtfertigt sind, vorbei sind. Es liegt an uns, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie sich nirgendwo ohne spürbaren und unbequemen Gegenwind blicken lassen können.
Auf der anderen Seite müssen wir diese Zeit nutzen, um über Rassismus, Sexismus und andere chauvinistische Unterdrückungsmechanismen aufzuklären und zu erklären, warum sie keine Lösungen der gesellschaftlichen Missstände sein können, sondern die Verhältnisse erhalten oder sogar zuspitzen.
Schließlich ist das Ziel, dass sich viele Menschen dieser Probleme
bewusst werden, den rechten und faschistischen Rattenfängern im Alltag
eine klare Absage erteilen und sich beteiligen am Aufbau einer neuen,
solidarischen Gesellschaft ohne Kapitalismus.
In diesem Sinne: Machen wir den Rückwärtsgewandten, Rechtspopulisten, Rassisten und Faschisten die Hölle heiß; lasst uns dem Rechtsruck unsere Solidarität und unseren Widerstand entgegensetzen.
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!
Herausgegeben von:
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen
Antifaschistische Aktion Lörrach
Antifaschistische Aktion [O] Villingen-Schwenningen
Antifaschistische Linke Bühl-Achern
Weitere Infos:
antifa-stuttgart.tk
antifaaufbautue.blogsport.de
afaloe.blogsport.de
antifavs.noblogs.org
alba.blogsport.de
Stand: 02.02.2016
Petry
Nach noch unbestätigten Meldungen soll die Assi Vorsitzende der AFD, Frauke Petry am 3.03. in Weinheim in einer Saalveranstaltung auftreten.
Das Problem ist nur, dass der Stadtrat zwischenzeitlich beschlossen hat, dass sowohl in der Stadthalle, wie auch im Rolf-Engelbrecht-Haus keine
politischen Veranstaltungen stattfinden dürfen. Die AFD hat aber einen Vertrag mit dem Rolf-Engelbrecht-Haus abgeschlossen, als die Stadt noch nicht
beschlossen hatte, dass dort keine Politveranstaltungen mehr stattfinden dürfen.
Es ist also zu vermuten, dass die AFD gerichtlich gegen das Verbot vorgehen wird und wahrscheinlich auch obsiegt. Das bedeutet dann für alle
AntifaschistInnen, nach dem NPD Parteitag von 2015, ein neues rechtsradikales Event, dass es auf alle Fälle zu verhindern gilt.
Sobald es neue Infos zum Stand gibt, werden wir uns an dieser Stelle wieder melden.
Auf alle Fälle den 3.03. mal im Kalender mal ankreuzen. Es könnte wichtig sein.
Petry die 2.
Wie der Rheinneckarblog, des Schmierenjournalisten Hardy Prothmann und Hofberichterstatter der AFD in der Rhein Neckar Region heute zu berichten
weis, will die Stadt Weinheim den Mietvertrag mit der AFD für den 3.03. kündigen. Wie zu erwarten will die AFD gegen dieses Verbot gerichtlich vorgehen.
Da der Vertrag schon seit langer Zeit geschlossen wurde, steht zu vermuten, dass das angerufene Gericht garnicht anders kann, als der AFD den Zutritt
ins Rolf-Engelbrecht-Haus zu gewähren.
Das bedeutet die Rhein-Neckar-Region sollte sich auf den 3.03. vorbereiten. Die AFD ist keine populistische Partei, sondern ein rechtsradikale Partei,
die derzeit dabei ist selbst die NPD noch von rechts zu überholen.
Daher muss es für alle Anständigen am 3.03. heißen, auf nach Weinheim, den Auftritt der Volksverhetzerin Petry mit allen Mitteln zu verhindern.
Blockieren wir das Rolf-Engelbrecht-Haus mit tausenden Menschen.
Kein Raum für Nazis, nicht für die NPD und schon garnicht für die AFD.
UnterstützerInnen
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Mannheim
(ehemalige Antifaschistische Jugend Ludwigshafen/Mannheim)
Nationalismus ist keine Alternative
Gut, dass sich Gruppen zusammenschließen und den Rechten die Tour versauen wollen. Die Broschüre ist auch gut. Aber warum, wart ihr nicht bei dem Verständigungs- und Vernetzungstreffen letztes Wochenende in Frankfurt? Alle wollen was zur AfD und sonstigen völkischen Akteuren machen und zwar als bundesweite Kampagne. Das wär doch irgendwie geiler, wenn man sich direkter aufeinander bezieht.