Vorschlag: die GRÜNEN frontal angehen, um De Maiziére zu stoppen; das ist jetzt einfach ein Vorschlag. Weil wir die Sprach- und Reaktionslosigkeit der antirassistischen Linken satt sind und das Gefühl haben, es fehlt vielleicht an guten Ideen und Strategie, wollen wir diesen Vorschlag in die Runde werfen. Vielleicht gibt es andere, bessere Vorschläge. Wir wollen gerne diskutieren. Aber wir halten es für falsch, in völliger Reglosigkeit zu verharren und alles weitere allein den klassischen Lobby-Organisationen mit ihren eingefahrenen, meist völlig wirkungslosen Empörungs-Ritualen zu überlassen.
Die Taktung und die Rücksichtlosigkeit der Angriffe auf das Menschenrecht Asyl ist derzeit so heftig, und von der antirassistischen Linken kommt bislang relativ wenig Gegenwehr. Ein Schlag aus dem Innenministerium folgt dem nächsten, Sagbarkeitsräume auf der rechten Seite des migrationspolitischen Diskurs werden permanent größer. Offener Faschismus und die Umzäunung Deutschlands als Zukunftsszenario rücken in den Bereich des Denkbaren. Und derzeit läuft der vierte Frontalangriff der Ordnungspolitiker auf das Asylrecht innerhalb kürzester Zeit.
Zur Erinnerung: Im September 2014 stimmten der Bundesrat dem „Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer“ zu; das Gesetz trat am 6.11.2014 in Kraft. Seit Bekanntwerden des Referentenentwurfs bis zur Verabschiedung waren damals anderthalb Jahre vergangen.
Am 10. Juli 2015 passierte das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ den Bundesrat, das eine starke Ausweitung der Möglichkeiten für die Verhängung von Abschiebehaft vorsieht. Es enthielt aber auch einige Verbesserungen und Lockerungen, bspw. für langjährig Geduldete und die Erleichterung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Mitte September 2014 wurde der Referentenentwurf eines „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes“ bekannt, das an Verschärfungen weit über alles bisherige hinaus geht. Das Gesetz wurde im Schnellverfahren durch den Bundestag gepeitscht und trat am 24.10.2015 in Kraft. Wieder hatten die Grünen, entgegen vorheriger Parteibeschlüsse, im Bundesrat zugestimmt.
Kaum ist das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten, wurde Mitte November der Entwurf eines Gesetzes bekannt, der, würde er so durchkommen, das individuelle Recht auf Asyl endgültig untergraben und wichtige Schutzrechte aushebeln würde. Ziemlich alle neu einreisende Flüchtlinge sollen Schnellverfahren in Transitzentren bekommen. Abschiebungen sollen künftig auch gegen schwer Traumatisierte und schwer kranke Menschen durchgesetzt werden. Und vor allem wollen die Innenminister wohl die letzte legale und sichere Einreisemöglichkeit im Rahmen des Familiennachzugs endgültig unterbinden. Nicht nur nach Deutschland, sondern nach Europa. Denn tatsächlich ist Deutschland das letzte Land in Europa, dass bislang noch diese Option bietet. Selbst das „liberale Schweden“ hat im November die Schotten dicht gemacht und den Familiennachzug erschwert.
Das richtet sich vor allem gegen die syrischen Flüchtlinge, die den größten Teil derjenigen ausmachen, die künftig Anträge auf Familiennachzug stellen werden und die verzweifelt sind, weil ihre Kinder, Frauen und Männer in Kriegsgebieten oder unter elendigen Bedingungen in Flüchtlingscamps ausharren. Pro Asyl schreibt zu den Plänen: „Die Große Koalition und insbesondere der Innenminister tragen die politische Verantwortung für das Sterben an den Grenzen.“
Es handelt sich also nicht einfach um eine weitere Verschärfung. Auch die bisherigen Gesetzesänderungen waren brutal; diese zielt aber auf die derzeit zahlenmäßig stärkste Flüchtlingsgruppe (syrische Bürgerkriegsflüchtlinge) ab und damit gerade auf diejenigen, die bislang zu den „guten“ Flüchtlingen gezählt wurden. Wir können wohl nicht damit rechnen, dass dies der letzte Versuch der Aushebelung von Flüchtlings- und Menschenrechten bleiben wird.
