Wenn das Rote Kreuz ins Schlachtfeld zieht - und in Jenfeld Zelte baut.

Flyer Wenn das Rote Kreuz ins Schlachtfeld zieht

Im Anbetracht aktueller Ereignisse in Hamburg-Jenfeld, wo das Deutsche Rote Kreuz ein Zeltlager für Geflüchtete errichten soll und rassistische Anwohner versuchen, die Unterbringung Geflüchteter in Jenfeld zu verhindern, hier ein Beitrag zur Rolle des Roten Kreuzes in der rassistischen Verwaltung des Systems von Grenzen, Lagern und Papieren. Ein Beitrag zur Schärfung unserer Feindschaft gegenüber der Welt der Papiere und zur Diskussion zur Solidarität mit Geflüchteten.


Dem rassistischen Mob und der Welt der Papiere entgegen - denn die Feinde der Freiheit sind die unseren.

 

Als wir noch klein waren, hat man uns immer gelehrt, dass das Rote Kreuz und seine Schwesterorganisationen zu jenen Institutionen gehören, die ein grosses Herz haben. Auch wenn sie im Grunde nichts am Funktionieren dieser durch Ausbeutung, Krieg, Elend und Unterdrückung beherrschten Welt verändern, so versuchen sie zumindest die Verletzten zu pflegen und ihre Schmerzen zu lindern, wie sie in ihrer zutiefst religiösen Sprache sagen.


Doch eine neutrale Hilfeleistung kann es nicht geben, und im Falle des Roten Kreuzes ist dies unschwer zu erkennen...
Während jedes Jahr millionen von Menschen vor Hunger, Katastrophen, Krieg und Unterdrückung fliehen, in der Hoffnung irgendwoanders ein besseres Leben aufbauen zu können, warten hier in Europa Rassismus, Razzien, grenzenlose Ausbeutung und, letzten Endes, Internierungszentren und Ausschaffungen auf sie. Wenn Flüchtlinge in Europa ankommen, werden sie oft erstmal in sogenannte “offene Asylzentren“ gepfercht (mehrere dutzend dieser Zentren werden ausschliesslich vom Roten Kreuz verwaltet). Diese sind genau wie die Internierungszentren, mit Stacheldraht umzäunt und auch hier kommen jeden Abend die Wächter, um die Türen abzuschliessen. Man lehrt hier die Asylsuchenden den Gesetzen des Kapitalismus und seiner Demokratie zu gehorchen (z.B. werden die vom Roten Kreuz eingesammelten Kleider an die “Bewohner“ verkauft, welche mit sanfter Hand gezwungen werden entweder im Zentrum, oder für die lokale Gemeinde praktisch unbezahlte Arbeit zu verrichten – sie sollen an das Schicksal der Ausbeutung gewöhnt werden, das auch hier auf sie wartet). Diese Zentren haben ausserdem den Zweck die Asylsuchenden im Griff zu halten und sie Abhängig zu machen, damit sie sich nicht in ein selbstständiges Leben ausserhalb des abgeschlossenen Bereiches wagen. Unter dem Vorwand von humanitärer Fürsorge organisiert der Staat also eine permanente Kontrolle über all diese Unerwünschten. Wird das Asylgesuch abgelehnt, kommt die Polizei in diese neutralen und offenen Zentren, um die zurückgewiesenen Flüchtlinge zu verhaften und in das Elend oder den Tod auszuschaffen. Das Rote Kreuz kann schlussendlich nie eine neutrale Hilfeleistung anbieten, seine Aktivitäten sind ein integraler Bestandteil der Politik zur Verwaltung und Kontrolle der Migration.

