Strategien gegen Salafisten

Erstveröffentlicht: 
25.11.2015

Auch in Freiburg gibt es eine salafistische Szene, die um Jugendliche wirbt – wie darauf reagieren? Eine Tagung lieferte Informationen.

 

Salafisten, also radikale Vertreter des Islam, werben auch unter Freiburger Jugendlichen für ihre Weltanschauung. Was tun? Die Stadtverwaltung hat zusammen mit anderen Organisationen die Tagung "Jugend und Salafismus" organisiert. Am Dienstag kamen knapp 200 Lehrer, Studierende, Jugendarbeiter, Erzieher und Elternvertreter ins Bürgerhaus Zähringen, um sich zu informieren und Strategien zu entwickeln.

 

Eigentlich ist der Salafismus nur eine kleine Strömung innerhalb des Islam – die zweitgrößte Weltreligion hat immerhin rund 1,6 Milliarden Anhänger von Indonesien bis Albanien. "Der Islam ist bunt und vielfältig", sagt Benno Köpfer, Leiter der Analysegruppe "Internationaler Extremismus und Terrorismus" beim Landesamt für Verfassungsschutz. Der Salafismus jedoch sehe die Welt in Schwarz und Weiß – und spreche mit einfachen, radikalen Botschaften vor allem unsichere junge Menschen an. Und zwar nicht unbedingt von der Kanzel herab, sondern per Twitter: "Das ist die weltweit größte Jugendbewegung, neu und schnell, sehr mobil."

In ganz Baden-Württemberg, schätzen Köpfer und der ebenfalls zur Tagung eingeladene Klaus Tscheres, Kriminalhauptkommissar im Bereich Ermittlungen islamistischer Terrorismus beim Landeskriminalamt, gibt es 500 bis 600 Leute, die dem politischen Salafismus zuzuordnen sind und die der Verfassungsschutz im Blick hat. Diese agitieren für ihre totalitäre Ideologie, etwa mit Infoständen der "Lies!"-Bewegung, an denen der Koran verteilt wird – so auch Anfang des Jahres mehrmals in Freiburg. Und es gebe etwa 120 gewaltbereite Salafisten im Land.

Auch in Freiburg gebe es eine Salafisten-Szene, sagt Köpfer. Anlaufstelle für Freiburger und auswärtige Salafisten sei die Abdurrahman-Moschee an der Habsburger Straße, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Auf ein paar Dutzend Leute schätzt Köpfer diese Szene, betont aber, dass das nur eine punktuelle Schätzung sei und sich diese Zahl sehr schnell ändern könne. Um Jugendliche, die davon angesprochen würden, müsse man sich kümmern, betont Klaus Tscheres: "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Sie bräuchten Ansprache und Anlaufstellen. In Flüchtlingswohnheimen gebe es noch nicht sehr viele Fälle, in denen Salafisten rekrutieren, sagen die beiden Experten übereinstimmend, "das ist kein großes Problem – vielleicht auch, weil sich viele Ehrenamtliche dort um die Leute kümmern".

Auf der Tagung berichtete auch Ingrid Silber, Rektorin der Schenkendorfschule in Haslach, über einen konkreten Fall. Ein Jugendlicher sei dem Klassenlehrer und der islamischen Religionskraft durch seine Äußerungen aufgefallen, auch außerhalb der Schule. Schulleitung und Lehrer wurden aktiv, sprachen Experten an und entwickelten Strategien für den Unterricht mit Filmen und Diskussionen.

Beim Informationszentrum Dritte Welt (IZ3W) in der Kronenstraße 16a beschäftigt sich seit kurzem der Islamwissenschaftler Karim Saleh mit einem Projekt zur Islamismus-Prävention, das er ebenfalls kurz vorstellte. Hier werden Fortbildungen für Multiplikatoren wie Lehrer oder Erzieher organisiert. Das IZ3W knüpft gerade ein Netzwerk mit Moscheen und Jugendzentren und arbeitet an einer interreligiösen Freiburger Stadtrallye für Jugendliche, alles in Kooperation mit dem städtischen Migrationsbüro. Bürgermeisterin Gerda Stuchlik setzt auf Aufklärung: "Wir haben keinen Grund, alarmiert zu sein, aber wir müssen schwierige Situationen adäquat erkennen und handeln."

Die Landeszentrale für politische Bildung erklärt in einem Glossar Begriffe rund um die Themen Islam und Islamismus: http://mehr.bz/islam-glossar
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