Auch diesmal setzt das Innenministerium auf Sieg durch Schnelligkeit. Die Zeit ist knapp. Am 3. und 4. Dezember tagen die Innenminister und werden sich voraussichtlich darauf einigen, syrischen Flüchtlingen nur noch einen subsidiären Schutzstatus – anstelle des bisherigen Schutzes nach der Genfer Flüchtlingskonvention - zu erteilen. Mit der geplanten Gesetzesänderung, die noch vor der Weihnachtspause am 18.12. durch den Bundestag soll, würde dann der Familiennachzug eingeschränkt.
Bislang strotzt die antirassistische Linke nicht gerade vor Handlungsfähigkeit und Kampfgeist angesichts der Massivität des Angriffs. Einige scheinen wie das Kaninchen vor der Schlange auf den nächsten Tiefschlag zu warten. Wir scheinen kaum noch in der Lage, zu reagieren. Vielleicht fehlt uns auch einfach eine Strategie.
Dabei sind wir, De Maizière, Pegida und AfD zum Trotz, nüchtern betrachtet alles andere als schlecht aufgestellt. Wir leben zwar in einer Zeit, in der die Flüchtlingsthematik die alteingesessene Bevölkerung massiv polarisiert. Aber die Nazis sind nicht wirklich mehr geworden als vorher, sie sind nur wesentlich lauter (und militanter...). Angesichts des totalen Kontrollverlustes der Ordnungspolitik und des faktischen Zusammenbruchs von Dublin ist das wohl auch kein Wunder. Die Nazis sind in Panik, genau wie De Maiziére und Seehofer.
Wir hingegen sind doch einige mehr als noch zu Anfang diesen Jahres. Allein schon wegen der Geflüchteten. Das sollten wir ernst nehmen und als Potential sehen. Es gibt für unsere antirassistischen und migrationspolitischen Kämpfe neue BündnispartnerInnen mit großer persönlicher Credibility. Gleichzeitig bahnt sich in dem breiten Spektrum der „Willkommenskultur“ zumindest potentiell eine Allianz an, mit Menschen, die vielleicht nicht primär aus politischen Beweggründen, aber aus einem tief sitzenden Gefühl der Menschlichkeit und Solidarität seit Wochen und Monaten Flüchtlingsunterstützung betreiben.
Diese Menschen haben überhaupt keine Lust, dass ihre eigenen Anstrengungen für eine „Willkommenskultur“ von den Abschiebebehörden mit dem Arsch wieder eingerissen werden. Dass ihre neuen Freundinnen und Freunde in Nacht-und-Nebel-Aktionen deportiert werden. Oder dass die Kinder und PartnerInnen ihrer neuen FreundInnen elendig im Mittelmeer oder der Ägäis ersaufen.
Diese „ganz normalen Leute“, die freiwilligen HelferInnen, sind zahlenmäßig viel mehr, als Pegida und Co. bislang jemals hat auf die Straße bringen können. Leute, die manchmal seit vielen Monaten fast täglich nach Feierabend Flüchtlinge unterstützen und IntegrationshelferInnen spielen. Es sind zig-Tausende Menschen, die aus verschiedensten Motiven dazugekommen sind, die ihre innere Haltung durch ihr Tun entwickeln und festigen, und die mit neu angekommenen Flüchtlingen Freundschaften schließen. Die Stimmung von September ist nämlich keineswegs gekippt; sie ist nur nicht mehr so dominant und nicht mehr so sehr Tagesthema wie noch vor wenigen Wochen. Die Freiwilligen haben auch einfach nicht die Zeit, so schrill und so laut zu tröten wie die Gegenseite.
Aber eines ist nicht unwichtig: Diese freiwilligen HelferInnen sind oft bestens vernetzt. In ihren beruflichen Kreisen, in der Kirchengemeinde, im Fußballverein oder im Elternbeirat. Manche von diesen „ganz normalen Leuten“ haben selber ein Parteibuch.