Das Rote Kreuz unterhält ausserdem enge Verbindungen zur Internationalen Organisation für Migration (IOM), eine Institution, die versucht die Migrationsströme den Bedürfnissen des Kapitalismus und der sozialen Kontrolle anzupassen. Dieselbe Institution bedient sich der Hilfe verschiedenster humanitärer Organistionen und NGOs, um ihre Erpressung mit “RückkehrpraÅNmien“ durchzuführen. Den Flüchtlingen wird, nachdem sie von diesem System jeglicher Perspektive beraubt wurden, eine ärmliche Entschädigung angeboten, falls sie freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren. Es ist ganz simpel: Zuerst raubt man ihnen jegliche Zunkunft, dann schliesst man sie in “Auffangzentren“ ein und macht klar, dass sie auch hier nur die Armut erwarten wird, und schliesslich erpresst man sie mit einigen hundert Euros, damit sie die Gründe vergessen, wegen denen sie geflüchtet sind... In anderen europäischen Ländern, wie in Italien und Spanien, ist das Internationale Rote Kreuz direkter Verwalter jener Ausschaffungsknäste, in welche die Flüchtlinge nach dem Gerichtsverfahren eingesperrt werden. Internierungszentren mit ihren Wächtern, ihren Isolationszellen, ihrer Prügel, ihren Missständen und schlicht dem Entziehen der Freiheit. Hier zeigt sich das Rote Kreuz erneut ganz klar als das, was es wirklich ist:

Der humanitäre Flügel der Herrschaft.

In Belgien sind es die Sanitäter des Roten Kreuzes, die nach den Aufständen in den Zentren die Verwundeten versorgen und mit Beruhigungsmitteln vollstopfen, ohne die geringste Kritik von sich hören zu lassen. In Roissy (Paris), verwaltet das Rote Kreuz zusammen mit der Polizei die Wartezone für die Sans-Papiers, die am Flughafen ankommen. Ausserdem dienen sie zur Rückendeckung bei Methoden der Grenzpolizei (Handschellen, Schläge, Knebel, Drogen) bei gewaltsamen Ausschaffungen per Flugzeug.

Während einer riesigen Razzia am 17. August 2006 wurden 508 Afrikaner und Osteuropäer aus einem Haus in Cachan (Frankreich) vertrieben, das sie seit 2003 besetzt hielten. Jeder Bus der Präfektur der die Geräumten wegtransportierte, um sie in immer ferneren Vororten wieder auszusetzen, wurde ausserhalb von blau Uniformierten eskortiert und innerhalb von zwei Mitgliedern des Roten Kreuzes begleitet.
Vom September 1999 bis 2002 trugen diese Handlanger des Staates die Verantwortung über die Verwaltung des Hangars bei Sangatte in der Nähe von Calais. Dort isolierten sie ca. 1800 Flüchtlinge in Zusammenarbeit mir der CRS (mobile Bereitschaftspolizei von Frankreich), die das unerwünschte Lager solange überwachte, bis der Staat mit dem Bau eines Internierungszentrum gleich nebenan fertig war. Vom November 2002 an fichierten sie schliesslich alle Flüchtlinge, um die Zerschlagung des Lagers und die darauf folgende Menschenjagd vorzubereiten.

All dies, das bedeutet seine Seite zu wählen.

Doch es gibt nicht nur die Sans-Papiers, die an den Ufern von Spanien stranden oder jene, die erschöpft in irgendwelchen europäischen Flughäfen den Fuss auf die Erde setzen. Es gibt auch die millionen von Flüchtlingen im Mittleren Osten und in Afrika, die von Kriegen, Elend oder ökologischen Katastrophen umhergetrieben werden, um schliesslich in riesigen Konzentrationslagern zu landen (im engeren Sinne des Wortes: Administratives Einschliessen einer Kategorie von Menschen an einem abgegrenzten und kontrollierbaren Ort aus rassischen und kontrolltechnischen Gründen oder zum Zweck der Ausbeutung). Diese Lager wurden oft vom Roten Kreuz verwaltet, und zwar nicht bloss mit seinen Sanitätern, sondern auch mit seinen Sicherheitsbeamten. Folglich stärkt das Rote Kreuz schlicht die gegenwärtige Ordnung, die sich aus Unterdrückern und Unterdrückten zusammensetzt – und während sie letztere verpflegen, versuchen sie auch ihre Revolte zu ersticken, die Revolte, die als einziges wirklich etwas verändern kann.