Die Frage ist nun: Wie kriegen wir dieses Potential genutzt? Wie kriegen wir vermittelt, dass es jetzt nicht mit Deutschunterricht, Stofftieren und Wollsocken verteilen getan ist? Wie kriegen wir die Freiwilligen HelferInnen aus den Kleiderkammern raus und eingespannt, um – endlich einmal – wirksam gegen diesen erneuten Angriff vorzugehen?! Und wo ist auf der Seite derjenigen, die dem Gesetz zustimmen müssen, das schwächste Glied in der Kette?
Die Antwort liegt auf der Hand: Es sind die GRÜNEN. Nicht, dass wir von ihnen wirklich etwas erwarten. Aber es sind nun einmal diejenigen, die immer die „Guten“ sein wollen, um dann doch noch der größtmöglichen Scheiße zuzustimmen, jedes Mal unter Verweis darauf, dass sie „das Schlimmste“ ja noch einmal verhindert hätten. Diese bescheuerte Nummer präsentieren sie nun schon so lange und auf so vielen verschiedenen Bühnen, dass es ihnen wohl zur Gewohnheit geworden ist. Uns auch?!
Unser Vorschlag ist: Das muss ein Ende haben. Wenn sie diesem Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmen, dann haben sie endgültig überrissen.
Wir glauben, dass es eine wirksame Strategie sein kann, die GRÜNEN zu trietzen, zu quälen und zu nerven, wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Gerne auch andere Parteien, aber wir würden vorschlagen, uns auf sie zu konzentrieren. Und zwar nicht nur auf die Großkopferten, sondern wirklich auf alle, von denen wir wissen, dass sie ein Parteibuch haben. Und wir müssen dabei auf den verschiedensten Ebenen agieren. Man kann Parteibüros und Landesgeschäftsstellen besuchen, aber das kann nicht alles sein. Denn da sitzen eher die Profi-PolitikerInnen, denen „Liebesentzug“ und Schmähungen eher wenig ausmachen. Doch was ist mit GRÜNEN-Basis?
Die Lehrerin in der lokalen Refugee-Welcome-Gruppe, oder der Nachbar, mit dem wir sonst immer nett geplaudert haben: Sie sollen merken, dass es uns diesmal ernst ist. Keine Zusammenarbeit am Runden Tisch gegen Rechts mehr, kein Latte Macchiato am selben Tisch im Lieblingscafe mehr und auch kein nettes Wort vorm Biosupermarkt, wenn ihre Partei dieses Gesetz durchwinkt und sie dann nicht sofort ihr Parteibuch abgeben. Es wird keine Demo und keine Kundgebung mehr stattfinden, wo wir sie nicht benennen als Verantwortliche für das Sterben im Mittelmeer, für Massenabschiebungen und für Lagertraumata.
Sollen sie heulen und jammern, dass sie keine FreundInnen mehr haben. Das wird ihr Selbstbild vielleicht doch so erschüttern, dass sie ihr habitualisiertes Umknickertum doch noch einmal hinterfragen. Entweder so …. oder die Partei wird mitgliederfrei.
Wir glauben, dass heute – anders noch als vor einigen Jahren – das Potential da ist, einem legislativen Angriff auf Flüchtlingsrechte ernsthaft etwas entgegenzusetzen. Vorausgesetzt, wir beziehen die neuen Faktoren – Flüchtlinge und freiwillige HelferInnen – systematisch als politische Akteure mit ein.
Seid kreativ, da geht natürlich noch viel mehr! Setzt die, die doch immer noch "zu uns" gehören wollen unter Druck – speziell natürlich in jenen Bundesländern, in denen die GRÜNEN die Gesamtscheiße mitverantworten!
Nochmal: Das ist jetzt einfach ein Vorschlag. Weil wir die Sprach- und Reaktionslosigkeit der antirassistischen Linken satt sind und das Gefühl haben, es fehlt vielleicht an guten Ideen und Strategie, wollen wir diesen Vorschlag in die Runde werfen. Vielleicht gibt es andere, bessere Vorschläge. Wir wollen gerne diskutieren. Aber wir halten es für falsch, in völliger Reglosigkeit zu verharren und alles weitere allein den klassischen Lobby-Organisationen mit ihren eingefahrenen, meist völlig wirkungslosen Empörungs-Ritualen zu überlassen.
Wer...
... sich heute noch mit den Grünen abgibt, ist selbst Schuld.
Man kann auch nicht, wie viele in Kreuzberg, Stuttgart, Freiburg und Hamburg meinen, einerseits ein paar nette Sachen zum Umweltschutz mit den Grünen, ihren Stiftungen und den verlockenden Parteigeldern unternehmen und andererseits "konsequent" gegen Auslandseinsätze des deutschen Militärs oder Abschiebungen sein. Wer es trotzdem behauptet, will es nur nicht wahrhaben. Die Grünen gibt es, wie jede andere Partei auch, nur als Komplettpaket. Entweder mensch macht mit bei Krieg, Abschiebung und Verfassungsschutz oder nicht.
Grüne platt machen.
Heißt mehr Macht für CDU/CSU.
Wollen wir sicher haben...
!
krieg
hartz 4
alles gruen, wer gruene hat braucht keine cdu
spät
die einschätzung kann ich nicht teilen - die grünen haben nicht erst mit diesem gesetz verkackt, sondern schon mit dem gesetz im september 2014, sowie dem knastgesetz vom juli 2015. sich jetzt die grünen zur zielscheibe zu wählen, angesichts ihrer zunehmenden bedeutungslosigkeit, kommt tatsächlich etwas spät. und ist auch nicht neu. die kampagnen gegen die letzten verschärfungen (http://stopasyllaw.blogsport.eu/) zielten sowohl auf grüne als auch auf spd - nur waren damals weder die sogenannten linken (il, ums ganze, top) noch die vermeintlichen refugees-welcome-helfer dafür zu begeistern. das kann heute sicher ganz anders sein. nur wenn ich sehe, dass bei der soli-demo gegen die räumung des "social center for all" in berlin nicht mal 200 menschen auf die straße gehen - wo sie ausnahmsweise eine echte gelegenheit hatten, praktisch solidarisch zu sein - wage ich zu bezweifeln, dass interesse und handlungsfähigkeit gerade besonders gut ausgeprägt sind. kommen dann am sonntag 400 menschen zum lageso unter dem motto "wir wollen geflüchtete nicht alleine frieren lassen", die dann nach getaner demo-arbeit wieder ins warme gehen, stell ich mir die frage, ob es nicht auch an stretagischem denken und wut fehlt...
noch was, die frage nach der zahlenmäßigen überlegenheit würde ich hier nicht auftun, das könnte deprimierend werden...
nichts destotrotz ist es natürlich wichtig usw. nur sollten wir unsere zeit nicht mit garten-kleinst-parteien verschwenden, oder was spricht sonst gegen besetzungen bspw.?
besezungen ja...
....aber stell dir die frage warum keine 200 leute am samstag auf der demo waren (obwohl am mittwoch spontan noch gut 100 leute vor dem gebäude waren) vielleicht mal mehr aus ner ernsthaften anayltischen perspektive als aus der rein frustrierten.
es könnte auch sein, dass das fernbleiben der leute weniger was mit dem thema, oder mangelndem strategischen denken zu tun hat, als vielmehr mit anderen faktoren, die hier nicht hingehören.
Glied in der Kette
Die Grünen sind tatsächlich deshalb nicht ganz bedeutungslos, weil sie in so vielen Landesregierungen dabei sind, dass sie Gesetze im Bundesrat kippen lassen könnten. Klar, die Grünen sind nicht seit eben gerade erst scheiße. Aber sie sind, wenn man das Gesetz tatsächlich verhindern will, tatsächlich wohl das schwächste Kettenglied. So verstehe ich den Gedanken in dem Vorschlag auch.
npd protest
Der Protest gegen den npd Parteitag in BaWü wurde doch von einer rot-grünen Landespolizei niedergeknüppelt.
Man soll zwar nicht pauschalisieren, aber die sollten sich mal grademachen...