Als die Armeen der Demokratie in Ex-Jugoslavien, in Afghanistan und im Irak einmarschierten, scharten sie die humanitäre Armee des Roten Kreuz hinter sich. Unter dem Vorwand vor der Politik einer ethnischen Säuberung schützen zu wollen, übernahm das Rote Kreuz die Verwaltung einer Reihe von Konzentrations- und Gefangenenlagern in Ex-Jugoslavien. Tatsächlich versuchten sie jedoch die europäische Politik zur Kontrolle der Migrationsströme in die militärischen Manöver der UNO einzuführen. Jeder weiss, dass es unmöglich ist in Zeiten des Krieges neutral zu bleiben (und nicht wenige kritische Angestellte des Roten Kreuz haben ihre Arbeit niedergelegt, weil sie diese abscheuliche Neutralität nicht länger ertragen konnten). Neutral bleiben bedeutet das Lager des Stärkeren zu wählen – auch wenn man die Schwächeren verpflegt. Heutzutage werden Kriege “humanitär“ geführt, doch welcher vernünftige Mensch könnte jemals glauben, dass irgendetwas humanitäres in den Bombardierungen, den schmerzzerrissenen Körpern, den Verletzten und den Vergewaltigungen liegt? Während es eine Neutralität vortäuscht, verstärkt das Rote Kreuz schlicht die bestehenden Machtverhältnisse. Im Irak, in Afghanistan, sowie anderswo.

Die scheinbar endlose Geschichte von Ausbeutung und Unterdrückung hatte schon immer einen Trupp von Kollaborateuren nötig, die sich freiwillig hinter einem „das wusste ich nicht“ verstecken. Die Demokratische Verwaltung des Kapitalismus und der Unterdrückung hat alles Interesse daran, das was in der Zeit der Vernichtungslager der Nazis einmal “die graue Zone der Kollaboration“ genannt wurde, so weit wie möglich auszudehnen. Sich zu weigern mit einem System zu kollaborieren, das systematische Deportationen organisiert, um die ökonomischen Profite und die Macht von einigen Menschen zu schützen, bedeutet die Möglichkeit einer wirklichen Kritik zu öffnen; einer Kritik, die sich gegen diese Welt richtet, in der wir gezwungen sind zu leben. Es bedeutet die humanitäre Hülle abzukratzen, die dieses tödliche System der Deportation, der Einkerkerung und der Ausbeutung verhüllen will!



Dieser Text wurde aus der französischen Zeitschrift “Non Fides“ (Nr. IV, Mai 2009) entnommen und übersetzt.
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Das Foto ist in so geringer Auflösung hochgeladen das es nichteinmal leslbar ist, geschweige denn sich zum weiterverbreiten oder gar zum Drucken eignet. PDF oder was ähnliches ist ja auch keine angehängt, holt das doch bitte nach wenn ihr offenbar schon extra etwas gelayoutet habt...

Hier ein Link zu einer besser aufgelösten .pdf-Datei:

http://www.non-fides.fr/IMG/pdf/rkkk-fly-enddd.pdf

@mods: Wenn möglich, bitte dem Artikel beifügen!

Danke!

Ich habe den PDF-Flyer angehängt.

UPDATE 19.August 2015:

Waren heute noch mal vor Ort. Mittlerweile sind die Zelte bewohnt - bei diesem verregneten Wetter ist es umso unpraktischer, dass das Zeltlager in einer Senke, auf moorigem Boden aufgebaut ist. Wenn mensch um' s Gelände herumspaziert fällt sofort auf, dass viele viele Nazisticker geklebt worden waren , allesamt von Antifa-Stickern überklebt. Fast alle Antifa- Sticker waren zerkrazt oder beschädigt. Faschosticker von: Weisse Wölfe Terror Crew, Junge Nationaldemokraten, Identitäre und Alternative für Deutschland. Haben keine Anwohner*innen treffen können, aber uns kurz mit der Postbotin unterhalten. SIe erzählt die Stimmung sei nicht mehr so aufgeheizt wie zu Beginn, die Meinungen der Anwohner*innen über die Flüchtlinge hätten sich aber nicht großartig verändert/verbessert, keine direkte Konfrontation oder auch Kontakt zwischen den Geflüchteten und den Anwohner*innen, aber noch viel unterschwellig zum Ausdruck gebrachte Abneigung und Ressentiments. Vom (hygienischen) Zustand den Camps konnten wir uns keinen genaueren Eindruck machen. Laut Postbotin sollen die Zelte bald durch Container ersetzt werden.